S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 20.11.2019 um 10.30 UTC

Zunächst noch ruhiges Spätherbstwetter. Zu Beginn kommender Woche allmähliches
Ende der Blockadesituation und beginnende Umstellung auf W oder SWz.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 27.11.2019

Bevor sich zu Beginn/Mitte kommender Woche doch wohl eine signifikante
Wetterumstellung andeutet, steht am Wochenende erst einmal ruhiges
Spätherbstwetter ins Haus.
Am Samstag befindet sich Mitteleuropa einmal mehr auf der Vorderseite eines
langgestreckten Höhentroges, der – mit mehreren Drehzentren ausgestattet – vom
Seegebiet südwestlich Islands über die Britischen Inseln bis ins westliche
Mittelmeer reicht und dort im Tagesverlauf austropft. Das resultierende
Cut-Off-Tief verlagert sich bis Sonntag, 00 UTC zur tunesischen Küste, das
korrespondierende Bodentief befindet sich dann etwa über Sardinien, womit dem
westlichen und zentralen Mittelmeerraum erneut ein sehr unruhiges bzw.
unwetterträchtiges Wochenende bevorsteht.
Als Gegenpart fungiert das blockierende Hoch über Russland, welches sich
allerdings allmählich abschwächt und am Sonntag, 00 UTC „nur noch“ eine 1040
hPa-Kernisobare aufweist.
Mit dem Abtropfprozess verstärkt sich die höhenwarme Süd- bis Südostströmung
über Deutschland vorübergehend (T850 hPa am Samstagabend zwischen 4 Grad auf
Rügen und 12 Grad über Mittelfranken), an den Alpen stellt sich eine
Föhnsituation ein. Ob der Föhn bis in einige Täler durchbricht, bleibt
abzuwarten, auf den Alpengipfeln dürfte es sicherlich für Sturm- und schwere
Sturmböen reichen. Eventuell fällt im Westen gebietsweise etwas Regen, der der
kräftigen WLA geschuldet ist.
Bereits Samstagabend und in der Nacht zum Sonntag bricht der Föhn wieder
zusammen. Der Höhentrog kann sich im Laufe des Sonntags über Nordwesteuropa
wieder regenerieren, dabei schwenkt ein vorgelagerter Randtrog (genauer
genommen: Das aus dem Cut-Off resultierende Trogresiduum) von Südengland bis
Montag, 00 UTC nordnordostwärts ins Seegebiet nordöstlich von Schottland.
Vorderseitig wölbt sich ein flacher Höhenrücken über Mitteleuropa auf und
verlagert sich in der Nacht zum Montag bereits wieder nach Osteuropa. Das
blockierende Hoch über Russland schwächt sich weiter ab, dagegen kann sich im
Zuge der Regenerierung des Höhentroges ein Bodentief südwestlich der Britischen
Inseln weiter vertiefen und erreicht am Montag, 00 UTC Irland. Das Frontensystem
greift dann bereits auf die Nordsee über. In Deutschland steht somit am Sonntag
unter Zwischenhocheinfluss nochmals ruhiges Spätherbstwetter ins Haus, bereits
ausgangs der Nacht zum Montag setzen im Westen/Nordwesten mit Annäherung des
Frontensystems und auffrischendem Südwind aber erste leichte Regenfälle ein.
Am Montag greift der Höhentrog auf die Britischen Inseln über, wobei dessen
Achse eine zunehmend negative Neigung annimmt und sich in der Nacht zum Dienstag
über die Nordsee nach Mitteleuropa ausweitet. Das korrespondierende Bodentief
verlagert sich bis Dienstag, 00 UTC zur nordwestlichen Nordsee und beginnt sich
aufgrund senkrechter Achse allmählich aufzufüllen. Dessen Frontensystem
überquert im Laufe des Montags und der Nacht zum Dienstag Deutschland mit
allerdings meist nur leichten Niederschlägen, recht milder Meeresluft und
lebhaftem Süd- später Südwestwind (markante Böen wohl lediglich auf den
Berggipfeln, eventuell noch an der Nordsee) ostnordostwärts.
Am Dienstag schwenkt der Trog über die Nordsee und Mitteleuropa hinweg nach
Südskandinavien bzw. Osteuropa, gefolgt von einem Rücken, der sich in der Nacht
zum Mittwoch vorderseitig eines ins Seegebiet südwestlich der Britischen Inseln
gerichteten erneuten Trogvorstoßes über dem westlichen Mitteleuropa aufwölbt.
Das Bodentief füllt sich über der Nordsee allmählich auf und kommt nur zögernd
ostwärts voran, somit verläuft der Dienstag nach Lesart des IFS im
Vorhersagegebiet unbeständig mit Schauern, im Trogbereich eventuell auch
einzelnen Gewittern und markanten Böen vor allem auf den Berggipfeln. Im
Einflussbereich subpolarer Meeresluft bleibt es verhältnismäßig mild.
Vorderseitig des Rückens schwenkt in der Nacht zum Mittwoch ein Bodenhochkeil
nach Deutschland und sorgt für rasche Wetterberuhigung.
Am Mittwoch verlagert sich der Höhenrücken rasch wieder über Mitteleuropa hinweg
ostnordostwärts, gefolgt vom Höhentrog über Westeuropa, der bereits in der Nacht
zum Donnerstag mit seinem Drehzentrum auf die Nordsee übergreift.
Das korrespondierende Bodentief zieht vom Seegebiet südwestlich der Britischen
Inseln bis Donnerstag, 00 UTC ebenfalls zur Nordsee, das Frontensystem greift
dabei im Tagesverlauf des Mittwochs mit Regenfällen teils mäßiger Intensität und
weiterhin recht milden Luftmassen auf Deutschland über. Dabei frischt der
Südwestwind erneut deutlich auf mit Sturmböen auf den Bergen.
Für die erweiterte Mittelfrist deutet sich an der Südflanke eines umfangreichen
Troges über Nordwest- und Nordeuropa eine Andauer der meist zyklonal geprägten
West- bis Südwestlage an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Am Wochenende erweist sich der aktuelle IFS-Lauf als einigermaßen konsistent zu
seinen beiden Vorgängern.
Zu Beginn kommender Woche ergeben sich dann aber größere Diskrepanzen, was die
Umstellung auf die West- bis Südwestlage betrifft. Diese erfolgt nach Lesart des
aktuellen Laufes deutlich schneller als in den beiden Vorläufen. Der am Montag
auf die Britischen Inseln übergreifende und sich rasch Richtung Mitteleuropa
ausweitende Höhentrog wurde von den gestrigen IFS-Läufen als über Schottland
rasch zur Norwegischen See ziehender Randtrog simuliert, wobei im Bodenfeld nur
der Nordwesten von einem sich auflösendem Tiefausläufer gestreift wird.
Während der gestrige 12 UTC-Lauf immerhin den nächsten Trog-Vorstoß am Mittwoch
bzw. in der Nacht zum Donnerstag auf der Karte hat, bleibt auch dieser nach
Lesart des gestrigen 00 UTC-Laufes über Westeuropa mehr oder weniger „hängen“
und greift erst im Laufe des Donnerstags abgeschwächt auf Mitteleuropa über.
Insgesamt deutet sich also mit den aktuellen Läufen eine etwas raschere
Wetterumstellung an, als es noch in den Vortagen der Fall war.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Sonntag ergeben sich anhand der synoptischen Basisfelder
keine prognoserelevanten Unterschiede zwischen den verfügbaren Modellen.
Die Umstellung auf eine zyklonale West- bis Südwestlage erfolgt dann nach Lesart
des IFS schneller als nach den übrigen vorliegenden Modellen. ICON und vor allem
GFS haben die Trogpassage am Montag/Dienstag schwächer und weiter nördlich auf
der Agenda, simulieren aber immerhin eine schwache Frontpassage, wobei nach
Lesart des GFS die Front über dem Süden und Osten Deutschlands verhungert. GEM
lässt den Höhentrog dagegen einmal mehr Richtung Biskaya/Frankreich ausweiten
und nicht Richtung Nordsee.
Der in der Nacht zum Mittwoch auf West- und Mitteleuropa übergreifende flache
Höhenrücken wird nach ICON progressiver simuliert und hat bis Mittwochfrüh
Mitteleuropa bereits ostwärts überquert, während er in der GFS-Variante deutlich
breiter aufgestellt ist als nach IFS und sich am Mittwoch tagsüber über
Mitteleuropa befindet.
Das Übergreifen des nächsten atlantischen Frontensystems am Mittwoch wird somit
vom ICON progressiver simuliert als vom IFS, aber auch nach GFS erfolgt die
Umstellung auf eine zyklonale West- bis Südwestlage aus aktueller Modellsicht
spätestens am Mittwochnachmittag bzw. in der Nacht zum Donnerstag.
Nach Lesart des GEM wirkt dagegen auch zu Wochenmitte das russische Hoch noch
blockierend, so dass erneut ein Trog über Frankreich nach Norditalien abtropfen
kann und im Vorhersagegebiet weiterhin ruhiges Spätherbstwetter dominiert.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Zwar verteilen sich die Ensemblemember, Haupt- und Kontrolllauf im Zeitraum
T+72-96 Stunden auf 4 Cluster, aber alle haben den blockierenden Höhenrücken
über Ost- und Nordeuropa sowie den Trog über West- und Südwesteuropa auf der
Agenda, womit sich keine substantiellen Unterschiede, Mitteleuropa betreffend,
ergeben.
Das ändert sich dann im nächstfolgenden Zeitraum (T+120-168 Stunden): Cluster 1
und 2 (jeweils 17 und 15 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1) schwenken
relativ rasch Richtung zyklonal West bis Südwest, wobei die Höhenströmung
weiterhin leicht mäandriert und sich (noch) keine markante Sturm- oder gar
Orkanlage andeutet. Nach Cluster 3 (15 Member) vollzieht sich dieser Übergang,
ähnlich wie in der GFS-Variante, etwas verzögerter. Cluster 4 (4 Member) lässt
dagegen die Blockade andauern (GEM-Variante), der Trog bleibt mit seinem
Drehzentrum westsüdwestlich der Britischen Inseln, während auch der
Mittelmeerraum im Einflussbereich eines Höhentroges verbleibt.
Tendenziell bleibt auch in der erweiterten Mittelfrist die meist zyklonal
konturierte, aber auch zur Mäandrierung neigende West- bis Südwestlage auch in
der erweiterten Mittelfrist (5 Cluster im Zeitraum 192 bis 240 Stunden)
erhalten. Auffällig ist dabei auch der Aufbau hohen Geopotenzials im
Mittelmeerraum, den bis auf Cluster 5 (erst zum Ende hin, vorher eher südliche
Westlage) eigentlich alle auf der Karte haben, während sich der Schwerpunkt
niedrigen Geopotenzials vor allem nach Lesart der Cluster 1, 3 und 4 nach Nord-
teilweise auch ins nördliche Mitteleuropa verlagert. Das könnte vor allem
Richtung Monatsende auch mal eine stärkere Sturmtiefentwicklung zur Folge haben.

GFS-ENS schlägt im Groben eine ähnliche Richtung ein, wobei zu Wochenmitte noch
etwa 4 von 20 Membern eine Blockadelage auf der Agenda haben und etwa 2 bis 3
Richtung Winkelwest („Frontenfriedhof“) tendieren.
Die Kurvenschar des 500 hPa-Geopotenzials verschiedener Rauchfahnen in
Deutschland tendiert ab Beginn kommender Woche ebenfalls eher zu abnehmendem
Geopotenzial, wobei es auch zu Wochenmitte bzw. in der zweiten Wochenhälfte
einige Ausreißer nach oben gibt. Die 850 hPa-Temperatur verläuft zunächst in
einem relativ engen Spread, der dann ab Mitte kommender Woche aber deutlich
auseinandergeht und zum Ende der Woche z.B. in der Rauchfahre Offenbach zwischen
-6 und +8 Grad schwankt. Niederschlagssignale haben ab Montag eine Vielzahl der
Member auf der Agenda.

Fazit:
Nach dem Wochenende wird eine allmähliche Umstellung hin zu einem unbeständigen,
windigen und recht milden Witterungsabschnitt zunehmend wahrscheinlich. Nur noch
wenige deterministische Läufe bzw. Member zeigen die Andauer der
Blockadesituation. Wie sich diese Umstellung im Detail vollzieht, ob eventuell
sogar eine Sturmtiefentwicklung ins Haus steht (was zunächst eher
unwahrscheinlich erscheint), steht noch in den Sternen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Samstag dauert an den Alpen die Föhnlage an; ob es in entsprechend anfälligen
Tälern für stürmische Böen reicht, ist aber noch fraglich. Mit hoher
Wahrscheinlichkeit gibt es auf den Gipfeln aber Sturm. Exponiert vielleicht auch
schwere Sturmböen. In der Nacht zum Sonntag bricht der Föhn wieder zusammen.
Nach ruhigem Sonntag frischt der Wind dann zu Wochenbeginn mit dem Übergreifen
atlantischer Tiefausläufer wieder zunächst aus Süd auf und dreht zu Wochenmitte
mehr auf Südwest. Dabei steigen die Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen auf den
Gipfeln der Mittelgebirge. Auch im Nordseeumfeld deutet ECMWF-EPS leicht erhöhte
Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen an.
Des Weiteren stehen aber wohl zumindest bis Wochenmitte zunächst keine
signifikanten Wetterereignisse auf der Karte. Auch die simulierten Niederschläge
fallen erst einmal nicht sonderlich ergiebig aus.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX und ECMWF- bzw. GFS-EPS.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff