SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 250800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 25.08.2019 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SEa
Sumpflage: Vor allem an den Nachmittagen bis in die Nacht hinein Gewitter, lokal
eng begrenzt Unwetter vor allem durch heftigen Starkregen.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
Sonntag… befindet sich Deutschland an der Westflanke eines Höhenrückens, der
sich vom südosteuropäischen Raum bis nach Südskandinavien erstreckt und von dem
aus ein Höhenkeil bis nach Norddeutschland reicht. Er wird durch WLA an der
Südflanke der weit nördlich verlaufenden Frontalzone auch über die kommenden
Tage hinweg am Leben erhalten und stützt wiederum ein Bodenhoch mit Schwerpunkt
über dem Baltikum, von dem aus ein Keil bis ins nördliche Mitteleuropa reicht.
An der Südflanke dieses Hochs gelangt von Südosten her sehr warme bis heiße und
vor allem in den Südosten/Osten bzw. in die mittleren Landesteile auch eine
feuchte und potenziell instabile Luftmasse aus dem zentralen Mittelmeerraum. Die
PPW-Werte steigen in den genannten Regionen auf über 35 mm, die der spezifischen
Feuchte auf beachtliche 11 bis 14 mm. Dazu kann durch die Einstrahlung Cape
generiert werden, die Konvektion zulassenden Modelle simulieren am Nachmittag
gebietsweise über 1000 J/kg, lokal auch über 1500 J/kg, C-D2 punktuell sogar
über 2000 J/kg. Die Luftmasse ist, wie nicht anders zu erwarten, vor allem am
Nachmittag und Abend auch hochreichend labil geschichtet und somit braucht es
nicht viel zur Auslöse, zumal auch kein signifikanter Deckel vorhanden ist. Als
Trigger fungiert in erster Linie die Orographie, dynamischer Hebungsantrieb ist
nämlich so gut wie keiner gegeben. Zwar erstreckt sich ein flaches dipolartiges
Höhentief vom mittleren Italien bis nach Süddeutschland, dieses ist aber
lediglich in der 1 gpdm-Auflösung erkennbar und füllt sich im Tagesverlauf sogar
ein wenig auf. Der flache Potenzialgradient lässt also kaum Advektion von
Luftmassen oder potenzieller Vorticity zu, dennoch sind schwache IPV-Maxima
erkennbar, von denen ein klein wenig dynamischer Hebungsantrieb ausgehen könnte.
Auch das Bodenfeld ist schwachgradientig, dabei lassen sich grob Strukturen
(auch nur in der 1 hPa-Auflösung) in Form einer oder mehrerer Rinnen erkennen,
die sich von Südwesten her über die Mitte Deutschlands ostnordostwärts
erstrecken. Innerhalb dieser Rinnen sind – dem schwach konvergenten
Bodenwindfeld geschuldet – auch die höchsten Instabilitäts- insbesondere
Feuchtewerte zu finden.
Bereits aktuell haben sich in Südbrandenburg – abgekoppelt von der Grundschicht
- einzelne Schauer und Gewitter entwickelt, von denen eines sogar aufgrund des
Starkregens mit Unwetter bewarnt wurde. Im Laufe des Vormittags sollten sich
diese vorübergehend abschwächen, ehe es um die Mittagszeit – wohl zunächst
ausgehend von den Mittelgebirgen und den Alpen – erneut „zündet“ und dieses Mal
auch vom Boden aus. Scherung ist kaum vorhanden (am ehesten noch bodennahe
Richtungsscherung), so dass Mangels Höhenwind zeichnen sich die Gewitter durch
eine sehr geringe Zuggeschwindigkeit aus, so dass sehr schnell der Starkregen in
den Fokus der Warntätigkeit gerät. Die 25 mm („rot“, sprich: Unwetter) sind
schnell überschritten und auch die 40 mm („violett“, also extremes Unwetter; ich
weiß, die Warnschwellen sind sehr niedrig angesetzt…) dürften hier und da
überschritten werden. Daneben dienen als Nebenschauplatz der Hagel (kaum größer
als 2 cm, aber vor allem auch in Form größerer Hagelansammlungen) und auch
Sturmböen (vor allem dort, wo die Grundschicht recht trocken ist, Stichwort:
D-Cape).
Genauer lokalisieren lässt sich das ganze konvektive Geschehen jetzt im Vorfeld
noch nicht, allerdings lassen sich grob Regionen eingrenzen, die betroffen sein
könnten (wenn auch dort immer nur sehr kleinräumig). Neben dem Alpenraum und
auch weiten Teilen Bayerns (die es gestern schon getroffen hat) kommen heute
noch die östlichen und mittleren Landesteile dazu, in etwa von der Lausitz bis
ins östliche Niedersachsen sowie nach Hessen und Thüringen, vielleicht auch noch
der nordbadische Raum.
Im Norden und Nordosten spürt man dagegen nur wenig bis gar nichts von dem
konvektiven Geschehen, dorthin wird von Osten her trockene Festlandsluft
advehiert, ganz im Westen und im Südwesten ist die feuchtlabile Luftmasse (noch)
nicht angekommen. In den Regionen scheint auch nachmittags überwiegend die Sonne
und es bilden sich kaum bzw. nur flache Quellwolken.
Die Höchsttemperaturen erreichen bei Temperaturen in 850 hPa zwischen 14 und 17
Grad Werte zwischen 27 und 33 Grad, lediglich an der Ostseeküste und auf
Helgoland wird es bei auflandigem Wind mit 21 bis 25 Grad nicht ganz so warm.
In der Nacht zum Montag weitet sich das Höhentief noch ein klein wenig nach
Norden aus. Nach wie vor sind schwache, kleinräumige IPV-Maxima erkennbar und
auch ein wenig PVA bieten etwas Hebungsantrieb, die die Konvektion innerhalb der
weiterhin sehr labilen Luftmasse – zunehmend abgekoppelt von der auskühlenden
Grenzschicht – noch länger am Leben erhalten. Vor allem EURO4 und SuperHD
liefern speziell vom südlichen und westlichen Bayern über den zentralen
Mittelgebirgsraum bis ins südliche Niedersachsen noch entsprechende Signale bis
weit in die zweite Nachthälfte hinein, aufgrund der niedrigen Zuggeschwindigkeit
durchaus auch bis in den Unwetterbereich. Insgesamt lässt die Gewittertätigkeit
aber schon nach und vor allem dort, wo es stärker geregnet hat, kann sich
stellenweise auch dichter Nebel bilden. Die Nacht bleibt mild, die Tiefstwerte
liegen zwischen 20 und 13 Grad.
Montag… weitet sich das Höhentief etwas nach Nordwesten aus, es verliert die
Dipolstruktur und dessen Drehzentrum verlagert sich bis zum Abend über den
Alpenraum hinweg in die Mitte Deutschlands. Der Höhenrücken bleibt weiterhin vom
osteuropäischen Raum nach Südskandinavien gerichtet, während das von ihm
gestützte Bodenhoch seinen Schwerpunkt nach Nordwestrussland verlagert, wobei
ein Keil nach wie vor nach Südskandinavien reicht. Sowohl der Potenzial- also
auch der Bodendruckgradient bleiben sehr schwachgradientig, so dass weiterhin
nur sehr schwache dynamische Hebungsantriebe gegeben sind, die sich allerdings
ein wenig nach Westen verlagern.
Die potenziell instabile Luftmasse kommt ebenfalls ein wenig nach Westen voran,
ausgespart bleiben lediglich die Gebiete entlang und westlich des Rheins, dazu
noch der Nordwesten und der Norden bzw. Nordosten, wohin von der Ostsee her eine
deutlich stabilere Luftmasse advehiert wird. In den übrigen Regionen erreichen
die Instabilitätsparameter ähnliche Werte wie am Vortag. Wo die Gewitter
letztendlich schwerpunktmäßig auftreten werden, lässt sich wieder einmal nur
sehr kurzfristig klären. Prinzipiell lassen sich mittels der Zutatenmethode
ähnliche Gebiete wie am Vortag herausarbeiten, insgesamt ein wenig nach Westen
verschoben (bis ins östliche NRW und auch weiter nach Baden-Württemberg rein),
dort passt die Überlappung von Labilität, Feuchte und (schwacher) Hebung am
besten. Was die Unwettergefahr betrifft, sollte sich die durchaus vorhandene
Wahrscheinlichkeit für lokalen heftigen Starkregen bei vergleichbarere
Konstellation nicht groß zum Vortag unterscheiden. Kurzum: Punktuell ja,
mehrfach und verbreitet eher nein. Derartige pulsierende „Popcornlagen“ sind in
jedem Falle mehr als undankbar und sehr herausfordernd für jeden
Warnmeteorologen. Dazu gesellen sich erneut größere Hagelansammlungen und – bei
recht trockener Grundschicht – auch mal wieder die Sturmböen.
An der Luftmasse ändert sich weiterhin nur wenig, die Höchsttemperaturen ähneln
somit denen des Vortages. Insgesamt werden die Regionen mit einer aufgrund der
Schwüle erhöhten Wärmebelastung etwas größer.
In der Nacht zum Dienstag verliert das Höhentief mehr und mehr an Kontur und
zieht sich auch wieder ein wenig nach Südosten zurück. Dennoch kann es die
konvektiven Umlagerungen erneut bis weit in die Nacht hinein noch am Leben
erhalten, am ehesten wohl von Bayern nordwestwärts bis in den zentralen
Mittelgebirgsraum. Ansonsten bleibt es teilweise gering bewölkt und hier und da
kann es wieder Nebel geben. Mit 20 bis 13 Grad bleibt es erneut sehr mild.
Dienstag… ist das Höhentief auch in der höchsten Auflösung nicht mehr als
solches erkennbar, dafür verlagert sich an der Südwestflanke des umfangreichen
Langwellentrog mit Drehzentrum nördlich von Island ein kurzwelliger Randtrog
über England hinweg nordostwärts zur Nordsee, dessen hebungsrelevante Vorgänge
allerdings wohl außerhalb des Vorhersagegebietes bleiben. Im Vorfeld verstärkt
sich aber ein nach Nordwestdeutschland gerichteter Randtrog und es kann dort vor
allem durch PVA auch etwas mehr dynamische Hebung generiert werden. Auf dessen
Rückseite schwenkt ein flacher Rücken nach Südwest- und Süddeutschland. Der
Höhenrücken über Osteuropa verstärkt sich weiter und weitet sich bis nach
Nordskandinavien aus.
Im Bodenfeld kann sich die Tiefdruckrinne aufgrund des Hebungsdargebotes aus der
Höhe etwas vertiefen und verlagert sich im Vergleich zu den letzten Tagen ein
wenig nach Norden. Sie erstreckt sich grob von Nordwestfrankreich über Benelux
nach West- und Norddeutschland. Dort befindet sich auch die labilste Luftmasse,
wobei die PPW-Werte noch ein wenig ansteigen (über 40 mm in der Norddeutschen
Tiefebene). Die simulierte ML-Cape ähnelt denen der Vortage.
In den Süden und Südwesten, vielleicht auch bis in die „südliche Mitte“ sickert
an der Südflanke der Rinne eine etwas stabilere Luftmasse, außerdem wird durch
den flachen Rücken jeglicher Hebungsantrieb (wohl auch der orographische)
gedämpft. Somit dürfte es dort, auch im Schwarzwald und an den Alpen, kaum mehr
Gewitter geben. In der Mitte und im Norden ändert sich kaum etwas, außer, dass
sich die Gewitter noch etwas weiter nach Norden ausweiten (vielleicht sogar bis
an die Küsten, wobei an der Ostsee die aus dem Hoch heraus von Osten her dorthin
advehierte trockenere Festlandsluft noch länger gegenhalten kann) und vor allem
in der norddeutschen Tiefebene sowie im Westen, also im Bereich der Rinne,
aufgrund der Hebung auch verbreiteter auftreten kann. Höhenwind und Scherung
(außer bodennahe Richtungsscherung) sind nach wie vor kaum im Angebot, so dass
nach wie vor von Einzel- bzw. Multizellen auszugehen ist. Auch ein oder mehrere
größere konvektive Systeme, vor allem zum Abend hin bzw. in der Nacht zum
Mittwoch, sind möglich. Außerhalb der Gewitter, vor allem also in der Südhälfte,
steht erneut ein sonniger Tag ins Haus und auch an den Temperaturen (Tmax 27 bis
33 Grad) ändert sich nur wenig.
In der Nacht zum Mittwoch verlagern sich die beiden kurzwelligen Randtröge rasch
nordostwärts und es stellt sich eine weiterhin nur schwachgradientige, leicht
zyklonal konturierte südwestliche Höhenströmung ein. Vor allem im Laufe der
zweiten Nachthälfte lässt auch in Norddeutschland der dynamische Hebungsantrieb
nach. Somit sollte spätestens dann auch dort die Gewitteraktivität allmählich
zum Erliegen kommen. Im Rest des Landes bleibt es aufgelockert bis gering
bewölkt und örtlich kann sich erneut Nebel bilden. Die Tiefstwerte liegen nach
wie vor zwischen 20 und 13 Grad.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Großwetterlage wird im Kurzfristzeitraum von allen Modellen sehr ähnlich
simuliert, wobei GFS die stabile Luftmasse am Dienstag über der Südhälfte
Deutschlands weiter nach Norden vorankommen lässt als ICON-EU und somit die
Gewittertätigkeit (mit Ausnahme einiger orographischer Gewitter in den zentralen
und östlichen Mittelgebirgen) auf den äußersten Norden Deutschlands beschränkt.
Die Schwerpunktsregionen der Konvektion lassen sich heute und in den kommenden
Tagen nur sehr schwer eingrenzen, am ehesten vielleicht noch am Dienstag. Somit
drängt sich vor allem erst einmal heute keine Vorabinformation auf. Dennoch muss
punktuell erneut mit Unwetter sowie extremen Unwetter vor allem aufgrund von
Starkregen, aber auch aufgrund größerer Hagelansammlungen gerechnet werden.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff