S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 31.01.2020 um 10.30 UTC

Zum Wochenbeginn „Vollwetter“ mit Dauerregen und Sturm, dabei mild. Ab Dienstag
zurückgehende Temperaturen und zurückkehrender „Berglandwinter“ mit
Schneeverwehungen. Danach Wetterberuhigung und schon wieder milder.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 07.02.2020

Wie man es dreht und wendet, der Winter 2019/2020 will im Tiefland nicht auf
Touren kommen. Ein paar „kältere“ Tage bewegten sich bei den
Tagesmitteltemperaturen im bundesweiten Durchschnitt gerade einmal auf dem
Niveau der für die Jahreszeit üblichen Werte. Der neueste Vorhersagelauf des
EZMW bietet mal wieder die Aussicht auf solch „kältere“ Tage, ein Wintereinbruch
bis in tiefe Lagen scheint aber weiterhin auszubleiben.

Im Detail vollzieht sich in der ab Montag beginnenden Mittelfrist eine
Umstellung von zyklonal geprägten Wetter mit einem Trogdurchgang und dem
anschließenden Aufwölben eines Rückens über Westeuropa, bei dem es letztlich bis
zum Freitag auf die Großwetterlagen „BM“ oder „HM“ hinausläuft.

Am Montag selber liegt der sich amplifizierende Trog noch im Seegebiet
nordwestlich der Britischen Inseln und füttert ein Tief mit Zentrum knapp
nördlich von Schottland. Deutschland befindet sich im Warmsektor des Tiefs unter
Zufuhr sehr feuchter und milder Luft (T850 außer im Nordosten 0 bis knapp 10
Grad).

Am Dienstag wandert der Trog über die Britischen Inseln hinweg nach Deutschland.
Das Tief wird damit von Schottland nach Dänemark geführt, seine Kaltfront
überquert im Tagesverlauf Deutschland von Nordwest nach Südost. Postfrontal
fließt mit nordwestlicher Strömung deutlich frischere Meeresluft polaren
Ursprungs ein, sodass die T850 hPa auf -3 bis -7 Grad sinken und bei konvektiven
Umlagerungen Schauer oder Gewitter (Temperaturen in 500 hPa bis -36 Grad) zum
Teil bis in tiefe Lagen mit Schnee oder Graupel vermischt sein können.

Am Mittwoch erreicht der Trog bereits das zentrale Mittelmeer, gleichzeitig
wölbt sich von Nordafrika und der Iberischen Insel ein positiv geneigter Rücken
auf, der bis nach Island und zu den Britischen Inseln reicht. Er stützt ein
neues Hoch mit Zentrum über dem Ärmelkanal, sodass auch in Deutschland der Druck
von Westen her steigt. Niederschläge sind damit auf dem absteigenden Ast.

Am Donnerstag und Freitag wird der Rücken durch einen neuen Trogvorstoß über dem
Nordostatlantik, der abermals wie so oft in diesem Winter durch einen
Kaltluftausbruch über der Labradorsee getriggert wird, etwas nach Osten und
Südosten gedrückt. Freitagabend ist die Achse von der Iberischen Halbinsel über
die Pyrenäen, Norddeutschland, Mittelschweden und in leichter negativer Neigung
noch bis ins Nordmeer auszumachen. Der Rücken ist am Boden gekoppelt mit einem
Hoch über Mitteleuropa, das wiederum in Verbindung steht mit dem Azorenhoch und
so eine Hochdruckbrücke bildet. Durch die neue Bodendruckkonstellation dreht die
Strömung alsbald wieder auf Südwest, womit sehr milde Luft mit T850 hPa von 3
bis 7 Grad einfließt.

In der erweiterten Mittelfrist ab Samstag kommt es zu einem weiteren
Großwetterlagenwechsel hin zu einer zonalen Strömung mit Übergreifen der
Frontalzone auf Mitteleuropa (Typen „Wz“, „Wa“ oder „SWz“). Unter zunehmend
zyklonalen Verhältnissen bleibt es mild, darüber hinaus gibt es erneut Signale
für starken Wind oder sogar Sturm.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis zum Donnerstag bietet der neueste Lauf des EZMW keine grundlegend neuen
Ideen im Vergleich zu seinen beiden gestrigen Vorläufen, auch wenn es naturgemäß
Unterschiede im Detail gibt. Diese haben aber für die Vorhersage keine große
Bedeutung. Ab Freitag allerdings nimmt die Konsistenz stärker ab. Der sich
aufwölbende Rücken und der nachfolgende Trog wurden von den beiden gestrigen
Läufen anders simuliert. Entsprechend muss die Vorhersage angepasst werden. So
dürfte der Freitag nun antizyklonaler und wärmer ausfallen als gestern noch
gedacht. Am Wochenende dagegen wird der Tiefdruckeinfluss schneller zunehmen,
wobei milde Luftmassen vorherrschend bleiben sollen, während sie bei den
gestrigen Läufen zum Teil erst noch ausgeräumt werden mussten.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON und GFS sowie weitere Modelle wie das GEM, NAVGEM und JMA verfolgen im
Prinzip die gleichen Abläufe wie das EZMW und können daher keine neuen Ideen
einbringen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles verlaufen für diverse deutsche Städte beim
Geopot 500 hPa bis zum Freitag und bei T850 hPa bis zum Donnerstag in engen
Bahnen. Damit wird der deterministische Lauf bestätigt. Entsprechend den
Ausführungen bei den obigen Konsistenzbetrachtungen öffnen sich anschließend die
jeweiligen Spreads. Ins Auge fallen bei den T850 hPa-Rauchfahnen einige kühlere
Member ab Donnerstag, Haupt- und Kontrolllauf liegen dagegen im oberen Bereich
der Schar. Insofern ist die Milderung ab Donnerstag noch nicht als ganz sicher
einzustufen, während das zunehmende Geopotenzial den Rücken wahrscheinlich
erscheinen lässt. Eventuell positioniert sich das Bodenhoch so, dass nicht
sofort die milden Luftmassen aus dem Südwesten zu uns verfrachtet werden. Mit
dem absinkenden Geopotenzial und wieder einsetzenden Niederschlägen wird ab dem
Wochenende die zunehmende Zyklonalität mit der Ankunft eines neuen Trogs auch
vom Ensemble betont, dabei fallen ebenfalls einige kältere Lösungen auf.

Die Clusteranalyse liefert für Mittwoch, 0 UTC bis Freitag, 0 UTC 5 Cluster.
Unterschiede werden zwar in den Details des Rückens sichtbar, grundsätzlich
andere Lösungen sind es aber nicht. Von Samstag, 0 UTC bis Montag, 0 UTC werden
4 Cluster berechnet. Unterschiede manifestieren sich erneut im Rücken, aber auch
im nachfolgenden Trog. Letztlich läuft es bei allen Clustern jedoch auf
Zonalität hinaus, sodass bei allen Clustern am Ende die positive NAO als
Wetterregime überbleibt. Einen möglichen Polarwirbelsplit durch ein Blocking
über Skandinavien und dem Nordmeer (C1 und C4 wollen anfangs in diese Richtung)
wird damit rasch wieder ein Riegel vorgeschoben.

FAZIT: Das turbulente Wetter unter Tiefdruckeinfluss bei anfangs hohen, ab
Dienstag sinkenden Temperaturen und dem zurückkehrendem „Berglandwinter“ scheint
sicher. Danach gibt es eine kurze Wetterberuhigung bei wahrscheinlich wieder
steigenden Temperaturen, bevor zum Wochenende hin neuerlich zonales Geschehen
mit zunehmendem Wind bei weiterhin milden Temperaturen auf dem Plan steht.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND/STURM:
EFI gibt am Montag und vor allem am Dienstag mit Werten bis 0.8 von der Mitte
bis in den Süden deutliche Hinweise für starken Wind. Dabei sind bis ins
Tiefland stürmische Böen Bft 8 zu erwarten, im Bergland treten Sturmböen Bft 9
bis hin zu schweren Sturmböen Bft 10 auf, exponiert orkanartige Böen Bft 11 oder
Orkanböen Bft 12.

DAUERREGEN:
Nach EFI hält der Dauerregen vom Sonntag am Montag und Dienstag weiter an. In
den Staulagen der Mittelgebirge sowie im Schwarzwald und im Allgäu fallen
48-stündig bis Dienstagfrüh 40 bis 60 l/qm, lokal um 90 l/qm (Unwetter). An den
Alpen setzt ebenfalls Dauerregen ein, der bis zum Dienstagabend anhält und
ähnliche Regenmengen bringt.

SCHNEEFALL:
Ab Dienstag sinkt die Schneefallgrenze wieder bis auf 500 m ab. EFI zeigt dann
Signale für starken Schneefall in den Alpen. Im Bergland kommen bis Mittwochfrüh
um 10 cm, im Schwarzwald und in den Alpen 20 bis lokal 30 cm zusammen. Am
Mittwoch schneit es dann hauptsächlich noch in den Alpen. Dort können nochmals
10 bis 20 cm dazu kommen.

SCHNEEVERWEHUNGEN:
Ab Dienstagabend ist bei sinkender Schneefallgrenze und noch anhaltendem Wind in
höheren Lagen mit teils starken Schneeverwehungen zu rechnen.

STARKE GEWITTER:
Mit Werten bis 0.5 zeigt EFI außerdem hohe CAPE-Werte am Dienstag an. Die zu
erwartende Konvektion könnte bei ordentlicher Labilität auch zu starken
Gewittern führen, die vor allem hinsichtlich ihrer Böigkeit bei schon hohem
Grundwind noch einmal um 1 bis 2 Bft stärkere Böen möglich erscheinen lassen (im
Tiefland folglich Böen der Stärke 9 bis 10).

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler