S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 17.02.2020 um 10.30 UTC

Andauer der meist zyklonalen West- bis Nordwestlage: Wechselhaft, windig, zeit-
und gebietsweise stürmisch und mild.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 24.02.2020

„West at its best“: Sowohl NAO- als auch AO-Index streben zu immer neuen
Höhenflügen an, somit dauert das abwechslungsreiche, zeitweise stürmische und
milde bis sehr milde Spätwinterwetter über den gesamten Mittelfristzeitraum
weiter an.
Eingebettet in die vorübergehend etwas stärker mäandrierende Frontalzone wird
Mitteleuropa zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am Donnerstag, rasch von einem
recht markanten Höhenkeil überquert, dessen Achse sich bereits am Freitag, 00
UTC von Norditalien über den Osten Österreichs nordnordostwärts bis zum Baltikum
bzw. Nordwestrussland erstreckt. Dem Keil folgt ein mit recht großer Amplitude
ausgestatteter Kurzwellentrog, der abends auf die Nordsee und Kontinentaleuropa
übergreift. Das mit diesem Trog korrespondierende Frontensystem eines Sturm-
bzw. Orkantiefs knapp südöstlich von Island überquert die Britischen Inseln bzw.
die Nordsee rasch ostwärts. Die Kaltfront erreicht abends bereits
Nordwestdeutschland mit Sturmböen auch im Binnenland bzw. in tiefen Lagen,
schauerartigen Regenfällen und eventuell auch einzelnen Gewittern. Ihr folgt in
der Nacht zum Freitag ein Schwall maritimer Polarluft (um -5 Grad in 850 hPa),
so dass es im Bergland (ab etwa 400 bis 600 m) auch für einzelne Schneeschauer
reicht.
Am Freitag zonalisiert die westnordwestliche Höhenströmung über dem Nordatlantik
wieder zusehends. Nach Abzug des Kurzwellentroges überquert ein flacher Rücken
Mitteleuropa im Tagesverlauf rasch ostwärts und sorgt für vorübergehende
Wetterberuhigung und auch im Norden für eine deutliche Windabnahme.
In der Nacht zum bzw. am Samstag gelangt Deutschland dann an der Südflanke eines
auf Skandinavien übergreifenden Langwellentroges aber wieder zunehmend unter die
Frontalzone, womit im Bodenfeld die Passage des Frontensystems eines vom
Nordmeer allmählich Richtung Barentssee ziehenden Zentraltiefs einhergeht.
Die Gradientzunahme führt zu einem deutlichen Auffrischen des Windes, vor allem
in Norddeutschland gibt es wieder vielerorts stürmische Böen, an den Küsten und
auf den Bergen Sturm- eventuell auch schwere Sturmböen, auf exponierten Gipfeln
(Brocken) auch mehr. Im Warmsektor steigt die Temperatur in 850 hPa vor allem in
Süddeutschland auf deutlich über 5 Grad, der Kaltfront folgt erwärmte Polarluft,
die nur wenig Abkühlung bringt (-2 bis -5 Grad in 850 hPa).
Am Sonntag greift nach kurzem Zwischenhocheinfluss von den Britischen Inseln
bzw. der Nordsee her eine in die nach wie vor kräftige westliche Höhenströmung
eingebettete Frontalwelle auf Mitteleuropa über, deren Zugbahn und Intensität
noch mit größeren Unsicherheiten behaftet ist. Von den vorliegenden
deterministischen Modellläufen hat das IFS dabei die intensivste Entwicklung
(hin zu einem Sturmtief in der Nacht zum Montag über Südskandinavien) auf der
Agenda, allerdings auch auf nördlicherer Zugbahn als GFS und ICON, die die Welle
deutlich progressiver über Norddeutschland bzw. Dänemark hinwegziehen lassen.
Wie auch immer die Passage im Detail vonstattengeht – es bleibt windig, vor
allem in Norddeutschland und wohl auch in der Mitte stürmisch mit Böen bis
Orkanstärke auf den Bergen. Das Potenzial für ein Schnellläufer-Sturm- oder gar
Orkantief ist nach wie vor gegeben, allerdings taucht diese Variante in den
deterministischen Läufen aktuell (noch) nicht auf.
Nach Abzug des Tiefs setzt sich am Montag mit Annäherung eines flachen Rückens
(der aber bereits von kräftiger WLA überlaufen wird) vorübergehend
Wetterberuhigung durch, ehe wohl am Nachmittag oder Abend die Ausläufer eines
weiteren Sturmtiefs (das sich nach Lesart des IFS am Dienstag, 00 UTC knapp
westlich von Schottland, nach GFS aber bereits über der mittleren Nordsee
befindet) auf den Westen des Landes übergreifen.

Auch in der erweiterten Mittelfrist ist ein Ende der zyklonalen Westlagen nicht
absehbar. Im Gegenteil – das Tief am Dienstag birgt nicht nur nach IFS vor allem
für den Norden und die Mitte Deutschlands erneut erhebliches Sturmpotenzial. Mit
diesem Tief geht voraussichtlich auch eine etwas intensivere Trogpassage einher,
womit die Höhenströmung vorübergehend etwas ins Mäandrieren gerät, allerdings
deutet der aktuelle IFS-Lauf Richtung zweite Wochenhälfte erneut eine rasche
Zonalisierung an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Samstag kann dem aktuellen IFS-Lauf eine gute bis sehr gute
Konsistenz zu seinen beiden Vorgängern bescheinigt werden. Prognoserelevante
unterschiede lassen sich bis dahin kaum ableiten.
Die frontale Welle am Sonntag hatten auch die beiden gestrigen Läufe auf der
Agenda, allerdings flacher, deutlich progressiver und auf südlicherer Zugbahn
als der aktuelle Lauf. Nach Lesart beider Läufe wären eher die Mitte und der
Süden des Landes vom Sturmfeld betroffen.
Das der Welle folgende Sturmtief zu Beginn kommender Woche zeigen die beiden
Vorgänger ebenfalls, wobei die Unterschiede noch größer werden. Der gestrige 00
UTC-Lauf simuliert das Tief bereits Montagmittag über der mittleren Nordsee,
während es sich im gestrigen 12 UTC-Lauf zu diesem Zeitpunkt noch nördlich von
Schottland befindet und im aktuellen sogar erst nordwestlich von Irland. Nach
Lesart aller drei Läufe birgt aber auch dieses Tief nicht unerhebliches
Sturmpotenzial für Mitteleuropa.
In der erweiterten Mittelfrist, also Mitte kommender Woche, deutet der gestrige
12 UTC-Lauf eine markantere Austrogung über Mitteleuropa an als der aktuelle.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Samstag sind kaum prognoserelevante Unterschiede zwischen den
vorliegenden Globalmodellen auszumachen.
Die Frontalwelle am Sonntag wird sowohl vom ICON als auch vom GFS flacher und
auch progressiver simuliert als vom IFS, die Zugbahn verläuft nach Lesart beider
Modelle, vor allem aber nach ICON, weiter südlich (ICON über Norddeutschland,
GFS über Dänemark). Mit der südlichen Zugbahn des ICON steigt auch das Potenzial
für Dauerregen vor allem in den zentralen und westlichen Mittelgebirgen. Im
Gegensatz zum IFS und zum kanadischen GEM, die eine schwächere Entwicklung als
das IFS auf der Agenda haben, aber auf ähnlicher Zugbahn, führen ICON und GFS
das Tief auch noch lange Zeit, nämlich bis in die Nacht zum Montag, als offene
Frontalwelle.
In der erweiterten Mittelfrist, also wohl mindestens bis Mitte kommender Woche
und wahrscheinlich auch darüber hinaus, dauert die zyklonale West- bis
Nordwestlage (mit höchstens kurzen antizyklonalen Einschüben, am ehesten in
Süddeutschland) weiter an. Das nächste Sturmtief steht bereits am Montag oder
spätestens Dienstag „ante portas“, wobei GFS und auch GEM diesbezüglich
progressivere Varianten auf der Agenda haben als IFS. Allen Unsicherheiten im
Detail zum Trotz: Das Potenzial für eine markante Sturmlage oder gar mehr ist
vor allem ab Sonntag bis Dienstag bzw. Mittwoch (also pünktlich zu den „tollen
Tagen“) keinem Modell von der Hand zu weisen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Zwar verteilen sich die 49 Einzelmember, der Haupt- und Kontrolllauf zu Beginn
des Mittelfristzeitraumes (T+72-96 Stunden) auf sage und schreibe 6 Cluster
(jeweils 14, 13, 7, 6, 6 und 5 Member), allerdings lassen sich – die
Wetterentwicklung über Mitteleuropa betreffend – keine prognoserelevanten
Unterschiede ausmachen.
Auch im nächstfolgenden Zeitraum (T+120 bis 168 Stunden) lassen sich 5 Cluster
(jeweils 15, 11, 9, 8 und 8 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1)
ausmachen, sämtlich ausgestattet mit positivem NAO-Index. Dabei sind Cluster 2
und 5 zum Ende hin, also zu Beginn kommender Woche, zumindest für Süddeutschland
etwas antizyklonaler aufgestellt als die übrigen.
Die erweiterte Mittelfrist (T+192 bis 240 Stunden) hat nur noch einen Cluster
auf der Agenda, wonach die kräftige Zonalströmung zu Mitte kommender Woche mal
vorübergehend etwas ins Mäandrieren geraten könnte.
Bzgl. einer oder mehrerer eventueller Schnellläufer-Sturmtiefentwicklungen im
Zeitraum Sonntag bis Mittwoch (und vielleicht auch noch darüber hinaus) lässt
sich konstatieren, dass einzelne Member der Ensemble Prediction Systems von IFS,
GFS und GEM durchaus markante Entwicklungen auf der Agenda haben, ein absoluter
„Knaller“ in Form einer großräumigeren Unwetterlage lässt sich aktuell aber
nicht ausmachen.

Fehlt noch der Blick auf die Rauchfahnen verschiedener Orte innerhalb
Deutschland: Der zeigt Symptome einer klassischen Westlage mit rasch
erfolgenden, aber von Member zu Member zeitlich leicht versetzten
Frontensystemen: Bis zum Samstag verläuft die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur
noch in einem relativ engen Spread, mit den weiter oben ausführlich
beschriebenen Unsicherheiten bzgl. eventueller Frontalwellen oder
Schnellläufertiefs wird der Spread ab Sonntag deutlich größer. Zu Wochenmitte
wird der Spread auf relativ niedrigem Niveau wieder etwas kleiner, was auf einen
markanteren Trogdurchgang hindeutet, den viele Member wohl so auch auf der
Agenda haben.
Wie es sich für eine zyklonale Westlage gehört, sind die einzelnen Meteogramme
mit reichlich Niederschlagssignalen ausgestattet, im Norden bzw. in den
Mittelgebirgen mehr als im Süden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Als markante Wettererscheinung steht im Mittelfristzeitraum natürlich die
Windentwicklung eindeutig im Fokus. Bis in die erweiterte Mittelfrist hinein
dürfte es in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und vor allem ab
Samstag dann auch der Alpen fast durchgehend stürmische Böen und Sturmböen aus
westlichen Richtungen (mal Südwest, mal Nordwest) geben, exponiert zeitweise
auch schwere Sturmböen, am Samstag und Sonntag auf einzelnen Gipfeln Orkanböen.
In den Niederungen Nordwestdeutschlands muss zunächst mit Kaltfrontpassage am
Donnerstagabend bzw. innerhalb von Schauern und Gewittern in der Nacht zum
Freitag, im Nordosten auch noch am Freitag tagsüber mit einzelnen stürmischen
Böen gerechnet werden (Wahrscheinlichkeiten meist bei 20 bis 50%), Sturmböen
(unter 20% Wahrscheinlichkeit) nicht ausgeschlossen.
Nach vorübergehender Abnahme steigt dann am Samstag tagsüber das Potenzial für
stürmische Böen und Sturmböen im Norden und später auch in der Mitte des Landes
erneut deutlich an, Richtung Küsten sind nach Lesart des IFS-EPS auch Sturmböen
wahrscheinlich, an den Küsten, vor allem der Nordsee, schwere Sturmböen nicht
ausgeschlossen.
Die Windentwicklung am Sonntag ist zwar noch unsicher, aber mit zunehmender
Wahrscheinlichkeit dürfte dann auch Süddeutschland von stürmischen Böen
betroffen sein. Auch, wenn es seitens der Probabilistik momentan keine konkreten
Hinweise darauf gibt 8acu nicht seitens des EFI), kann eine Unwetter-Sturmlage
am Sonntag bzw. dann auch im Laufe der kommenden Woche nicht komplett
ausgeschlossen werden.

Eine eher untergeordnete Rolle spielt dagegen der durchaus häufig und recht
verbreitet auftretende Niederschlag, in den Niederungen durchgehend in flüssiger
Form. Erst mit der Frontalwelle am Sonntag sind schwache Signale für ein
Überschreiten der Warnschwellen für Dauerregen in erster Linie in den Staulagen
der westlichen und zentralen Mittelgebirge auszumachen. Diese resultieren wohl
in erster Linie aus der Simulation des deterministischen ICON-EU-Laufes. IFS-EPS
zeigt lediglich in exponierten Staulagen des Siegerlandes bzw. Bergischen höhere
Wahrscheinlichkeiten als 10% dafür.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, IFS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff