SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 140800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Sonntag, den 14.07.2019 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
Na
Im Süden und entlang von Oder und Neiße heute noch teils starke Gewitter, morgen
nur noch im Süden vereinzelt starke Gewitter. Im Norden heute allmählich auflebender Wind, morgen an der Nordsee Wind-, eventuell auch einzelne Sturmböen.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
Sonntag… befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines großräumigen Troges in 500 hPa, dessen verlagerungsresistenter Kern über
Nordwestrussland in
der Nähe der finnischen Grenze zu finden ist. Seine Hauptachse ist nach Südwesten gerichtet, überstreicht den Balken und zielt aktuell in Richtung Griechenland, wobei sie sich im Laufe des Tages nach Osten bewegt und in der
Nach in Richtung Ägäis gerichtet ist. In die Zirkulation des Trogkomplexes ist
ein kleines Höhentief eingelagert, welches die Modelle aktuell über den südlichen Niederlanden simulieren. Seine Verlagerung ist eine süd-südöstliche,
so dass es zum Abend das Elsass und Lothringen erreicht haben sollte. Es markiert nebenbei eine sekundäre Achse des großräumigen Troges, welche sich von
Weißrussland über Polen in Richtung Westen erstreckt. Das kleinräumige Tief weist Temperaturen von etwas unter -20 Grad in 500 hPa auf, so dass in seinem
Bereich für einen kräftigen vertikalen Temperaturgradienten und damit auch für
Labilität gesorgt ist. Westlich des Höhentiefs spannt sich ein Rücken nach Norden auf, der vom Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel bis nach Island
reicht. Zwischen den großräumigen geschilderten Geopotentialgebilden hat sich
eine nord-nordwestliche Höhenströmung eingestellt, mit kleineren Störungen durch
das beschriebene Tief. Im Bodendruckfeld korrespondiert mit dem Rücken eine Hochdruckzone, die die Britischen Inseln bis nach Benelux und Teile des südlichen Nordmeers überdeckt und die über eine Hochdruckbrücke mit dem Azorenhoch verbunden ist. Dem steht über Osteuropa tiefer Luftdruck gegenüber,
wobei die Gegebenheiten dort schwachgradientig zu nennen sind und ein dominierender Tiefdruckkern in dieser Region fehlt. Dennoch hat sich über Deutschland durch diese Druckkonfiguration auch bodennah eine nord-nordwestliche
Strömung eingestellt, die zwar spürbar, aber nicht lebhaft ist. Die einzige Ausnahme diesbezüglich stellt das Nordseeumfeld dar, wo mit
ageostrophischer
Unterstützung die Luft etwas zackiger aus dem Hoch ausströmt und in der Folge im
Tagesverlauf in Nordfriesland Böen Bft 6, selbst in exponierten Lagen sind Böen
Bft 7 eher unwahrscheinlich. Die nord-nordwestliche Strömung sorgt aber auch
dafür, dass die Scherung über Deutschland meist schwach ausgeprägt ist. Eine
Ausnahme bildet der Südwesten, wo auf der Südost- bis Südflanke des Hochs der
bodennahe Wind auf Nordost kippt, aber auch der Westen, wo im Bereich des kleinräumigen Höhentiefs die Höhenwinde zumindest vorübergehend auf Süd drehen
können. Dabei erreicht in beiden Scherungsregionen der Deep-Layer-Shear Werte
von knapp über 15 m/s, der Low-Level-Shear schwingt sich im Westen zumindest auf
Werte um 5 m/s auf (Werte aus ICON-EU), beides Größenordnungen, die einem keine
schlaflosen Nächte bescheren müssen. In dieser Gemengelage präsentiert sich Deutschland aktuell frontenfrei. Bezüglich der Luftmasse ist zu sagen, dass in
weiten Teilen der Nordwesthälfte die feucht-labile Luftmasse der vergangenen
Tage nunmehr ausgeräumt ist. Dort liegen die PPW-Werte nur noch bei knapp über
20 mm, während sie in der Südosthälfte sowie im Nordosten noch Werte von etwa 25
bis 30 mm erreichen (nach ICON-EU, GFS liegt in der gleichen Größenordnung, COSMO-D2 hat im Süden punktuell PPWs von über 30 mm zu bieten). Bezüglich der
Labilität fällt auf, dass ein Bereich von Benelux bis nach Thüringen, ins westliche Sachsen und ins südliche Sachsen-Anhalt sehr stabil geschichtet ist
mit Lapse-Rates teils unter -0,5 K/100m, was einer kräftigen Inversion in 850
bis 800 hPa in diesen Regionen geschuldet ist (an der tiefer Stratus breitläuft,
was dort zu vielen flachen Wolkenfeldern führt, die auch den Temperaturanstieg
im Tagesverlauf dämpfen). Folglich können sich nur südlich des Mains und entlang
von Oder und Neiße höhere CAPE-Werte aufbauen. Dabei kommt ICON-EU in der Spitze
auf 700 J/kg, in der Fläche aber nur auf 200-400 J/kg. Das amerikanische GFS
kommt ist diesbezüglich defensiver und prognostiziert nur in und um Vorpommern
100-400 J/kg, im Süden sollen lauf GFS die CAPE-Werte unter 100 J/kg liegen.
COSMO-D2 liegt etwa auf ICON-EU-Niveau, EZMW (gestriger 12 UTC Lauf) knackt punktuell die 1000-J/kg-Marke. Wie dem auch sei, die CAPE-affinen-Regionen sollten letztendlich auch die Gewitterregionen des heutigen Tages sein. Dabei
werden die Gewitter von Ihrer Ausprägung her wohl meist im markanten Bereich
liegen (Starkregen um 20 l/qm, kleiner Hagel, Windböen). Lokale Unwetterereignisse bezüglich Starkregen mit Mengen um 30 l/qm sind nicht ausgeschlossen, mehr noch, sie werden sogar sehr wahrscheinlich vereinzelt auftreten, wo genau lässt sich aber noch nicht quantifizieren. Bezüglich der
Temperatur ist zu sagen, dass im Nordwesten vorderseitig des Rückens zwar WLA
vorherrscht und die 850er Temperaturen dort im Tagesverlauf auf über 10 Grad
ansteigen, dies macht sich aber durch die starke Bewölkung nicht in höheren Temperaturen bemerkbar. Somit liegen die Maxima im Emsland teils nur bei 18 Grad, während sie nach Osten und Süden, wo mehr Einstrahlung zu verzeichnen ist,
bis 24 Grad steigen, eventuell ist auch mal die 25-Grad-Marke drin.
In der Nacht zu Montag bleiben sowohl der großräumige Trog als auch der Rücken
weitgehend ortsfest, das kleine Höhentief zieht zu den Seealpen und verliert
damit an Einfluss auf unser Wetter. Im Lee der Skanden bildet sich schon in der
zweiten Tageshälfte ein kleinräumiges Tief über Südnorwegen, das in der Nacht
über den Skagerrak hinweg nach Südschweden zieht. Auf seiner Westflanke verschärft sich der Gradient, so dass auf der offenen Nordsee und an der dänischen Nordseeküste Böen Bft 7 und auch 8 auftreten, die aber nach Lesart der
Modelle die deutsche Nordseeküste noch nicht erreichen sollten, wenngleich sich
aus den Ensembles dafür geringe Wahrscheinlichkeiten ablesen lassen (z.B. ICON-EU-EPS in der zweiten Nachthälfte 30% Wahrscheinlichkeit für Böen Bft 7 auf
Sylt). In den Süden schiebt sich ein Keil des Hochs bei den Britischen Inseln.
Die Gewittertätigkeit lässt im Osten raschen, im Süden zögerlicher nach, nach
Abklingen der Gewitter präsentiert sich die Naht insgesamt ruhig. Hier und da
kann sich ein flaches Nebelfeld bilden, insbesondere dort, wo Schauer und Gewitter am Tage die Grundschicht angefeuchtet haben. Mit der weiterhin hochreichend nordwestlichen Strömung schreitet der Prozess des Abdrängens der
feucht-labilen-Luftmasse voran. Zum Morgen ist diese aus dem Osten weitgehend
verschwunden, im Süden hält sie sich noch an und südlich der Donau (das zumindest dann, wenn man zur Definition dieser Luftmasse die die spezifische
Feuchte heranzieht.
Montag… ist der Höhenrücken für uns der entscheidende Protagonist in der Geopotentialkarte. Deutschland lieg komplett unter seiner Vorderseite, die Achse
des Finnland/Nordwestrussland-Troges verläuft über Weißrussland nach Süden, wo
sie sich verzweigt und ein Ast zum östlichen Mittelmeer, der andere nach Italien
weist. Am Boden wird das Hoch über England etwas abgebaut und es verlagert seinen Schwerpunkt nach Südosten, so dass dieser am Tagesende etwa über dem Ärmelkanal liegt. Das kleinräumige Südschweden-Tief zieht nach Gotland, allerdings ist nach kurzem Druckanstieg über Südnorwegen wegen der dort weiterhin nordwestlichen Anströmung der Skanden erneut eine Leezyklogenese auszumachen, was nicht nur ICON, sondern auch beispielsweise EZMW so andeuten.
Damit bleibt der Gradient über der Nordsee und Dänemark recht scharf ausgeprägt
und das resultierende Hauptwindfeld kann sich etwas nach Süden und damit weiter
in die deutsche Bucht und zur Deutschen Nordseeküste verschieben. Als Folge davon lebt an der Nordseeküste, in abgeschwächter Form auch an der Ostseeküste
der Wind auf. Laut ICON, ICON-EU und EZMW (jeweils deterministisch) reicht es in
Nordfriesland dann für die Bft 7, laut EZMW ist diese auch auf Rügen zu erwarten. COSMO-D2 geht bezüglich der Böen etwas forscher zu Werke, es hat auch
im an die Nordsee angrenzenden Binnenland die Bft 7, in exponierten Küstenlagen
sogar die Bft 8 im Programm. COSMO-Leps schätzt die Wahrscheinlichkeit für Böen
Bft 7 in Nordfriesland auf bis zu 80%, ICON-EU-EPS kommt immerhin auf 70%, mithin muss es als sehr sicher gelten, dass dort die Steifen Böen auftreten.
Aber nur dort, im Süden mach sich weiter der Keil des Bodenhochs bemerkbar, der
von Westen her nach Süddeutschland hereinragt. Dort reißen die Wolken durchaus
mal auf, so dass es auch länger sonnig sein kann, in großen Teilen der Nordhälfte dagegen bleibt der tiefe Stratus vorhanden, der sich an der weiterhin
in 850 bis 900 hPa erkennbaren Inversion ausbreitet und aus dem hier und da auch
mal ein paar Tropfen Nieselregen fallen können. Nachteil der Sonne im Süden: Vom
Hochrhein bis nach Niederbayern und in die Oberpfalz baut sich im Tagesverlauf
wieder etwas CAPE auf. Die Werte sind aber weit niedriger als die des Vortages,
ICON-EU bringt es wie CSOMO-D2 in Ostbayern in der Spitze auf Werte um 300 J/kg,
EZMW hat nur punktuell noch etwas CAPE im Gepäck. Die Folge: Einzelne Gewitter
sind in diesem Bereich nicht ausgeschlossen, zumal die Atmosphäre dort mit Lapse-Rates von unter -0,65 K/100 m in Niederbayern auch noch recht labil geschichtet ist. Was dagegen fehlt sind allerdings die klassischen Hebungsantriebe aus der Höhe (Trog) oder am Boden (z.B. Frontalzone). Allerdings
wird einerseits die Auslösetemperatur erreicht, andererseits kann das orografisch reich gegliederte Gelände Impulse zur Hebung liefern. Damit erscheinen die Alpen und die ostbayrischen Gebirge als prädestiniert für einzelne Gewitter, man kann sie aber im Bereich südlich der Donau allgemein nicht ausschließen. Da die PPWs nur noch bis zu 20 mm erreichen sind Unwetter
deutlich unwahrscheinlicher als am Vortag, wenngleich sie nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Keine wesentlichen Veränderungen auch in den 850er
Temperaturen: Diese liegen in einer Spanne von etwa 11 Grad im Norden und Süden,
während sich über der Mitte von West nach Ost eine kühlere Schliere mit Temperaturen zwischen 6 und 8 Grad zieht. Damit könne die Temperaturen bodennah
im Süden auf Maxima von knapp über 25 Grad steigen, in Ostfriesland kommen sie
dagegen kaum über die 17-Grad-Marke hinaus
In der Nacht zu Dienstag schwächt sich der Höhenrücken über dem Nordatlantik ab
und er greift etwas nach Osten aus, so dass seine Achse auf die Nordsee wandert.
Dabei bleibt Deutschland auf seiner Vorderseite, wobei die Höhenströmung über
Mitteleuropa etwas antizyklonaler wird, mit Ausnahme des Ostseeraum und damit
auch des deutschen Nordostens, wo sie gradlinig bis leicht zyklonal gekrümmt
verläuft. Das Hoch über dem Ärmelkanal wandert zögerlich nach Südosten, wobei es
sich etwas abschwächt. Damit wird der Gradient insbesondere über Westdeutschland
weiter auseinandergezogen, was den dort ohnehin schwachen Wind noch etwas dämpft. Der Druckfall greift allerdings vorerst nicht bis ins Nordseeumfeld aus,
so dass dort weiterhin ein sehr lebhafter Nordwestwind vorherrscht, der an der
Nordfriesischen Küste für steife Böen sorgen sollte. Ansonsten verharrt der Norden oft unter dem beschriebenen tiefen Stratus, bei dem auch einzelne Tropfen
nicht ausgeschlossen sind, während es im Süden teils gering bewölkt oder klar
sein sollte. Damit gehen dort die Temperaturen in der Nacht deutlicher zurück
und liegen zum Morgen um 10 Grad, während im Norden bei gedämpfter Ausstrahlung
Minima um 13 Grad erwartet werden.
Dienstag… und in der Nacht zu Mittwoch bleibt Deutschland unter dem Höhenrücken, dessen Amplitude sich allerdings abschwächt und der sich dabei nach
Osten verlagert. Statt seiner macht sich von Skandinavien nach Westen hin (bis
nach Island) eine Geopotentialrinne breit, mit deren Verstärkung die nordwestliche Höhenströmung über den Skanden zusammenbricht. Das hat im Bodendruckfeld zur Folge, dass sich keine neue Leezyklogenese über Südnorwegen
zeigt. Im weiteren Verlauf entwickelt sich auch bodennah eine Rinne, die ausgangs der Nacht vom Baltikum bis ins Seegebiet südlich von Island reicht.
Damit fächert der Gradient über der Nordsee endgültig auf und die dortigen 7er
Böen sind vorerst Geschichte. Der abgehobelte Rücken wird seinem nördlichen Teil
von WLA überlaufen, so dass in den Nordwesten, insbesondere in der Nacht zu Mittwoch, feuchtere Luft einsickert. Warnrelevant ist das alles nicht, aber durch die WLA wird im Nordwesten aus der Stratusschicht eine mehrschichtige Wolkendecke. Die 850er Temperaturen ändern sich bei alledem nicht wesentlich,
sie liegen weiter meist zwischen 7 und 12, im Süden auch mal um 13 Grad, was
dann im Norden und der Mitte zu Höchstwerten um 20, im Süden zu Höchstwerten um
24 Grad führen sollte.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle sehen die Entwicklungen ähnlich, Unterschiede wurden teilweise im
Text angesprochen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas