SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 300800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 30.08.2019 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: BM
Heute vor allem in Teilen des Ostens und im süddeutschen Bergland Gewitter mit
Starkregen im Unwetterbereich. Am Samstag nur einzelne Gewitter. Am Sonntag
vornehmlich im Osten und Süden starke Gewitter, vereinzelt Unwetter. An den
Alpen ab der Nacht auf Montag in Staulagen markanter Dauerregen möglich.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
Freitag… befindet sich ein umfangreicher Langwellentrog mit Zentrum bei Island
und beeinflusst die Britischen Inseln und Skandinavien. Der Nordwesten
Deutschlands liegt in seinem Randbereich. Südlich daran anschließend findet sich
eine flache Druck- und Geopotentialverteilung über dem großen Rest von Europa
und damit auch Deutschland.
Unter diesen Vorzeichen aus der Höhe, ist die Vortags etwa bis zur Mitte des
Landes vorangekommene Kaltfront mittlerweile ortsfest zum Erliegen gekommen. Sie
trennt die bekannte feuchtwarme und labile Luft im Osten und Süden, von einer
deutlich trockneren und stabil geschichteten Luftmasse im Westen und Norden.
Diese Unterscheidung kann man auch gut bei der Betrachtung der aktuellen
Taupunkte vornehmen. So liegen diese nach Nordwesten meist nur zwischen 11 und
13 Grad und die Tendenzfelder der spezifischen Feuchte deuten an, dass diese im
Laufe des Tages auch noch zurückgehen werden (Durchmischung). Betrachtet man
zudem die Radiosondenaufstiege, so lässt sich diese Prognose auch gut
nachvollziehen, hat man doch hochreichend einen großen Spread zwischen
Temperatur und Taupunkt.
Anders schaut es in der Warmluft aus. Die Taupunkte liegen zumeist um 16 Grad
bei nächtlichen Tiefstwerten, die in einigen Ballungszentren um die 20 Grad
lagen. Die Profile zeigen vornehmlich in der mittleren Troposphäre höhere
Feuchtigkeit und dies drückt sich auch im höheren Flüssigwassergehalt aus. Beim
Blick auf die Tendenzfelder der spezifischen Feuchte (Änderung von 06-18 UTC)
erkennt man eine Anreicherung der Feuchte vor allem im Bereich des Berglands.
Dies ist die klassische Tagesgangentwicklung in einer Luftmasse ohne großartige
Advektionsprozesse. Die Hänge der Mittelgebirge erwärmen sich stärker mit
entsprechend sich entwickelnden Hangaufwinden. Damit ergeben sich konvergente
Strömungen entlang der Berge und damit eine Feuchtanreicherung (Moisture
Pooling), während in der Umgebung die Feuchtigkeit abnimmt.
Die beiden Grundzutaten für Gewitter sind damit weitgehend geklärt. Instabilität
in Form von größeren Lapse Rates ist allgemein vorhanden und die erhöhte
Feuchtigkeit ist vornehmlich im Bergland gegeben. Zu erwähnen ist in diesem
Zusammenhang noch, dass sich im Osten auch großräumig stärkere Konvergenzeffekte
ergeben. Das betrifft grob gesagt die Region ausgehend vom Oberpfälzer mit einer
eher südlichen Windkomponente, bis in den Süden von Brandenburg und
Sachsen-Anhalt mit einer eher nördlichen Bodenkomponente. Dies zeigt sich auch
in einer Feuchteanreicherung im Tagesverlauf, die nicht nur auf das Bergland
beschränkt ist.
Fehlt noch die Hebungskomponente. Dafür muss man stärker ins Detail schauen
(Isohypsenabstand 1:1). Macht man dies, so findet man insbesondere in 300 hPa
einen klaren Keil über dem Westen und Norden des Landes, während sich daran
südlich angrenzend ausgehend vom Schwarzwald bis nach Südbrandenburg eine
kleines Höhentief befindet und auch in 500 hPa ist die Isohypsenführung leicht
zyklonal. Der Osten befindet sich dabei vorderseitig und damit in Sachen Hebung
optimaler, als der Süden.
Die Niederschlagsoutputs der verschiedenen hochauflösenden Modelle zeigen recht
ähnliche Resultate. So sollen sich im süddeutschen Bergland (Schwarzwald,
Schwäbische Alb, Bayerischer Wald) nur vereinzelt Gewitter entwickeln, während
vom Oberpfälzer Wald, Thüringer Wald und Erzgebirge bis in die Südhälfte von
Sachsen-Anhalt und Brandenburg ausgreifend recht häufig Konvektion simuliert
wird.
Die Konvektion wird etwa ab den Mittagsstunden über dem Bergland einsetzen und
sich nachfolgend im Osten bis ins Vorland ausbreiten. Als Begleiterscheinung
steht ganz klar der Starkregen im Fokus, bedenkt man, dass die 500 hPa Winde
meist nur zwischen 2 und 5 kn, lokal bis 10 kn liegen. Im Osten sind sie nahezu
gar nicht existent. Dementsprechend werden auch von CD2 EPS starke Signale für
Unwetter im Osten gegeben. Selbst für extreme Unwetter lassen sich Hinweise
finden. Daneben stehen auch wieder einzelne Sturmböen auf dem Programm (recht
großer Spread in der Grundschicht) sowie größere Ansammlungen von kleinem Hagel
bei ortsfesten Zellen.
Die Konvektion wird in den späteren Abendstunden tagesgangbedingt rasch zum
Erliegen kommen. Dann steht bei geringen Luftdruckgegensätzen nur noch der Nebel
auf dem Programm.
Samstag… gelangt Deutschland immer stärker auf die Vorderseite des sich bei
den Britischen Inseln amplifizierenden Langwellentroges. Damit steilt die
Strömung über Deutschland auf, mit einer stärkeren südlichen Höhenkomponente.
Entsprechend kommt die Warmluft mit der 15 Grad Isotherme in 850 hPa nach Norden
voran. Es wird verbreitet ein heißer Tag mit Höchstwerten zwischen 29 und lokal
34 Grad erwartet.
Abgesehen vom äußerten Nordwesten, greifen die labilen Luftmassen wieder große
Landesteile. Allerdings mangelt es ein wenig an Feuchtigkeit. Hohe Werte an
spezifischer Feuchte finden sich eigentlich nur im äußersten Osten sowie südlich
der Donau. Dem Mangel an Feuchtigkeit ist es dann wohl auch zuzuschreiben, dass
trotz eines im Tagesverlauf auf den Westen übergreifenden ersten
Kurzwellentroges kaum Niederschlag vorhergesagt wird.
Dennoch müssen einzelne Gewitter über dem Bergland eingeplant werden, dabei wird
vor allem der Alpenrand betont. Es besteht lokal die Gefahr von Starkregen bis
in den Unwetterbereich. Der in den Westen hineinlaufende Kurzwellentrog, der am
Boden eine Konvergenz in den Prognosekarten zur Folge hat muss aufmerksam
gemonitort werden. Abgesehen von zaghaften Andeutungen z.B. im SuperHD geben die
Modelle aber fast nichts her (Feuchtemangel).
In der Nacht auf Sonntag rückt der Haupttrog immer weiter nach Deutschland
voran. Entsprechend legt auch die Höhenströmung über den Westen und Nordwesten
zu, was sich in einer Zunahme der hochreichenden Scherung (vornehmlich
Geschwindigkeitsscherung) auf über 20 m/s ausdrückt.
Die Bodenkonvergenz wandert über die Mitte ostwärts und bleibt dabei aufgrund
des bekannten Mangels an Feuchte vielfach ohne Auswirkung. Das ein oder andere
Gewitter kann aber dennoch nicht ausgeschlossen werden, insbesondere dort wo
Orographie mit ins Spiel kommt.
Die nachfolgend auf den Westen übergreifende Kaltfront hat das Problem, dass sie
bereits von Kaltluftadvektion überlaufen ist und zunehmend antizyklonal
reinkommt. Entsprechend zaghaft sind die Modellprognosen für Konvektion. Die
Mehrzahl der Modelle sieht am ehesten den Nordwesten im Fokus für Gewitter
(Emsland bis Schleswig-Holstein), die dann auch organisierter und lokal
kräftiger ausfallen können. Am aggressivsten ist EURO 4, dass die Konvektion bis
nach NRW und sogar Rheinland-Pfalz südwärts ausgreifen lässt.
Kurzum wird man wohl vornehmlich im Nordwesten Gewitter erwarten können, eine
Unwetterlage steht aber wohl nicht auf dem Programm.
Sonntag… liegt Deutschland immer noch trogvorderseitig, wobei sich die
Hauptachse des Langwellentroges über Frankreich befindet. Kaltluftadvektion hat
große Landesteile erreicht, mal ausgenommen vom äußersten Süden des Landes. Die
Kaltfront kommt zögernd ost- südostwärts voran. Das liegt vor allem an der
Konstellation mit der Höhe, die ein schnelleres Vorankommen nicht zulässt.
Entsprechend bleibt es von der Lausitz bis nach Südostbayern noch länger Zeit
freundlich. Dort wird es auch am wärmsten, mit Spitzenwerden bis 34 Grad in der
Lausitz. Im Westen und Nordwesten werden postfrontal hingegen nur noch 20 bis 24
Grad erwartet.
Labilität und erhöhte Werte an spezifischer Feuchte finden sich vornehmlich über
dem Osten und Süden des Landes. Dort können sich mit Hilfe der Hebungsimpulse
auf der Trogvordeseite einige Gewitter. Die hochreichende Scherung ist
allerdings meist nur mau, da die Dynamik nach Nordwesten zurückbleibt.
Entsprechend ist kein sonderlicher Organisationsgrad zu erkennen. Da die
Gewitter im Vergleich zu den Vortagen auch etwas ziehen, sollte sich der
Großteil der Gewitter im markanten Bereich bewegen. Dennoch sind einzelne
Unwetter wegen Starkregen nicht ausgeschlossen, schließlich liegen die ppw-Werte
immer noch ziemlich hoch. Der Wind sollte maximal im stürmischen Bereich liegen
(Winde in 850 hPa eher mau und nicht so hochreichend inverse V-Struktur in den
Prognosesoundings). Auch der Hagel dürfte durch den Mangel an Scherung
geschuldet kein größeres Problem darstellen.
Im Nordwesten bilden sich vornehmlich im Bereich der Nordsee Schauer, die der
Nähe zum Trog geschuldet sind.
In der Nacht auf Montag greift der Trog auf Deutschland über. Die Folge sind
Schauer und Gewitter vor allem in Richtung Nordsee. Die Gewitter im Osten ziehen
in der zweiten Nachthälfte ab und im Süden gehen die Gewitter in länger
anhaltenden Dauerregen über. Letzteres ist der Tatsache geschuldet, dass in der
Höhe zunächst noch Südwestwinde vorherrschen, während in unteren Schichten der
Wind aus nordwestlichen Richtungen kommt (Gegenstromlage). Entsprechende
Dauerregenwarnungen sind vom Allgäu bis zum Berchtesgadener Land im Bereich des
Möglichen, Details müssen aber noch abgewartet werden. Die Niederschläge greifen
nordwärts bis nach Südbrandenburg aus. Sonst bleibt es häufig trocken mit teils
größeren Wolkenauflockerungen.
Modellvergleich und -einschätzung
Die grundlegende Entwicklung ist im kurzfristigen Vorhersagebereich einheitlich
in den Modellen zu finden. Unsicherheiten ergeben sich bezüglich möglicher
Konvektion am Samstag. Zudem stellt sich die Frage wie weit Konvektion gekoppelt
an die Kaltfront in der Nacht auf Sonntag in den westlichen Landesteilen
südwärts ausgreifen kann. Siehe dazu auch die Diskussion im Haupttext.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer