SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 09.02.2020 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz

Von Nordwest nach Südost aufkommende schwere Sturmböen und örtlich Orkanböen. Im
Süden erst in der 2. Nachthälfte und Montagmorgen Sturmhöhepunkt. Die stärksten
Böen dabei in Verbindung mit einzelnen Gewittern.
Am Montag und Dienstag verbreitet weitere Sturmböen und schwere Sturmböen, in
Hochlagen Orkanböen.
Kommende Nacht uns morgen in Staulagen Stark- oder Dauerregen möglich.
Am Montag und Dienstag oberhalb von 600 bis 800 m, in den Alpen zum Teil erst ab
1000 m zeitweise schauerartige Schneefälle. Neuschneemengen in Staulagen
vereinzelt mehr als 10 cm. Dabei in freien Lagen Schneeverwehungen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC

Sonntag… Auf der Südostseite eines steuernden Tiefkomplexes mit Kernen bei
Island hat ein kräftiges Randtief (Orkantief ŽSabineŽ) die Hebriden erreicht
(Kerndruck um 06 UTC knapp 955 hPa) und zieht bis 18 UTC zur Südküste Norwegens
dicht nördlich von Bergen. Der zugehörige Höhentrog nähert sich von Westen an
und erreicht mit seiner Achse abends die Nordsee und Frankreich. Die Warmfront
des Tiefs erreicht nachmittags Nordwestdeutschland und die Kaltfront folgt rasch
nach und okkludiert. Mit der Annäherung des Orkantiefs und dem Übergreifen der
Fronten geht eine Gradientzunahme einher, so dass der Wind von Nordwesten her
stürmisch auffrischt. Um 18 UTC werden von der deutschen Modellkette im gesamten
Westen und Norden, teils auch schon im Osten Böen Bft 8 bis 9, lokal Bft 10
simuliert, in exponierten Gebieten auch orkanartige Böen (Nordsee, Raum Eifel
sowie die Lagen oberhalb 400 bis 600 m. Auf exponierten Gipfeln gibt es
Orkanböen teils über 140 km/h. Hinweise für Böen Bft 11 in tiefen Lagen gibt es
aus den Winden in 925 hPa. Diese liegen nämlich im Bereich der Front teils bei
60 bis 70 kt.
Der frontale Regen ist noch nicht warnwürdig bei 1 bis 9 mm. Lediglich im
Nordseeküstenbereich können 10 bis 20 mm fallen und mehr als 20 mm hat 6stg. Nur
Euro4 hat Starkregen/Dauerregen im Programm in Teilen Nordfrieslands.
Nebensächlich sei erwähnt, dass es mit der Windzunahme und der damit verbundenen
Durchmischung deutlich milder wird mit 10 bis 16 Grad mit den höchsten Werten in
Südbaden. Nur an der Nordsee und in Ostbayern ist es etwas frischer.

Die Nacht zum Montag bringt mit Kaltfrontpassage in der Mitte und im Süden einen
ersten Sturmhöhepunkt mit Böen 10 bis 11 Bft, Berge mehr. Ausgenommen ist bis 06
UTC wahrscheinlich nur der äußerste Südosten von Bayern.
Unmittelbar hinter der Front kommt es zu einer kurzfristigen Windabschwächung,
wobei der Wind aber keinesfalls einschläft. Mit einsetzender konvektiver
Komponente (Schauer, Gewitter) in der rückseitig einfließenden subpolaren
Meeresluft (Rückgang T850 auf 0 bis -3°C im Norden und Westen) bei einem
weiterhin mehr als soliden Druckgradienten folgt aber schon eine erneute
Auffrischung mit Böenspitzen bis Bft 10, wobei einzelne orkanartige Böen nicht
ausgeschlossen werden können. Orkanartig ist auch das Stichwort für den Süden,
wenn mit Annäherung der Kaltfront an die Alpen der Leitplankeneffekt zum Tragen
kommt. Dabei muss vermehrt mit Böen der Stärke 10 bis 12 Bft gerechnet werden.
Mit den schauerartigen Regen deuten die Modelle auch die Möglichkeit von
Starkregen und Dauerregen an vor allem in den Staulagen der westlichen
Mittelgebirge, aber auch im Harz und mit geringerer Wahrscheinlichkeit auch im
vom Thüringer Wald bis zum Fichtelgebirge.

Montag… gelangt die Südhälfte Deutschlands mehr und mehr unter den Jet, der
sich vom Ostatlantik über den Ärmelkanal bis zu den Ostalpen erstreckt (18 UTC).
Die Kaltfront des zu den Lofoten ziehenden Orkantiefs erreicht die Alpen bzw.
überquert diese vormittags. Dahinter breitet sich landesweit hochreichende und
labil geschichtete Meereskaltluft subpolaren Ursprungs aus, in der T850 auf 0
bis -5°C, T500 mit Ausnahme des äußersten Südens auf -30 bis -35°C zurückgeht.
Neben reger Schauertätigkeit – von Regen über Graupel und kurzen Gewittern bis
hin zu Schnee in Lagen oberhalb von 600 bis 1000 m ist alles dabei – spielt der
Südwest- bis Westwind weiterhin die wichtigste Rolle. Auch postfrontal werden
verbreitet 9er und 10er Böen simuliert und einzelne orkanartige Böen sind bei
kräftigen Schauern und einzelnen Gewittern möglich. Die Kaltfront bringt zuvor
im Südosten Bayerns noch getriggert durch den Leitplankeneffekt im Alpenvorland
11er und 12 Böen. Der Einfluss der konvektiven Umlagerungen sollte nicht
unterschätzt werden bei weiterhin sehr lebhaften Oberwinden (Mittelwind in 925
hPa 45 bis 55 Kt). Gerade im Falle kleinerer organisierter Strukturen sind dabei
die höchsten Böen zu erwarten. Abgesehen davon bleibt der Grundwind frisch bis
stark mit Böen 8-9 Bft, Bergland 10 bis 12+ Bft, Nordsee 10 Bft.
Die Schneefallgrenze sinkt auf etwa 800 bis 600 m (bei kräftigen Schauern auch
mal darunter), an den Alpen auf rund 1000 m. Wie viel Schnee unter dem Strich
fällt, ist schwer zu prognostizieren, vor allem auch vor dem Hintergrund des
Sturmes. Auf alle Fälle rückt in den höchsten Lagen das Thema „Verwehungen“ mehr
und mehr in den Fokus. Ob es im Süden irgendwo für eine Dauerregenwarnung reicht
(am ehesten Schwarzwald und Allgäu, 24stg.) ist noch nicht sicher. Zum einen hat
der Regen wie zuvor schon weiter nördlich eher Starkregencharakter, zum anderen
ist die sinkende Schneefallgrenze ein substanzielles Gegenargument.
Bei guter Durchmischung werden Höchstwerte von 10 bis 15°C erreicht, einzig im
Norden sowie im Bergland stehen einstellige Werte auf der Karte.

In der Nacht zum Dienstag soll laut ICON ein weiterer KW-Trog mit
korrespondierendem Bodentrog durchschwenken, was einen weiteren Windhöhepunkt
bedeuten würde. Ob es so kommt und wie hoch in diesem Falle die Böen gehen
würden, muss abgewartet werden. An den Trog sind weitere Graupel- und
Regenschauer gekoppelt und vereinzelt kann es auch kurzes Gewitter geben. An der
Nordsee ist nach einer leichten Windabnahme hinter dem Trog gegen Morgen eine
Windzunahme zu erwarten mit einzelnen 11er Böen. Auf den Bergen bleibt es weiter
bei 10er Böen und Orkanböen. Bei Temperaturen zwischen 5 und 2 Grad und dem
kräftigen Wind ist Glätte eher ein Thema für Höhenlagen ab 400 m. Nur bei einem
Graupelschauer kann es in tiefen Lagen mal Straßenglätte geben.

Dienstag… verbleibt Deutschland knapp nördlich der Frontalzone in einer sehr
lebhaften westlichen bis nordwestlichen Bodenströmung, die aus heutiger Sicht
glatt konturiert ist. In der weiterhin einfließenden Meereskaltluft (T850 -3 bis
-6°C) entwickeln sich wiederholt Regen-, Graupel- und Schneeschauer im Bergland
sowie kurze Gewitter. Die Schneefallgrenze schwankt je nach Intensität der
Schauer etwa zwischen 300 und 600 m. Grundsätzlich muss weiterhin mit Sturm- und
vor allem während eines kräftigen Schauers mit Böen Bft 11 gerechnet werden. Die
Höchstwerte liegen nur noch zwischen 5 Grad im mittleren Bergland und bis 11°C
am Oberrhein.
In der Nacht zum Mittwoch ändert sich nicht viel an der Wetterlage und auch an
den Wettererscheinungen, wenn gleich die Schauerneigung etwas geringer wird. Bei
Tiefstwerten zwischen 0 Grad im mittleren Bergland und 4 Grad an der Nordsee ist
auch in tiefen Lagen durch Bodenfrost streckenweise mit Glätte zu rechnen, vor
allem nach einem Graupelschauer.

Modellvergleich und -einschätzung

Die synoptischen Basisfelder werden ähnlich simuliert. EZMW berechnet im EPS
deutlich höhere Wahrscheinlichkeiten für 11er Böen als ICON-EPS, CosmoLEPS und
CD2-EPS.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden