SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 101800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 10.04.2020 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Zunächst ruhiges und warmes Hochdruckwetter, am Ostersonntag einzelne Gewitter.
In der Nacht zum und am Ostermontag Passage einer Kaltfront, dabei an den Küsten
stürmische Böen möglich und deutlich kühler.
Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
Aktuell … erstreckt sich ein Höhenkeil, eigentlich eher schon eine
eigenständige Höhenantizyklone, vom Südosten Englands über Nordfrankreich und
Südwestdeutschland bis zur Adria. An dessen Nordostflanke befinden sich weite
Teile Deutschlands unterhalb einer glatten nordwestlichen Höhenströmung, wobei
sich ein flacher Höhenrücken bis Samstagfrüh von Westen her zur Nordsee
verlagert. Dieser wird gestützt und überlaufen von WLA, die sich aktuell in Form
hoher Wolkenfelder, die südostwärts über das Vorhersagegebiet hinwegschwenken,
bemerkbar macht. Mit Annäherung einer Warmfront werden diese Wolken ganz im
Nordwesten/Norden auch noch etwas dichter, es bleibt aber trocken.
Ansonsten dominiert in der kommenden Nacht der Einfluss eines Bodenhochs über
der Nordsee, das sich im Laufe der Nacht noch etwas verstärkt und seinen
Schwerpunkt bis Samstagfrüh allmählich Richtung Nordwestpolen verlagert. Somit
bleiben der Norden und Osten des Landes an der Nordostflanke des Hochs weiterhin
im Einflussbereich der von Nordwesten her dorthin advehierten, aber allmählich
alternden Polarluft (T850 hPa 0 bis +4 Grad) und es kann innerhalb der trockenen
Luftmasse vor allem nach Osten zu bei nur dünn bewölktem, teils auch klarem
Himmel verbreitet in den leichten Frostbereich abkühlen.
In den westlichen und südlichen Landesteilen bleiben mildere Luftmassen
wetterbestimmend (T850 hPa zwischen 5 und 9 Grad). Trotz klarem oder nur leicht
bewölktem Himmels gibt es dort (nach Höchstwerten zwischen 20 und 25 Grad) nur
stellenweise Bodenfrost und lediglich in einigen „Kältelöchern“ auch leichten
Luftfrost.
Samstag … verlagert das Höhenhoch seinen Schwerpunkt zur Adria, wobei der
Großteil des Landes im Einflussbereich eines vom Höhenhoch ausgehenden flachen
Hochkeils verbleiben. Über Westeuropa wird das Geopotenzial hingegen abgebaut
und am Abend erreicht ein recht breit angelegter, aber nur flacher Höhentrog
Nordwestfrankreich.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt zur Ukraine, wobei ein Keil bis nach
Norddeutschland gerichtet bleibt. Über Frankreich verstärkt sich dagegen
vorderseitig des Troges der Druckfall ein wenig, was in einer flachen
Tiefdruckrinne mündet, die bis nach Nordostfrankreich reicht. Somit dreht die
Grundströmung über dem Vorhersagegebiet auf Südost. Dadurch wird die alternde
Polarluft im Nordosten nur zögernd verdrängt, die Temperatur in 850 hPa steigt
bis zum Abend auf Werte zwischen 2 Grad an der Oder und knapp 10 Grad an
Hochrhein bzw. Bodensee.
Über den Norden und Nordosten ziehen die etwas dichteren hohen und mittelhohen
Wolkenfelder der sich nur sehr zögernd nach Osten verlagernden Warmfront hinweg,
sonst scheint aber zunächst verbreitet die Sonne. Im Tagesverlauf bilden sich
bevorzugt über den Mittelgebirgen lockere Quellwolken, aber obwohl in den
Südwesten von Frankreich her bereits etwas feuchtere und leicht instabil
geschichtete Luftmassen advehiert werden, reicht es wohl auch im Schwarzwald und
an den Alpen (noch) nicht für einzelne Schauer, geschweige denn Gewitter. Somit
bleibt es allgemein trocken und überwiegend sonnig bei Höchstwerten zwischen 11
und 17 Grad im Norden und Osten bzw. zwischen 18 und 24 Grad in den übrigen
Gebieten, im Südwesten werden örtlich bis zu 26 Grad erreicht.
In der Osternacht flacht der nach Mitteleuropa gerichtete Höhenkeil ab und
verlagert seine Achse allmählich ostwärts. Somit gerät das Vorhersagegebiet am
Sonntagfrüh auf die Vorderseite eines markanten kurzwelligen Troges, der von
Nordwesten her auf das Seegebiet nordwestlich der Britischen Inseln übergreift,
wobei dort ein Cut-Off-Prozess in Gang gesetzt wird. Der flache Höhentrog über
Nordwestfrankreich wird von diesem System eingefangen und kommt als kurzwelliger
Randtrog bis nach Benelux bzw. Nordostfrankreich voran. Die von ihm ausgehenden,
mangels Kontur nur schwachen Hebungsprozesse zeigen innerhalb der trockenen
Luftmasse, mit Ausnahme einiger hoher und vielleicht auch mittelhoher
Wolkenfelder, so gut wie keine Wirkung.
Allerdings wird der nach Norddeutschland gerichtete Bodenhochkeil abgebaut und
somit dreht die Grundströmung auf Südwest. Damit wird die niedertroposphärisch
noch etwas kühlere Luftmasse im Nordosten allmählich ostwärts abgedrängt. Die
Temperatur in 850 hPa steigt dort ebenfalls allmählich an (morgens etwa 6 Grad).
Ansonsten verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig, in der Osthälfte gibt es
vielerorts Bodenfrost, mit Luftfrost ist dagegen kaum mehr zu rechnen.
Sonntag … verlagert sich das Cut-Off-Tief über Irland hinweg südwärts zur
Keltischen See. Der flache Kurzwellentrog auf dessen Vorderseite schwenkt im
Tagesverlauf unter weiterem Konturverlust nach Westdeutschland bzw. in die
mittleren Landesteile. Ihm folgt ein ebenso flacher Keil, der sich abends vom
Nordosten Frankreichs über Benelux bis zur Doggerbank aufwölbt.
Zunehmend interessant für das Wettergeschehen hierzulande wird aber eine
markante Austrogung über Skandinavien. Vorderseitig des Troges zieht ein sich
intensivierendes Bodentief von der Haltenbank bis zum Abend zum Bottnischen
Meerbusen. Die Kaltfront des Tiefs erreicht am Nachmittag in etwa die mittlere
Nordsee, wird dort aber durch Wellenbildung über England vorderseitig des
Cut-Off-Tiefs zurückgehalten und erreicht erst in den Abendstunden den äußersten
Norden Deutschlands.
Über dem Vorhersagegebiet setzt sich der leichte Druckfall mit Annäherung der
Front weiter fort. Von Südwesten her verstärkt sich vorübergehend die Advektion
warmer und auch etwas feuchterer Luft in das Vorhersagegebiet, die Temperatur in
850 hPa steigt auf Werte zwischen 6 Grad ganz im Norden und 11 Grad im Süden.
Mit dem über das Vorhersagegebiet hinwegschwenkenden flachen Kurzwellentrog
labilisiert die Luftmasse vor allem im Westen, Süden und in den mittleren
Landesteilen, die Temperatur in 500 hPa auf etwa -22 Grad, dabei werden
gebietsweise mehrere 100 J/kg ML-Cape simuliert. Allerdings bleibt die Luftmasse
innerhalb der Grundschicht nach wie vor recht trocken und auch die PPW-Werte
steigen kaum über 15 mm, lediglich im Nordwesten, im Bereich einer der Kaltfront
vorlaufenden schwachen Feuchtekonvergenz auf nahe 20 mm. Somit bilden sich zwar
im Tagesverlauf wohl recht verbreitet Quellwolken, es reicht aber nur für
einzelne Schauer und kurze Gewitter, bevorzugt wohl in der Umgebung der
Mittelgebirge, an den Alpen und eventuell auch im Westen/Nordwesten. Als
Begleiterscheinungen sind wohl am ehesten starke bis stürmische Böen denkbar
(aufgrund der trockenen Grundschicht und eines markanten inverted-V Profils
punktuell vielleicht sogar Sturmböen), kleinkörniger Hagel und vor allem
Starkregen dürften dagegen eher weniger eine Rolle spielen.
Im Nordosten und in der Osthälfte bleibt es voraussichtlich generell trocken und
auch in den östlichen Mittelgebirgen bleibt die Schauerwahrscheinlichkeit
äußerst gering.
Somit dominiert im Großteil des Landes nochmals recht sonniges Wetter mit
Höchstwerten zwischen 21 und 26 Grad, die höchsten Temperaturen im Südwesten, an
den Küsten und im angrenzenden Binnenland bleibt es bei im Tagesverlauf etwas
auffrischendem und von Südwest auf Nordwest drehendem Wind mit Höchstwerten
zwischen 15 und 19 Grad etwas kühler.
In der Nacht zum Ostermontag kommt der Höhentrog über Skandinavien nur langsam
nach Osten voran, weitet sich aber südwärts bis nach Norddeutschland aus, wo
sich eine diffluente nordwestliche Höhenströmung einstellt. Das
korrespondierende Bodentief kann sich noch etwas intensivieren und zieht nach
Lappland. Das Cut-Off-Tief über der Keltischen See kommt langsam nach Süden
voran, somit bekommt die Kaltfront mehr Schubkomponente und greift im Laufe der
Nacht auf Norddeutschland über. Die frontale Hebung wird kaum dynamisch
gestützt, allerdings ist die Front thermisch markant ausgeprägt (stabil aktive
Kaltfront), ihr folgt niedertroposphärisch unmittelbar postfrontal trockene
skandinavische Kaltluft arktischen Ursprungs. Bis 06 UTC sinkt die 850
hPa-Temperatur über Schleswig-Holstein bereits auf -1 bis -5 Grad. Im
Frontbereich gibt es schauerartige Regenfälle, wobei die Mengen aber maximal
wenige mm betragen, postfrontal bleibt es trocken.
Durch die kräftige KLA rückseitig der Front kommt es über Nordwesteuropa und
auch über der Nordsee zu einem markanten Druckanstieg, in den Frühstunden weitet
sich ein Hochkeil bis nach Nordwestdeutschland aus. Mit dem sich dadurch
verschärfenden Druckgradienten frischt der Wind mit Frontpassage im Norden
deutlich aus Nord bis Nordwest auf, an den Küsten gibt es steife, vereinzelt
auch stürmische Böen (Bft 7 bis 8).
In der Mitte und im Süden bekommt man von dem ganzen Geschehen noch nichts mit.
Dort fallen die Quellwolken bzw. einzelne Schauer eingangs der Nacht rasch in
sich zusammen, dann ist es gering bis locker bewölkt. Es bleibt allgemein
frostfrei, auch Bodenfrost sollte kaum mehr auftreten, allerhöchstens noch bei
frühzeitigem postfrontalen Aufklaren im nördlichen Schleswig-Holstein, aber
dafür ist dann wiederum wahrscheinlich der Wind zu stark.
Montag … kommt der Höhentrog unter weiterer Amplifizierung Richtung östliches
Mitteleuropa nur langsam nach Osten voran. Rückseitig der im Tagesverlauf
durchschwenkenden Trogachse und vorderseitig eines zu den Britischen Inseln
schwenkenden und sich etwas verstärkenden Höhenrücken stellt sich über dem
Vorhersagegebiet eine nordnordwestliche Höhenströmung ein. Dabei kann
unmittelbar vorderseitig der Trogachse aufgrund von PVA vorübergehend etwas mehr
Hebung generiert werden, die allerdings von KLA zunehmend kompensiert wird.
Die Kaltfront des sich etwas nach Südosten und zögernd auffüllenden Tiefs kommt
weiter nach Süden voran und erreicht abends etwa Nordbaden und Nordbayern. Dabei
können sich die frontalen Niederschläge etwas intensivieren, allerdings werden
nach wie vor weniger als 5 mm in 12 Stunden simuliert, im Lee einiger
Mittelgebirge bleibt gebietsweise kaum mehr was übrig. Zwar können die
Niederschläge auch konvektiv durchsetzt sein, mangels hochreichender Labilität
erscheinen Gewitter aber wenig wahrscheinlich.
Mit der rasch folgenden postfrontalen Abkühlung können in den höchsten
Erzgebirgslagen noch ein paar Schneeflocken fallen, ehe die Niederschläge
nachlassen. Ansonsten lockern die Wolken innerhalb der trockenen skandinavischen
Kaltluft rückseitig der Front rasch wieder auf.
Präfrontal gelangt noch einmal ein Schwall instabiler Luftmassen nach
Süddeutschland. Vor allem südlich der Donau werden 100 bis 200 J/kg ML-Cape
simuliert. Ob es aber für einzelne Schauer und Gewitter reicht, bleibt
abzuwarten. Etwas Hebung ist vorhanden, die Luftmasse allerdings relativ
trocken. ICON und GFS haben aber Schauer auf der Agenda, wenngleich auch nicht
mit flächendeckend nennenswerten Niederschlagsmengen.
Der Kaltfront folgt relativ rasch ein von einem sich verstärkenden Hoch über
Schottland ausgehender Bodenhochkeil, dahinter stellt sich über Norddeutschland
eine mit einem anfangs noch recht scharfen Gradienten ausgestattete
Nordnordwestströmung ein. Mit Frontpassage frischt der Wind somit aus Nord bis
Nordost auf, dabei kann es vor allem in freien Lagen einzelne steife Böen geben,
in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge auch stürmische Böen, auf
exponierten Gipfeln Sturmböen. Mit dem nachfolgenden Hochkeil flaut der Wind
rasch ab, ehe er im Norden und Nordosten auf Nord bis Nordwest dreht und wieder
auffrischt mit steifen Böen an den Küsten und im angrenzenden Binnenland, an
exponierten Küstenabschnitten kann es auch stürmische Böen geben.
Während die 850 hPa-Temperatur präfrontal in Süddeutschland nochmals auf 7 bis
10 Grad steigt, sinkt sie postfrontal im Norden bis zum Abend auf etwa -7 Grad
ab. Entsprechend liegen die Höchstwerte im Norden meist nur noch zwischen 8 und
12 Grad, während im Süden nochmals 17 bis 22 Grad erreicht werden.
In der Nacht zum Dienstag bleiben wir trogrückseitig unterhalb einer recht
kräftigen nordnordwestlichen Höhenströmung, wobei der zu den Britischen Inseln
gerichtete Höhenrücken nach Frankreich schwenkt und sich westlich der Britischen
Inseln eine Höhenantizyklone abkapselt.
Die Kaltfront erreicht im Laufe der Nacht die Alpen, wobei dort in Staulagen
durchaus 10 bis 15 mm in 12 Stunden fallen können, vor allem nach Osten zu.
Dabei kann es in den Frühstunden auch bis in die Täler schneien.
Ansonsten lassen die Niederschläge postfrontal rasch nach.
Das Hochdruckgebiet über Schottland verlagert seinen Schwerpunkt nach
Nordengland, der nach Mitteleuropa gerichtete Hochkeil verstärkt sich noch ein
wenig und schwenkt mit seiner Achse allmählich nach west- und Süddeutschland.
Somit stellt sich über dem Norden und Osten des Landes eine nordwestliche
Höhenströmung ein und unterhalb der Absinkinversion (morgens etwa bei 900 hPa im
Nordwesten und 700 hPa im Osten) kann sich wieder etwas feuchtere Luft
ansammeln. Vor allem von der Nordsee etwas landeinwärts breiten sich somit
SC-Felder aus, etwa bis zu den westlichen und zentralen Mittelgebirgen. Aber
auch im Stau des Erzgebirges bleibt es eher bewölkt. Dort fallen eventuell noch
ein paar Schneeflocken (zumindest nach Lesart des IFS von 00 UTC), sonst bleibt
es aber trocken.
Im übrigen Land bleibt es postfrontal – außer südlich der Donau- gering bewölkt
oder klar. Der anfangs noch lebhafte Nord- bis Nordwestwind flaut auch im Norden
und Nordosten allmählich ab (an den Küsten gibt es anfangs noch steife Böen).
Somit steht bei 850 hPa-Temperaturen zwischen -9 Grad im Nordosten und um 0 Grad
im Südwesten einer vielerorts frostigen Nacht nichts im Wege. Frostfrei bleibt
es wohl unter den dichteren Wolken im Nordwesten sowie im Süden.
Modellvergleich und -einschätzung
Alle vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Entwicklung. Prognose- und warnrelevante Unterschiede lassen sich aus den
synoptischen Basisfeldern kaum ableiten. Der 00 UTC-Lauf des IFS simuliert die
Kaltfront am Ostermontag etwas progressiver als ICON und GFS.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff