SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 210800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 21.11.2019 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SEz
Allgemein ruhiges Spätherbstwetter mit der typischen Grenzschichtproblematik. An
den Alpen vor allem am Freitag und Samstag Föhn, auch auf einigen exponierten
Mittelgebirgsgipfeln Sturmböen möglich.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
Donnerstag… sind zwei Geopotenzialgebilde maßgeblich für die Wetterentwicklung
im Vorhersagegebiet verantwortlich: Dem bereits altbekannten blockierenden und
hochreichenden Hochdruckgebiet über Russland (Kerndruck im Bodenfeld nahe 1055
hPa an der Wolga weit östlich von Moskau) steht ein langwelliger Trog gegenüber,
der sich vom Seegebiet westlich von Island bis zur Biskaya erstreckt und mit
seinem Südostteil ein wenig nach Norden vorankommt. Von ihm ausgehend, erstreckt
sich ein Randtrog aktuell über die Alpen hinweg ostwärts und mündet (sowohl in
300 als auch in 500 hPa) in einem kleinräumigen Höhentief über dem Grenzgebiet
Österreich/Tschechien. Zusammen mit dem Randtrog kommen das Höhentief, ebenso
wie eine flache Tiefdruckrinne am Boden im Tagesverlauf allmählich nordwärts
voran, wobei sich die Rinne abends über der Mitte Deutschlands und das Höhentief
in etwa über dem Riesengebirge befinden.
Innerhalb der leicht diffluent konturierten südöstlichen Höhenströmung an der
Nordflanke des Höhentiefs bzw. am Nordrand der Rinne wird durch differentielle
PVA Hebung generiert, während an dessen Westflanke niedertroposphärisch WLA
aktiv ist und entsprechend haben leichte Regenfälle bereits auf Teile Bayerns
übergegriffen. Diese kommen im Tagesverlauf nordwärts voran und greifen auch auf
die Osthälfte bzw. den Nordosten Deutschlands über, die höchsten zwölfstündigen
Mengen werden dabei mit knapp 5 mm in Brandenburg simuliert. Auch im
Norden/Nordwesten des Landes fällt gebietsweise etwas Regen bzw. Nieselregen,
wobei dort vor allem recht kräftige niedertroposphärische WLA dafür
verantwortlich ist (T850 hPa steigt im Nordwesten von aktuell etwa -4 auf +2
Grad an), die innerhalb der feuchtegesättigten Schicht unterhalb von 800 bis 750
hPa für etwas Hebung sorgt.
Im Westen und Südwesten des Landes dominiert dagegen wetter- und (vor allem
nachts) warntechnisch die Grenzschichtproblematik. Vielerorts bleibt es trüb
durch Nebel oder Hochnebel, in höheren Lagen, aber auch am Nordwestrand einiger
Mittelgebirge (vor allem in NRW) sowie an den Alpen lässt sich des Häufigeren
die Sonne blicken. Dabei liegen die Höchstwerte meist zwischen 2 und 9 Grad, nur
dort, wo die Sonne länger durchkommt, kann es vielleicht etwas milder werden.
In der Nacht zum Freitag verlagern sich der Randtrog, ebenso wie das Höhentief
und die Bodenrinne, nordwärts und verlieren zunehmend an Kontur. Dabei fällt vor
allem in der ersten Nachthälfte im Nordosten und Norden verbreitet leichter
Regen, der von Süden her allmählich abklingt, zuletzt morgens lässt im
Ostseeumfeld. Erneut fallen 1 bis 5 mm in 12 Stunden.
Rückseitig des Randtroges dreht die Höhenströmung auf Süd bis Südwest, wobei ein
weiterer kurzwelliger Randtrog morgens auf Nord- und Ostfrankreich übergreift.
Auf dessen Vorderseite wird erneut etwas Hebung generiert, eventuell reicht es
vom Pfälzer Wald bis zum Niederrhein hier und da für etwas Regen bzw.
Nieselregen aus dem Hochnebel. Im Bodenfeld bleibt das Druckfeld nach Abzug der
Rinne äußerst schwachgradientig, in mittleren Höhenlagen nimmt der Gradient von
Süden her bereits etwas zu, dennoch dürfte es (außer vielleicht im Bereich
orographisch induzierter Low Level Jets) auch auf exponierten Gipfeln noch nicht
für warnrelevante Böen reichen. Somit steht nach wie vor die
Grenzschichtproblematik im Vordergrund, wobei größere Wolkenlücken und daraus
folgend leichter Frost und Glätte wohl lediglich im Süden sowie stellenweise in
den mittleren Landesteilen zu erwarten sind. Hier und da kann auch dichter Nebel
auftreten.
Freitag… wird der Trog über dem nahen Ostatlantik durch einen Trogvorstoß von
Nordwesten her Richtung Biskaya regeneriert und weist abends zwei Drehzentren
auf: Eines über der Biskaya und eines über Südostirland. Der kurzwellige
Randtrog über Nordfrankreich zieht bis zum Abend zur Nordsee, ihm folgt ein
flacher Rücken, so dass die südliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet
leicht antizyklonal konturiert ist. Vor allem in mittleren Höhenlagen verschärft
sich der Gradient. An den Alpen stellt sich Föhn ein, inklusive Bodentrog im
südlichen Alpenvorland. Mit dem Trogvorstoß vertieft sich auch das
korrespondierende Bodentief (unter 980 hPa Kerndruck) und zieht in die Biskaya.
Da sich das russische Hoch nur langsam abschwächt, kann sich auch im Bodenfeld
der Gradient über dem Vorhersagegebiet ein wenig verschärfen. Windtechnisch
macht sich das zunächst kaum bemerkbar, lediglich auf den Alpengipfeln kann es
im Tagesverlauf Sturmböen aus Süd geben, auf exponierten Gipfeln eventuell auch
schwere Sturmböen. Ob es in föhnanfälligen Tälern für warnrelevante Böen (Bft 7
bis 8) reicht, ist noch fraglich. Im Erzgebirge setzt Böhmischer Wind ein
(orographisch durch das Ausfließen von Kaltluft aus dem Böhmischen Becken
induziert) ein mit steifen bis stürmischen Böen in einigen Tälern bzw. auf
Kuppen und Berggipfeln. Ansonsten ist der Wind wohl noch nicht warnrelevant.
Im Rest des Landes ändert sich wettertechnisch nur wenig: Im Westen kann es mit
Randtrogpassage aus dem Hochnebel anfangs noch gebietsweise etwas regnen oder
nieseln. Im Nordosten und Norden hält sich vielerorts kompakte hochnebelartige
Bewölkung. Ansonsten sorgt der etwas schärfere Gradient doch hier und da für
größere Lücken in der Hochnebeldecke, nach wie vor vor allem an den Nordrändern
der Mittelgebirge und der Alpen. An den Höchstwerten ändert sich nur wenig,
lediglich dort, wo der Wind für etwas bessere Durchmischung sorgt, vor allem am
Alpenrand und in der Lausitz bzw. am Erzgebirgsnordrand, steigen die
Temperaturen gebietsweise auf über 10 Grad.
In der Nacht zum Samstag weitet sich der Trog allmählich Richtung Iberischer
Halbinsel und westliches Mittelmeer aus und facht eine Zyklogenese über
Südfrankreich an. Vor allem nieder- und mitteltroposphärisch sowie im Bodenfeld
verschärft sich dadurch auch der Gradient über dem Vorhersagegebiet, der Föhn an
den Alpen erreicht seinen Höhepunkt, wobei er nun mit höherer Wahrscheinlichkeit
auch in dafür prädestinierte Täler durchbrechen kann. Auf exponierten
Alpengipfeln steigt auch die Wahrscheinlichkeit für schwere Sturmböen oder gar
Orkanböen.
In den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge legt der Wind ebenfalls zu
mit Böen Bft 7 bis 8 aus Südost, über der Nordsee ist zumindest exponiert
(Helgoland, ostfriesische Inseln) mit steifen Böen zu rechnen.
Bodennah macht sich die Windzunahme kaum bemerkbar. Allerdings gibt es im Westen
und Südwesten weniger Hochnebel und auch die Ausbildung dichter Bodennebelfelder
ist aufgrund des Durchzuges hoher und mittelhoher WLA-Bewölkung (für Regen
sollte es aber nicht reichen) weniger wahrscheinlich. Im Norden und Nordosten
hält sich dagegen die kompakte hochnebelartige Bewölkung vielerorts. Somit ist
leichter Frost wohl am ehesten noch in Teilen Süddeutschlands Thema.
Samstag… tropft der Trog ins westliche Mittelmeer ab, das korrespondierende
Bodentief befindet sich abends knapp westlich des Löwengolfs: Die nächste
Unwetterlage für den Mittelmeerraum (aber auch für Südfrankreich bis ins
Zentralmassiv) steht ins Haus. Der Resttrog verlagert sich ins Seegebiet
nordwestlich der Britischen Inseln. Ausgehend vom blockierenden Hoch über
Russland erstreckt sich ein Keil nach Skandinavien, so dass sich die Blockierung
fortsetzt und die Strömung dreht über dem Vorhersagegebiet bodennah wieder mehr
auf Südost bis Ost. Vor allem in der Höhe fächert der Gradient allmählich auf
und ist wieder zunehmend antizyklonal konturiert. Bodennah und auch
niedertroposphärisch bleibt er aber zunächst noch recht scharf ausgeprägt, so
dass die Föhnsituation an den Alpen mit allerdings abnehmender Tendenz zunächst
noch andauert. Im Bodenfeld ist noch ein ausgeprägter Leetrog erkennbar,
allerdings kein abgeschlossenes Leetief, so dass es wohl nur in einzelnen, dafür
prädestinierten Tälern zeitweise für einen Föhndurchbruch mit stürmischen Böen
reicht. Auf exponierten Alpengipfeln kann es aber noch Sturmböen, anfangs
schwere Sturmböen geben.
Auch in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge muss mit stürmischen Böen,
exponiert mit Sturmböen aus Südost gerechnet werden, in den Erzgebirgstälern
durch den Böhmischen Wind mit steifen, vereinzelt stürmischen Böen, ebenso an
auflandigen exponierten Abschnitten der Ostseeküste sowie im Nordseeumfeld.
Tendenziell nimmt der Wind zum Abend hin aber ab.
Mit der Überströmung der Alpen steigt die Temperatur in 850 hPa deutlich an, im
Westen und Süden auf Werte zwischen 10 und 13 Grad. Während sich die
hochnebelartige Bewölkung im Norden und Nordosten sehr schwer tut, aufzulockern,
kann sonst tendenziell häufiger als an den Vortagen die Sonne durchkommen.
Gebietsweise hält sich aber beständiger Hochnebel. Insgesamt wird es somit
milder an den Vortagen mit Höchstwerten zwischen 7 und 12 Grad, an den
Nordrändern einiger Mittelgebirge auch bis 14 Grad, bei Föhn werden in einigen
Alpentälern deutlich über 15 Grad erreicht. Bei beständigem Hochnebel vor allem
in Süddeutschland wird dagegen die 5 Grad-Hürde unüberwindbar.
In der Nacht zum Sonntag setzt sich der Trog westnordwestlich der Britischen
Inseln allmählich Richtung Ostnordost in Bewegung und erreicht morgens mit
seiner Achse die westliche Nordsee. Vorderseitige WLA führt zu weiterem
Geopotenzialaufbau über Mitteleuropa, morgens erstreckt sich in 500 hPa ein
Höhenrücken vom Alpenraum nordwärts über das Vorhersagegebiet nach
Südskandinavien. Mittel- und niedertroposphärisch bleibt die Südostströmung über
dem Vorhersagegebiet erhalten, fächert aber weiter auf, so dass sich der Föhn an
den Alpen abschwächt und zumindest ab der zweiten Nachthälfte auch auf den
übrigen Mittelgebirgsgipfeln keine warnrelevanten Böen mehr auftreten sollten.
Lediglich an den Küsten weht dann noch lebhafter Südostwind mit Böen Bft 7 an
exponierten Abschnitten.
Im Norden und Osten hält sich vielerorts kompakter Hochnebel, dort ist Frost
kein Thema. Im Süden und Westen beginnt die Nacht dagegen mancherorts gering
bewölkt, ehe sich örtlich dichter Bodennebel bildet. Dort steigt die
Frostwahrscheinlichkeit gegenüber der Vornacht auch wieder etwas an.
Modellvergleich und -einschätzung
Im Kurzfristzeitraum sind keine signifikanten bzw. warn- und prognoserelevanten
Modellunterschiede auszumachen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff