SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 11.01.2020 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
W a
An einigen Küstenabschnitten und in Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge
zeitweise Sturmböen Bft 8/9, auf dem Brocken auch schwere Sturmböen. Sonst keine
markanten Wettergefahren.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC

Samstag… liegt Deutschland unter einem Höhenkeil, der sich von Galizien zu den
Baltischen Staaten erstreckt. Die Frontalzone verläuft vom mittleren
Nordatlantik über Nordengland und Finnland hinweg nach Nordwestrussland, so dass
frontale Prozesse nicht auf Mitteleuropa übergreifen können. Das
korrespondierende Bodenhoch sorgt in der Mitte und im Süden Deutschlands für
eine schwachgradientige Lage, aber aufgrund der rückseitig einer schwachen
Kaltfront eingeflossenen maritimen Polarluft ist die Nebelneigung vorerst
gering. Der Wind ist nur an der Nordsee und auf höheren Berggipfeln der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge warnrelevant. Bedingt durch die Nähe zur
Frontalzone können an der Nordfriesischen Küste im Tagesverlauf stürmische Böen
auftreten.
Großräumiges Absinken sorgt in weiten Teilen Deutschlands für Auflockerungen und
zum Teil auch für längere sonnige Abschnitte. Die Tageshöchsttemperaturen
erreichen 3 bis 8 Grad.
In der Nacht zum Sonntag wird durch einen breiten Trog, der sich den Britischen
Inseln nähert, die Achse des Höhenkeils nach Süddeutschland gedrückt. Die
Frontalzone verschiebt sich hierdurch ebenfalls etwas nach Süden, was im Norden
und in der Mitte Deutschlands eine Gradientzunahme bewirkt. Stürmische Böen
kommen dann auch an der Ostsee auf. An der Nordsee (Inseln) und in höheren
Mittelgebirgslagen muss mit Sturmböen, auf exponierten Gipfeln mit schweren
Sturmböen gerechnet werden. Nach Süden hin bleiben die Luftdruckgegensätze
gering, so dass sich dort die Grundschicht abkühlt und sich in Tallagen und
Niederungen verbreitet Nebel bildet. Bei leichtem Frost (der im Süden durchaus
mäßig werden kann) und dichtem Nebel kann es Reifglätte geben.

Sonntag… gelangt der Norden Deutschlands zusehends in den Bereich der leicht
mäandrierenden Frontalzone. Hierdurch kommen im Norden und Nordwesten zeitweise
Niederschläge auf. Eine darin eingelagerte schleifende Kaltfront wird durch eine
flache Welle, die über die Nordsee hinweg ostwärts gesteuert wird, vorerst
zurückgehalten. Diese Welle zieht ganz im Norden den Gradienten auseinander, so
dass der Wind zunächst unverändert ist, im Tagesverlauf aber abflaut und
abgesehen von einzelnen Wind- und exponiert an der Nordsee auch stürmischen Böen
(die mit dem Übergreifen der Kaltfront auftreten können) nicht mehr warnrelevant
ist. Im Mittelgebirgsraum sowie im Lee der Mittelgebirge sind jedoch weiterhin
Windböen und in den Kamm- und Gipfellagen Böen bis Sturmstärke zu erwarten.
Im Süden und Südosten hält sich Hochdruckeinfluss. Wenn sich Nebel und Hochnebel
auflösen, sind vor allem im Lee der Mittelgebirge sowie in Hochlagen, d.h.
oberhalb der Grundschicht, längere sonnige Abschnitte vorstellbar. Die
Temperaturen ändern sich gegenüber heute nur wenig.
In der Nacht zum Montag greift die Kaltfront schleifend und in Auflösung
begriffen auf den Mittelgebirgsraum über, ohne dass noch nennenswerte
Niederschläge fallen. Allerdings kann im Grenzbereich zur kalten Grundschicht
hin örtlich die gefrierende Phase nicht ganz ausgeschlossen werden. Meist
beschränkt sich die Wetterwirksamkeit dieser Front auf tiefe und mittelhohe
Bewölkung, so dass es im Norden, Westen und in der Mitte weitgehend frostfrei
bleibt. Im Donauraum und südlich davon sowie bis hin zur Oberpfalz ergibt sich
keine Änderung.

Montag… entwickelt sich, ausgehend von einem Sturmtief über dem mittleren
Nordatlantik, ein neuer Trog, der bis zum Abend auf Irland übergreift. Dieser
lässt die über Mitteleuropa leicht mäandrierende Strömung etwas rückdrehen, was
die Kaltfront (oder was davon übrig ist) rückläufig werden lässt. Da sich
gleichzeitig das wetterbestimmende Hoch nach Südosteuropa zurückzieht, erfolgt
in den bodennahen Schichten das Rückdrehen der Strömung ausgeprägter als in der
mittleren Troposphäre. Da dann auch im Süden und Südosten eine leichte
Gradientzunahme erfolgt, wird die Auflösung von Nebel und Hochnebel
wahrscheinlicher als am Sonntag. Warnrelevante Böen sind allenfalls auf
exponierten Berggipfeln und gegen Abend auch an der Nordfriesischen Küste
vorstellbar. Gegenüber Sonntag erfolgt ein leichter Temperaturanstieg, im Westen
sind in tieferen Lagen bis 10 Grad möglich.
In der Nacht zum Dienstag schwenkt der o.g. Teiltrog über die Britischen Inseln
hinweg in die Nordsee. Vorderseitige Hebung, die hauptsächlich durch
Warmluftadvektion bedingt ist, lässt von Nordwesten her Druckfall aufkommen.
Hierdurch legt der Gradient mit der Annäherung einer Kaltfront über dem
Vorhersagegebiet merklich zu. Im Nordwesten und im Lee der nördlichen und
westlichen Mittelgebirge sowie an der Ostsee kommen Windböen sowie an der
Nordsee und im höheren Bergland stürmische Böen auf, an der Nordfriesischen
Küste sowie auf Mittelgebirgsgipfeln muss mit Sturmböen (Brocken schwere
Sturmböen) gerechnet werden. Der Südosten verbleibt im Randbereich des Hochs
über Südosteuropa, so dass dort die kalte Grundschicht konserviert wird und
erneut Frost, Nebel und örtlich Glätte durch Reif zu erwarten ist. Ansonsten
bleibt es frostfrei.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich kaum prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.
Modellunterschiede ergeben sich lediglich für den Sonntagabend im Norden
Deutschlands. Während ICON eine flache Welle über die Nordsee und das nördliche
Schleswig-Holstein und Südschweden hinweg ostwärts ziehen lässt, entwickelt EZMW
anstatt dieser Welle ein Tief, das eine ähnliche Zugbahn, aber mit einem ca. 7
hPa tieferen Kerndruck, aufweist. Die Folge wären dann stürmische Böen, die bis
ins nordwestliche und küstennahe Binnenland ausgreifen und auch die Ostseeküste
erfassen. In exponierten Küstenlagen wären demnach Böen bis Sturmstärke möglich.
Neben EZMW bringt auch EURO4 eine markantere Frontpassage mit ins Spiel,
wenngleich die Gradientzunahme nicht an das heranreicht, was vom EZMW
prognostiziert wird. Allerdings sei hier noch angemerkt, dass weiter
zurückliegende Modellläufe des EZMW diese Entwicklung nicht im Programm hatten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann