S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Mittwoch, den 07.08.2019 um 10.30 UTC

Wechselhaft mit wahrscheinlich markantem Kaltfrontdurchgang von Montag auf Dienstag. Dabei eine Schwergewitterlage im Bereich des Möglichen.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 14.08.2019

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag befindet
sich Deutschland im Übergangsbereich zwischen einem nach Osten abwandernden Höhenrücken und einem Trog über dem nahen Ostatlantik, der durch rückseitig einlaufende kurzwellige Anteile stetig regeneriert und damit weitgehend stationär gehalten wird. Die anfangs noch zyklonal konturierte, im Tagesverlauf
aber immer glattere südwestliche Höhenströmung ist relativ lebhaft und induziert
einen Jet, der mitten über Norddeutschland verläuft.
Da passt es ins Bild, dass in der Peripherie eines von Schottland zur norwegischen Südspitze ziehenden Sturmtiefs (YAP; anfangs unter 990 hPa Kerndruck) der Südwestwind im Norden des Landes, schwerpunktmäßig im Nordwesten
spürbar und in Böen teils stürmisch auffrischt. Die Kaltfront des Tiefs hat um
12 UTC bereits weite Teile des Vorhersageraums überquert, allerdings kommt sie
im äußersten Süden und Südosten ins Schleifen, was dort über weite Strecken des
Tages schauerartig verstärkten Regen und anfangs auch noch einzelne Gewitter zur
Folge hat. Postfrontal strömt ein Schwall nicht wirklich frischer, sondern eher
warmer Atlantikluft heran (T850 8 bis 13°C), in der sich im Nordwesten mit Unterstützung eines flachen, aus dem Haupttrog herauslaufenden Kurzwellenanteil
einzelne Schauer oder kurze Gewitter entwickeln.

Am Sonntag weitet sich der Trog über dem nahen Atlantik nach Süden aus, was stromab ein Aufsteilen der südwestlichen Höhenströmung bedingt. Über dem östlichen Mitteleuropa baut sich sogar ein vergleichsweise flacher Höhenrücken
auf mit zwei Nebeneffekten für unseren Raum: zum einen wird die Frontalzone nach
Norden bzw. Nordwesten „rausgedrückt“, zum anderen nimmt die Höhenströmung vorübergehend eine antizyklonale Kontur an. Unter dem Strich kommt dabei leichter Zwischenhocheinfluss raus, der sich in Form einer zonalen, brückenartigen Hochdruckzone am Boden widerspiegelt. Sie sorgt für einen weitgehend trockenen Tag (anfangs am Alpenrand noch letzte Schauer und auch an
der Küste ein paar temporäre Tropfen) mit einem zunehmend starken Süd-Nordgefälle der Temperatur (T850 am Abend 7°C an der Grenze zu „danish dynamite“ und bis zu 18°C zwischen Memmingen und Berchtesgaden).

Zu Beginn der neuen Woche ist es mit der Herrlichkeit des Zwischenhochs – darum
heißt das Hoch ja Zwischenhoch – schon wieder vorbei. Bereits in der Nacht zum
Montag macht der o.e. Höhentrog ernsthafte Anstalten, sich dem europäischen Kontinent zu nähern. Vorderseitig setzt Luftdruckfall, der eine von Spanien bis
nach Frankreich reichende Tiefdruckrinne induziert, welche sich bis zum Montagmorgen bis nach Süddeutschland ausweitet. Schlussendlich generiert sich
daraus mit orografischer Unterstützung der Alpen ein wahrscheinlich dipolartiges
Tief, das uns im Tagesverlauf unter Vertiefung ost-nordostwärts überquert. Auf
seiner Vorderseite wird kurzzeitig sehr warme bis heiße und potenziell instabile
Subtropikluft nordwärts gesteuert (in den Süden und Osten des Landes), während
rückseitig deutlich kühlere Meeresluft nach Süden strömt. Der thermische Gegensatz nimmt noch etwas zu, wobei der Gradient um 90° kippt (=> Ost-West-Gefälle; T850 am Abend zwischen 6°C an der Grenze zu „Oranje“ und 24°C
im Berchtesgadener Land). Die Kaltfront, die sich zwischen den genannten Luftmassen ausbildet, wird im Tagesverlauf durch einen abermals aus dem Haupttrog nach Nordosten herauslaufenden, gut ausgeprägten KW-Trog mit reichlich
Krümmungsvorticity aktiviert und spätestens bis Dienstag früh einen Großteil des
Vorhersageraums überquert haben (im äußersten Südosten allerdings Schleifen wahrscheinlich) – nicht ohne großes Tamtam, wie sich leicht denken lässt. So
muss man heute – und allein die Niederschlagsprognosen belegen das – insbesondere im Süden und Osten von einer veritablen Schwergewitterlage mit allen Schikanen ausgehen, wohingegen es in den übrigen Landesteilen zeitweise
nicht-gewittrig und z.T. stratiform (die Front hat anfangs
Ana-Charakter) regnen
kann.

Am Dienstag greift der Höhentrog unter sichtlicher Abflachung von Westen her auf
Deutschland über. Mit west-südwestlicher Strömung wird eine Portion frischer
Meeresluft serviert, die angesichts T850-Werten zwischen 4 und 8°C auch wirklich
als solche bezeichnet werden kann. Bodennah baut sich abermals eine schwache
zonale Hochdruckbrücke auf, die nicht verhindern kann, dass es im Südosten zunächst noch regnet und sich im Norden ein paar Schauer bilden. Am Mittwoch soll sich an dieser Konstellation noch nicht allzu viel ändern, wenn
man mal von einem leichten Erwärmungstrend und nachlassendem Regen im Südosten
absieht. Erst in der erweiterten Mittelfrist deutet sich dann wieder ein merklich unbeständigerer, durch atlantische Störungen geprägter Wetterabschnitt
an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Im Großen und Ganzen erweisen sich die jüngsten Modellläufe von IFS (ECMF) als
konsistent. Das gilt insbesondere für das kommende Wochenende, wo die Kongruenz
der Basisfelder sehr hoch ist. Probleme bereitet offensichtlich noch der Montag,
für den der genaue Wetterablauf immer wieder etwas anders simuliert wird. Das
gestern für Montag simulierte, von Frankreich zur Nordsee ziehende Tief mit vorderseitig fetter Heißluft (man erinnere sich, 15°C an der Küste, 25°C im Süden in 850 hPa) scheint vom Tisch bzw. tritt nun weiter östlich an. Auf alle
herrscht Einigkeit dahingehend, dass schon am Dienstag der gesamte Vorhersageraum mit frischer Meeresluft geflutet ist.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die anderen Globalmodelle, namentlich ICON, GFS, GEM und UKMO, schlagen einen
dem IFS-Szenario sehr ähnlichen Kurs ein. Auch GFS hat sich inzwischen von der
„Tief-Frankreich-Nordsee-Lösung“ am Montag verabschiedet und sich auf die Seite
von IFS geschlagen. Dass das von Montag zu Dienstag nun über Deutschland ost-nordostwärts ziehende Tief in seiner Geometrie jeweils etwas anders behandelt wird und auch beim Fahrplan noch nicht das letzte Wort gesprochen ist
(ICON beispielsweise scheint mit dem Tief etwas später unterwegs zu sein), fällt
unter die tagesübliche Modellunschärfe. Ob sich der am Dienstag einstellende
Zwischenhocheinfluss auch noch am Mittwoch hält oder schon wieder das nächste
Frontensystem unseren Raum (oder Teile davon) traktiert, ist noch nicht geklärt.

FAZIT: Der Modellmix-Anzug passt ganz gut, die Diskrepanzen halten sich im üblichen Rahmen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Sprache der IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Metropolen ist ziemlich eindeutig. Selbst im Laufe der nächsten Woche hält sich der Spread in
Grenzen. Der Temperaturpeak am Montag ist inzwischen gestutzt worden, auch wenn
er besonders im Süden und Osten noch als deutliches Maximum auszumachen ist (mit
ein paar wenigen Ausreißern nach oben). Nach dem Luftmassenwechsel von Montag zu
Dienstag zeichnet sich ein wechselhafter Witterungsabschnitt auf gemäßigtem Temperaturniveau ab. Das zeigen übrigens auch die GFS-EPS-Kurven, die ab Dienstag sogar von unterdurchschnittlichen Temperaturen ausgehen. Es verwundert nicht wirklich, dass für die Tage von Montag bis Mittwoch (T+120…168 h) nur ein einziger Cluster bei IFS-EPS angeboten wird, der dem
Hauptlauf stark ähnelt. Für Donnerstag bis Samstag (T+192…240 h) erhöht sich die
Zahl der Cluster auf fünf (14 Fälle, 11 + HL/KL, 11, 9, 6). Sie zeigen alle einen mal mehr, mal weniger stark ausgeprägten zyklonalen Touch, wobei aber noch
unsicher ist, von aus Südwest, West oder Nordwest.

FAZIT: Die Ensembles stützen die Version der Hauptläufe. Im Laufe der nächsten
Woche zeichnet sich mehrheitlich wechselhaftes Wetter mit gedämpften Temperaturen ab.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am kommenden Wochenende zeichnet sich nach langer Durststrecke in Teilen des
Landes mal wieder eine Windlage an. Vor allem der Nordwesten, der dem von Schottland nach Norwegen ziehenden Sturmtief am nächsten ist, bekommt am Samstag
einen flotten Südwest- bis Westwind präsentiert, der die eine oder andere stürmische Böe 8 Bft, an der Nordsee sowie in exponierten Kamm- und Gipfellagen
einiger Mittelgebirge sogar einzelne Sturmböen 9 Bft generiert. Am Sonntag schwächt sich der Wind zwar ab, vor allem die Nordseeküste sowie die schleswig-holsteinische Ostseeküste bleiben zunächst noch anfällig für Böen 8
Bft.
Ansonsten verläuft das Wochenende vergleichsweise entspannt, auch wenn am Samstag im äußersten Süden und Südosten noch einzelne Gewitter, evtl. auch nicht-gewittriger Starkregen möglich sind.
Richtig interessant könnte es am Montag sowie in der Nacht zum Dienstag werden,
wenn die o.e. Entwicklung eintreffen sollte. Die Statistik reagiert bisher noch
recht verhalten, allein aus synoptischen Erwägungen heraus birgt die Wetterlage
aber ein hohes Potenzial für hochaktives Wetter in Form einer Schwergewitterlage. Hier darf man gespannt sein, ob die nächsten Läufe in die
gleiche Kerbe hauen.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modell-Mix.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann