SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 17.12.2019 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
SW bis Sz
Heute Föhn an den Alpen mit Orkanböen auf exponierten Gipfeln, abends
abklingend. Kommende Nacht Durchzug einer Kaltfront mit Böen Bft 8 bis 9 im
Nordosten (Ostsee) und auf den Bergen (exponiert Bft 10). Ansonsten weitgehend
ruhig ohne markante Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC

Dienstag… befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines von
Nordwesteuropa über die Britischen Inseln weit südwärts bis nach Marokko
reichenden Höhentroges unterhalb einer sehr milden und föhnigen südwestlichen
Höhenströmung. Apropos Föhn: An den Alpen hat sich eine markante Föhnsituation
eingestellt mit einem beachtlichen Temperaturgradienten im Alpenvorland. Während
die auf 740 m U. NN am Fuße der Ammergauer Alpen gelegene Station Bad Kohlgrub-
Rosshof mit 18 Grad in den Tag startet, gibt es entlang der Donau bis ins
nördliche Alpenvorland reichend verbreitet leichten Frost. Dazu weht der Föhn
bis in einige Täler mit Böen zwischen 70 und 100 km/h (letztere an der Station
Altenrhein in der Schweiz). Im Bodenfeld (bzw. eher in der unteren Troposphäre)
wird die Vordergrenze der nach Mitteleuropa advehierten und durch den Föhn noch
modifizierten Luftmasse subtropischen Ursprungs markiert durch eine Warmfront,
die inzwischen Norddeutschland erreicht hat. An deren Nordflanke fällt vor allem
im nördlichen Schleswig-Holstein noch gebietsweise etwas Regen, aber auch im
Warmsektor gibt es aufgrund der kräftigen WLA hier und da ein paar Tropfen. Die
Temperatur in 850 hPa hat inzwischen Werte zwischen 2 Grad an der dänischen
Grenze und 14 Grad (föhnmodifiziert) im südlichen Alpenvorland erreicht.
Im Tagesverlauf tropft der Trog über dem Norden Marokkos bzw. Algeriens ab, das
Trogresiduum erreicht abends den Osten der Britischen Inseln sowie die
französische Biskayaküste. Ein mit dem Trog korrespondierendes Wellentief über
dem Ärmelkanal verlagert sich bis zum Abend ohne große Intensitätsänderung zur
dänischen Nordseeküste. Somit kommt die Warmfront weiter nordwärts voran,
während die Kaltfront am Tagesende auf Benelux und Ostfrankreich übergreift.
Somit bleiben wir im Warmsektor des Tiefs. Die Föhnsituation an den Alpen hat
ihren Höhepunkt mit der Nordverlagerung des Tiefs im Laufe des Vormittags
überschritten (Druckdifferenz Bozen-Innsbruck zeitweise über 10 hPa), bis zum
Nachmittag gibt es aber bis in dafür prädestinierte Täler Sturmböen, auf
exponierten Alpengipfeln Orkanböen aus Süd. Danach flaut der Wind allmählich ab,
wobei das Ganze im Detail schwer handzuhaben ist und es große Unterschiede von
Tal zu Tal gibt. Ansonsten reicht der Gradient wohl nur auf exponierten
Mittelgebirgsgipfeln für einzelne stürmische Böen, im Lee kann es bis in die
Täler hier und da mal steife Böen geben (am ehesten wohl am Zittauer Gebirge und
im Elbtal), lediglich der Brocken ist einmal mehr mit Sturm-, vielleicht sogar
schweren Sturmböen am Start.
Im übrigen Land steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Vor allem an den
Nordrändern der Mittelgebirge sowie im Alpenvorland zeigt sich immer wieder mal
die Sonne, bevorzugt im Westen und Norden kann es ab und zu mal tröpfeln.
Fraglich ist auch, ob sich der Nebel/Hochnebel entlang der Donau sowie in Teilen
Ostbayerns komplett auflöst. Definitiv bleibt es dort mit Höchstwerten teils nur
um 5 Grad (bei Dauernebel darunter) am kühlsten. Ganz im Norden, an den Küsten,
werden etwa 8 bis 11 Grad erreicht, ansonsten aber sehr milde 11 bis 16 Grad, ob
in einzelnen Föhntälern bzw. im höheren südlichen Alpenvorland die 20 Grad
geknackt werden, bleibt abzuwarten.

In der Nacht zum Mittwoch kommt der der zunehmend kurzwellige Trog über
Westeuropa mit seinem Nordteil innerhalb der vorübergehend zonalisierenden
Höhenströmung von den Britischen Inseln über die Nordsee rasch ostwärts voran
und überquert in der zweiten Nachthälfte Norddeutschland ostwärts. Mit der
scharfen Krümmung im diffluent konturierten Höhenfeld kann aufgrund kräftiger
PVA vorübergehend markante Hebung generiert werden, die in weiterer Folge
allerdings durch KLA teilkompensiert wird. Das Richtung mittlere Ostsee ziehende
Wellentief kann sich somit deutlich vertiefen, wobei die Kaltfront rasch über
Norddeutschland hinweg ostsüdostwärts zieht und bei trogrückseitig wieder
steigendem Bodendruck etwa über der Mitte des Landes „hängenbleibt“. Im Vorfeld
der Front verschärft sich der Gradient somit vor allem über dem Westen und
Norden des Landes deutlich, bereits präfrontal gibt es in den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge vermehrt stürmische Böen oder Sturmböen, auf dem
Brocken schwere Sturm-, eventuell auch orkanartige Böen. Mit Passage der
Kaltfront frischt auch in den Niederungen der Wind vorübergehend deutlich auf
mit steifen Böen im Westen und Norden, im Nordosten reicht es wohl auch im der
Ostsee angrenzenden Binnenland ausgangs der Nacht für stürmische Böen, an
exponierten Abschnitten der vorpommerschen Ostseeküste für einzelne Sturmböen.
Begleitet wird die Kaltfront von schauerartigen Regenfällen im Westen und
Norden, die morgens noch die mittleren Landesteile erfassen. Dabei werden meist
5 bis 10 mm simuliert, stellenweise auch etwas mehr. Ob es für konvektive
Umlagerungen bis hin zu einzelnen kurzen Gewittern reicht, ist aber mehr als
fraglich. Lediglich C-D2 hat entsprechende Signale auf der Agenda. Ganz
ausschließen kann man das nicht, insgesamt dürfte die Luftmasse aber nicht labil
genug sein. Sollte es dennoch reichen, muss als Begleiterscheinung jedenfalls
mit stürmischem Böen, vielleicht sogar mit Sturmböen gerechnet werden.
An den Alpen nimmt der Föhn dagegen weiter ab, es reicht wohl nur noch auf
exponierten Gipfeln für Sturmböen.
Im Südosten und Süden bleibt es trocken und vor allem in Teilen Bayerns kann
sich örtlich wieder dichter Nebel bilden. Eventuell reicht es entlang der Donau
sowie im ostbayerischen Mittelgebirgsraum gebietsweise für leichten Frost.

Mittwoch… zieht der Kurzwellentrog rasch weiter Richtung Südfinnland, das
korrespondierende Bodentief vertieft sich weiter (auf unter 980 hPa) und
erreicht abends bereits Karelien. Trogrückseitig stellt sich über dem
Vorhersagegebiet eine recht glatte westsüdwestliche Höhenströmung ein, in die
zwar ein weiterer kurzwelliger Anteil eingebettet ist, der rasch über
Norddeutschland hinweg ostwärts schwenkt, aber kaum Wetterwirksamkeit zeigt. Ihm
folgt ein flacher Höhenrücken, der abends Benelux und die westliche Nordsee
erreicht.
Somit stellen sich über dem Vorhersagegebiet insgesamt antizyklonale
Verhältnisse ein. Der Schwerpunkt hohen Luftdrucks verlagert sich dabei
allmählich über Süddeutschland hinweg ostwärts und der Gradient fächert auch im
Nordosten am Vormittag rasch auf. Auf einigen Berggipfeln und im Nordosten gibt
es anfangs somit noch steife, exponiert stürmische Böen, ansonsten spielt der
Wind warntechnisch im Tagesverlauf keine Rolle mehr.
Die Kaltfront bleibt aufgrund höhenströmungsparalleler Exposition über der Mitte
des Landes hängen und verliert unter Hochdruckeinfluss bei dominierendem
Absinken zunehmend an Wetterwirksamkeit. Dennoch dominiert in einem mehr oder
weniger breiten Streifen von Rheinland-Pfalz bzw. Nordbaden bis zur Lausitz
dichte Bewölkung, aus der es vor allem vormittags noch zeitweise leicht regnet.
Postfrontal gelangt ein Schwall erwärmter Polarluft (0 bis -3 Grad in 850 hPa)
nach Norddeutschland, während die Südhälfte im Einflussbereich sehr milder
Luftmassen verbleibt. Vor allem Richtung Alpen, aber auch in Norddeutschland
kommt gebietsweise die Sonne durch. Während die Höchstwerte im Frontbereich und
nördlich davon meist zwischen 7 und 12 Grad liegen, kann es im Süden
gebietsweise wieder etwas milder werden mit Höchstwerten bis nahe 15 Grad, mit
Ausnahme der Regionen mit beständigem Nebel, wo im Falle des Falles kaum 5 Grad
erreicht werden.

In der Nacht zum Donnerstag kommt westlich der Britischen Inseln erneut eine
markante Austrogung in Gang und die Höhenströmung meridionalisiert wieder
zunehmend. Vorderseitig kommt der Höhenrücken über der westlichen Nordsee und
Benelux weiter nach Osten, Richtung Mitteleuropa, voran und kann sich aufgrund
kräftiger trogvorderseitiger WLA nordwärts aufwölben. Morgens verläuft dessen
Achse in 500 hPa bereits vom südöstlichen Mitteleuropa über den Osten und Norden
Deutschlands hinweg nordnordwestwärts bis zur Norwegischen See. Somit dreht die
Höhenströmung von Westen her wieder allmählich auf Südwest bis Süd, ist aber
zunächst noch antizyklonal konturiert.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt weiter Richtung Südosteuropa und
vorderseitig des umfangreichen Zentraltiefs westnordwestlich der Britischen
Inseln dreht die Strömung auch niedertroposphärisch wieder mehr auf Süd. Die
ehemalige Kaltfront über der Mitte Deutschlands wird als Warmfront wieder
nordwärts geführt, zeigt allerdings keine nennenswerte Wetterwirksamkeit mehr.
Somit steigt die Temperatur in 850 hPa auch über Norddeutschland wieder auf
deutlich positive Werte.
Innerhalb der gradientarmen südsüdöstlichen Bodenströmung steht eine
wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus. Zwar wird es an den Alpen allmählich
wieder föhnig, für warnrelevante Böen dürfte es aber noch nicht reichen. Durch
lokale Low Level Jets kann es auch in einigen Mittelgebirgslagen steife,
eventuell sogar stürmische Böen aus Südost geben.
Ansonsten stehen wieder hauptsächlich Grenzschichtphänomene auf der Agenda: Bei
längerer Zeit aufgelockerter Bewölkung nimmt die Nebelneigung wieder zu, in
ungünstigen Lagen vor allem im Süden und in der Mitte des Landes kann es auch
leichten Frost geben.

Donnerstag… nähert sich der umfangreiche Langwellentrog über dem nahen
Ostatlantik allmählich Westeuropa an, ein erster markanter Kurzwellentrog
überquert die Biskaya und greift auf den Südwesten Englands über. Der
vorgelagerte Höhenrücken kommt vor allem über dem östlichen Mitteleuropa etwas
weiter nach Osten voran und somit dreht die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet wieder auf Süd. Sie ist im Tagesverlauf allmählich wieder
zyklonaler konturiert und verschärft sich. Somit kommt an den Alpen nach und
nach wieder der Föhn in Gang, zumindest in den Gipfellagen gibt es vermehrt
Sturmböen aus Süd. Für einen Durchbruch in die Täler dürfte es aber noch nicht
reichen.
Auch sonst lebt der Wind in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge etwas
auf, vor allem nach Osten zu (ostbayerischer Mittelgebirgsraum, Erz- und
Zittauer Gebirge). In erster Linie im ostbayerischen Mittelgebirgsraum sowie am
Erzgebirge kann es mit eventuell auffrischendem Böhmischen Wind auch in dafür
prädestinierten Tälern einzelne Böen Bft 7 aus Südost geben.
Von Süden her wird wieder sehr milde Luft subtropischen Ursprungs ins
Vorhersagegebiet advehiert. Die Warmfront, die die Vorderkante der Luftmasse
markiert, kommt über dem Norden und Nordosten des Landes nur zögernd nordwärts
voran, so dass es dort meist bewölkt, aber trocken bleibt. Auch im Warmsektor
herrscht nicht überall eitel Sonnenschein, am ehesten zeigt sie sich noch an den
Nordseiten der westlichen Mittelgebirge (NRW) sowie im Alpenvorland. Im Süden
kann sich auch gebietsweise wieder ganztägig Nebel bzw. Hochnebel halten,
bevorzugt an der Donau. Die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte
zwischen 5 Grad entlang der Warmfront im Nordosten und etwa 10 Grad im
Alpenvorland bzw. am Nordrand des Erzgebirges. Das mündet in Höchstwerte
zwischen 6 Grad im Nordosten und 15 Grad im Lee einiger Mittelgebirge bzw. an
den Alpen, bei Dauernebel werden dagegen wohl keine 5 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag greift ein weiterer Kurzwellentrog auf die Biskaya über
und erreicht morgens Westfrankreich. Ein korrespondierendes Bodentief zieht bis
Freitagfrüh zum Westausgang des Ärmelkanals. Somit verschärft sich der Gradient
über Deutschland sowohl in der Höhe als auch am Boden weiter und der Föhn an den
Alpen kommt wieder in Gang, eventuell mit Föhndurchbruch bis in einzelne Täler.
Auch in den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge kann es – unterstützt
durch orographisch getriggerte lokale Low Level Jets – stürmische Böen aus
Südost geben.
Ansonsten steht aber eine wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus, in der einmal
mehr die Grenzschichtmeteorologie warntechnisch um Fokus steht.

Modellvergleich und -einschätzung

Alle vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Nennenswerte prognose- und warnrelevante Unterschiede sind
anhand der synoptischen Basisfelder keine auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff