S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 23.03.2020 um 10.30 UTC

Übergang zu einer antizyklonalen Nord- bis Nordostlage – zunehmend leicht
unbeständig und für die Jahreszeit zu
kalt.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 30.03.2020

Betrachtet man sich den Polarwirbel im gesamten Mittelfristzeitraum, so wird
dieser zunehmend gestört, sodass in der nordhemispherischen Zirkulation
meridionale Lagen dominieren. So auch am Donnerstag zu Beginn des
Mittelfristzeitraums. Dabei liegt ein Hoch über dem Atlantik, dass eine Brücke
über die Nordsee – Dänemark und dem Baltikum zu einem Osteuropahoch schlägt. Die
Frontalzone wird dadurch weit nach Norden bis abgedrängt und verläuft über
Skandinavien. In den Mittelmeerraum ist ein großräumiges Cut-Off-Tief
abgetropft, das mit polarer Kaltluft angereichert ist. Somit ergibt sich über
Mitteleuropa eine nicht ganz klassische High-over-Low-Lage. Wobei der die
Nordhälfte Deutschlands antizyklonal beeinflusst wird. Über Süddeutschland
ziehen jedoch dichte Wolkenfelder, die vom südeuropäischen Cut-Off-Tief von
Osten herangeführt werden.

Am Freitag beginnt sich die Wetterlage umzustellen: Das Atlantikhoch wölbt sich
zunehmend Richtung Grönland auf, wodurch sich stromabwärts ein Trog Entwickelt,
der Richtung Groß Britannien vorstößt. Die Hochdruckbrücke wird dadurch
geschwächt und nach Süden gedrückt. Durch das Absinken in der Hochdruckbrücke
kann sich die Luft bis auf 3 °C in 850-hPa über Deutschland erwärmen.

Auch das Cut-Off-Tief über dem Mittelmeer beginnt zu schwächeln und zerfällt in
der Höhe in zwei Teiltiefs. Das stärkere setzt sich über dem östlichen
Mittelmeerraum fest, während ein schwächerer Kaltlufttropfen Richtung Spanien
zieht.

Am Samstag kräftigt sich das Atlantikhoch weiter, wodurch sich die Austrogung
über Westeuropa fortsetzt, sodass der Trogkontakt zu dem Kaltlufttropfen über
Spanien aufnimmt. An der Ostflanke des Hochs dreht die Bodenströmung über West-
und Mitteleuropa auf Nord, wobei subpolare Luft herangeführt wird.

Ab Sonntag weitet sich vom Atlantikhoch ausgehend ein Keil Richtung Skandinavien
aus, sodass die Trogachse immer mehr in Südwest-Nordostrichtung kippt. Die
Strömung dreht dabei über Mitteleuropa auf Nordost. Dabei wird trockene
arktische Kaltluft aus dem Polarwirbel angezapft, die am Montag auch den Norden
und die Mitte Deutschlands mit 850-hPa-Temperaturen bis -10 °C flutet.

Am Dienstag bildet der Trog dann einen Cut-Off westlich der Iberischen
Halbinsel, während sich über Mitteleuropa eine neue aber diesmal sehr schwache
Hochdruckbrücke liegt, die gegen Mitte der Woche von einem von Nordwesten
hereinschwenkenden Trog wieder abgebaut wird. Dabei herrschen weiterhin
arktische Luftmassen vor.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis Freitag zeigen sich keine wesentlichen Unterschiede zu den Vorläufen.
Unterschiede bestehen bezüglich der Austrogung am Wochenende. Die Stoßrichtung
des Troges schein von Lauf zu Lauf stärker zu variieren. Dadurch scheint die
Position des nachfolgenden Cut-Off-Tiefs unsicher. In den älteren Läufen setzte
dieser deutlich weiter östlich an, wodurch die arktische Kaltluft weiter
zurückgehalten wurde und nur das nördliche Mitteleuropa gestreift hat.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Ab Freitag nehmen auch die Unterschiede zu den anderen Modellen zu:
Fraglich ist schon die Position des Kaltlufttropfens, der vom Mittelmeertief
abgetropft ist. Im GFS zieht dieses nicht nach Spanien, wie im ECMWF, sondern
über Frankreich nordwärts. Im ICON verstärkt sich dieser Kaltlufttropfen und
setzt sich über der Biskaya fest, während ein weiterer, kleiner Kaltlufttropfen
auf den Osten Deutschlands übergreift.
Im weiteren Verlauf favorisiert GFS einen weit nördlichen Vorstoß der arktischen
Kaltluft, wobei der Norden Deutschlands an der Südflanke einer Hochdruckbrücke
über Südskandinavien nur von ihr gestreift wird.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bis Freitag herrscht in den Ensembles noch eine weitestgehend geringe Streuung.
Erst ab dem Wochenende nimmt die Streuung deutlich zu. Dies geht mit
Unsicherheiten bezüglich des Trogvorstoßes einher. Die 850-hPa-Temperaturen
zeigen ab Sonntag zwar alle einen Abwärtstrend, dieser ist aber unterschiedlich
stark ausgeprägt und auch zeitlich verschoben. Unsicherheiten gibt es auch
bezüglich der Niederschläge, die jedoch in den meisten ENS-Mitgliedern sehr
gering ausfallen. Zeigte sich gestern in den 0z-Ensembles noch eine Bifurkation
zwischen wärmeren und kälteren Läufen im erweiterten Mittefristbereich, so
sprangen in den gestrigen 12z-Ensembles die meisten Läufe auf die kalte
Variante, die auch durch die neunen Ensembles bestätigt wurde. Ähnlich sehen es
auch die GFS-Ensembles, wobei der Hauptlauf zu den etwas wärmeren Mitgliedern
gehört. Ab dem neuen Monat gleiten die GFS-Ensembles dann fast völlig ins Chaos
ab.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Erwärmung zum Samstag relativ sicher
scheint. Danach bestehen aber sehr große Unsicherheiten bezüglich eines
Cut-Off-Prozesses über Westeuropa, der darüber entscheidet, ob uns nochmals
arktische Kaltluft erreicht. Nach den neusten Läufen ist es zumindest
Wahrscheinlich, dass uns ab Sonntag ein mäßiger mit geringer Wahrscheinlichkeit
auch ein starker Kaltlufteinbruch bevorsteht. Einigkeit besteht in den relativ
geringen Niederschlagsmengen, die ab Sonntag im Bergland als Schnee fallen
würden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag ist böhmischer Wind mit stürmischen
Böen oder einzelnen Sturmböen zunächst am Bayerischen Wald, später auch im
Erzgebirge und in der Lausitz zu erwarten.

Sonst bietet die Wetterlage kaum Potenzial für signifikante Wettererscheinungen.

Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF, ab Samstag ECMWF-ENS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold