S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 27.11.2019 um 10.30 UTC

Am Wochenende kälter, im Bergland zeitweise Schneefall, vor allem im Süden. In
der kommenden Woche vorübergehende Öffnung einer Hochdruckbrücke.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 04.12.2019

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag befindet
sich Deutschland auf der Rückseite einer Kaltfront, die die Alpen bereits
überquert hat bzw. sich beim Überqueren möglicherweise auch auflöst. Sie gehört
zu einem hochreichenden Sturmtief, das um 12 UTC mit seinem Kern unweit des
Nordkaps zu finden ist. Der davon sich weit süd-südostwärts erstreckende
Höhentrog hat den Vorhersageraum ebenfalls passiert, was uns unter seine
rückseitige, relativ glatt konturierte nordwestliche Höhenströmung bringt. Die
eingeflossene maritime Polarluft (T850 -1 bis -6°C) kommt rasch unter
Hochdruckeinfluss, der sich in Form eines kräftigen, nach Südosten exponierten
Bodenkeils – ausgehend vom eigentlichen Hoch südlich Islands – widerspiegelt. Er
wird gestützt von einem kurzwelligen Höhenrücken, der aber erst relativ spät am
Tage von Westeuropa her übergreift. Abgesehen von ein paar wenigen
Restschneeflocken an den Alpen und im Erzgebirge sowie ein paar Schauer an der
Küste bleibt der Samstag zumindest tagsüber trocken.

Zum Sonntag hin wandert der Rücken relativ zügig ostwärts über Deutschland
hinweg, was uns nachfolgend auf die Vorderseite eines stark positiv geneigten
Höhentrogs über West- und Südwesteuropa bringt. Das korrespondierende Bodentief
verlagert sich von der Biskaya via Südfrankreich zum westlichen Mittelmeer. Die
zugehörigen Hebungsprozesse respektive Niederschläge greifen noch im Laufe der
Nacht zum Sonntag auf den Südwesten über, um sich von dort tagsüber bis in die
Mitte auszubreiten. Da von Süden her vorübergehend mildere Luft eingemischt wird
(am Alpenrand bis zu +2°C in 850 hPa), steigt die Schneefallgrenze allgemein an
und der anfänglich teilweise bis in tiefe Lagen mögliche Schneefall geht in der
Mitte unterhalb 700 bis 400 m, im Süden 1200 bis 700 m in Regen über.

Zu Beginn der neuen Woche zeichnet sich ein Abtropfen des Troges über der
Iberischen Halbinsel bzw. dem westlichen Mittelmer ab. Das nördliche
Trogresiduum schwenkt – immer noch stark positiv nach Südwesten geneigt – über
den Vorhersageraum hinweg nach Osten. Gleichzeitig steigen Potenzial und
Luftdruck von Westen her an, was quasi der Grundsteinlegung für den Aufbau einer
Hochdruckbrücke gleichkommt. Ausgehend vom kräftigen, durch einen breiten Rücken
gestützten Hoch über dem nahen Ostatlantik (Zentrum um 1035 hPa knapp
west-südwestlich von Irland) weitet sich eine zonale Hochdruckzone über
Mitteleuropa ostwärts aus, die am Mittwoch bis zum Schwarzen Meer reicht.
Die „Schwachstellen“ dieser Zone oder Brücke (verbunden werden das o.e. Hoch
über dem Ostatlantik mit einem Hoch über Südosteuropa) liegen anfangs im
äußersten Süden, wo es bis Dienstagvormittag zu Niederschlägen kommt. Diese
fallen im Zuge niedertroposphärischer KLA auf unter -5°C in 850 hPa (in
Nordbayern taucht am Dienstagmorgen sogar die -10°C-Isotherme auf) zunehmend bis
in tiefe Lagen als Schnee, wobei nach Lesart von IFS an den Alpen durchaus 10
bis 20 cm Neuschnee zusammenkommen können. Schwachstelle Nummer zwei offenbart
sich zum Mittwoch hin im Norden, sprich nördlich der Divergenzachse, wo mit
auffrischendem West-Südwestwind vergleichsweise milde Nordseeluft advehiert
wird, die nicht nur einen deutlichen Wolkenüberschuss, sondern auch zeitweiligen
Regen/Nieselregen garantiert.

Abschließend noch ein telegrafischer Blick auf die erweiterte Mittelfrist ab
Donnerstag: Abbau der Hochdruckbrücke und von Nordwesten her Übergang zu einer
windigen, teils stürmischen West-Nordwestlage.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz der jüngsten Modellläufe von IFS (ECMF) kann ohne Einschränkung
als gut bezeichnet werden. Ein „sehr gut“ wird durch kleine Unschärfen
verhindert, die aber keine grundlegende Änderung des gestern eingeschlagenen
Vorhersagekurses erforderlich machen. Zu Wochenbeginn könnte es nach aktuellster
Version an den Alpen etwas länger und kräftiger schneien, was Anfang Dezember
aber sicherlich mehr Segen denn Fluch bedeutet. Auch Robustheit und genaue Lage
der sich nächste Woche über Mitteleuropa einstellenden Hochdruckbrücke sind noch
nicht zu 100% geklärt. Trotzdem kann die Vorhersage im Großen und Ganzen als
sicher eingestuft werden…

Vergleich mit anderen globalen Modellen

… und das nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Tatsache, dass auch die anderen
gängigen Globalmodelle von ICON über die nordamerikanische Fraktion GFS/GEM bis
zu UKMO sehr ähnliche Basisfelder abliefern. Wirklich andere Szenarien werden
nicht angeboten, Unterschiede ergeben sich eher im Detail. So lassen z.B. die
„Nordamerikaner“ den Niederschlag am Sonntag nicht so weit bis zur Mitte
ausgreifen. Und der Schneefall von Montag zu Dienstag an den Alpen wird von
allen anderen Modellen deutlich zurückhaltender simuliert als von IFS. Trotzdem
lässt sich konstatieren, dass die großräumige Entwicklung auf einem sehr soliden
deterministischen Sockel steht.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte offenbaren bis Montag
einen sehr eng gebündelten Verlauf (Potenzial 500 hPa und Temperatur 850 hPa).
Danach fächern die Kurvenscharen zwar allmählich auf, zeigen aber bis
einschließlich Mittwoch einen klaren Trend nach oben (Potenzialgewinn,
niedertroposphärische Milderung). Danach (erweiterte Mittelfrist) geht es – bei
relativ großem Spread – tendenziell wieder etwas nach unten bei gleichzeitig
zunehmender Signaldichte für Niederschlag.
Die Rauchfahnen von GFS-EPS ähneln stark denen von IFS-EPS, allerdings ist die
starke Bündelung nicht nur bis Montag, sondern bis Mittwoch gegeben. Darin
spiegelt sich ein deutlicher Potenzial- und Temperaturanstieg von Montag bis
Mittwoch wider.
Angesichts der sehr engen Kurvenverläufe zu Beginn des Prognosezeitraums
überrascht es etwas, dass für den Zeitraum T+72…96h (Samstag zu Sonntag) zwei
Cluster angeboten werden. Bezogen auf Mitteleuropa respektive Deutschland sind
aber – zumindest mit dem schon etwas altersschwachen bloßen Auge – keine
Unterschiede erkennbar. Ab Montag (T+120…168h) erhöht sich die Anzahl der
Cluster auf fünf, die bei uns aber alle den Aufbau einer Hochdruckbrücke bzw.
-zone auf der Karte haben. Von Donnerstag bis Samstag (T+192…240h) reduziert
sich die ganze Clusterschose wieder auf zwei Schubladen. Beide werden dem
Klimaszenario „Atlantic Ridge“ zugeordnet und zeigen den Übergang zu einer
West-Nordwestlage. CL 1 (29 Fälle) mit Haupt- und Kontrolllauf tut das mit
ordentlich Schmackes, sprich Wind, während
CL 2 (22 Fälle) die Sache etwas gemütlicher und auch etwas antizyklonaler
angeht.

FAZIT: Trotz in der kommenden Woche zunehmender Unschärfen gibt es an der
grundlegenden Ausrichtung (vorübergehend antizyklonal) keinen Zweifel.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Viel zu holen gibt es nicht auf dem Sektor der signifikanten
Wettererscheinungen. Immerhin setzt der bevorstehende Winter ein paar erste
Duftmarken, ohne die Hosen schon ganz runter zu lassen. Laut IFS wird es zu
Beginn der neuen Woche diesbezüglich am interessantesten, wenn es nämlich am
Alpenrand sowie im südlichen Alpenvorland stärker schneien soll. Deterministisch
wären 10 bis 20 cm Neuschnee realistisch, allerdings mangelt es derzeit noch an
probabilistischem Support, und auch die anderen Modelle simulieren deutlich
weniger Niederschlag. Hier heißt Abwarten die momentane Devise. Davor kann es
auch am Sonntag schon schneien, vorübergehend sogar mal bis in tiefe Lagen
(Mitte, Süden). Allerdings sind auch hier noch ein paar Fragezeichen offen.
Wind und Sturm sind zunächst kein großes Thema. Erst in der zweiten Wochenhälfte
ist eine Zunahme erst an der Küste, später auch im Binnenland von Interesse,
wenn derzeit auch nur rein qualitativ.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann