SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 15.01.2020 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWz (Südwest zyklonal mit antizyklonalen Einschüben)

Heute von Nordwesten her schwache und schleifende Kaltfront, Tendenz auflösend.
Morgen Zwischenhocheinfluss, am Freitag von Westen eine neue, etwas potentere
Kaltfront.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC

Mittwoch… dauert der bitterkalte Hochwinter in Mitteleuropa respektive
Deutschland unvermindert an. Frühtemperaturen im zweistelligen Plusbereich
(Nordhälfte), dazu milder Südwestwind und lediglich im Süden gebietsweise etwas
Kaltluft mit leichtem Frost – so sieht der deutsche Winter aus. Dass wir das
Wort „Schnee“ angesichts solcher Rahmenbedingungen nicht in den Mund nehmen
brauchen, ja gar ein zaghaftes Träumen verbietet sich, ist evident.
Okay, das musste jetzt mal sein, nun zu den Fakten, sprich der Wetterlage, die
für diese Wintermisere verantwortlich zeichnet. Hauptdarsteller der aktuellen
Szenerie ist das Sturmtief FENJA, das seine besten Tage zwar auch schon hinter
sich hat, trotzdem aber noch prominent genug ist, um einige Schlagzeilen zu
produzieren. Um 00 UTC konnte FENJA mit einem Kerndruck von immerhin knapp unter
950 hPa süd-südöstlich von Island analysiert werden, von wo aus die Madame im
Laufe des Tages langsam in Richtung der Norwegischen See marschiert, was nicht
ohne Reibungsverluste vonstattengeht. Kurzum, bis Tagesende füllt sich das Tief
auf und geht wahrscheinlich mit etwas unter 975 hPa in den Donnerstag. Südlich
des Tiefs herrschet eine flotte und hochreichende Südwestströmung vor, die von
einem breiten Trog über dem Ostatlantik und einem von NW-Afrika bis zur Ukraine
gerichteten Höhenrücken gestützt wird. Mit den südwestlichen Winden wird – wie
sollte es anders sein – milde bis sehr milde Luft aus Südwesteuropa in den
Vorhersageraum advehiert, die heute bei relativ guter Durchmischung und
zusätzlicher Einstrahlung wieder verbreitet zweistellige Tageshöchstwerte
erwarten lässt. Daran ändert übrigens auch die Tatsache nichts, dass
niedertroposphärisch ein Temperaturrückgang ins Haus steht von 4 bis 9°C in 850
hPa am Morgen auf -2°C (an der Nordsee) bis +5°C (Chiemgau) um 24 UTC. Ursache
ist eine schwache, weil wenig barokline Kaltfront, die als Ausläufer von FENJA
von der Nordsee her schleifend das nordwestdeutsche Festland erreicht und sich
langsam südostwärts quält, was ihr angesichts überlagerten Druckanstiegs
zunehmend schwerer fällt.
So gestaltet sich der Wetterablauf am heutigen Mittwoch, dem 15. Januar
dergestalt, dass sich in weiten Teilen der Südosthälfte mehr und mehr die Sonne
durchsetzt. Anfänglicher Nebel ((Niederbayern) löst sich ebenso auf wie zunächst
noch vorhandene Bewölkung, aus der hier und da (Mitte/Osten) am Morgen sogar
etwas Niederschlag fällt. Während am Oberrhein die Temperatur bis rund 15°C
steigt, hält sich in Niederbayern aufgrund mangelnder Durchmischung – der Wind
ist im Süden und Südosten des Landes mit Abstand am schlaffesten – zumindest
eine dünne Kaltluftschicht der Marke „light bis zero“ hält. Expressis verbis,
die Höchstwerte machen gebietsweise bei 5°C Schluss (vor allem, wenn der Nebel
etwas zäher ist), plus wohlbemerkt.
Je weiter man seinen Blick nach Nordwesten richtet, desto näher kommt man
besagter Kaltfront, ergo, desto dichter die Wolkendecke. Dazu fällt zwischen
Rheinland und Nordsee respektive SH zeitweise etwas Regen, allerdings wird es
trotz Schleifprozess schwer, 5 mm innert 12 h zu erreichen. Im Fokus des
Warnmanagements steht der Wind, der präfrontal insbesondere in der
Nordwesthälfte, sonst nur in einigen exponierten Hochlagen sowie in
Erzgebirgsnähe spürbar aus Süd bis Südwest weht. Dabei treten steife Böen 7 Bft,
an der Nordsee sowie in Teilen SHs stürmische Böen 8 Bft auf. In den Hochlagen
der meisten Mittelgebirge stehen je nach Exposition ebenfalls Böen 7-8 Bft auf
der Karte, in einigen Kamm- und Gipfellagen auch darüber (Sturmböen 9 Bft,
Brocken sogar schwere Sturm- oder orkanartige Böen 10 bis 11 Bft). Im
Tagesverlauf nimmt der Wind im Zuge allmählicher Gradientauffächerung ab,
insbesondere wenn die Kaltfront übergreift, die nämlich in einen
gradientschwachen Bodentrog eingebettet ist.

In der Nacht zum Donnerstag macht die Kaltfront noch etwas Boden nach Südosten
hin gut, was ihr aus dem weiter oben schon genannten Grund (Druckanstieg) sowie
überlagerter KLA aber immer schwerer fällt. So läuft es schlussendlich auf eine
Frontolyse hinaus, sprich, die Front beginnt sich aufzulösen. Daran kann auch
ein aus dem breiten Trog herauslaufender, über die Nordsee ost-nordostwärts
schwenkender sekundärer KW-Trog nichts mehr ändern, weil dieser nicht mehr mit
der Front interagiert und somit quasi ins Leere läuft.
Nichtsdestotrotz, etwas Hebung bringt die Front versus aller Widrigkeiten doch
noch auf die Platte, so dass es vor allem im Norden und Westen sowie in Teilen
der Mitte zeit- und gebietsweise etwas regnen oder nieseln kann. Einige Modelle,
darunter die deutsche Modellkette sowie EURO4, simulieren sogar im östlichen
Bayern (Teile von Niederbayern, vielleicht auch der Oberpfalz) etwas
Niederschlag, was, so er denn tatsächlich auftritt, zum Problem werden könnte.
Denn genau dort ist zusammen mit dem Alpenvorland und dem Alpenrand Luftfrost
angesagt, und z.T. steckt sogar etwas Frost in den Böden. Es ist also nicht
ausgeschlossen, dass es zumindest stellenweise Glatteis durch gefrierenden
Regen/Nieselregen geben kann, was durchaus eine schwache Formulierung in den
Warnlageberichten berechtigt.
Ansonsten gilt es noch zu konstatieren, dass der Wind weiter auf dem
organisierten Rückzugskurs bleibt, so dass am Ende nur noch ein paar Böen 7-8
Bft in exponierten Hochlagen sowie auf der Nordsee übrigbleiben.

Donnerstag… setzt sich Zwischenhocheinfluss durch. So deutete sich bereits in
der Nacht die Aufwölbung eines solchen an, das nun auch noch von einem von West
nach Ost durchwandernden Rücken gestützt wird. Zwar verschiebt sich das Areal
mit dem Druckmaximum im Tageverlauf bereits wieder in Richtung nördlicher
Balkan, was die Annäherung neuer Störungen impliziert. Das stimmt so auch, denn
über Westeuropa formiert sich das nächste Frontensystem, trotzdem verläuft der
Donnerstag weitgehend ungestört. Weitgehend deswegen, weil sich im „nördlichen
Süden“, sprich in einem etwa von RP bis nach Oberfranken bzw. der Oberpfalz
verlaufenden Streifen noch Reste frontaler Bewölkung (und anfangs vereinzelt
noch ein paar Tropfen) befinden, obwohl die Front als solche (also als
thermische Diskontinuität) selbst schon nicht mehr existent ist. Es besteht aber
die berechtigte Hoffnung, dass dieser Wolkenstreifen mit Hilfe leichten
Absinkens mit zunehmender Tagesandauer immer mehr Auflockerungen bekommt.
Nördlich und südlich davon scheint häufig und auch für längere Zeit die Sonne,
lediglich im äußersten Norden zeigt sich der Himmel mitunter auch mal wolkig.
Mit 7 bis 13°C, an der unteren Donau örtlich unter 5°C, wird es zwar nicht mehr
ganz so warm wie heute, richtig kalt geht aber anders. Wenig los auch beim Wind,
der in den Sektor Süd bis Ost rückdreht. Einzig auf Deutschlands windigstem
Plateau, dem Harzer Blockberg, könnte es für ein paar Böen der Stärke 7-8 Bft
reichen – Peanuts für den echten Brockenharzer.

Die Nacht zum Freitag bringt dann bereits wieder Druckfall in Deutschland. Über
dem nahen Ostatlantik hat sich aus dem anfangs noch sehr breiten Trog
mittlerweile ein Trog kürzerer Wellenlänge etabliert, der tatsächlich vor zu
haben scheint, den beschwerlichen Weg nach Mitteleuropa anzutreten. Noch dauert
es aber ein bisschen, bis es soweit ist, so dass der Vorhersageraum genau
zwischen den Trog und dem abwandernden Rücken unter eine schwache und noch
weitgehend antizyklonal konturierte südliche Höhenströmung gelangt.
Ansonsten sei schon mal das nächst Sturmtief erwähnt, das mit dem Trog
korrespondiert und um Mitternacht mit rund 970 hPa irgendwo zwischen Hebriden
und Färöers aufschlagen soll. Das zugehörige okkludierende Frontensystem
erreicht Frankreich und Benelux, während wir noch deutlich präfrontal bleiben.
Das reicht im Laufe der Nacht für hohe Wolkenfelder im Westen und Nordwesten, zu
mehr nicht. Im übrigen Deutschland wird die Nacht teils klar, gebietsweise
bildet sich Nebel oder Hochnebel. Im Süden und Südosten geht die Temperatur
vielerorts in den leichten Frostbereich zurück, was mit Januar als sensationell
zu bezeichnen ist.
Zwar nimmt der Druckgradient von Westen her sukzessive zu, aufgrund der
überwiegend stabilen Schichtung kommt der südöstliche Wind aber nur über der
Nordsee sowie in einigen Hochlagen in Schwung, ohne dabei das ganz große
Feuerwerk abzufackeln.

Freitag… erreicht besagter Höhentrog den europäischen Kontinent, zum Ende des
Tages liegt seine Achse (500 hPa) nur noch knapp westlich des Vorhersageraums.
Das o.e. Sturmtief zieht mit in etwa gleichbleibender Intensität in Richtung
Norwegische See, wodurch die teilokkludierte Kaltfront (ein Warmsektor ist in
den thermischen Prognosefeldern nicht mehr erkennbar) auf die Westhälfte
Deutschlands übergreifen kann. Dort setzt dann von unseren westlichen Nachbarn
her leichter Regen ein, auch wenn die dazu erforderlichen und durchaus
vorhandenen Hebungsprozesse durch trogvorderseitige KLA gedämpft werden. So
verwundert es nicht, dass die Modelle bis zum Abend nur wenige Millimeter Regen
bis zum Abend simulieren, der zwischen Südbaden und SH sowie westlich davon
fallen soll.
Die Osthälfte bleibt noch für längere Zeit leicht antizyklonal beeinflusst, was
bis zum Abend keinen Niederschlag und sogar einige Sonnenstunden bedeutet.
Allerdings hält sich im Süden gebietsweise zäher Nebel oder Hochnebel, weil der
Mixer, sprich der Wind dort nicht auf die richtige Drehzahl kommt. Auch sonst
reißt der südöstliche, postfrontal auf Südwest drehende Wind keine Bäume aus.
Ein paar steife Böen 7 Bft an und auf der Nordsee (Tendenz im Tagesverlauf
bereits wieder nachlassend) sowie als Böhmischer Wind „light version“ in
Ostsachsen, dazu ein paar Peaks auf einigen Bergen, das warŽs.

In der Nacht zum Samstag kommt die Front weiter nach Osten voran. Dabei nimmt
die Niederschlagsintensität im Süden und in der Mitte, weil Front und
nachfolgender Höhentrog ihren Abstand verringern und es somit zu einer besseren
Interaktion der beiden kommt. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das insbesondere im
Süden (vor der Trogspitze) gebietsweise zwischen 5 und 10 mm/12 h, in Staulagen
(Schwarzwald, Alb, Allgäu) stellenweise auch etwas darüber. Da hinter der Front
ein Schwall erwärmter Meereskaltluft subpolaren Ursprungs in den Vorhersageraum
strömt (T850 sinkt bis zum Morgen auf 9 bis -5°C), kommt tatsächlich – Achtung,
aufgepasst – auch mal wieder der Begriff „Schnee“ ins Spiel. Die
Schneefallgrenze sinkt z.B. im Allgäu auf rund 800 m, wobei der genaue Zeitpunkt
aber ebenso noch unsicher ist wie die Intensität, so dass eine quantitative
Abschätzung aus heutiger Sicht noch sehr unsicher ist. Begnügen wir uns also
damit, dass es überhaupt mal schneit, wenn auch nur in ausgewählten Arealen.
Dazu gehört auch der Schwarzwald, wo die Schneefallgrenze vielleicht sogar noch
etwas tiefer sinkt. Von einer veritablen Neuschneedecke sollte man derzeit aber
nicht ausgehen. Im Osten Bayerns, wo die Grundschicht noch relativ kalt, vor
allem aber frostig ist, besteht präfrontal die Gefahr gefrierenden Regens
(„warme Nase“).
Postfrontal lockert die Bewölkung im Westen auf, was zumindest im Bergland die
Temperatur in Gefrierpunktnähe zurückgehen lässt, stellenweise Glätte durch
gefrierende Nässe inclusive.

Modellvergleich und -einschätzung

Die geschilderte Entwicklung wird von allen Modellen sehr ähnlich gesehen.
Hinsichtlich des möglichen Glatteis in der kommenden Nacht im Südosten bestehen
natürlich noch Fragezeichen, weil es passieren kann, dass der Niederschlag (der
selbst auch unsicher ist) in der trockenen Grundschicht verdunstet.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann