SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 100800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Samstag, den 10.08.2019 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
TrW
Verbreitet windig, im Nordwesten Sturmböen, an der Nordsee gewitterige Schauer,
im Südosten gewittriger Starkregen. Morgen im Nordseeumfeld weiterhin windig und
lokal gewittrig, im Süden ab dem Abend neue Gewitter.
Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
Samstag… ist ein Langwellentrog über Westeuropa das für Deutschland wetterbestimmende Geopotentialgebilde. Er weist ein abgeschlossenes Höhentief an
der Westküste Schottlands auf, welches im Laufe des Tages über Schottland hinweg
nordwärts zieht und zum Abend unter Abschwächung das südliche Nordmeer erreicht.
Da in die Rückseite des Troges eine kurze Welle hineinläuft, regeneriert der
Trog sich wieder, was sich auf dem Atlantik deutlich an einer Amplifizierung
erkennen lässt. Weitgehend lotrecht unter dem Höhentief ist das korrespondierende Bodentief zu finden. Es zieht zur Nordsee und schwächt sich
zögerlich ab, von einem Kerndruck knapp unter 990 hPa am Morgen auf einen Kerndruck knapp über 990 hPa am Abend. Da das Tief durch seine Verlagerung dem
Nordwesten ein wenig näher kommt, gleichzeitig aber über Südfrankreich und Süddeutschland der Druck steigt, zieht der Gradient vor allem im Westen und Nordwesten an. Entsprechend sind für die gesamte Nordwesthälfte schon Windwarnungen ausgegeben worden, von der Saar bis zur Ostsee, aber auch in Teilen Mitteldeutschlands vor Böen Bft7, von der Eifel bis nach Schleswig-Holstein, aber auch in einzelnen Hochlagen der Mittelgebirge vor Böen
Bft 8-9. Diese Einschätzung vertreten die Modelle recht konsistent, wobei insbesondere bei ICON ein leichtes Zurückrechnen der Böen im aktuellen Lauf im
Vergleich zu den Vorläufen zu erkennen ist. Die Spitze der Windentwicklung sollte die Bft 10 sein, die eventuell auf dem Brocken oder aber auf den Nordfriesischen Inseln auftreten kann. Dort könnte dies insbesondere in Schauern
der Fall sein, schließlich liegt dort im Bereich des Troges
Höhenkaltluft mit
Temperaturen um -15 Grad in 500 hPa, die für eine gewisse Labilisierung sorgt,
so dass dort nicht nur besagte Schauer, sondern auch einzelne kurze Gewitter
auftreten können. Die Kaltfront des Nordseetiefs ist über den Norden schon hinweggezogen, südlich der Donau kommt sie schleifend nur langsam nach Südosten
voran. Speziell von den Alpen bis zum Bayerischen Wald ist die Luft noch sehr
feucht mit PPWs über 40 mm, wenngleich auch dort schon eine deutliche Stabilisierung, auch erkennbar an den Lapse-Rates (um -0,5 K/100m). Südöstlich
der Front wird nochmal etwas CAPE simuliert, die große Nummer ist das aber nicht
(ML-Cape bei ICON-EU um 100 J/kg, andere Modelle ähnlich). Insofern sind im Südosten präfrontal nochmal Schauer und Gewitter möglich, die Luftmasse gibt von
ihrer Feuchte auch Unwetter her, die sollten aber, so sie denn überhaupt auftreten, die absolute Ausnahme bleiben. Die 850er Temperaturen liegen dabei im
Nordwesten um 10 Grad, im Südosten sinken sie mit dem Abzug der Front von etwa
17 auf etwa 12 Grad. Die Höchstwerte liegen im Südosten unter der frontalen Bewölkung sowie an der Nordsee um 23 Grad, in einem breiten Streifen vom Westen
und Südwesten bis nach Polen werden um 27 Grad erwartet, wobei dort auch am längsten die Sonne scheint.
In der Nacht zu Sonntag bleiben wir auf der Trogvorderseite, wobei die Höhenströmung einen leicht antizyklonalen Touch erhält, was für eine weitere
Stabilisierung sorgt. Das Nordseetief zieht unter weiterer, aber sehr zögerlicher Abschwächung vor die Norwegische Südwestküste, insbesondere der Nordwesten bleibt damit in seinem Einflussbereich. Somit muss im unmittelbar an
die Nordsee angrenzenden Binnenland weiterhin mit steifen Böen Bft 7, an der
Küste mit Sturmböen Bft 8-9 gerechnet werden. Aufgrund der höhenkalten Luft sind
dort auch noch einzelne Schauer möglich, selbst ein kurzes Gewitter kann nicht
gänzlich ausgeschlossen werden. Im Südosten ziehen letzte Schauer ab, die vom
Werdenfelser Land bis zum Inn erwartet werden und die mit der inzwischen abgezogenen Kaltfront in Vorbindung stehen, und es ist dort in der zweiten Nachthälfte, wie vorher schon im großen Rest des Landes, trocken, wobei sich
allerdings gebietsweise Nebel bilden kann.
Sonntag… schwenkt der Langwellentrog über Westeuropa nur langsam ostwärts und
erreicht mit seiner Achse die Biskaya. Die nach wie vor sehr kräftige südwestliche Höhenströmung über Deutschland steilt dadurch etwas auf, wobei sich
einerseits durch WLA ein flacher Rücken über dem östlichen Mitteleuropa aufwölbt, andererseits der antizyklonale Touch der Höhenströmung über Deutschland etwas verloren geht und die Strömung mehr durchglättet. Die etwas
höhenkältere Luft im Nordwesten könnte weiterhin für einzelne Schauer im unmittelbaren Küstenbereich der Nordsee ausreichen, wenngleich die CAPE-Werte
dort (ICON-EU um 50 J/kg) im Vergleich zu den Vorläufen nochmal etwas zurückgerechnet wurden. Meist wird es dort wohl trocken bleiben, allerdings bleibt im Nordwesten der Wind warnrelevant. Zwar zieht das Nordseetief unter
weiterer Abschwächung an der norwegischen Küste nach Norden, aber ein Bodentrog
schwenkt von England her zur Nordsee, so dass der Gradient weiterhin etwas angeschärft bleibt. Vom Emsland bis zur Ostsee werden entsprechend Böen Bft 7,
an der Nordsee und in Schleswig-Holstein auch Böen Bft 8 erwartet. Erst zum Abend, wenn durch den näher rückenden Trog über Süddeutschland Druckfall einsetzt und der Gradient aufzieht, schwächt sich der Wind im Nordseeumfeld ab.
Im Großteil des Landes dominiert aber Zwischenhocheinfluss durch den Keil über
dem Süden und es scheint zunächst meist die Sonne. Vor allem in den Süden wird
durch das Aufsteilen der Strömung vor dem Trog die vormals schleifende Front
wieder nach Norden gerückt und damit wieder eine wärmere und auch instabilere
Luftmasse advehiert, vorderseitig des Troges wird vor allem über Frankreich auch
dynamische Hebung simuliert, die zum Abend auf den Südwesten Deutschlands übergreifen soll. Entsprechend sollte es dort am Abend bereits für einzelne teils kräftige Gewitter (Unwetter können nicht ganz ausgeschlossen werden) reichen, was insbesondere EZMW und EURO4, etwas verhaltener aber auch ICON und
GFS andeuten. Die Temperatur in 850 hPa liegt im äußersten Nordwesten um 8 Grad,
während sie im Südosten wieder auf bis zu 18 Grad steigt. Das lässt Höchstwerte
zwischen 22 und 27 Grad im Norden und Westen und bis 30 Grad im Südosten erwarten.
In der Nacht zu Montag nähert sich der Westeuropäische Trog etwas an, ohne dass
sich die Geopotentialkonfiguration über Deutschland merklich ändert. Auch im
Bodendruckfeld bleibt der Bodentrog über der Nordsee bei nur geringer Abschwächung erhalten, so dass an der Nordseeküste, insbesondere bei auflandigem
Südwest in Nordfriesland, weiterhin Böen Bft 7, in der ersten Nachthälfte vereinzelt auch Bft 8 auftreten könne. Im Süden entwickeln sich in feucht-labiler Luft weiterhin Gewitter, wobei deren Ausgreifen nach Norden schwer abzuschätzen ist. SO peilt EZMW die Mainlinie als nördliche Grenze an,
laut ICON sollen die Gewitter dagegen kaum über die Donau nach Norden hinauskommen. An die Gewitter soll sich laut beider (und auch anderer) Modelle
ein Gebiet konvektiv durchsetzten Starkregens anschließen. Im Norden, Westen und
Teilen der Mitte bleibt es, mit Ausnahme des Nordseeumfelds, wo weiterhin Höhenkaltluft die Schichtung labilisiert, trocken, teils ist es klar.
Montag… kommt der nunmehr recht scharf geschnittene Trog über Frankreich zügig
nach Osten voran, er erreicht zum Abend das Zentralmassiv und schwenkt in der
Nacht über den Südwesten Deutschlands hinweg nach Osten. An seiner Vorderseite
werden am Tage vor allem über dem Süden, in der Nacht zunehmend auch über dem
Nordosten kräftige Hebungsfelder simuliert. Über dem Süden Deutschlands wird die
wellende Kaltfront wieder nach Südosten geführt und so kann es im gesamten Südosten teils gewittrigen Regen geben, der örtlich das Starkregenkriterium erfüllt und auch unwetterartig ausfallen kann, es kann aber auch 3- bzw. 6-stündigen Stark- oder konvektiv durchsetzten Dauerregen geben. Im Westen bildet sich vor dem herannahenden Trog eine Tiefdruckrinne aus, an der die konvergente Bodenströmung zusätzlich für Hebung sorgt. Auch dort kommt es zu
kräftigen Schauern und Gewittern, die sich in der Nacht bis ins südliche Niedersachsen verlagern. Da die andauernde Kaltluftadvektion über Süddeutschland
einen schwachen Bodenhochkeil entstehen lässt, bildet sich eine westliche Bodenströmung aus, durch die deutlich kältere Luft advehiert wird. So sinken die
850er Temperaturen im äußersten Nordwesten ausgangs der Nacht auf Werte um 5
Grad, und auch im Südosten erreichen sie kaum mehr die 9-Grad-Marke, was nur
noch Höchstwerte von 20 bis 25 Grad erwarten lässt, allenfalls im Nordosten wird
es noch einmal etwas wärmer. Durch den sich aufbauenden Hochkeil fächert auch
über dem Norden der Gradient auf und der Wind lässt nach.
Modellvergleich und -einschätzung
Für heute simulieren die Modelle recht ähnlich, wenngleich GFS oder EURO4 im
Südosten an der Kaltfront deutlich weniger Niederschläge im Programm haben als
beispielsweise ICON oder EZMW. Bezüglich des Windes ist EZMW das aggressivste
Modell, demgegenüber sind die deutschen Modelle sowohl bezüglich der Ausdehnung
der Windgebiete als auch bezüglich der Windmaxima zurückhaltender. Für den morgigen Sonntag und speziell für die Nacht zum Montag zeigen sich deutliche
Modellunterschiede bezüglich der räumlichen Ausdehnung der Schauer und Gewitter
im Süden. Diese wurden im Text angesprochen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas