S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 04.12.2019 um 10.30 UTC

Zyklonale Westlage – und kein Ende? 2. Advent nass, mild und stürmisch

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 11.12.2019

Am kommenden Samstag, den Beginn der Mittelfrist, verläuft die leicht
mäandrierende Frontalzone genau über Deutschland. Wir befinden uns dabei in der
Höhe an der Südflanke eines umfangreichen Troges über Skandinavien ohne dabei
wirklich in höhenkalte Luft zu gelangen (T500 hPa -20 bis -25 Grad). Das
korrespondierende Bodentief befindet sich über der nördlichen Ostsee und erzeugt
von dort bis zur dänischen und deutschen Küste ein nettes Sturmfeld. Mit einer
westlichen Strömung gelangt dabei subpolare Meeresluft nach Deutschland, die die
anfangs noch im Süden befindliche mäßig kalte Festlandsluft rasch verdrängt.
Dabei besteht in den Frühstunden in Niederbayern und in Alpentälern noch eine
gewisse Gefahr gefrierenden Regens mit Glatteisbildung. Bei 850 hPa Temperaturen
um den Gefrierpunkt liegt die Schneefallgrenze mit weit über 1000 Metern
entsprechend hoch. Im großen Rest des Landes treten bei starker Bewölkung immer
wieder schauerartige Regenfälle auf, allerdings mit Mengen die meist unterhalb
von 10 l/qm binnen 12 Stunden verbleiben. Bei guter Durchmischung liegen die
Höchstwerte bei milden 7 bis 10 Grad, in Ostbayern um 5 Grad. Der Wind ist
deutlich spürbar mit Böen 7 Bft in der norddeutschen Tiefebene und Sturmböen und
im höheren Bergland. Die Nacht zum Sonntag verläuft weitestgehend frostfrei.

Am 2. Advent schwenkt ein flacher Rücken ostwärts über uns hinweg, der von
Warmluftadvektion überlaufen ist. Unmittelbar auf dessen Rückseite schließt sich
bereits das nächste, weitgehend okkludierte Frontensystem an, das zu einem
mehrkernigen Tiefdruckkomplex gehört, der sich vom Skagerrak bis ins Seegebiet
nordwestlich der Hebriden erstreckt. Damit ziehen nicht nur neue Regenfälle auf,
auch der Wind frischt nach kurzer Pause erneut teils stürmisch auf. Die
Schneefallgrenze schwankt etwa zwischen 1200 und 1500 Meter. Postfrontal sind
mit Annäherung des Troges zum Abend im Nordseeumfeld Schauer und kurze Gewitter
zu erwarten.

Der Beginn der nächsten Woche steht ganz im Zeichen des Troges, der sich von den
Britischen Inseln nach Mitteleuropa verlagert. Damit einhergehend gehen die
Temperaturen in 500 hPa auf -30 Grad zurück, niedertroposphärisch überwiegt aber
weiterhin subpolare Meeresluft mit 850 hPa Temperaturen um oder knapp unterhalb
0 Grad. Das führt in der Konsequenz zu einer Labilisierung der Schichtung über
Deutschland. Die gesteigerte Wetteraktivität ist durch einen eingelagerten
Kurzwellentrog erklärbar, der südostwärts über uns hinwegschwenkt. Dadurch
bleibt es letztlich ungemütlich, windig, nass und mild. Der Unterschied zu dem
Vortag ist, dass es kurzzeitig und lokal auch mal heftiger schütten und auch mal
ein kurzes Graupelgewitter eingelagert sein kann. Zum Abend sinkt die
Schneefallgrenze von Norden bis in die Kammlagen der zentralen Mittelgebirge ab.

Am Dienstag stellt sich auf der Trogrückseite am Boden vorübergehend
Zwischenhocheinfluss ein und es gelangt vorübergehend ein Schwall polarer
Meeresluft nach Deutschland mit 850 hPa Temperaturen um -5 Grad. Abklingende
Schauer im östlichen Bergland und an den Alpen fallen dann immer mehr als
Schnee. Der Wind nimmt deutlich ab und die Gefahr von Nachtfrösten steigt wieder
an.

Für den Mittwoch steht bereits das nächste Sturmtief über den Britischen Inseln
parat.

Auch in der erweiterten Mittelfrist (2. Wochenhälfte nächster Woche) deutet sich
keine blockierende Wetterlage mit Winteroptionen für das Flachland an. Mehr als
kurzzeitige „Rückseiten“ mit sinkender Schneefallgrenze auf Lagen oberhalb etwa
600 Meter sind wohl vorerst nicht drin.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der aktuelle IFS-Lauf liegt in prinzipiell in guter Übereinstimmung zu seinen
Vorläufen, an der zyklonalen Westlage mit kurzer Rückseite zum Dienstag wir
nicht gerüttelt. Eine bissige, aber nicht gefährliche Sturmoption für den Montag
ist wie gerade vom gestrigen 12z Lauf simuliert nach wie vor nicht vom Tisch.
Der Dienstag verfestigt sich inzwischen immer mehr als Tag unter
Zwischenhocheinfluss. Eine südliche Westlage mit Berglandwinter in der kommenden
Woche ist etwas unwahrscheinlicher geworden. Die Frontalzone droht mit
Austrogung über der Iberischen Halbinsel vielmehr zu kippen (von SW nach NE
verlaufende LMG über Deutschland), als dass sie ins Mittelmeer rauscht.
Derartige Details sind aber noch sehr unsicher und betreffen den Übergang zur
erweiterten Mittelfrist.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis auf geringe Unterschiede in den Gradienten und leichte Phasenverschiebungen
in den rasch ablaufenden Trog-Keil-Mustern inklusive eingelagerter Fronten sind
unter den gängigen Globalmodellen keine nennenswerten Unterschiede auszumachen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Aus den Rauchfahnen ist heute nicht sonderlich viel herauszuholen. Ähnlich wie
beim Modellvergleich ist die Bandbreite der Lösung äußerst gering und der
Hauptlauf gliedert sich mitsamt Kontrolllauf hervorragend ein. Ob dann beim
Frontendurchgang 3 mm mehr fallen oder die 850 hPa Temperaturen auf der
Rückseite zum Dienstag um 2 Grad mehr abfällt, muss letztlich eh in der
Kurzfrist geklärt werden und ist für den generellen Fahrplan der Mittelfrist
irrelevant. Im Übergangsbereich zur erweiterten Mittelfrist Mitte nächster Woche
nehmen die Unsicherheiten allerdings deutlich zu. Ein schweres Sturmereignis
erscheint angesichts ausgewählter norddeutscher IFS und GFS ENS Meteogramme
unwahrscheinlich.
Die Cluster im Zeitraum +120-168h (Mo-Mi) variieren letztlich nur in Stärke und
Position der beteiligten Sturmtiefs leicht, ändern aber nicht am oben
beschriebenen Fahrplan für die kommenden Tage. Während sich das Hauptsturmfeld
am Montag wohl vorrangig über den Britischen Inseln abzeichnet, lässt das
Cluster 1 mit 12 Membern (von insgesamt 51) am nächsten Mittwoch auch über der
Nordsee ein giftiges Sturmtief entstehen. Potential dafür ist (an allen Tagen)
aufgrund der synoptischen Konstellation allemal vorhanden.

Die Lösungen in der erweiterten Mittelfrist reichen von Wz bzw. SWz (West
zyklonal, Südwest zyklonal) bis hin zu TM (Trog Mitteleuropa). Von Blockinglagen
kann keine Rede sein. Mit etwas „Glück“ ließe sich bei passendem Abtropfen über
dem westlichen Mitteleuropa respektive Italien eine VB-ähnliche Lage generieren,
die aufgrund der beteiligten Luftmassen und milden Vorgeschichte im Flachland
aber auch kein Winterwetter garantieren würde. So schauen Schneefans vorerst
weiter in die Röhre…

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STURM:
Bis auf kurze Pausen nahezu im gesamten Mittelfristzeitraum bevorzugt an der See
und im höheren Bergland immer wieder Sturmböen wahrscheinlich. Geringe
Wahrscheinlichkeit (COMSO-LEPS, IFS-EPS) für bis in das Norddeutsche Tiefland
ausgreifende Sturmböen Samstag bis Montag. Der EFI reagiert hierbei nur äußerst
schwach mit Werten zwischen 0,5 und 0,7 ohne positiven SOT Überlapp. Daher ist
ein Extremereignis mehr oder weniger auszuschließen.

GLATTEIS: Mit langsamen Übergreifen der frontalen Regenfälle in der Nacht zum
Samstag und Samstag Früh zwischen Bayerischem Wald und Alpenrand in
windgeschützten Lagen örtliche und kurzzeitige Glatteisbildung durch
gefrierenden Regen wahrscheinlich.

SCHNEE: Geringe Wahrscheinlichkeiten (ICON-EPS) für Neuschneemengen von 10 bis
20, in Staulagen bis 30 cm binnen 12 Stunden in der Nacht zum Dienstag und
Dienstag Vormittag.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen