S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.03.2020 um 10.30 UTC

Ab Freitag deutlich kälter, danach unsichere Entwicklung.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 21.03.2020

Am Dienstag stützt hohes Geopotential eine zonale Hochdruckzone, die vom
Nordatlantik zum Schwarzen Meer reicht. Sie weist mehrere Schwerpunkte auf, u.a.
über Deutschland. In der nördlich daran anschließenden Frontalzone ziehen
Tiefausläufer nach Osten. Das Strömungsmuster entspricht der einer
antizyklonalen Westlage. Dabei ist milde und recht trockene Luft
wetterbestimmend.
Am Mittwoch entwickelt sich in der Frontalzone ein Tief, das nach Skandinavien
zieht. Die Hochdruckzone wird dadurch etwas nach Süden gedrängt, behält aber
ihren Einfluss auf ganz Deutschland. Nur im Norden sollte sich eine leichte
Gradientverschärfung einstellen.
Am Donnerstag kommt das Tief bis in den Nordwesten Russlands voran, die
zugehörige, auch recht wetteraktive Kaltfront greift auf Norddeutschland über.
Der Hochdruckzone schwächt sich ab, behält aber ihren Einfluss auf die Mitte und
den Süden. Derweil kräftigt sich ein blockierendes Hoch über dem Nordostatlantik
mit 1045 hPa südwestlich Islands, an dessen Ostflanke sich kalte Polarluft
südwärts in Bewegung setzt.
Am Freitag verlagert das Hoch seinen Schwerpunkt in Richtung Schottland, während
die Kaltfront die Alpen erreicht. Dahinter gelangt ein Schwall kalter Polarluft
nach Deutschland, die nach den milden Vortagen für einen markanten
Temperaturrückgang sorgt. Der der Kaltfront folgende Höhentrog greift auf den
Norden über, weitet sich dabei aber auch stark nach Westen aus.
Am Samstag tropft der Trog nach Frankreich ab und führt südlich der Alpen zu
einer Zyklogenese, die mit ihren Aufgleitvorgängen auch Süddeutschland erfassen
kann. Im Norden formiert sich ein umfangreiches blockierendes Hoch. Dadurch
ergibt sich über Deutschland eine kräftige östliche Strömung mit der bodennah
kalte Luft herangeführt wird, in der unteren Troposphäre setzt aber schon wieder
Milderung ein.
In der erweiterten Mittelfrist verlagert sich der Hochschwerpunkt nach Osteuropa
und wir kommen in eine antizyklonale südöstliche Strömung mit der sich die
mildere Luft auch wieder bodennah durchsetzen kann.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des IFS ist nur anfangs gut. Ab Donnerstag wird sie deutlich
schwächer. Schon die Kaltfront wird aktuell langsamer simuliert, die
nachfolgende Abkühlung fällt weniger stark aus, als in den Vorläufen und ist
auch schneller wieder vorbei. Die Vorläufe zeigten dann am Ende der nächsten
Woche das Hoch über England und an dessen Rand die Zufuhr sehr kalter und
trockener Polarluft. Die aktuelle Lesart ist weniger kalt und stärker zyklonal
beeinflusst.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die anderen globalen Modelle stimmen bis Donnerstag gut mit IFS überein. Sie
simulieren ab Donnerstag ebenfalls die Passage einer Kaltfront, GFS schneller,
ICON langsamer als die Europäer. Danach laufen die Modelle auseinander. Der
Abtropfvorgang taucht in den anderen Modellen zunächst nicht auf. GFS lässt den
nachfolgenden Trog langsam über uns nach Südosten schwenken und am Rand des
Hochs über GB strömt aus Nordosten sehr kalte Luft mit unter -10 Grad in 850
ein, ähnlich der Lösung des gestrigen 12z Laufs der Europäer. Im ICON folgt
ebenfalls sehr kalte Luft, die aber schneller unter Hochdruckeinfluss gerät,
tendenziell eher wieder der gestrige 00z Lauf des IFS.
In der erweiterten Mittelfrist lässt dann auch GFS den Trog nach Mittel- und
Südwesteuropa abtropfen, Resultat ist aber eine kalte Ostströmung.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bis Donnerstag ist eigentlich alles klar. Dann geraten auch die Ensembles ins
„schwimmen“. Das Timing der Kaltfrontpassage ist noch einigermaßen unsicher und
auch die nachfolgende Entwicklung ist alles andere ausgemacht. Der Spread steigt
zunächst in den Geopotentialkurven ab Samstag deutlich an, am Sonntag laufen
auch die Temperaturen in 850 hPa auseinander. Die deutliche Milderung des
operationellen Laufs stützen die Ensembles aber nicht, der Hauptlauf liefert zum
Ende fast die wärmste Lösung. In den Ensembles ist erst am Ende der erweiterten
Mittelfrist eine leichte Tendenz zur Milderung erkennbar. Der Wettercharakter am
nächsten Wochenende ist in den Ensembles auch stärker antizyklonal geprägt.
Die Cluster zeigen mittelfristig den Übergang zu einer Blockierungslage mit
hohem Geopotential über Nordeuropa. Im Zeitraum bis +168h liegt der
operationelle Lauf in Cluster 2 (17 Member), der größte Cluster (22 Member) hat
eine sehr kalte Nordlage auf der Karte, in etwa die GFS Version.
In der erweiterten Mittelfrist wird der Hauptlauf überraschenderweise in Cluster
1 sortiert. Alle Cluster zeigen eine Blockierung und Ost- bis Südostlagen. Ob
sehr kalt oder mild, bleibt sehr unsicher, obwohl die kälteren Lösungen in der
Mehrheit und damit wahrscheinlicher sind.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Durch die unsichere Entwicklung ergeben sich auch Schwierigkeiten, was das
signifikante Wetter mittelfristig angeht. Der Wind lebt nach Wochenmitte auf mit
stürmischen Böen an der See, später dann auch im Bergland. Sollte der
operationelle Lauf den richtigen Riecher haben, wäre auch sonst markanter Wind
nicht ausgeschlossen. Nach den kältesten Lösungen (Hochdruckeinfluss und
trockene Luft) wäre exponiert sogar strenger Frost ab dem nächsten Wochenende
möglich.
Hinweise im EFI oder anderen probabilistischen Verfahren sind nicht vorhanden.

Basis für Mittelfristvorhersage
Mos Mix, EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner