SXEU31 DWAV 080800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.09.2019 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM
In der Westhälfte vor allem heute einzelne Schauer und Gewitter. Im Tagesverlauf
im Südosten aufkommende schauerartige Regenfälle, allmählich über die Osthälfte
nordwärts ausweitend, dabei gebietsweise Stark- und Dauerregen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC

Sonntag… befindet sich Deutschland an der Ostflanke eines über dem westlichen
Mitteleuropa ausgetropften Höhentiefs mit Drehzentrum aktuell über den
Niederlanden. Im Tagesverlauf weitet es sich nach Süden aus, wobei es sich
splittet mit einem zweiten Drehzentrum (um 18 UTC) über der Schweiz. Diesem
Höhentiefkomplex steht ein umfangreicher Höhenrücken über Osteuropa gegenüber.
Diese aufgrund der südlichen Überströmung der Alpen sowie der Mittelgebirge im
östlichen Mitteleuropa etwas diffizile Konstellation erschwert die Prognosen für
die kommenden Stunden/Tage, werden doch diese kleinräumigen Höhen“eier“ von
Modell(lauf) zu Modell(lauf) mit leichten Differenzen behaftet simuliert, was
aber relativ großen Einfluss auf die räumliche Verteilung und Intensität der
Niederschläge speziell über der Osthälfte des Vorhersagegebietes hat.
Kommen wir nun zu den Einzelheiten: Mit der Südausweitung des Troges Richtung
Westalpen wurde bzw. wird über Oberitalien auch im Bodenfeld eine Zyklogenese
induziert. Ausgehend davon weitet sich eine flache Tiefdruckrinne über die
Ostalpen allmählich Richtung Tschechien aus. Die bislang östliche Bodenströmung
über Süddeutschland dreht dadurch mehr und mehr auf Nord bis Nordwest (inklusive
einzelner Böen Bft 7 bis 8 auf den Gipfeln der ostbayerischen Mittelgebirge) und
zusammen mit der südlichen Höhenströmung ergibt sich eine klassische
Gegenstromlage. Die recht gleichmäßige Rechtsdrehung des Windes mit der Höhe
induziert WLA und Aufgleiten, so dass sich im Tagesverlauf aus den Alpen heraus
Niederschläge über den Südosten Baden-Württembergs und über weite Teile Bayerns
(Ausnahme: Unter- und Teile Mittelfrankens) nach Norden ausweiten. Vor allem am
Nachmittag und Abend, wenn die Winddrehung am Boden auf Nordwest endgültig
vollzogen ist, nehmen die Niederschläge – und da ist sich die Modellwelt noch
relativ einig – über Teilen Oberbayerns, bis nach Niederbayern und in die
südliche Oberpfalz, mäßige Intensität an. Gebietsweise werden dort 15 bis 20 mm
in 12 Stunden simuliert. Teilweise sind die Niederschläge schauerartig
verstärkt, ob es sogar für einzelne (Warmlufteinschub)gewitter reicht, ist aber
sehr fraglich. Die Modelle agieren diesbezüglich sehr zurückhaltend. Auf jeden
Fall kann lokal eng begrenzt mal ein Starkregenereignis (mehr als 20 mm in 3 bis
6 Stunden) nicht ausgeschlossen werden.
Die Westhälfte und auch die mittleren Landesteile wurden dagegen im Trogbereich
nach wie vor von höhenkalter maritimer Polarluft geflutet (-23 Grad in 500 hPa).
Auch niedertroposphärisch bleiben weite Teile des Landes im Einflussbereich
relativ kühler Meeresluftmassen, die Temperaturen in 850 hPa bewegen sich
zwischen 3 Grad im Westen bzw. (hier mit „Unterstützung“ der Dauerniederschläge,
Stichwort: Verdunstungsabkühlung) an den Alpen und 6 Grad an der polnischen
Grenze. Erneut reicht die Labilität unter Zuhilfenahme der diabatischen
Komponente im Tagesverlauf aus für ein Aufleben der Schauertätigkeit im Westen,
in der Mitte, aber auch an der Ostsee. Bereits jetzt ist auf dem Radarbild ein
„kommaförmiges“ Niederschlagsgebiet über dem Südwesten des Landes erkennbar, was
in etwa die Vorderseite der Trogspitze markiert, eine Region, in der noch die
dynamische Hebungskomponente durch PVA unterstützend wirkt. Dort werden auch die
meisten Niederschläge simuliert, ICON-EU hat im Zeitraum von heute, 00 UTC bis
Montag, 00 UTC im Schwarzwald gebietsweise auch mehr als 30 mm/24 h auf der
Karte (Dauerregen). Die externen Modelle und auch die Probabilistik gibt aber
kaum Hinweise darauf. Ähnlich wie gestern dürften bei mehreren 100 J/kg
simulierter ML-Cape auch wieder einzelne Gewitter mit am Start sein. Diese
zeichnen sich (bei kaum vorhandenen Höhenwinden im Trogbereich) durch eine sehr
geringe Zuggeschwindigkeit aus, so dass lokal eng begrenzt trotz relativ
niedriger PPW-Werte (meist 20 mm) auch mal Starkregen möglich ist. Vor allem
über relativ warmer Wasseroberflächen kann es unter Zuhilfenahme kleinräumiger
Konvergenzen auch mal für einen land-/waterspout (Typ 2-Tornado) reichen, am
ehesten wohl an den Küsten von Nord- und Ostsee sowie auf dem Bodensee.
Als Nebenschauplatz sei noch die Schneefallgrenze an den Alpen erwähnt. Diese
sinkt mit zunehmender Niederschlagsintensität auf unter 2000 m, in windschwachen
Senken bzw. (Hoch)tälern) auch auf etwa 1600 m ab.
Weitgehend trocken bleibt es heute wohl nur im Nordosten (Ausnahme: Ostsee und
angrenzendes Binnenland), auch, wenn es im Westen/Nordwesten einige Regionen
geben wird, die kaum von Schauern „gesegnet“ werden dürften. Die Sonne bekommt
man wohl am ehesten dort sowie im Nordwesten zu Gesicht und die
Höchsttemperaturen erreichen Werte zwischen kaum 12 Grad im Dauerregen an den
Alpen und 20, vielleicht 21 Grad mit Sonne in Brandenburg.

In der Nacht zum Montag wird das Höhentief mehr und mehr „in die Länge“ gezogen.
Das Drehzentrum in den Niederlanden interagiert mehr und mehr mit einem sich von
Island zu den Britischen Inseln ausweitenden Trog und verlagert sich bis
Montagfrüh zur südwestlichen Nordsee, während sich der südliche Dipol morgens in
etwa über dem Friaul befindet.
Das Bodentief zieht auf einer zumindest Vb-Tief ähnlichen Zugbahn über Böhmen
hinweg Richtung Riesengebirge und vertieft sich nicht weiter, was die
Niederschlagstätigkeit in seiner Umgebung in Grenzen hält. Mit dem Tief weiten
sich auch die Niederschläge allmählich weiter nach Norden aus. Die genaue
Lokalisierung des Tiefs ist noch mit Unterschieden behaftet, was auch direkten
Einfluss auf die Simulation der Niederschläge hat: Während ICON-EU warnrelevante
Regenmengen lediglich über Oberschlesien auf der Karte hat, zeigt GFS das Tief
etwas weiter westlich und die höchsten Mengen mit mehr als 25 mm /12 Stunden
(die größten Mengen fallen oft in 3- bis 6-Stundenzeiträumen) in der Lausitz.
Warntechnisch ist das Ganze wohl am besten mit relativ kurzfristig auszugebenden
Starkregenwarnungen händelbar, zumal auch die Probabilistik auch nur relativ
geringe Wahrscheinlichkeiten für 12- oder 24-stündigen Dauerregen auf der Karte
hat, am ehesten noch im Nordosten Bayerns sowie in den östlichen Mittelgebirgen.

Relativ einig sind sich die Modelle, dass der Regen weite Teile Ost- und
Süddeutschlands erfasst, meist aber nur mit Mengen unter 10 mm in 12 Stunden.
Die Schauer im Westen und Nordwesten klingen dagegen im Verlaufe der Nacht
wieder ab, lediglich an den Küsten kann es auch die Nacht über hinweg immer mal
wieder kurz schauern. Ansonsten lockern die Wolken dort auch mal stärker auf und
es bildet sich örtlich dichter Nebel.

Montag… geht die „Höhentiefeierei“ munter weiter: Aus dem sich zu den
Britischen Inseln ausweitenden Trog tropft ein Höhentief Richtung Westausgang
des Ärmelkanals ab, welches über der Nordsee zieht ein wenig weiter nach Norden,
während das südliche Höhentief an Kontur verliert und sich als Randtrog bis zum
Abend nach Tschechien verlagert. Dazwischen kann sich ein flacher Höhenrücken am
Nachmittag/Abend nach Südwestdeutschland aufwölben.
Die labilste Luftmasse befindet sich somit im Bereich einer flachen
Potenzialrinne, die sich von der Nordsee quer über den Nordwesten und die Mitte
Deutschlands hinweg nach Tschechien erstreckt. Bei leicht ansteigenden
Temperaturen in 500 hPa und ähnlichen wie am Vortag in 850 hPa hält sich die
Labilität aber in Grenzen und entsprechend werden vor allem im Westen/Südwesten,
aber auch in den mittleren Landesteilen auch weniger Schauer als am Vortag
simuliert. Kurze Gewitter gibt es am ehesten wohl noch im Nordseeumfeld sowie
vom zentralen Mittelgebirgsraum bis in den Westen Bayerns, während es ganz im
Westen und Südwesten sogar vielerorts trocken bleibt.
Warntechnisch im Fokus stehen somit weiterhin die Niederschläge in der Osthälfte
des Landes. Die Gegenstromlage bleibt aufrecht, somit kann nach wie vor Hebung
generiert werden. Das Vb-artige Bodentief verlagert sich bis zum Abend nach
ICON-EU über den Westen Polens hinweg nur sehr zögernd nordwärts, während es
nach Leaart des GFS abends bereits die Odermündug erreicht. Einigkeit zwischen
den Modellen besteht auf jeden Fall darüber, dass sich die Regenfälle weiter
nordwärts in den Nordosten Deutschlands ausweiten. Erneut simuliert GFS aber die
höchsten mengen weiter westlich als ICON-EU, nämlich über Ostvorpommern, mit
Mengen knapp über 25 mm in 12 Stunden, während ICON-EU die höchsten Mengen in
ähnlicher Größenordnung über dem westlichen Polen auf der Karte hat. Die
konvektiven Modelle, allen voran C-D2, haben auch kurze Gewitter auf der Karte,
wobei bei auf teils über 25 mm steigenden PPW-Werten dann natürlich auch der
Starkregen auf der Agenda steht. Summa summarum lässt sich konstatieren, dass
aktuell noch nicht absehbar ist, wie sich morgen tagsüber die Warnkarte
gestaltet. Ob man Regionen für längere Zeit mit einer Dauerregenwarnung belegt
oder eher mit kurzfristigeren und kleinräumigeren Starkregenwarnungen agiert,
was aus aktueller Modellsicht mehr Sinn macht, darf abgewartet werden.
Auf jeden Fall darf der Sonne wohl noch weniger Raum als am Vortag eingeräumt
werden. Wenn, dann bekommt man sie am ehesten im Westen/Nordwesten und später
auch ganz im Südwesten zu Gesicht, vielleicht auch Richtung Alpen, wo die
Niederschlagstätigkeit wohl ganz zum Erliegen kommt. Entsprechend verhalten
zeigen sich auch die Temperaturen: Mehr als 18 oder 19 Grad mit etwas Sonne ganz
im Westen und 12 Grad im Dauerregen in den östlichen Mittelgebirgen ist nicht
„drin“.

In der Nacht zum Dienstag zieht das Tief weiter zur westlichen Ostsee – nach
Lesart des ICON befindet es sich morgens knapp nördlich der Odermündung, nach
GEM nördlich von Rügen, nach ICON vor der Südspitze Schwedens – und vertieft
sich noch etwas. Der flache Höhenrücken über Südwestdeutschland kommt ein wenig
nach Ostnordost voran und stützt eine ebenso flache Hochdruckbrücke über dem
Westen und Süden des Landes.
Somit ziehen sich die stärksten Regenfälle – weiterhin teilweise konvektiv
durchsetzt – in den Nordosten des Landes zurück. GFS, aber auch GEM haben vor
allem für das Ostseeumfeld gebietsweise warnrelevante Mengen auf der Karte
(teilweise mehr als 20 mm in wenigen Stunden), ICON-EU dagegen nur wenig mehr
als 10 mm in 12 Stunden.
An der Südflanke des sich verstärkenden Tiefs frischt der Wind zudem böig aus
Nordwest bis West auf und es gibt im Ostseeumfeld (vielleicht aber auch an der
Nordfriesischen Küste) steife, exponiert auch stürmische Böen (Bft 7 bis 8).
Im übrigen Land sind wohl kaum mehr Niederschläge zu verzeichnen und die Wolken
lockern auf, gebietsweise kann sich wieder dichter Nebel bilden. Die Tiefstwerte
liegen zwischen 13 Grad im Nordosten bzw. an den Küsten und 2 Grad bei Aufklaren
in einigen Tälern der west- und südwestdeutschen Mittelgebirge, wo dann
Bodenfrost nicht ausgeschlossen ist.

Dienstag… verlagert sich das „Höhenei“ über der Nordsee wieder etwas nach
Süden, zur Deutschen Bucht, während das Höhentief über Böhmen bis zum Abend zur
Südspitze Schwedens zieht. An dessen recht scharf konturierter Südwestflanke
kann aufgrund von PVA nach wie vor Hebung generiert werden, so dass sich das
Bodentief noch etwas verstärken kann. Es zieht bis zum Abend Richtung Öland. An
dessen Südflanke kann sich der Gradient vorübergehend noch verschärfen, so dass
entlang der Ostseeküste nun vermehrt stürmische Böen, vor allem entlang der
vorpommerschen Küste vereinzelt auch Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus West auftreten.

Die Regenfälle ziehen sich nach Lesart aller vorliegenden Modelle mehr und mehr
auf die Ostsee zurück. Warnrelevante Mengen treten, wenn überhaupt (ICON-EU),
nur noch dort auf. Für einzelne Schauer reicht es eventuell auch im Nordwesten,
in der Peripherie des Nordsee-„Ei“, vielleicht auch im zentralen
Mittelgebirgsraum, wobei Gewitter dort mangels Labilität wohl eher
unwahrscheinlich sind. Der Mitte und der Süden bleiben im Einflussbereich der
flachen Hochdruckzone, die sich dort von Westen her bis ins südöstliche bzw.
östliche Mitteleuropa erstreckt. Dort bleibt es aufgelockert, vor allem im
Westen und Südwesten teilweise auch gering bewölkt. Die Luftmasse kann sich mit
der Septembersonne noch etwas erwärmen und bei Temperaturen in 850 hPa zwischen
4 Grad im Nordwesten und 9 Grad in Südostbayern werden Höchstwerte zwischen 16
und 20 Grad, mit Sonne am Oberrhein bis 22 Grad erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch findet über Nordwesteuropa ein neuer Trogvorstoß
statt. Das Höhentief über der südlichen Nordsee wird zunehmend darin eingebunden
und befindet sich morgens als Randtrog über den Niederlanden, während das
Ostseetief Richtung mittlere Ostsee zieht. Dazwischen stellt sich über dem
Vorhersagegebiet eine schwache, über dem Süden und Osten des Landes leicht
antizyklonal konturierte südwestliche Höhenströmung ein.
Das Bodentief über der westlichen Ostsee zieht nordwärts ab und die flache
Hochdruckzone über dem Süden und der Mitte des Landes weitet sich etwas nach
Norden aus, wobei sie sich etwas verstärken kann. Somit klingen die Regenfälle
auch im Nordosten allmählich ab und mit Abzug des Tiefs lässt auch der Wind
nach. Ansonsten steht eine wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus. Gebietsweise
klart es auf, dann kann sich dichter Nebel bilden. Die Tiefstwerte liegen
zwischen 13 Grad an den Küsten und 2 Grad bei Aufklaren in abgelegenen
Mittelgebirgstälern, wo dann erneut Bodenfrost möglich ist.

Modellvergleich und -einschätzung

Die synoptischen Basisfelder werden von allen Modellen im Kurzfristzeitraum
ähnlich simuliert. Die Unterschiede liegen im Detail und betreffen in erster
Linie die Niederschlagsprognosen, vor allem für die kommende Nacht und den
morgigen Montag. Für Dauerregen gibt es allerdings – auch von der Probabilistik

  • kaum mehr Signale, stattdessen eher für kleinräumige Starkregenereignisse.
    Entsprechend sollte dann auch warntechnisch verfahren werden.
    Dass diese Starkregenfälle heute vor allem im Südwesten lokal sehr eng begrenzt
    Unwetterkriterien reißen können, sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt
    bleiben. Ob und wie das warntechnisch händelbar ist, bleibt abzuwarten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff