SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Mittwoch, den 17.07.2019 um 10.30 UTC
Anfangs noch leicht wechselhaft bei sommerlichen Temperaturen. Nächste Woche
wahrscheinlich antizyklonal und heiß, evtl. in einigen Regionen sogar sehr heiß
(> 35°C).
Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 24.07.2019
Sollte es unter den treuen LeserInnen dieses Bulletins jemanden geben – und es
gibt bestimmt jemand -, dem das derzeitige Wetter nicht so richtig oder sogar
überhaupt nicht passt (der Verfasser bringt für diese Leute Verständnis auf,
sofern sie sich in Nordwestdeutschland im Allgemeinen und an der Nordsee im Speziellen aufhalten oder aufgehalten haben, war es doch im Juli bisher deutlich
zu kühl und zu sonnenscheinarm), für diese Herrschaften gibt es Hoffnung. Allerdings, und schon kommt die Einschränkung, ist diese Hoffnung derart überdreht, dass andere bereits wieder die Stirn runzeln respektive eine sorgenvolle Mine auflegen. Im Klartext, das zumindest in Teilen des Landes kühle
und wolkenreiche (aber nicht immer nasse) Wetter kehrt sich in der kommenden
Woche – wahrscheinlich – ins krasse Gegenteil um, sprich, wir laufen auf fette
Hitzewelle. Doch der Reihe nach.
Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag befindet
sich Deutschland am Ostende der über dem mittleren Nordatlantik relativ glatt
verlaufenden Frontalzone. Dabei wandert ein kurzwelliger Rücken über den Vorhersageraum ostwärts hinweg, dem ein ebenfalls kurzwelliger Trog folgt. Ihm
vorgeschaltet ist eine teilokkludierte Kaltfront, die wiederum einem flachen,
von UK zur Norwegischen See ziehenden Tief zugehörig ist und unser Land bis Sonntag ost-südostwärts überquert. Die Kaltfront sorgt am Wochenende besonders
im Norden und in der Mitte nicht nur für wechselhaftes Wetter mit schauerartigen
Regenfällen und teils kräftigen Gewittern, sondern führt vorübergehend auch etwas weniger warme, aber nicht wirklich kühle Meeresluft heran. So sinkt die
850-hPa-Temperatur im Norden und Westen von rund 12°C am Samstag auf Werte um
8°C am Sonntag. Im Süden und Osten geht es von 13 bis 18°C auf 11 bis 15°C runter.
Ab Montag kommt die Atmosphäre zu der Entscheidung, mal was gänzlich anderes zu
machen. Oder mit anderen Worten, die bisher zonal orientierte, durch kurze, von
West nach Ost ablaufende Wellen charakterisierte Strömungskonfiguration beginnt
zu kippen, um zur Wochenmitte in ein stark meridional geprägtes Muster zu münden. Auslöser ist wie so oft eine mordsmäßige Austrogung über dem Ostatlantik, der zu Folge (Stichwort downstream development) es auf der Vorderseite zu einer nachhaltigen Aufwölbung der Potenzialflächen kommt. Und da
auch der zunächst noch relativ flache Trog über Osteuropa deutlich an Amplitude
gewinnt (auch hier greift freilich das Prinzip des downstream development), ergibt sich am Ende eine veritable Omegalage mit dem Höhenrücken bzw. später
abgeschlossenen Höhenhoch mitten über Mitteleuropa respektive Deutschland. Da
sich der Schwerpunkt des korrespondierenden Bodenhochs im Osten des Vorhersageraums oder vielleicht sogar leicht östlich davon etabliert, kommen
weite Teile auf warme Seite des Hochs – wobei „warm“ an dieser Stelle maßlos
untertrieben ist. Absinkbedingt, aber auch mit Unterstützung advektiver Prozesse
gelangt step by step (sehr) heiße und relativ trockene Luft nach Deutschland, in
der die 850-hPa-Temperatur bis Mittwochabend 18 UTC auf rund 17°C im Osten und
bis zu 22°C im äußersten Südwesten steigt – unschön, wie der Verfasser findet,
aber wen interessiert das schon. Tatsache ist, dass bei diesem Szenario die Wärme-/Hitzebelastung steigt (auch wenn es gar nicht mal so schwül wird) und
sich Trockenheit bzw. Dürre bei tendenziell sehr niedriger Gewitterneigung einmal mehr ungehindert entfalten können. Auch nicht schön… In der erweiterten Mittelfrist von Donnerstag bis Samstag deutet der deterministische Modelllauf eine Fortdauer der antizyklonalen Hitzeperiode an,
wobei die Temperatur deutschlandweit sogar noch etwas zulegen soll (im äußersten
Südwesten bis zu 25°C in 850 hPa, was rund 40°C oder sogar darüber in 2m bedeuten würde). Na dann, herzlichen Glückwunsch!
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz der jüngsten Modellläufe von IFS (ECMF) kann als solide eingestuft werden. Wie schon seine Vorgänger bleibt auch die heutige 00-UTC-Version bei einem anfangs wechselhaften Wetterabschnitt, der bis einschließlich kommendes Wochenende andauert. Da dabei die Phasen der bestimmenden kurzen Wellen immer wieder variieren (und somit auch die zeit-räumliche Verteilung von Niederschlägen und Gewittern), kann der Modellkonsistenz nicht das Prädikat „sehr gut“ verliehen werden. Im Laufe der nächsten Woche zeichnet sich dann – so zumindest die Meinung des
gestrigen 12-UTC- und des heutigen 00-UTC-Laufs (siehe oben) – über Mitteleuropa
respektive Deutschland eine veritable Hochdrucklage mit „übler“ Hitze und Trockenheit ab. Dies wurde von vorherigen Simulationen zwar auch schon signalisiert, allerdings nicht in dieser Deutlichkeit.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die anderen etablierten Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) haben zunächst keine wirklich anderen Ideen. Auch dort gestaltet sich die Witterung zunächst
wechselhaft, bevor sich ab Wochenanfang ein Rücken über Mitteleuropa aufwölbt.
Dieser zeichnet sich bei ICON, GEM und UKMO (Vorhersage nur bis +144h) ähnlich
stabil ab wie bei IFS, während GFS ein vergleichsweise brüchiges Exemplar auf
die Platte zaubert. So wird der Rücken zur Wochenmitte von seinen flankierenden
Trögen in die Mangel genommen, was schlussendlich zu einem antizyklonalen Cut-Off über Nordeuropa führt (Abspaltung eines eigenständigen Höhenhochs). Außerdem sieht sich der westliche, also der atlantische Trog gemüßigt, das Heft
des Handelns bei uns in die Hand zu nehmen. Demnach schiebt sich vorderseitig
bereits am Mittwoch eine Bodenrinne mit Regenfällen und Gewittern in die westlichen Landesteile, von wo aus sie in der Folge ihren Einfluss auf das gesamte Vorhersagegebiet ausdehnt.
FAZIT: Zunächst ist der Kurs ziemlich klar, wenn auch mit Unschärfen im Ablauf
der kurzen Wellen (=> (schauerartiger) Regen + Gewitter). Was die antizyklonale
Hitzewelle im Laufe der nächsten Woche angeht (dauerhaft oder nur kurzes Intermezzo), ist das letzte Wort noch nicht gesprochen – auch wenn die Mehrheit
sich gegen eine Eintagsfliege ausspricht.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis Montag einen
relativ enggebündelten Verlauf, auch wenn die Frontpassage am Wochenende einen
gewissen Spread (spiegelt unsicheres Timing/Intensität wider) erlaubt. Danach
nimmt die Streuung der Kurvenscharen zu, allerdings zeigt der Trend sowohl bei
T850 als auch bei Pot500 bei gleichzeitig abnehmender Signaldichte der Niederschlagspeaks eindeutig nach oben. Das spricht mehrheitlich für die bereits
angerissene antizyklonale Hitzewelle, es gibt aber auch noch ein paar „Hoffnungsträger“ unter den Ensembles, die ein moderates, aber nicht kühles Temperaturniveau ansteuern.
Beim Blick auf die GFS-EPSe fällt auf, dass der Hauptlauf mit der geschilderten
raschen Zyklonalisierung von Westen her nur wenig Unterstützung erfährt. Die
meisten Ensemblelösungen sind heiß und trocken ähnlich wie IFS-EPS. Die Schlüsse
mag der kundige Leser selbst ziehen…
Noch ein Blick auf die Cluster von IFS-EPS. Im ersten Zeitsegment T+72…96h
(Wochenende) wird lediglich ein einziger Cluster angeboten, der den Hauptlauf –
selbstredend – stützt. Für die Zeit von Montag bis Mittwoch
(T+120…168h) erhöht
sich Zahl der Cluster auf fünf (13 Fälle, 11, 11+HL/KL, 8, 8). CL 2-5 simulieren
alle einen sich aufwölbenden Rücken über Mitteleuropa (Klimaregime „Blocking“),
der von seiner Geometrie her aber jeweils etwas anders geformt ist. In CL 1 hingegen fällt der Rücken so breit aus, dass man fast von einer nördlichen Westlage bzw. Wa (West antizyklonal) sprechen kann. Das belegt auch die Tatsache, dass am Mittwoch das Klimaregime „NAO positiv“ angeboten wird. Fünf Cluster befinden sich übrigens auch im T+192…240h-Portfolio (Donnerstag bis
Samstag). CL 1 (14 Fälle) zeigt einen breiten Rücken, der sich gegen über dem
vorherigen Zeitfenster aber wieder etwas aufwölbt. CL 2 (11) schiebt den Rücken
langsam nach Osten, CL 3 und 5 (10, 8 + HL/KL) setzen auf Persistenz. Allen gemein ist das Regime „Blocking“. Einzig CL 4 (8) hat vom Rücken die Schnauze
voll und rechnet eine Zonalisierung der Grundströmung.
FAZIT: Der auf Basis von IFS geschilderte Ablauf wird vom überwiegenden Teil der
Ensembles gestützt. Allerdings bleiben die anfänglichen Unsicherheiten hinsichtlich Niederschlag und Gewitter. Dass es nächste Woche antizyklonal und
verbreitet heiß wird, ist wahrscheinlich. Fraglich ist allerdings noch wie heiß
genau.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Die Numerik gibt in Sachen „signifikante Wettererscheinungen“ nicht viel her.
Gleichwohl ist es wahrscheinlich, dass die am Wochenende auftretenden Gewitter
in Einzelfällen kräftig, wenn nicht gar unwetterartig ausfallen. Dabei bleibt
abzuwarten, ob neben der fast schon defaultmäßig auftretenden Komponente „Starkregen“ auch noch andere Parameter ins Geschehen eingreifen. Immerhin ist
mit Passage einer Front respektive eines KW-Troges in der Höhe ein gewisses Quantum an Dynamik gegeben, für Details ist es – nicht zuletzt wegen der o.e.
Unschärfe beim Ablauf der kurzen Wellen – aber noch zu früh. Darüber hinaus muss man ab dem Wochenende zunächst im Süden, im Laufe der kommenden Woche dann in weiten Teilen des Landes das Thema
„Wärmebelastung“ auf
dem Schirm haben.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS mit MOS-Mix und IFS-MOS.
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann