SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 04.10.2019 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNFz
Unbeständig mit häufigen Niederschlägen, vor allem an den Alpen gebietsweise
Dauerregen. In den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge und der Alpen
zeitweise Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC

Freitag… befindet sich Deutschland zunächst an der Südwestflanke eines
Langwellentroges mit Drehzentrum über Finnland, der über das östliche
Mitteleuropa hinweg bis in den zentralen Mittelmeerraum reicht, unterhalb einer
indifferent bis leicht antizyklonal konturierten nordwestlichen Höhenströmung.
Dabei erstreckt sich ein Randtrog bis nach Südnorwegen, von dem ausgehend
weitere kurzwelligere Troganteile sich über die Nordsee hinweg bis zum Abend
nach Norddeutschland bzw. in die Mitte des Landes verlagern. In dieses System
wird auch zunehmend der Ex-Tropensturm „LORENZO“ eingebunden, der sich aktuell
als hochreichendes außertropisches Tief knapp nordöstlich von Irland befindet.
Dieser verliert weiter an Kontur und zieht als ebenfalls kurzwelliger Randtrog
in 500 hPa bis zum Abend zum Westausgang des Ärmelkanals, während das zugehörige
Bodentief dann in etwa Wales erreicht und sich auffüllt.
Von „Ex-Lorenzo“ ausgehend greift ein teilokkludiertes Frontensystem aktuell auf
Frankreich und Belgien über, wobei sich mit Annäherung der Randtröge über der
Nordsee und den davon ausgehendem, PVA-induzierten Hebungsantrieb entlang der
zunehmend ins Schleifen geratenen Okklusion bereits aktuell ein Teiltief über
der westlichen Nordsee abspaltet, das unter leichter Vertiefung bis zum Abend
nach Ostwestfalen zieht. Bereits aktuell ist in weiten Teilen des Landes recht
kräftige WLA aktiv, was auch anhand der dichten hohen und mittelhohen
Wolkenfelder im Satellitenbild gut nachvollziehbar ist. Dabei haben im
Nordwesten bereits leichte Regenfälle eingesetzt. Diese weiten sich im
Tagesverlauf auf weite Teile des Landes aus, ausgenommen sind wohl nur der
äußerste Nordosten sowie einige Leelagen, wo es lediglich in „homöopathischen
Dosen“ regnet. Ergiebiger fallen die Regenfälle zunächst vor allem entlang der
schleifenden Okklusion im unmittelbaren Vorfeld des Bodentiefs aus, wobei
einerseits die ausgeprägte Windkonvergenz am Boden (Südwest auf Ost), aber auch
die hochreichende Richtungsscherung und die dadurch induzierte Gegenstromlage
(Ost am Boden, Südwest in der Höhe am Nordrand der Okklusion) eine Rolle
spielen. Diese Prozesse setzen sich auch die Nacht zum Samstag weiter fort und
verstärken sich mit der Verlagerung des Bodentiefs nach Osten (morgens erreicht
es das Zittauer Gebirge) noch etwas. Dabei können vor allem in einem Streifen
vom südlichen Niedersachsen bzw. Ostwestfalen bis zur Lausitz mehr als 20 mm in
6 bis 12 Stunden simuliert. Während ICON-EU und GFS knapp unter 20 mm in 6 bzw.
25 mm in 12 Stunden bleiben, hatte das IFS von gestern, 12 UTC tatsächlich
gebietsweise Mengen knapp oberhalb der Warnschwelle für Stark- oder Dauerregen
auf der Agenda. Die probabilistischen verfahren geben aktuell allerdings kaum
Signale für mehr als 25 mm in 12 Stunden, lediglich COSMO-LEPS zeigt sehr
geringe Wahrscheinlichkeiten dafür.
Am Rande erwähnt sei noch eine schmale Schauerstraße weit im Vorfeld des
Bodentiefs, die sich bereits aktuell etwa von Ostholstein bis zur Lausitz
erstreckt. Vor allem nach Lesart des EURO4 sollen sich die Schauer im
Tagesverlauf intensivieren, wobei es in Mecklenburg und Brandenburg durchaus
kleinräumige Signale für Starkregen gibt. Synoptisch erklärbar ist diese
Intensivierung der Schauer wohl mit aufgrund der (allerdings nur schwachen)
Einstrahlung generierten geringen Cape und dem durch den nach Norddeutschland
schwenkenden kurzwelligen Troganteil, auf dessen Vorderseite leichte PVA
zusätzlich dynamischen Hebungsantrieb bieten könnte. Bei PPW-Werten um 20 mm ist
ein Überschreiten der Warnschwellen für Starkregen aber wohl höchstens bei
wiederholter Schauertätigkeit denkbar, außer EURO4 gibt auch kein anderes Modell
Hinweise darauf.
Von Warnrelevanz ist allerdings der Wind. Mit Annäherung des Bodentiefs
verschärft sich der Gradient vor allem im Westen und Süden des Landes.
Angesichts der stabilen Schichtung reichen die warnrelevanten Böen an der
Südostflanke des Tiefs trotz 40 kn in 850 hPa wohl nicht bis nach „ganz unten“.
Lediglich in höher gelegenen und freien Regionen kann es einzelne steife Böen
(Bft 7), zunächst aus südlichen, später westlichen Richtungen geben. Anders
schaut es natürlich in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und später
auch der Alpen aus, wo mit stürmischen Böen oder Sturmböen, auf exponierten
Gipfeln eventuell auch mit einzelnen schweren Sturmböen zu rechnen ist.
Auch an der Nordflanke des Tiefs frischt der Wind auf, allerdings aus östlichen
Richtungen. Für warnrelevante Böen reicht es aber auch an exponierten
Abschnitten der Ostseeküste bis zum Abend wohl noch nicht.
Die Sonne zeigt sich am ehesten im äußersten Nordosten sowie anfangs noch im
Südosten, sonst bleibt es meist bedeckt. Während in den Norden an der
Nordostflanke des Tiefs etwas kältere Luft aus dem skandinavischen Raum
eingesteuert wird (um oder knapp unter 0 Grad in 850 hPa), gelangt in den Westen
und Süden erwärmte Meeresluft mit Werten zwischen 3 und 6 Grad in 850 hPa. Somit
bewegen sich die Höchstwerte zwischen 10 Grad in den Regionen mit Dauerregen und
15 Grad im südlichen Oberrheingraben bzw. im Alpenvorland.

In der Nacht zum Samstag „formieren“ sich die kurzwelligen und flachen
Troganteile über dem Norden und der Mitte Deutschlands zu einem, etwas markanter
ausgeprägten Randtrog, der sich bis Samstagfrüh zur Lausitz verlagert. Vor allem
über dem Südosten des Landes kann auf dessen Vorderseite aufgrund von PVA
zunehmend markante Hebung wirksam werden. Neben dem schon weiter oben erwähnten
Niederschlagsmaximum in der Zugbahn des Bodentiefs können sich nun auch die
Regenfälle im Süden und Südosten des Landes verstärken. Dabei fallen in den
Staulagen der Mittelgebirge verbreitet mehr als 10 mm in 12 Stunden. An den
Alpen gibt es im Zeitraum bis Samstagmittag bzw. -nachmittag durchaus Signale
für Dauerregen, zumindest in exponierten Staulagen des Oberallgäus und des
Chiemgaus bzw. Berchtesgadener Landes. Ob das Ganze warnwürdig ist oder als
Einzelfall durchgehen kann, bleibt abzuwarten.
Im Westen und Norden lassen die Regenfälle mit Abzug des Tiefs rasch nach. Im
Bodenfeld weitet sich ein Keil des Hochs über dem Nordmeer bzw. Skandinavien bis
nach Nordwestdeutschland aus. Allerdings gelangen der Norden und Nordosten des
Landes trogrückseitig zunehmend in den Einflussbereich hochreichend kalter
Polarluft. In 850 hPa sinkt die Temperatur auf -1 Grad, in 500 hPa entlang der
vorpommerschen Ostseeküste auf nahe -30 Grad. Über dem verhältnismäßig warmen
Wasser der Ostsee dürfte das mit Hilfe der diabatischen Komponente für einzelne
Schauer reichen.
Der Wind lässt mit Abzug des Tiefs von Westen her wieder nach. In den süd- und
ostdeutschen Mittelgebirgen gibt es aber noch stürmische Böen oder Sturmböen aus
West, später von Norden her aus Nordwest bis Nord. Auch im Ostseeumfeld kann es
nun für steife Böen reichen, allerdings aus Ost bis Nordost. Obwohl in den
Norden kältere Luft eingesteuert wird und die Wolken zeitweise auflockern,
reicht es dort aufgrund des Windes wohl (noch) nicht für Boden- oder gar
Luftfrost. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 11 und 4 Grad.

Samstag… zieht der Randtrog südostwärts ab und im Randbereich des Haupttroges
bzw. vorderseitig eines Höhenrückens über den Britischen Inseln bleibt
Deutschland unterhalb einer recht glatt konturierten nordwestlichen
Höhenströmung. Das Bodentief zieht weiter zur Slowakei, die Regenfälle im Süden
und Südosten lassen somit im Tagesverlauf von Norden her allmählich nach. Wie
weiter oben erwähnt, gibt es in den Staulagen der Alpen, summiert man die
Niederschläge von heute Nachmittag bis Samstagabend auf, ein gewisses Potenzial
für Dauerregen. Rückseitig des Tiefs weitet sich der Hochkeil weiter südwärts in
die westlichen und mittleren Landesteile aus. Vor allem der Nordosten bleibt im
Einflussbereich höhenkalter Luftmassen, dort gibt es noch einzelne Schauer, für
Gewitter sollte es aber kaum reichen. Auch niedertroposphärisch kann sich die
kühlere Luftmasse südwestwärts ausbreiten, die Temperatur in 850 hPa sinkt auf
-3 Grad in Ostvorpommern und +5 Grad im Südwesten. Vor allem im Norden und
Nordwesten setzt sich dabei zeitweise länger die Sonne durch. In den Kamm- und
Gipfellagen der östlichen und ostbayerischen Mittelgebirge sowie auf den
Alpengipfeln gibt es zunächst noch Böen Bft 8 bis 9, auf exponierten
Alpengipfeln auch Bft 10 aus Nordwest, auch im Bereich der vorpommerschen
Ostseeküste kann es noch warnrelevante Böen geben. Im Laufe des Nachmittags und
Abends nimmt der Wind allmählich ab. Die Höchsttemperaturen erreichen Werte
zwischen 8 Grad in den östlichen Mittelgebirgen und 15, vielleicht 16 Grad im
Oberrheingraben.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der Höhenrücken über den Britischen Inseln
unter Amplitudenverlust allmählich Richtung südwestliche Nordsee, wobei eine
Potenzialbrücke zur sich verstärkenden Höhenantizyklone über dem Nordmeer
erhalten bleibt. Ausgehend vom umfangreichen Langwellentrog über Nord- und
Osteuropa reicht ein Randtrog weiterhin zur Nordsee, so dass sich Deutschland
nach wie vor unterhalb einer nordwestlichen Höhenströmung befindet. Dabei wird
der Höhenrücken von WLA überlaufen, die zunehmend auch über dem Westen und Süden
des Vorhersagegebietes wirksam wird.
Im Bodenfeld verlagert sich der vom sich etwas verstärkenden und seinen
Schwerpunkt nach Norwegen verlagernden Hochdruckgebiet ausgehende Hochkeil über
dem Norden und der Mitte Deutschlands allmählich nach Osten. Vorderseitig eines
auf Irland übergreifenden Randtroges erreicht eine teilokkludierte Kaltfront
morgens England und den Nordwesten Frankreichs. Davon ausgehend, weitet sich
eine Tiefdruckrinne nach Südwestdeutschland aus. Das konvergente Windfeld im
Bereich der Rinne wirkt frontogenetisch und zusammen mit dem durch die WLA
gegebenen Hebungsantrieb reicht das für leichte Regenfälle, die sich nach Lesart
des ICON-EU in den Frühstunden bereits bis zu einer Linie Eifel – Allgäu
ausweiten sollen. GFS und IFS gehen die Sache allerdings etwas verhaltener an.
Mit Annäherung der Rinne verschärft sich auch der Druckgradient wieder,
allerdings reicht es maximal in exponierten Mittelgebirgskammlagen
Westdeutschlands für einzelne Böen Bft 7 aus Südost.
Ansonsten verläuft die Nacht ruhig, lediglich an der Ostseeküste reicht es
eventuell noch für einzelne kurze Schauer. Im Westen und Süden bleibt es stark
bewölkt, sonst lockern die Wolken gebietsweise und vorübergehend stärker auf, in
den mittleren Landesteilen kann sich dann Nebel bilden. Vor allem nach Osten zu
ist bei länger gering bewölktem Himmel auch leichter Frost möglich.

Sonntag… tropft der Randtrog über Irland aus und das daraus resultierende
Cut-Off-Tief zieht bis zum Abend nach Nordwestfrankreich bzw. Belgien. Der
vorgelagerte flache Höhenrücken verlagert sich nach Süddeutschland, wird aber
zunehmend „abgehobelt“. Vor allem über dem Südwesten des Landes wird neben WLA
jetzt auch PVA als Hebungsantrieb wirksam, so dass sich auch das mit dem
Cut-Off-Tief korrespondierende Bodentief etwas verstärken kann. Es befindet sich
zum Abend nahezu achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs, die Tiefdruckrinne
weitet sich weiter nach Süddeutschland aus. Von ihm ausgehend weiten sich die
Regenfälle über dem Westen und Südwesten des Landes im Tagesverlauf
ostsüdostwärts aus und erfassen auch weite Teile Süddeutschlands. Erneut hat
ICON-EU die höchsten Mengen auf der Karte und lässt den Regen auch am weitesten
nach Osten vorankommen. In einem breiten Streifen vom westlichen
Mittelgebirgsraum (Eifel, Hunsrück, Pfalz) bis ins Alpenrand werden bis zum
Abend 10 bis 20 mm in 12 Stunden simuliert, in Staulagen (ICON-EU bis 30 mm im
Nordschwarzwald) auch mehr. Der Wind frischt an der Südflanke der Tiefdruckrinne
im Südwesten Deutschlands aus Südwest bis West, ansonsten aus Ost bis Südost
auf. Dabei kann es in den Gipfellagen des Schwarzwaldes, zum Abend hin auch auf
den Alpengipfeln Sturmböen geben, im zentralen Mittelgebirgsraum sind in den
Gipfellagen steife bis stürmische Böen denkbar, im Nordseeumfeld kann es an
exponierten Küstenabschnitten ebenfalls Böen Bft 7 geben.
Der Norden und Osten Deutschlands befinden sich weiterhin im Einflussbereich des
über das nördliche bis weit ins östliche Mitteleuropa reichenden Hochkeils, der
nur zögernd abgebaut wird. Dort wechseln sich Sonne und lockere Quellbewölkung
ab, eventuell reicht es im Ostseeumfeld nochmals für einen kurzen Schauer (die
Luftmasse ist bis etwa 700 hPa leicht labil geschichtet). Während dorthin
weiterhin kalte Festlandsluft advehiert wird (0 bis -3 Grad in 850 hPa), wird in
den Süden und Westen etwas mildere Luft eingesteuert (2 bis 6 Grad in 850 hPa).
Da es dort überwiegend stark bewölkt bleibt, erreichen die Höchsttemperaturen
recht einheitlich Werte zwischen 9 und 14 Grad, lediglich im südlichen
Oberrheingraben werden gebietsweise bis zu 16 Grad erreicht.
In der Nacht zum Montag zieht das Cut-Off-Tief zum Golf von Genua und induziert
dort eine kräftige Zyklogenese, während sich das Bodentief über Ostfrankreich
allmählich auffüllt. Von Norden her weitet sich, ausgehend vom umfangreichen
Nordmeer- bzw. Skandinavienhoch erneut ein Keil nach Norden und zunehmend auch
in die Mitte Deutschlands aus. Die sich allmählich auffüllende Tiefdruckrinne
verlagert sich zusammen mit dem Regen allmählich südwärts, wobei es im
Oberallgäu – zumindest nach Lesart des ICON-EU – Dauerregen (in Staulagen sogar
unwetterartig) geben kann. GFS und IFS simulieren allerdings Mengen unterhalb
der Warnschwellen für Dauerregen.
Mit Auffüllen des Tiefs bzw. der Rinne schwächt sich der Wind mehr und mehr ab
und ist ausgangs der Nacht wohl auch auf den Gipfeln nicht mehr warnrelevant.
Vor allem im Norden und Osten ist es vielerorts gering bewölkt, so dass recht
verbreitet mit Boden- und in ungünstigen lagen auch mit leichtem Luftfrost zu
rechnen ist.

Modellvergleich und -einschätzung

Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Die Unterschiede, in erster Linie die simulierten
Niederschlagsmengen betreffend, wurden bereits im Text diskutiert. Bzgl.
etwaiger Stark- und Dauerregenwarnungen ab dem Nachmittag bis Samstagvormittag
am Nordrand der Mittelgebirge kann der Ball zunächst flach gehalten werden,
lediglich IFS deutet am Westrand des Harzes Mengen über 25 mm in 12 Stunden.
Eindeutiger gestalten sich die Prognosen da schon für den Alpenrand, wo eine
Warnung vor Dauerregen, Laufzeit etwa von heute Mittag/Nachmittag bis
Samstagabend, durchaus in Betracht gezogen werden kann.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff