SXEU31 DWAV 130800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.09.2019 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM (Brücke Mitteleuropa), ab Sonntag vorübergehend in Wa (West
antizyklonal) übergehend

Drei ruhige Tage mit zeitweilig auffrischendem Wind an der Küste und
Nebelfeldern im Binnenland – das warŽs aus dem Warnlabor.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC

Freitag… befindet sich Mitteleuropa respektive Deutschland auf der Südseite
der solide ausgeprägten Frontalzone, die relativ glatt konturiert vom mittleren
Nordatlantik kommend bis etwa zum Baltikum reicht, wo sie beginnt, nach Norden
abzuwinkeln. Eingelagert in die Frontalzone ist ein Jetstreak (Maximum etwas
über 120 Kt), der sich heute von der Nord- zur Ostsee verschiebt. Grundsätzlich
kann man aber sagen, dass der Vorhersageraum mehr oder weniger unter dem rechten
Ausgang des Jets liegt, was nach den Gesetzmäßigkeiten der quasigeostrophischen
Diagnostik großräumiges Absinken bedeutet. Damit ist gleich mal eine der
Haupterklärungen dafür geliefert, warum die heute bevorstehende Kaltfrontpassage

  • Genaues dazu gleich im Folgenden – nicht zu einer rauschenden Party wird,
    sondern eher eine vergleichsweise dröge Angelegenheit.
    Zunächst aber noch der Blick auf die großräumige Druckverteilung, die auf der
    kalten, also der nördlichen Seite der Frontalzone gleich einen ganzen Sack
    voller Tiefdruckgebiete zu bieten hat, die z.T. einen prominenten Namen tragen.
    So befinden sich darunter die ehemaligen Tropenstürme Ex-DORIAN und
    Ex-GABRIELLE, die aber mittlerweile zu einem Durchschnittstief (DORIAN) bzw. zu
    einer offenen Welle (GABRIELLE) der Westwindzone abgehalftert sind. Sie befinden
    sich ganz weit im Norden unweit von Spitzbergen sowie über Lappland, wobei aus
    Ex-GABRIELLE zum Samstag hin über Nordwestrussland sogar noch mal was wird (Tief
    mit 995iger Kern). Deutlich mehr auf der Pfanne hat das heute früh südlich von
    Kap Farvel ((Südgrönland) in Richtung Island ziehende Tief IGNAZ, das dabei
    ordentlich ausgepumpt wird und zum Datumswechsel auf etwas unter 985 hPa
    Kerndruck kommt. Nun ist das ja alles ganz nett mit diesen Herrschaften, aber so
    richtig Zugriff auf unser Wetter bekommen sie – im Fall IGNAZ muss man sagen
    zunächst mal – nicht wirklich.
    Womit wir auf der warmen, also der südlichen Seite der Frontalzone wären, wo ein
    fettes und ausgedehntes Hochdruckgebiet mit Zentrum knapp west-südwestlich
    Irlands (GAIA, etwas über 1035 hPa) die Wetterkarten plakatiert. Es weist einen
    ausgewachsenen, weitgehend zonal ausgerichteten Keil bis weit ins Innere des
    Europäischen Kontinents auf (hierfür gibt es sogar einen zweiten Namen, nämlich
    FRIEDERIKE), der sich heute sogar noch etwas verstärkt. Vor diesem Hintergrund
    ist es nur allzu verständlich, dass die o.e. Kaltfront, die in den frühen
    Morgenstunden von der Nordsee kommend „landfall“ gemacht hat, auf ihrem
    langsamen und weitgehend antizyklonal geprägten Weg in die Mitte Deutschlands
    nicht der ganz große Kracher wird. Dabei mangelt es gar nicht mal an Wolken, die
    sich zahlreich von Norddeutschland her über die Mitte süd-südostwärts verlagern.
    Auch ist ein spürbarer Luftmassenwechsel mit Frontpassage verbunden, zumindest
    im Norden, wo T850 in der einfließenden subpolaren Meeresluft bis zum Abend auf
    6 bis 3°C sinkt, während in der subtropisch angehauchten Warmluft im Süden die
    10 bis 13°C stehenbleiben.
    Woran es an der Front mangelt sind Regen und Wind. Klar regnet oder nieselt es
    vor allem im unmittelbaren Frontbereich vorübergehend etwas (in den
    Mittelgebirgen zusätzlich mit orografischer Unterstützung) und aktuell kann man
    im Nordosten im Radar sehr schön ein schmales Regenband erkennen, was
    offensichtlich frontnaher Querzirkulation geschuldet ist. Trotzdem, mehr als ein
    paar wenige Millimeter werden am Ende des Tages wohl nicht bilanziert werden und
    an einigen Orten reicht es nicht mal für 1 mm. Immerhin wäre das aber mehr als
    von der deutschen Modellkette simuliert, die bei Wetterlagen mit nur leichten
    Niederschlägen regelmäßig zu zurückhaltend agiert. Tja und beim Wind wird es nur
    an den Küsten sowie auf dem Brocken einen nennenswerten und auch nur
    vorübergehenden Peak geben mit Böen 7 Bft, an der Ostsee (exponiert) und auf dem
    Brocken 8 Bft. Der Wind dreht dabei von Südwest über West auf Nordwest und lässt
    an der Nordsee bereits im Laufe des Vormittags schon wieder nach. An der Ostsee
    baut er dann am Nachmittag und Abend von Westen her mehr und mehr ab.
    Noch kurz das Thema „Sonne/Temperatur“: am längsten scheint die Sonne heute im
    Süden Bayerns und BWs, wo die Wolken zuletzt ankommen. Postfrontal lockert die
    Wolkendecke später auch im äußersten Norden auf. Trotzdem kommen dort nicht mehr
    als 17 bis 20°C zustande, während ganz im Süden nicht selten ein Sommertag
    (25-27°C) registriert werden dürfte.

In der Nacht zum Samstag erreicht die Kaltfront Süddeutschland, wo das
antizyklonale Umfeld (das Hoch steht wie einst die Null bei Huub Stevens)
frontolytisch wirkt. Ein wirklicher Luftmassenwechsel findet demnach im Süden
nicht statt, es reicht aber für eine überwiegend stark bewölkte, wenn auch
weitgehend trockene Nacht. Dass es dabei vergleichsweise mild bleibt, ist
evident.
Anders die Situation im Norden, wo die Luft nicht nur kühler und trockener ist,
sondern zudem die Wolkendecke immer weiter auflockert. Kurzum, die Temperatur
geht mit Ausnahme der unmittelbaren Küstenlinie in den einstelligen Bereich, in
einigen besonders trockenen Gebieten (z.B. Lüneburger Heide) sogar auf unter 5°C
zurück, was vereinzelt die Gefahr von leichten Frost in Bodennähe birgt.

Samstag… beginnt die Frontalzone leicht zu mäandrieren (genau genommen geht es
schon in der Nacht los). Sturmtief IGNAZ erreicht unter weiterer Vertiefung
gegen Mittag Island (unter 980 hPa Kerndruck), was in der Höhe mit einer
Austrogung einhergeht. Kräftige WLA auf der Vorderseite lässt stromab einen
flachen Rücken aufwölben, der im Tagesverlauf Skandinavien erreicht, um von dort
weiter nach Osten zu wandern. Deutschland bleibt südlichen von diesen Prozessen
weitgehend unbeeindruckt liegen, die schwache bis mäßige Höhenströmung dreht
etwas nach rechts aus West-Nordwest und nimmt dabei eine leicht antizyklonale
Krümmung an.
Im Bodendruckfeld verbleiben wir im Bereich der langgestreckten Hochdruckzone,
die quasi wie eine Wurst (so sieht es zumindest auf der Vorhersagekarte T+36h
aus) vom Seegebiet nördlich der Azoren bis zum nahen Osteuropa reicht, wobei die
Divergenzachse über Norddeutschland verläuft. Zwar verliert das Hoch
tagesgangbedingt etwas an Substanz, was aber wenig bis nichts an ihrem
Aktionsradius ändert. So steht uns verbreitet ein heiter bis wolkiger und
weitgehend trockener Bundesligasamstag ins Haus, der mit dem abendlichen
Spitzenspiel der „Dosen“ vs. „Bayern“ seinen krönenden Abschluss findet. Im
Süden startet der Tag dabei häufig mit starker Bewölkung unterhalb der bei 850
bis 800 hPa positionierten Absinkinversion. Hier und da fallen vielleicht sogar
noch ein paar Tropfen. Im Laufe des Tages dröselt die Bewölkung mehr und mehr
auf, ganz verschwinden wird sie wohl aber nicht. Insbesondere am östlichen
Alpenrand sowie in den ost-südostbayerischen Mittelgebirgen könnte es etwas
dauern, die ersten Sonnenstrahlen irdische Gefilde erreichen.
Nördlich der Divergenzachse, wo bodennah etwas feuchtere Luft eingesteuert wird,
bilden sich Quellungen, die vorübergehend an der Inversion breitlaufen können,
zum Nachmittag und Abend hin aber zusehends abtrocknen bzw. sich auflösen.
Warntechnisch heißt es am Samstag zumindest tagsüber „Füße hochlegen und
genießen“, die Wetterlage ist völlig ungefährlich. Was weiterhin Bestand hat ist
das Süd-Nord-Gefälle der Temperatur mit 16 bis 19°C an der See sowie im
küstennahen Binnenland und je nach Sonnenscheindauer bis zu 27°Cim Südwesten
(vornehmlich Ober- und Hochrhein).

In der Nacht zum Sonntag zieht Tief IGNAZ von Island weiter zur Norwegischen
See. Das zugehörige okkludierende Frontensystem schwenkt über die Nordsee
langsam südostwärts, was der deutschen Nordseeküste und SH in den frühen
Morgenstunden eine kontinuierliche Bewölkungsverdichtung bringt. Regen dürfte
bis 06 UTC aber noch nicht fallen. Dafür nimmt der auf Südwest rückdrehende Wind
erst über der Nord-, dann auch über der Ostsee merklich zu, was vor allem der
schleswig-holsteinischen Nordseeküste die ersten steifen bis stürmischen Böen
7-8 Bft bringt.
Im ganz großen Rest der Republik sorgt Hochdruckeinfluss für gering bewölkte bis
klare Verhältnisse (südlich der Donau gebietsweise wolkig mit Hang zur
Hochnebelbildung), bevor sich gebietsweise teils dichter Nebel bildet. In den
zentralen Mittelgebirgen sinkt die Temperatur in einigen Tälern, Senken oder
Mulden auf unter 5°C ab, leichte Bodenfrostgefahr inclusive.

Sonntag… dürfen sich weite Teile des Vorhersageraums noch mal über einen fast
hochsommerlichen Tag im Spätsommer freuen, sofern man vom Sommer nicht die
Schnauze voll hat (gibt solche und solche). Einzig in Norddeutschland, wo sich
nicht nur die langsam nach Süden vorrückende Frontalzone etwas stärker in Szene
setzt, sondern zudem die leicht schleifende Kaltfront des zur Westküste
Norwegens ziehenden IGNAZ übergreift, geht es nur bedingt sommerlich zu (oder
eben wie im typisch mitteleuropäischen Sommer). So schiebt sich die frontale
Bewölkung sukzessive nach Süden über die Norddeutsche Tiefebene bis zur
nördlichen Mitte vor, wobei zunächst hohe Wolken vorlaufen, bevor mittelhohe und
tiefe Wolken nachfolgen. Zudem zieht gegen Mittag ein schwaches und
wahrscheinlich durchbrochenes Regenband von Norden herein, das nur langsam Boden
nach Süden hin gutmacht. Zwar divergieren die Modelle derzeit noch etwas
hinsichtlich Intensität und Progression (IFS von 12 UTC versorgt ganz SH und MV
sowie das nördliche NDS incl. HH und HB mit Regen, ist im soeben erschienenen
00-UTC-Lauf etwas zurückgerudert), letztlich läuft das Ganze aber nur auf wenige
Millimeter hinaus (an der Nordsee örtlich mehr als 5 mm/12 h). Im Fokus bleibt
der Wind, der an der Küste sowie im unmittelbar angrenzenden Binnenland von West
nach Ost vorübergehend auffrischt (Böen 7 Bft, exponiert 8 Bft) und dabei von
Südwest (präfrontal) auf West bis Nordwest dreht (postfrontal). Temperaturmäßig
läuft es im Norden auf 17 bis 23°C hinaus (T850 7 bis 10°C), wobei die
Faustformel gilt „je weiter weg vom Meer, desto milder“.
Noch milder oder besser wärmer/heißer wird es in der Mitte und im Süden des
Landes, wo trotz leichter Schwächeltendenzen der Hochdruckzone die Sonne scheint
(später von Norden her Cirren, sonst nur wenige Quellungen, aber stellenweise
etwas holprige Nebelauflösung). Teils durch Absinken, teils durch Advektion
steigt die 850-hPa-Temperartur im Süden auf 15°C oder etwas darüber, was
Tageshöchstwerte von verbreitet über 25°C (Sommertag), im Oberrheingraben lokal
sogar 30°C zur Folge hat. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen…

In der Nacht zum Montag beginnt sich das Hoch über dem nahen Ostatlantik
zusehends aufzuwölben. An seiner Ostabdachung kommt die Kaltfront langsam
südwärts voran, wobei aber immer noch Schleif-Tendenzen erkennbar sind. Alle
Modelle signalisieren eine Intensivierung des Regenbandes, dessen Vorderseite
gegen Morgen etwa die nördliche Mitte erreicht. Meist liegen die 12-stündigen
Mengen unter 10 mm, einzig ICON rechnet im nordwestlichen NDS etwas mehr. Der
anfänglich an der Küste noch spürbare und in Teilen warnwürdige W-NW-Wind (7
Bft, vereinzelt 8 Bft) lässt im Laufe der Nacht von Westen her nach.
Die Südhälfte gibt sich bis in die Morgenstunden gering bewölkt oder klar, was
erneut die Bildung von teils dichten Nebelfeldern zur Folge hat.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle ziehen weitgehend an einem Strang. Gewisse Unschärfen, die im Text
zumindest teilweise angerissen wurden, sind nicht prognoserelevant.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann