S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.09.2019 um 10.30 UTC

Kühle Nordwestlage, im Nordosten zyklonal geprägt. Ende nächster Woche wärmer.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 20.09.2019

Die neue Woche beginnt mit dem Durchgang einer schleifenden (Ana-) Kaltfront,
die zur Mittagszeit in etwa im Bereich der zentralen Mittelgebirge liegt und im
700 hPa Feuchtfeld eine „wellende Verdickung“ aufweist, die den schleifenden
Charakter untermauert. Sie trennt kühle Meeresluft polaren Ursprungs im Norden
(T850 hPa unter 5 Grad) von sehr warmer Subtropikluft im Süden (T850 hPa nahe 15
Grad am Bodensee), wobei der Temperaturgradient recht „verwaschen“ und wenig
scharf daherkommt. Das liegt daran, dass auf der Vorderseite des Höhenrückens
über dem nahen Ostatlantik auch bodennah ein Atlantikhochkeil über Frankreich
bis nach Südwestdeutschland gestützt wird. Dieser limitiert im Südwesten sowohl
die Wetterwirksamkeit als auch die thermische Querzirkulation der Front. Während
im Frontbereich leichter, im Osten teils auch mäßiger Regen mit 5 bis 10 l/qm
binnen 12 Stunden fällt, ziehen nach postfrontaler Subsidenz zum späten
Nachmittag in Küstennähe bei 16 bis 19 Grad einzelne schwache Schauer durch
(maximal 1 bis 3 l/qm), die aus der Randlage zum Höhentrog mit Achse über der
östlichen Ostsee resultieren. In diesem Zusammenhang erreicht dort der Wind auch
Spitzen bis in den stürmischen Bereich hinein. Südlich des Mains dagegen kann
man nochmals sonniges Spätsommerwetter mit Höchstwerten zwischen 24 und 28 Grad
genießen. Die Winddrehung auf Nordwest auf der Keilvorderseite geschieht
allerdings schon weit im präfrontalen Bereich, wodurch sich die Ausbildung einer
schwachen Konvergenz ungefähr im Bereich der Donau abzeichnet. Dieser
Hebungsimpuls bei gleichzeitiger niedertroposphärischer Feuchteadvektion könnte
(auch mithilfe der Orographie) die Auslöse einzelner Schauer oder Gewitter
begünstigen. Die große Gewitterlage wird das aber wohl nicht.

Am Dienstag erreicht die o.e. Kaltfront das Alpenvorland und beendet auch dort
den Altweibersommer (zumindest vorerst). Im antizyklonalen Umfeld ohne
wesentliche Staukomponente (Wind nur schwach und eher aus W bis NW) halten sich
die Regenfälle mit nur wenigen Litern arg in Grenzen. Nördlich davon schließt
sich im Bereich der Keilachse ein freundlicher und meist trockener Mix aus Sonne
und Wolken an. Wesentlich spannender ist es da etwa ab der Norddeutschen
Tiefebene. So konnte sich der Langwellentrog über der Ostsee und dem Baltikum
durch einen kurzwelligen Randtrog über Südnorwegen regenerieren. Auch wenn die
höhenkälteste Luft außen vor bleibt, nähert sich immerhin am Nachmittag der
Dänischen Grenze und Vorpommern an. Die Atmosphäre labilisiert an der
Südwestflanke des Troges in etwa bis 600 hPa, wodurch die Wolkenobergrenzen
immerhin Temperaturen zwischen -15 und -20 Grad erreichen – ausreichend für
Schauer und vor allem über der warmen Ostsee (Wassertemperaturen 17 bis 20 Grad)
auch für einzelne (Kaltluft-) Gewitter. Durch Druckanstieg über den Britischen
Inseln nimmt der Gradient im Norden etwas zu. Damit sind auch abseits der
Schauer verbreitet Windböen 7 Bft zu erwarten. An der See und in Schauernähe
sind Sturmböen bis in den hohen 9er Bereich (um 85 km/h) wahrscheinlich. Im
deutlich windschwächeren Bereich ist der Oberrheingraben wohl die letzte
„Bastion“, bei der mit Sonnenunterstützung die 20 Grad-Marke noch überschritten
wird.

Am Mittwoch läuft ein weiterer Randtrog in den osteuropäischen Langwellentrog
hinein – dieses Mal weiter westlich von den Färöer bis zur Nordsee und mit
stärkerer KLA verbunden. Dadurch ist die Amplifizierung und Ausweitung nach
Deutschland deutlich effizienter. So kommt die -25 Grad Isotherme in 500 hPa im
Tagesverlauf bis zur Weser und zum Erzgebirge voran. Auch niedertroposphärisch
macht die Zufuhr kühler Meeresluft polaren Ursprungs weitere Fortschritte, womit
die 850 hPa Temperaturen sukzessive auf 0 bis 3 Grad zurückgehen (Höchstwerte
demnach bei guter Durchmischung zwischen 15 und 19 Grad). Dadurch ändert sich an
den Lapse Rates effektiv wenig. So treten vor allem in der Nordosthälfte sowie
am Alpenrand (Frontenreste) einzelne Schauer auf. Kurze Gewitter sind weiterhin
nicht ausgeschlossen. Mit Abzug des Bodentiefs Richtung Moskau weicht der
Gradient wieder ein Stück weit auf, so dass die Böen eher 1 Bft unter denen des
Vortags liegen.

Am Donnerstag und Freitag schwenkt der Höhentrog unter weiterer Amplifizierung
bei gleichzeitiger Verkürzung seiner Wellenlänge ostwärts ab, wodurch die
Schauer auch im Osten immer seltener werden. Der atlantische Rücken verlagert
sich ebenfalls progressiv zur Irischen See, weshalb sich das Bodenhoch auf
dessen Vorderseite zur Rheinmündung ausweitet. Als Konsequenz gelangt die
Meereskaltluft unter Hochdruckeinfluss, was in windgeschützten Lagen nachts die
Nebelneigung und Gefahr von Frosts in Bodennähe erhöht.

In der erweiterten Mittelfrist am übernächsten Wochenende schwenkt die Hochachse
nach Mitteleuropa. Die Zeichen stehen somit – nach derzeitigem Stand – auf eine
mögliche Rückkehr altweibersommerbehafteten Wetters.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des IFS Hauptlaufes ist als ausreichend gut einzuschätzen.
Ähnlich den gestrigen Überlegungen bestehen die Unsicherheiten hauptsächlich
darin, wie schnell und wie nachhaltig der Rücken von den Britischen Inseln zum
Ende der Mittelfrist nach Mitteleuropa vorstößt. Davon hängen die
Fragestellungen ab, wie schnell die Schauer im Osten abklingen und wie schnell
die (abermalige) Erwärmung von Südwesten auf Deutschland übergreift.
Diesbezüglich ist der aktuelle 0z Lauf deutlich schneller als der gestrige 12z
Lauf aufgestellt, unterscheidet sich aber vom gestrigen 0z Lauf kaum. Die
Lösungen alternieren also noch ohne Tendenz.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis zum Ende der Mittelfrist (Freitag) zeigen auch die anderen Globalmodelle
eine kühle Nordwestlage mit zyklonalem Einschlag im Nordosten. Unisono wird
zudem simuliert, dass der Hochschwerpunkt sich im Laufe der zweiten Wochenhälfte
zwar annähert, aber eben doch westlich über den Britischen Inseln und der
südwestlichen Nordsee verbleibt. Somit greift eine Erwärmung bis dahin noch
nicht. Das ICON zeigt am Donnerstag eine abgeflachte Keilachse nördlich des
Hochs. Mit der vorübergehend stärkeren Westkomponente würde frühzeitig mildere
(aber feuchte) Nordseeluft einfließen, ein eher unwahrscheinliches Szenario.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bis zum Ende der Mittelfrist sind die Rauchfahnen gut gebündelt. Einzig im
Südwesten, wo die Advektion der polaren Meeresluft aus Norden nur schwach ist
und mildere Luft über Frankreich immer „in Reichweite“ sind noch größere
Divergenzen dabei. Die Lösung des Hauptlaufes wird aber auch dort von der
Mehrzahl der ENS-Member unterstützt mit 850 hPa Temperaturen am Donnerstag nur
wenig über, im Nordosten (Bsp. Greifswald) sogar im Mittel etwas unter 0 Grad.
Danach ist die weitere Entwicklung unsicher. Der Trend geht jedoch zum
Potential- und Temperaturanstieg bei weiterhin spärlichen Niederschlagssignalen.
Dabei fällt auf, dass Haupt- und Kontrolllauf etwa 12 Stunden phasenverschoben
sind, was die zeitliche und räumliche Unsicherheit in der Annäherung des Rückens
von Westen wiederspiegelt.
Das Verhalten der GFS-Ensemble ist ähnlich.

Alle 3 Cluster im Zeitraum +120-168h (Mi-Fr) zeigen des Regime des atlantischen
Rückens mit für Mitteleuropa meist unwesentlichen Modifikationen. Die
Kernaussage mit Hochschwerpunkt bis Freitag eher westlich von uns bleibt
bestehen.

In der erweiterten Mittelfrist wird der Rücken von allen 3 Clustern nach
Mitteleuropa gesteuert, beim dritten Cluster mit 12 Membern (ca. 25% aller
Member) im Norden sehr schnell abgeflacht und damit zonalisiert. Die Rückkehr zu
spätsommerlichen Altweibersommerwetter ist somit nicht unwahrscheinlich, aber
möglicherweise erneut mehr oder minder auf die Südhälfte Deutschlands
beschränkt.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER: Im Bereich des Höhentroges sind vor allem im Ostseeumfeld kurze
Kaltluftgewitter wahrscheinlich – vorrangig am Dienstag und Mittwoch in der
Nordosthälfte von einzelnen stürmischen Böen begleitet.

STURM: Aber auch abseits davon muss in Küstennähe und in den Hochlagen der
östlichen Mittelgebirgen – mit Schwerpunkt am Dienstag – mit Sturmböen gerechnet
werden. In Vorpommern gibt es sogar auch vom EFI ein Signal mit Werten 0.8 und
positiver SOT. Von den Ensembleverfahren gibt es um Sylt und Rügen herum
schwache Signale (Wahrscheinlichkeiten bei 10-15%) für schwere Sturmböen 10 Bft,
die auch der deterministische Lauf des ICON zeigt. Das muss man im Auge
behalten. Ein verbreitetes und überregionales Auftreten ist aber nicht zu
erwarten. In der zweiten Wochenhälfte lässt der Wind nach.

TROCKENHEIT: In der Südwesthälfte geht die Trockenheit weiter und auch in den
übrigen Regionen wird sie aufgrund der nur geringen Niederschläge kaum
gelindert.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen