SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 060800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 06.01.2020 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
West antizyklonal (Wa)
In der kommenden Nacht von Westen Niederschläge, örtlich Glatteisgefahr.
Anschließend bis auf den Südosten deutliche Milderung, am Mittwoch teils
zweistellige Höchstwerte. An der See und im höheren Bergland zeitweise Wind- und
Sturmböen.
Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
Montag… liegt Deutschland unter einer Keilachse, die sich ausgehend vom
westlichen Mittelmeerraum über Mitteleuropa bis zur Norwegischen See erstreckt.
Auf dessen Vorderseite wird das Bodenhoch ALMAR gestützt, das aktuell mit rund
1035 hPa schon über Österreich und dem Balkan angelangt ist. In der immer mehr
von West auf Süd drehenden Bodenströmung setzt sich aus Süden damit allmählich
trockenere Luft durch (in der mittleren Troposphäre ist es unter dem Absinken
des Keils ohnehin schon „staubtrocken“). Im aktuellen Satbild sieht man das sehr
schön, wie sich die Wolkenkante der Stratocumulusdecke mit Untergrenzen von rund
700 Meter langsam nordwärts vorarbeitet. Derzeit (8 UTC) liegt sie auf einer
Höhe Eifel-Rhön-Bayerischer Wald. Was südlich davon zum Vorschein kommt, ist
aber nicht nur der blanke Himmel, sondern vor allem in den Flussniederungen auch
dichte Nebelfelder, die sich mangels Durchmischung (fehlender Gradient +
Inversion) vor allem am Oberrhein und unteren Main teils ganztags halten werden.
Abseits davon wird es aber in der Südwesthälfte ein sehr sonniger Tag bei
Höchstwerten zwischen 3 und 8 Grad, im Dauernebel um 0 Grad.
Im Nordosten ist anfangs noch Warmluftadvektion wetterwirksam, die den Rücken
überläuft. Reste der gealterten Meereskaltluft (T850 hPa bis -5 Grad) werden
langsam ostwärts abgedrängt und durch erwärmte Atlantikluft (T850 hPa +6 Grad)
im Westen ersetzt. Unterhalb von 700 hPa ist sogar ein schwacher Kurzwellentrog
über dem Oderhaff auszumachen, der sich alsbald nach Osten verabschieden wird.
Folglich kommt es vor allem bis zum Mittag von Schleswig-Holstein bis nach
Sachsen (im Grenzgebiet zu Tschechien bei Temperaturen um den Gefrierpunkt
anfangs noch örtlich mit Glätte) gebietsweise zu etwas Nieselregen, der sich am
Nachmittag nach Vorpommern zurückzieht. Die Auflockerungen von Südwesten setzen
sich bis zum Abend in etwa bis zur Elbe durch. Unter den Wolken sind die
Nachmittagstemperaturen einheitlicher bei rund 7 Grad, was beim Ausgangsniveau
von aktuell 5 Grad demnach kaum Tagesgang bedeutet.
In der Nacht zum Dienstag schwenkt die Keilachse aufgrund der vergleichsweise
kurzen Wellenlänge und regen Tiefdruckaktivität über dem Atlantik ostwärts ab
und von Westen greift ein Kurzwellentrog auf Deutschland über. Da weiter
stromauf zeitgleich ein neuerlicher massiver Warmluftvorstoß über den Britischen
Inseln eingeleitet wird, wird der Trog unter Verkürzung seiner Wellenlänge vom
„Muttertief“ über der Ostgrönlandsee abgeschnitten und tropft über
Süddeutschland ab. Im Bodenfeld korrespondiert eine schwache (maskierte)
Kaltfront mit dem Trog. Mit Annäherung gehen die 850 hPa Temperaturen auf knapp
unter 0 Grad zurück. Bei zuvor aufgeklarten Verhältnissen mit leichtem Frost
(örtlicher Reifglätte) und generell schwachem Gradient ergibt sich daraus vor
allem für windgeschützte Lagen der westlichen und zum Morgen auch zentralen und
südlichen Mittelgebirge eine fiese Gemengelage bezüglich örtlichen Glatteises.
Aufgrund der geringen Mengen (meist 0 bis 3 mm) und der milden Vorgeschichte
sollte eine (überregionale) unwetterartige Situation kein Thema sein. Zumindest
die Niederschlagsphase ist mit Ankunft der Niederschläge im Westen recht sicher
flüssig, da die Schmelzfläche zwischen 850 hPa und Boden noch ausreichend groß
ist. Ausgangs der Nacht hat sich das Warmluftpolster allerdings schon
weitestgehend aufgebraucht, so dass bei Erreichen der Niederschläge vom Harz
über Mittelfranken bis ins Allgäu immer mehr Schneeflocken daruntermischen.
Aufgrund der geringen Niederschlagsintensität bleibt gefrierender
Regen/Sprühregen weiterhin eine ernsthafte Option. Auch kleinere Eiskörner sind
dann möglich. Aus warntechnischer Sicht ist somit zu befürchten, dass man doch
recht großzügig mit markanten Warnungen operieren muss, da die Gegebenheiten
zeitlich und räumlich stark variieren werden. So unter dem Motto: Ort A nass –
keine Gefahr, im Nachbarort B nur wenige Kilometer entfernt spiegelglatt. In
tiefen Lagen ist die nächtliche Abkühlung wohl zu schwach und mit der
Gegenstrahlung der aufziehenden Bewölkung und Westdrehung des Windes stellt
Glatteis dort eher kein Problem dar.
Im Osten und Südosten verläuft die Nacht noch länger aufgelockert, teils klar
und verbreitet frostig. In Alpentälern und Niederbayern gibt es teils mäßigen
Frost bis -8 Grad. Sollte in Vorpommern noch Restnässe vorhanden sein, besteht
stellenweise Glättegefahr durch Überfrieren.
Der Wind legt mit Frontannäherung wieder etwas zu und erreicht auf den
Nordseeinseln und im höheren Bergland in Böen Stärke 7 Bft, in exponierten
Gipfellagen auch Stärke 8 Bft – lässt ausgangs der Nacht aber bereits wieder
nach.
Dienstag… verlagert sich das Cut-Off Tief, das am Boden nicht sichtbar ist und
damit als Kaltlufttropfen firmiert, über Bayern angekommen langsam über die
Alpen hinweg nach Norditalien. Somit kommt im Osten von den Niederschlägen so
gut wie nichts an. Glatteisgefahr besteht vor allem noch vom Erzgebirge bis zum
Alpenrand, wobei aus beschriebenen Gründen die Schneephase zumindest in Lagen
oberhalb von rund 600 Metern die Oberhand gewinnt. In einigen windgeschützten
Tälern des Erzgebirges, Fichtelgebirges, aber auch an der unteren Donau kann es
aber durchaus noch bis weit in den Tag hinein lokal kritisch sein.
Nachfolgend schiebt sich der o.e. breit angelegte westeuropäische „Warmluftberg“
ostwärts vor, der einen Höhenkeil des Azorenhochs stützt. Dessen Achse arbeitet
sich bis zum Abend über Benelux bis nach Jütland voran. Der geneigte Leser siehe
es dem Autor bitte nach, aber an dieser Stelle muss einmal erwähnt werden, wie
geradezu abnormal und grotesk Anfang Januar Temperaturen von -15 Grad und mehr
in 500 hPa wirken, die sich von Mittelschweden über Westeuropa bis nach Spanien
erstrecken. Erschreckend! Im Warmsektor des Orkantiefs mit Kerndruck unter 950
hPa im Raum Island ist die 10 Grad Isotherme in 850 hPa über der Nordsee zu
finden. Auch wenn frontal bedingte Regenfälle erst zum Abend an der Nordsee
einsetzen, so sorgt doch die präfrontal ausgreifende WLA dafür, dass sich
Auflockerungen meist in Grenzen halten. Der Gradient zieht durch den Druckfall
von Nordwesten zum Abend so weit an, dass auf den Nordseeinseln erste Windböen
(Bft 7) aus Süd bis Südwest auftreten. Die Temperaturen liegen mit 1 bis 5 Grad
im Osten und Südosten und 5 bis 9 Grad in den übrigen Landesteilen in etwa auf
dem Niveau des Vortages.
In der Nacht zum Mittwoch schwenkt die Keilachse südwärts zur Mitte Deutschlands
und macht damit im Norden den Weg frei für das Übergreifen der Warmfront. Die
Kaltfront folgt in den Frühstunden über der Nordsee nach, wenn die Warmfront die
zentralen Mittelgebirge erreicht hat. Wie weit die Niederschläge südwärts
ausgreifen und ob dann vom Thüringer Wald bis zur Oberpfalz erneut eine
vorübergehend Glatteislage droht, ist derzeit noch unsicher. In jedem Falle
frischt der Wind an der See und im höheren Bergland erneut mit starken bis
stürmische Böen auf. Auf dem Brockenplateau muss mit schweren Sturmböen
gerechnet werden. Je nach Auflockerungen stellt sich im Süden und Südosten
leichter Frost ein, wobei aufgrund der feuchten Grundschicht doch recht rasch
mit Nebelbildung zu rechnen ist. Sonst verläuft die Nacht mit 6 bis 0 Grad
frostfrei.
Mittwoch… wird die Keilachse noch ein Stück weiter nach Süddeutschland
gedrückt. Vor allem die höhere Troposphäre bleibt aber antizyklonal geprägt,
weshalb aus der Dynamik keine Unterstützung der frontalen Hebungsprozesse zu
erwarten ist. In der westlichen Strömung gerät das zunehmend okkludierende
Frontensystem über der Mitte Deutschlands immer mehr ins Schleifen, wobei
aufgrund des schwach überlagerten Absinkens kaum nennenswerte Regenmengen zu
verzeichnen sind. Meist liegen sie zwischen 1 und 5 mm binnen 12 Stunden. Erst
für die Nacht zum Donnerstag ist mit Übergreifen einer Welle von Westen mit
einer deutlichen Intensivierung der Niederschläge zu rechnen. Unter der
Keilachse bleibt es am Alpenrand heiter und trocken.
Der Gradient fächert im Tagesverlauf etwas auf. An der See und in exponierten
Gipfellagen kommt es hier und da aber noch zu warnwürdigen Böen. Mit 8 bis 13
Grad wird es für die Jahreszeit ungewöhnlich mild. Lediglich im Südosten greift
die Milderung unter schützendem Hochdruckeinfluss und damit entkoppelten
Grenzschicht noch nicht, weshalb bei 2 bis 5 Grad Schluss ist.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Basisfelder werden von den vorliegenden Modellen ähnlich simuliert.
Bezüglich der Wetterinterpretation für die Glatteislage kommende Nacht bis
Dienstagmittag gibt es gewisse Diskrepanzen. So ist auffällig, dass das IFS so
gut wie keinen gefrierenden Niederschlag berechnet. Aufgrund der synoptischen
Rahmenbedingungen sind räumlich und zeitlich stark variierend sämtlich Phasen zu
erwarten. Zudem ist noch unsicher, ob es Mittwochfrüh in Nordbayern und im Süden
Thüringens und Sachsens erneut zu einer Glatteislage kommt. IFS und erst recht
GFS sind mit dem südwärtigen Ausgreifen der Niederschläge deutlich
konservativer. Sollten diese erst tagsüber eintreffen, kann sich die Lage
bereits entspannt haben (positive Belagstemperaturen).
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen