SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.08.2019 um 10.30 UTC
Sommerlich warm, ab Sonntag zunehmende Gewitterneigung.
Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 28.08.2019
Der Mittelfristzeitraum ist zunächst geprägt durch einen blockierenden
Höhenrücken über weiten Teilen Mittel- und Osteuropas, der uns überwiegend
spätsommerlich warmes, aber vor allem ab Sonntag nicht ganz störungsfreies
Wetter beschert.
Am Samstag beginnt die recht weit nördlich, vom Nordatlantik über Skandinavien
bis nach Sibirien verlaufende Frontalzone stärker zu mäandrieren, über dem nahen
Ostatlantik westlich der Britischen Inseln kommt eine Austrogung in Gang. WLA
auf deren Vorderseite stützt einen Höhenkeil, der sich – ausgehend von einem
breit angelegten Höhenrücken über Südost- und Osteuropa – nordnordwestwärts über
das östliche Mitteleuropa und Skandinavien hinweg bis zum Nordmeer aufwölbt und
sich allmählich nach Osten verlagert.
Über dem Vorhersagegebiet bleibt das Geopotenzialfeld somit überwiegend
antizyklonal konturiert. Mit der Austrogung weiter westlich stellt sich vor
allem über dem Nordwesten Deutschlands eine schwache südwestliche Höhenströmung
ein. In der Nacht zum Sonntag beginnt der Trog südlich von Irland auszutropfen,
wodurch das Geopotenzialfeld über Mitteleuropa aber bereits wieder auffächert.
Im Bodenfeld stützt der Höhenkeil ein Hochdruckgebiet, das von Weißrussland bis
nach Südskandinavien reicht. Bis Sonntagfrüh kann es sich noch etwas verstärken
und verlagert seinen Schwerpunkt nach Nordosten, so dass es dann weite Teile
Skandinaviens überdeckt.
An dessen Südflanke gelangt von Südosten her warme bis sehr warme und vor allem
in die Nordhälfte auch trockene Luft nach Deutschland (T850 hPa zwischen 12 Grad
im Nordosten und 17 Grad im Süden). Diese ist vor allem über Süddeutschland auch
potenziell instabil geschichtet. Zwar wirkt die Nähe zum Höhenrücken
konvektionsdämpfend, allerdings könnte es mit Hilfe der Orographie vor allem in
den östlichen und ostbayerischen Mittelgebirgen, an den Alpen und vielleicht
auch im Schwarzwald für einzelne Gewitter reichen.
Am Sonntag verlagert sich das Cut-Off-Tief weiter nach Süden und befindet sich
in der Nacht zum Montag mit seinem Drehzentrum knapp nordwestlich der Iberischen
Halbinsel. Der Höhenrücken über Skandinavien wird weiter nach Nordosteuropa
abgedrängt, von Osteuropa reicht aber weiterhin ein flacher Höhenkeil über
Norddeutschland bis nach Benelux bzw. der südlichen Nordsee. Über Mitteleuropa
fächert das Geopotenzialfeld somit sogar noch etwas weiter auf, selbst in der 1
gpdm-Auflösung ist Montag, 06 UTC über dem Vorhersagegebiet nur noch eine
Isohypse (die 585 gpdm) zu erkennen.
Im Bodenfeld weitet sich eine flache Tiefdruckrinne von Frankreich her nach
West- und Süddeutschland aus, das Hochdruckgebiet verlagert seinen Schwerpunkt
nach Osteuropa. Insgesamt nimmt die potenzielle Instabilität der Luftmasse
dadurch vor allem über dem Süden und der Mitte des Landes weiter zu. Nach wie
vor wirkt das hohe Geopotenzial zwar dämpfend, dennoch reicht es mit Hilfe der
Orographie häufiger zur Auslöse als an den Vortagen. Somit treten vor allem in
der Mitte und im Süden des Landes – ausgehend von den Mittelgebirgen bzw. den
Alpen – erneut einzelne Gewitter auf. Als Begleiterscheinungen stehen neben
(wohl meist) kleinkörnigem Hagel und stürmischen Böen vor allem der Starkregen
im Fokus, der aufgrund der langsamen Zuggeschwindigkeit eventuell lokal eng
begrenzt auch Unwetterpotenzial aufweist. Davon ausgenommen dürften der
Nordosten und Norden des Landes sein, dorthin gelangt trockene Festlandsluft. An
den hoch- bzw. spätsommerlichen Temperaturen (26 bis 32 Grad, bei auflandigem
Wind an den Küsten nicht ganz so warm) ändert sich nur wenig.
Am Montag dreht die Höhenströmung über Nordwesteuropa vorderseitig eines
kräftigen Höhentroges mit Drehzentrum westlich von Island auf Südwest, die WLA
stützt den ins nördliche Mitteleuropa und zur Nordsee gerichteten Höhenrücken,
der sich noch verstärkt und nach Nordosten verlagert, dessen Achse somit bis
Dienstagfrüh eine zunehmend meridionale Ausrichtung annimmt. Somit dreht die
Höhenströmung an dessen Südwestflanke über dem Vorhersagegebiet auf Südost.
Das Bodenhoch über Osteuropa weitet sich mit Verstärkung des Höhenrückens erneut
nach Skandinavien aus und bildet dort bis Dienstagfrüh einen weiteren
Schwerpunkt. Über Mitteleuropa ändert sich gegenüber dem Vortag nur wenig: Nach
wie vor bleibt eine flache Tiefdruckrinne nach West- und Süddeutschland
gerichtet und innerhalb der potenziell instabilen Luftmasse können sich – außer
im Norden und Nordosten des Landes und getriggert durch die Orographie – am
Nachmittag und Abend erneut Gewitter entwickeln, die sich nachts allmählich
abschwächen.
Am Dienstag und Mittwoch weitet sich der Trog über dem Nordatlantik nach Süden
aus, bleibt aber mit seiner Achse noch recht weit westlich der Britischen
Inseln. WLA auf dessen Vorderseite stützt weiterhin einen umfangreichen
Höhenrücken, der von Osteuropa bis nach Skandinavien reicht. Insgesamt nimmt das
Muster eine deutlich meridionale Ausrichtung an und die antizykonal konturierte
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet dreht mehr auf Süd.
Das Bodenhoch verstärkt sich noch ein wenig und verlagert seinen Schwerpunkt
allmählich Richtung Baltikum und dem Nordwesten Russlands. An dessen
Südwestflanke gelangt weiterhin eine sehr warme und teilweise auch potenziell
instabile Luftmasse nach Deutschland. Somit ändert sich nur wenig an der
nachmittäglichen und abendlichen Gewittertätigkeit und den spät- bzw.
hochsommerlichen Temperaturen.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Dem aktuellen Lauf des IFS kann zumindest bis einschließlich Montag eine sehr
gute Konsistenz zu seinen beiden Vorgängern bescheinigt werden. Nach allen drei
Läufen verlagert sich der Schwerpunkt des Hochdruckgebietes allmählich vom
östlichen bzw. nördlichen Mitteleuropa nach Skandinavien und Osteuropa, so dass
an dessen Südwestflanke sehr warme und allmählich auch etwas feuchtere Luft uns
Vorhersagegebiet advehiert wird.
Ab Dienstag bleibt der Höhenrücken im aktuellen Lauf des IFS, aber auch im
gestrigen 12 UTC-Lauf weiterhin von Ost- nach Nordeuropa gerichtet und kann sich
vor allem im aktuellen Lauf bis Donnerstag unter Verkürzung der Wellenlänge und
weiterer Amplifizierung auch noch verstärken. Im gestrigen 00 UTC-Lauf wurde der
Höhenrücken dagegen durch einen Trogvorstoß über Skandinavien nach Westen, zu
den Britischen Inseln, abgedrängt. Die Kaltfront des mit dem Trog
korrespondierenden Bodentiefs streifte nach Lesart des Laufes den Norden und
Osten Deutschland, ihr folgte ein Schwall etwas kühlerer und vor allem
trockenerer Luft, so dass sich die Gewittertätigkeit wohl nur auf den Süden des
Landes beschränken sollte. Am Mittwoch sollten sich der Höhenrücken inklusive
Höhenhoch wieder Richtung Mitteleuropa verlagern und auch im Bodenfeld ein Hoch
über den Britischen Inseln über die Nordsee bis zur südlichen Ostsee ausweiten.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Am Wochenende fahren alle Modelle eine sehr einheitliche Linie, prognose- und
warnrelevante Unterschiede sind kaum auszumachen.
Zu Wochenbeginn wird die Austrogung über dem Nordostatlantik westlich der
Britischen Inseln und somit die Umstellung auf ein blockierendes meridionales
Muster vom IFS markanter simuliert als von den meisten anderen vorliegenden
Modellen. Während das ICON dem IFS aber weitgehend ähnelt, fällt beim GFS die
Austrogung deutlich schwächer aus. Stattdessen weitet sich der Trog Richtung
Skandinavien aus und wird durch neue Trogvorstöße über Island bzw. später über
dem Nordmeer wieder regeneriert. Ein über Skandinavien hinweg ostwärts ziehender
Randtrog streift dabei in der Nacht zum Dienstag auch das nördliche
Mitteleuropa, korrespondierend dazu wird das Vorhersagegebiet bis Dienstagfrüh
von Nordwest nach Südost von einer Kaltfront überquert. Nach Abzug des flachen
Troges weitet sich nach Lesart des GFS dann allerdings von Westen her ein
Azorenhochkeil nach Mitteleuropa aus und sorgt für eine rasche Wetterberuhigung.
Die frontalen Niederschläge halten sich somit in Grenzen und beschränken sich
wohl auf einzelne Schauer und Gewitter. Allerdings sinken die Temperaturen in
850 hPa postfrontal vorübergehend auf Werte zwischen 6 Grad ganz im Norden und
14 Grad an den Alpen. Am Mittwoch stellt sich dann auch nach GFS wieder
Hochdruckwetter ein, der Schwerpunkt des Bodenhochs befindet sich dann
allerdings über Mitteleuropa statt – wie nach ICON und IFS – weiter nordöstlich
- und dürfte die Gewitteraktivität gegenüber beiden vorgenannten Modellen etwas
schwächer ausfallen lassen.
Das GEM lässt den Nordatlantiktrog etwas weiter östlich als IFS nach Süden
ausweiten. Zunächst wird der vorgelagerte Höhenrücken über Osteuropa noch
gestützt, so dass es am Wetterablauf im Vorhersagegebiet gegenüber dem IFS kaum
Unterschiede gibt. Der Trog erweist sich aber zu Wochenmitte als progressiv und
verlagert sich allmählich zum Nordmeer bzw. zur Nordsee, würde dann somit auch
in das Wettergeschehen über Mitteleuropa direkt eingreifen.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Clusteranalyse des IFS zeigt im Zeitraum t+72…96 h drei Cluster – allesamt
mit dem blockierenden Höhenrücken über Südost- und Mitteleuropa, der sich
allmählich etwas Richtung Skandinavien ausweitet. Die Unterschiede zwischen den
Clustern betreffen Mitteleuropa nicht weiter.
Auch im nächstfolgenden Zeitraum (t+120…168 h) bleibt das Blockademuster in
allen (erneut) drei Clustern erhalten. Vor allem Cluster 3 (wie Cluster 2 mit 14
Membern), in dem sich auch der Haupt- und Kontrolllauf befinden, lässt den
Höhenrücken zu Wochenmitte über Skandinavien hinweg weit nach Norden ausweiten
und weist somit das stabilste Muster auf, während nach Cluster 1 (mit 23 Membern
ausgestattet) immerhin ein Trog bis nach Nordskandinavien vordringen soll. Die
Variante des deterministischen GFS-Laufes mit der von Nordwesten auf das
Vorhersagegebiet übergreifenden schwachen Kaltfront taucht in keinem Cluster
auf.
Selbst in der weiterten Mittelfrist (T+192…240 h) dominiert in 4 von 5 Clustern
das Blockademuster, wobei nach Lesart von Cluster 2 und 3 der Höhenrücken so
weit nach Osten abgedrängt wird, dass zumindest zum Wochenende hin ein Trog über
den Britischen Inseln auch ins Wettergeschehen ins Mitteleuropa eingreifen kann.
Den stabilsten Höhenrücken zeigt Cluster 4, in dem sich auch der Hauptlauf
befindet, der allerdings nur mit 6 Membern ausgestattet ist, gefolgt von Cluster
1, dem immerhin 20 Member angehören.
Eine Außenseiterlösung bietet Cluster 5 (4 Member), nach dessen Lesart sich das
Troggeschehen mit Aufwölbung eines Höhenrückens über dem Nordatlantik westlich
von Island mehr und mehr nach Skandinavien und Nordwesteuropa verlagert.
Betrachtet man die „Rauchfahnen“ für verschiedene Städte in Deutschland, fällt
der einheitliche Verlauf der 850 hPa-Temperatur der einzelnen Member bis
einschließlich zum Montag auf. Die Spread beträgt nicht mehr als 3 bis 4 K. Am
Dienstag gibt es vereinzelte Ausreißer nach unten, die am Mittwoch etwas mehr
werden. Das Groß der Member bewegt sich aber bis in die erweiterte Mittelfrist
weiterhin im Temperaturbereich zwischen 10 und 15 Grad.
Niederschlagssignale treten ab Sonntag zunächst eher sporadisch auf, zu
Wochenbeginn dann häufiger.
Die GFS-Rauchfahnen gehen in eine ähnliche Richtung, wobei es ein paar mehr
Ausreißer „nach unten“ gibt, vor allem auch der Hauptlauf.
Summa summarum lässt sich konstatieren, dass wohl bis weit in die erweiterte
Mittelfrist, eventuell auch bis zum Monatsende, überwiegend sommerliches Wetter
ins Haus steht mit einzelnen, teils kräftigen Gewittern (aber sicherlich keiner
großräumigen Unwetterlage) und höchstens nur kurzzeitigen „Streifschüssen“ etwas
kühlerer Luft am ehesten im Norden und Nordosten.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
EFI und auch die probabilistischen Verfahren geben keine Hinweise auf
signifikante Wettererscheinungen.
Ab Sonntag nimmt die Gewitterneigung zu. Betroffen sind wohl in erster Linie der
Süden und die Mitte Deutschlands. Da die dynamische Komponente fehlt, sind
organisierte Strukturen eher weniger zu erwarten. Im Fokus stehen neben dem
meist kleinkörnigen Hagel und stürmischen Böen aufgrund der geringen
Zuggeschwindigkeit vor allem der Starkregen, der kleinräumig Unwetterpotenzial
aufweisen kann.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, IFS, IFS-ENS
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff