SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 06.11.2019 um 10.30 UTC
Unbeständiger Witterungsabschnitt mit zeitweiligen Niederschlägen auf saisonal
üblichem Temperaturniveau.
Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 13.11.2019
Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag liegt
Deutschland im Bereich eines umfangreichen, sich in seinem Westteil
regenerierenden Höhentrogs, der weite Teile West- und Mitteleuropas überdeckt.
Auf seiner Vorderseite wird mit der dort üblicherweise auftretenden südlichen
Höhenströmung ein Bodentief aus dem Ostalpenraum via Tschechien und Polen gen
Ostsee gesteuert. Dabei kommt es im Süden und Osten des Landes zu länger
andauernden Regenfällen, die wohl erst am Nachmittag und Abend von Süden her
nachlassen bzw. ganz aufhören. Bei 850-hPa-Temperaturen um oder sogar etwas
unter 0°C kann die Schneefallgrenze je nach Andauer und Intensität der
Niederschläge auf 1000 bis 800 m absinken, was schlussendlich aber auch von der
genauen Zugbahn des Tiefs abhängen wird.
Am Sonntag macht die Regeneration des Höhentroges in seinem West- und
Südwestteil weitere Fortschritte, was schließlich in ein abgeschlossenes,
elliptisch geformtes Höhentief mündet, dessen Drehzentrum sich zum westlichen
Mittelmeer orientiert. Auf seiner Vorderseite wird mit Hilfe eines kurzwelligen
Randtrogs im Bereich nördliche Adria/nordwestlicher Balkan ein weiteres
Bodentief generiert, das bis Montagabend auf etwas östlicherer Zugbahn als sein
Vorgänger zum Baltikum zieht. Die zugehörigen Niederschläge greifen nach nur
kurzem Zwischenhocheinfluss noch im Laufe des Sonntags zunächst auf den Südosten
Bayerns über, um sich von dort via Franken auf die östliche Mitte und den Osten
auszubreiten. Am Montag regnete es dann vor allem von Sachsen und Thüringen bis
hoch nach Vorpommern. Da sich am Temperaturniveau nicht allzu viel ändern soll,
kann in höheren Lagen nach wie vor die feste Phase am Start sein. Im übrigen
Deutschland sorgt kompensatorisches Absinken (zwischen dem Tief im Osten und
einem weiteren über Nordwesteuropa) für trockenes oder nur mit geringfügigen
Niederschlägen ausgestattetes Wetter.
Im Laufe des Dienstags verlagert sich das mediterrane Höhentief mit dem
korrespondierenden, sich intensivierenden Bodentief in Richtung
Sardinien/Korsika. Gleichzeitig weitet sich das nach wie vor über Nordwesteuropa
„lauernde“ Trogresiduum unter Vergrößerung der Amplitude bis nach Benelux und
Nordfrankreich aus, was Nordwestdeutschland etwas Regen bringen würde. Das
Hauptaugenmerk bleibt aber auf der Entwicklung im Alpenraum, wo sich – wenn auch
spät am Tage – abermals ein Bodentief bildet, das dann am Mittwoch über
Tschechien und Polen in Richtung Ostsee zieht. Zum dritten Mal binnen fünf Tagen
ein Vb-Tief oder zumindest ein Vb-artiges Tief, das ist bemerkenswert. Dass auch
in diesem Fall im Süden und Osten wieder länger andauernder und evtl. auch
ergiebiger Niederschlag auftritt (ab Dienstagabend sich von den Alpen her
nordwärts ausbreitend), ist fast müßig zu erwähnen. Unsicher in diesem Szenario
ist die genaue Lage der Schneefallgrenze, soll doch von Osten her etwas mildere
Luft in die Niederschläge eingemischt werden.
Abschließend noch ein Satz ohne Verb zur erweiterten Mittelfrist bis Samstag:
tiefdruck- respektive troglastig mit weiteren Niederschlägen (dieses Mal
allerdings von Nordwesten her), nasskalt.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz von IFS (ECMF) kann heute nur als mäßig eingestuft werden. Zwar
bleibt es dabei, dass Deutschland sowohl kurz- als auch mittelfristig von einem
umfangreichen und sich ständig regenerierenden Höhentrog über weiten Teilen
West-, Südwest- und Mitteleuropas beeinflusst wird. Im Detail ergeben sich aber
durchaus prognoserelevante Unterschiede. Entscheidend dabei sind die
korrespondierenden Bodentiefs und deren Niederschlagsgebiete, die von Modelllauf
zu Modelllauf jeweils etwas anders gerechnet werden.
In der Version von heute 00 UTC ziehen auf der Vorderseite des Höhentrogs
wiederholt Tiefdruckgebiete aus dem Raum Oberitalien/Ostalpen über das östliche
Mitteleuropa nach Norden (Details siehe oben). Der zugehörige Niederschlag
erfasst jeweils den Süden und Osten des Landes, wobei aufsummiert bis nächsten
Mittwoch durchaus 50-60 l/qm zusammenkommen können. So viel Regen (in höheren
Lagen teils Schnee) wurde von vorherigen Läufen nicht angeboten, dafür sollte es
im Westen und Norden mehr regnen als in der aktuellen Version.
Es bestehen aber kaum Zweifel daran, dass im mittelfristigen Prognosezeitraum
landesweit ein tiefdruckbeeinflusster, unbeständiger Wettercharakter
vorherrscht. Offen ist, wo es wann wie viel regnen wird.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Sind sich die Big Five unter den Globalmodellen (neben IFS noch ICON, GFS, GEM
und UKMO) in Bezug auf das erste Vb-Tief am Samstag noch weitgehend einig, kann
man das vom zweiten Exemplar (Sonntag auf Montag) schon nicht mehr behaupten. Am
ehesten wird die IFS-Variante noch von UKMO unterstützt, während die anderen
drei Modelle bis Dienstag den Niederschlag breiter streuen und sich nicht an
eine Vb-Entwicklung klammern. Casus knacksus dürfte die genaue Position des
Höhentrogs respektive des Höhentiefs über dem Mittelmeer sein, das von IFS am
westlichsten simuliert wird. Die Vb-Entwicklung zum Mittwoch hin ist dann auch
wieder bei den anderen Modellen erkennbar (außer UKMO, das schon vorher
aussteigt), allerdings nur bei GEM ähnlich weit westlich wie bei IFS. ICON und
GFS setzen weiter östlich an, was freilich auch für den Niederschlag gilt.
FAZIT: Am Anfang steht die mittelfristige Vorhersage noch auf einem festen
deterministischen Sockel. Ab Wochenbeginn nehmen die Diskrepanzen z.T. deutlich
zu, was die IFS-Lösung zwar in Frage stellt, sie aber nicht zwangsläufig als
falsch betiteln muss.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte laufen bis einschließlich
Samstag, teils auch noch Sonntag eng gebündelt. Danach fächern sie mehr oder
weniger auf, im Osten und Süden eher mehr, sonst etwas weniger. Nimmt man z.B.
Leipzig als Referenz (dort, wo „Vb“ gleich dreimal zuschlagen soll), fällt auf,
dass das erste Regenereignis am Samstag deutlichen unterstützt wird von den
Ensembles. Anders sieht es an den beiden anderen Regentagen am Montag und
Mittwoch aus, wo der Support deutlich dünner ausfällt.
Bei der Temperatur in 850 hPa scheren im Laufe der nächsten Woche lediglich eine
Handvoll der Ensembles nach oben aus. Das Gros der Lösungen oszilliert um die
0°C herum.
Bei der Clusterung macht IFS-EPS für den Zeitraum T+120…168h (Montag bis
Mittwoch) vier Schubladen auf, die mit 25 (+ Haupt- und Kontrolllauf), 12, 10
und 4 Fällen besetzt sind. Hauptunterschied ist die Exposition des Höhentrogs
(-tiefs), die in den Clustern 2-4 jeweils weiter östlich positioniert sind als
in CL 1 und somit weniger förderlich für Vb-artige Entwicklungen. Allen gemein
ist aber eine tiefdruckbeeinflusste Witterung im saisonal normalen
Temperaturbereich (abzüglich der o.e. wenigen Ausnahmen).
Ab Donnerstag (T+192…240h) reduziert sich die Anzahl der Cluster auf drei (25
Fälle + HL/KL, 13, 13). CL 1 tendiert in Richtung TrM oder TM (Trog bzw. Tief
Mitteleuropa), CL 2 zu TrW (Trog Westeuropa) und CL 3 zu Ws (südliche Westlage).
FAZIT. An der zyklonalen Ausrichtung des mittelfristigen Wetters gibt es auf
EPS-Basis nur wenig Zweifel, auch das Temperaturniveau scheint weitgehend sicher
(„für die Jahreszeit normal“). Unscharf bleiben Positionierung, Timing und
Intensität der bevorstehenden Niederschläge.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Obwohl die Formel 3xVb/5d durchaus Einiges an Niederschlag im Osten und Süden
verspricht, sind die Signale auf markante Ereignisse ziemlich dünn. Das liegt
natürlich nicht zuletzt auch daran, dass die EPS-Prognosen mitnichten alle auf
der Seite des IFS-Hauptlaufs stehen. Aber selbst dieser fällt – akkumuliert bis
nächsten Mittwoch – nicht so aus, dass man in eine erhöhte Warnerregung versetzt
würde. Anders sieht es südlich der Alpen aus, wo zum Teil exorbitante
Niederschlagsmengen zusammenkommen sollen.
Dass es in höheren Lagen des Berglands Anfang November mal schneit, ist nicht
ungewöhnlich. Entsprechende Warnungen können aufgrund der mehrfach zitierten
Unsicherheit bei den Niederschlägen (incl. Schneefallgrenze) nur kurzfristig
herausgegeben werden (auf Hinweise im Bulletin „Wochenwetter Wettergefahren“
wurde bisher verzichtet).
Beim Thema Wind liegen auch nur schwache Hinweise auf überdurchschnittliche
Geschwindigkeiten ab Stärke 8 Bft vor. Am ehesten dürften Böen dieser
Größenordnung mal an der See oder in exponierten Hochlagen auftreten, eine
wirklich herbstliche Sturmlage zeichnet sich aber nicht ab.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS. Die operationelle Version von IFS wird aufgeweicht, d.h.
die Prognosen allgemeiner verfasst als vom Modell simuliert.
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann