SXEU31 DWAV 290800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 29.02.2020 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz
Zeit- und gebietsweise windig, im Bergland Sturm. Vor allem heute Nachmittag und
Abend von Westen her mit kräftigen Schauern und einzelnen Gewittern Sturmböen,
teils schwere Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC

Samstag… befindet sich Deutschland anfangs noch unter einem Höhenrücken, der
aber rasch nach Osten durchschwenkt, so dass uns zum Abend der nachfolgende
recht scharfe Trog erreicht. Diese Systeme gehören zu einem Sturmtief
(Charlotte, Kerndruck bis 950 hPa), das am Abend von Westen die Hebriden
erreicht. Seine Warmfront überquert derzeit den Nordosten Deutschland rasch
nordostwärts. Dort fiel heute früh in der noch recht kalten Luftmasse bis in
tiefe Lagen nasser Schnee. Auch im Osten und Südosten fiel Niederschlag, dort
gab es im Bergland leichten Schneefall mit wenigen Zentimetern Neuschnee in
höheren Lagen. Im östlichen Bayern hielt sich anfangs noch eine kalte
Grundschicht, so dass dort Regen, teils auch Schnee auf gefrorenen Boden
gefallen ist und eine Warnung vor Glatteis gerechtfertigt hat. Allerdings
reichte trotz recht hoher Niederschlagsraten (um 1 l/qm in der Stunde) eine
Ocker-Warnung aus, da zum einen der Boden nur stellenweise oberflächlich
gefroren war und das Ereignis auch nicht lange dauerte, da die Warmluftadvektion
kräftig ist und der Tagesgang auch alsbald für leichte Entspannung sorgte
(diffuse Strahlung).
Nach Abzug der Warmfront setzen sich von Westen Wolkenauflockerungen durch,
zudem erreicht die Luftmasse in 850 hPa Temperaturen von 4 bis 8 Grad, was bei
zunehmend guter Durchmischung verbreitet Höchstwerte über 10 Grad erlaubt, im
Südwesten auch über 15 Grad. In dem bestehenden mäßig starken Druckgradienten
treten vor allem im Westen und Nordwesten, an den Küsten und an den Nordrändern
der Mittelgebirge steife Böen aus Süd bis Südwest auf, nach Osten und Süden hin
ist der Wind etwas schwächer. Deutlich windiger ist es dagegen in den Bergen mit
vielfach stürmischen Böen oder Sturmböen, in exponierten Lagen schweren
Sturmböen oder teils sogar orkanartigen Böen. In den Alpen stellt sich
vorübergehend eine Föhnlage ein, dort kann es auch in den Föhntälern für einigen
Stunden steife oder stürmische Böen geben.
Spannend wird das Wettergeschehen am Nachmittag, wenn die Kaltfront von
Charlotte den Westen Deutschlands erreicht. Diese liegt günstig auf der
Vorderseite des oben schon erwähnten Troges, so dass an ihr kräftige Hebung und
damit auch eine Labilisierung der Luftmasse erfolgt. Zudem liegt sie im Bereich
starker (vor allem Geschwindigkeits-) Scherung. Somit ist es nicht
verwunderlich, dass die konvektionserlaubenden Modelle an ihr eine konvektive
Linie simulieren. An dieser muss mit vorübergehend erheblich auffrischendem Wind
gerechnet werden und Winde um 50 kt in 850 hPa dürften recht verbreitet auch im
Flachland Böen der Stärke 8 bis 9 erlauben, bei Gewitter durchaus auch Stärke
10, wobei vereinzelte orkanartige Böen nicht ausgeschlossen werden sollten.
Cosmo-DE-EPS zeigt hierfür schwache Signale, etwas mehr ist beim französischen
Arome zu finden, das aber wohl etwas übertrieben erscheint. Am stärksten sollte
dabei die Linie im Nordwesten ausgeprägt sein, im Süden bei etwas weniger Hebung
und Scherung weniger stark. Rückseitig gelangt eine Luftmasse mit etwa -2 Grad
in 850 hPa zu uns, in der es in den höheren Mittelgebirgen etwas Schneefall
geben kann. Ansonsten sind die Regenfälle an der Kaltfront zwar mal kurzzeitig
kräftig, aber keineswegs warnwürdig.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der Trog rasch nach Nordosten durch und
erreicht in der Früh schon das Baltikum, wobei er etwas breiter wird und damit
die Hebung etwas schwächer. Rückseitig stellt sich eine südwestliche
Höhenströmung ein. Die Kaltfront überquert den Norden ebenso rasch und hat dort
bis Mitternacht schon das Land verlassen. Dabei werden die Hebungsantriebe immer
schwächer, zumal die Kaltfront auch noch dem Trog davonläuft. Im Süden, der von
dem Trog kaum erfasst wird und wo vor allem nach Südosten hin auch der Gradient
schwach ist, hängt die Kaltfront zurück und erreicht erst am Morgen mit
Regenfällen die Alpen. Der Wind frischt vorübergehend auch im Osten und Südosten
noch etwas auf, erreicht aber bei weitem nicht die Stärke des Nordwestens. Im
Nordosten kann es noch für Böen der Stärke 8, vereinzelt 9 reichen, im Süden
meist nur für Bft 7. Auch die Gewittergefahr nimmt nach Osten und vor allem
Süden hin rasch ab. Ganz im Nordwesten nimmt aber der Gradient rasch wieder zu,
wenn das Sturmtief in der Nacht die nördliche Nordsee erreicht. Somit kommt es
an der Nordsee gegen Morgen zunehmend zu Sturmböen, exponiert auch zu schweren
Sturmböen aus Südwest. An der Ostsee reicht es nur zu steifen, exponiert
stürmischen Böen. In 850 hPa geht die Temperatur im Norden noch bis auf -4 Grad
zurück, an den Alpen bis -1 Grad. Im höheren Bergland kann es noch leichte
Schneeschauer geben, für eine Schneefallwarnung reicht es aber kaum. An den
Alpen setzt in den Frühstunden Schneefall ein. Von hohen Berglagen abgesehen
bleibt es frostfrei.

Sonntag… liegt Deutschland im Bereich eines breiten Höhentroges mit teils
kurzwelligen Anteilen, die aber kaum ausreichend Hebung verursachen, um
nennenswerte Niederschläge zu produzieren. Lediglich an den Alpen schneit es in
der ersten Tageshälfte oberhalb 1000 m. Ansonsten wird der Sonntag meist
wechselnd bis stark bewölkt und die Höchstwerte erreichen wieder etwas über 10
Grad, nur ganz im Norden bleibt es kühler. Der etwas stärkere Gradient weitet
sich noch bis ins Binnenland Deutschlands aus, so dass in der ersten Tageshälfte
steife Böen aus Südwest bis weit in den Süden Deutschlands hinein auftreten
können, nur der Südosten bleibt ausgenommen. Im Nordwesten und im westlichen
Bergland muss verbreitet mit stürmischen Böen gerechnet werden. An der Nordsee
überschreitet der Wind schon am Morgen den Zenit und nimmt dann wieder ab. Auf
den Bergen hält sich zunächst noch der Wind in der Stärke des Vortags, nimmt
aber dann in der zweiten Tageshälfte auch ab. Am Nachmittag erreicht mit einem
etwas markanteren Kurzwellentrog ein Randtief den Norden Frankreichs. Es zieht
den Gradienten über unserem Land auseinander, zudem sorgen kräftige
Hebungsprozesse im Südwesten für einsetzenden Regen. Mit wieder etwas
zunehmendem Temperaturniveau ist allerdings Schnee kein Thema. Mitunter wird
aber die Luftmasse so weit labilisiert, dass einzelne Gewitter eingelagert sein
können.

In der Nacht zum Montag wird das Randtief unter deutlicher Abschwächung über die
Mitte Deutschlands hinweg nordostwärts gesteuert und erreicht am Morgen die
Ostsee. An seiner Südflanke nimmt der Wind ab dem Abend markant zu, wobei in
einem teils scharfem Gradienten von Baden-Württemberg bis nach Franken durchaus
Böen der Stärke 8 bis 9 bis ins Flachland auftreten können, nach Nordosten zu
wird es deutlich weniger. Für die Details muss aber noch etwas abgewartet
werden. Höhere Berge könnten durchaus wieder schwere Sturmböen abbekommen, die
Hochlagen des Schwarzwaldes und der Brocken wieder orkanartige Böen. Etwas
kräftigere Regenfälle ziehen vor allem an der Nordflanke des Randtiefs von NRW
bis zur Ostsee. Dort könnte auch mal die Schneefallgrenze deutlich absinken und
zumindest mal bis 300 m nasser Schnee fallen. Vielleicht reicht es im Sauerland
in den Hochlagen auch zu etwas Neuschnee, je nachdem wie die genaue Zugbahn des
Tiefs verläuft. Ein weiteres Niederschlagsgebiet zieht über den Süden hinweg und
sorgt auch im südlichen Bergland und in den Alpen für Schneefall, wobei
außerhalb der Alpen wohl eine Glättewarnung reichen wird und auch in den Alpen
wohl erst ab 1000 m nennenswerte Neuschneemengen liegen bleiben werden.
Abgesehen von den höheren Berglagen bleibt es wieder frostfrei.

Montag… zieht das Randtief mit den Regenfällen und letzten steifen Böen im
Osten nach Nordosten ab. Ein neuer Kurzwellentrog läuft dann im Tagesverlauf
über Frankreich hinweg südostwärts ins Ligurische Meer. Das lässt (bei insgesamt
niedrigem Potential) die Höhenströmung wieder auf Süd drehen, so dass sich an
den Alpen wieder eine Föhnlage einstellt. Vor allem über den Bergen reicht es
dann wieder für schwere Sturmböen, ob auch den Tälern steife Böen auftreten, ist
noch ungewiss. Auch auf dem Brocken gibt es anfangs noch schwere Sturmböen, aber
mit abnehmender Tendenz. Ansonsten wird durch immer weiter nach Süden
ausgreifendem Druckfall der Gradient über Deutschland weiter auseinandergezogen,
so dass es im Flachland meist nur noch schwachen bis mäßigen Südwind gibt. Am
Nachmittag erreicht ein sehr flacher Bodentrog den Westen des Landes, auf dessen
Rückseite der Wind auf West dreht. Ein neues Gebiet mit leichten Regenfällen
greift ab dem Mittag wieder auf den Westen und Südwesten über und weitet sich
langsam nordostwärts aus, so dass auch am Montag nicht allzu viel Sonne zu sehen
sein wird. Mit Höchstwerten um 10 Grad bleibt es aber weiterhin mild.
In der Nacht zum Dienstag setzt südlich der Alpen stärkerer Druckfall ein und
ein recht kräftiges Tief erreicht in den Frühstunden die nördliche Adria.
Gleichzeitig schwenkt in Deutschland das Druckminimum langsam nach Osten durch
und ein tagsüber entstandenes Föhntief löst sich von den Alpen und erreicht in
den Frühstunden Niederschlesien. Mit gleichzeitigem Druckanstieg von Westen her
dreht der Wind meist auf West bis Nordwest und vor allem an den Alpen stellt
sich Stau ein. Windwarnungen sind aber kein Thema. Über Süddeutschland kommt es
zu länger anhaltenden Niederschlägen, wobei die Schneefallgrenze bei allmählich
unter -4 Grad in 850 hPa auf etwa 600 absinkt und sich oberhalb 800 m deutlicher
Neuschneezuwachs einstellen kann. Auch im übrigen Land kommt es gebietsweise zu
Regenfällen, im höheren Bergland auch mit Schnee, aber ohne nennenswerte
Neuschneeakkumulation. Allgemein muss aber im höheren Bergland mit leichtem
Frost und entsprechender Glättegefahr gerechnet werden.

Modellvergleich und -einschätzung

Im Großen und Ganzen wird die synoptische Entwicklung von verschiedenen Modellen
ähnlich simuliert. Am Montag zeigen IFS und GFS über dem Nordwesten Deutschland
ein etwas stärker ausgeprägtes Tief, was auch mehr Wind zur Folge haben könnte.
Allgemein verbleiben beim Wind, trotz recht gut übereinstimmender synoptischer
Strukturen Unsicherheiten:
Heute: Wie stark wird der Wind tatsächlich an der Kaltfront und wie viele
Gewitter treten auf?
Morgen Abend: Wo genau und wie stark ist das Windfeld an der Südflanke des
Randtiefs?
Nacht zum Dienstag: Wie genau verlagern sich die Drucksysteme, was hat das für
Auswirkungen auf Wind und Niederschlag?

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann