SXEU31 DWAV 010800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 01.06.2019 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
Zunächst HM, ab Montag Sz
Heute nur geringe Gefahr von Gewittern in Südostbayern. Am Montag im Tagesverlauf gebietsweise Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen. Örtlich Unwetter durch Großhagel, heftigen Starkregen oder durch schwere Sturmböen.
Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC

Samstag… Deutschland liegt im Einflussbereich eines kräftigen Höhenrückens, dessen Achse von Spanien über Süddeutschland bis nach Südpolen reicht. Das korrespondierende Bodenhoch liegt heute nahezu ortsfest über den Ostalpen, so dass an seiner Westflanke von Südfrankreich her sehr warme Luft zu uns kommt (Die 10 Grad-Isotherme in 850 hPa erreicht abends die Küste), die sich infolge der kräftigen Einstrahlung weiter erwärmen kann. So wird heute verbreitet ein Sommertag auftreten mit 25 bis 29 Grad mit den höchsten Werten im Südwesten. Vielleicht werden an der Bergstraße oder am Fuße des Nordschwarzwaldes zumindest
aufgerundet die 30 Grad erreicht. Nur ganz im Norden, also im Küstengebiet und in Schleswig-Holstein, macht sich ein Kurzwellentrog nebst einer schleifenden Kaltfront bemerkbar durch teils dichte Wolken und anfangs durch vereinzelten Regen. In Südostbayern wirkt sich das Höhentief über Süditalien aus, das etwas feuchtere Luft von Österreich und Tschechien herantransportiert. Hier steigt CapeML am Nachmittag auf 300 bis 700 J/Kg bei PPWs bis 28 mm, so dass ein isoliertes Gewitter nicht ausgeschlossen werden kann. Wenn eine Sperrschicht in knapp 600 hPa überwunden ist könnten die Quellungen sogar bis zur oberen Troposphäre reichen, aber das bleibt abzuwarten. Starkregen und Hagel können nicht ausgeschlossen werden.
In der Nacht ändert sich nicht viel an der Wetterlage und Wolken der schleifenden Front liegen anfangs noch über dem Norden. In der Südhälfte ist es somit sternenklar und vor allem in engen Flusstälern ist vereinzelt Nebel möglich.
Sonntag… wird die 30°C-Marke in Deutschland verbreitet geknackt. Die Ursache dafür liegt nicht nur an der andauernd hohen Einstrahlung, sondern auch an der leichten Progression des gesamten Strömungsmusters. Hoch und Höhenrücken verlagern sich unter geringfügigem Substanzverlust langsam ostwärts, dafür rückt
ein atlantischer Höhentrog nach Westeuropa vor. Das korrespondierende Bodentief befindet sich um 12 UTC mit etwas unter 990 hPa knapp westlich der Hebriden. Zwischen den Systemen stellt sich bodennah sowie im untersten Teil der Troposphäre eine südliche, darüber (etwa ab 850 hPa) eine südwestliche Strömung ein, mit der advektiv wärmere Luft herangeführt wird. So steigt die Temperatur in 850 hPa landesweite auf 14 bis 16°C mit den höchsten Werten am Nordrand der Mittelgebirge und im Südwesten, was nicht ohne Folgen für die 2m-Temperatur bleibt. So stehen verbreitet Werte zwischen 30 und 32 Grad auf der Karte mit den höchsten Werten im Westen und am Nordrand der Mittelgebirge. Keine 30 Grad, aber
einen Sommertag gibt es in Lagen ab 300 bis 400 m und an der Küste. Zurück noch mal zur Luftmasse, die aufgrund der niedertroposphärischen Erwärmung
zwar immer labiler wird (Lapse-Rates verbreitet zwischen -0,65 und -0,7 K/100 m), dafür beim Feuchteeintrag aber noch erhebliche Defizite aufweist. Kurzum, es
wird vor allem nach Süden hin ein gewisses Quantum an CAPE generiert, das aber soweit gedeckelt ist (schließlich liegt der Höhenkeil immer noch darüber), dass Gewitter aus heutiger Sicht auch über dem Bergland (ein anderer Auslösemechanismus kommt ja kaum in Frage) nahezu ausgeschlossen werden können.

In der Nacht zum Montag heißt es zumindest im äußersten Westen und Nordwesten „Spitz pass auf!“, wenn nämlich der Höhentrog näherkommt und die südwestliche Höhenströmung allmählich zyklonaler wird. Der Luftdruck fällt etwas, so dass abgesetzt von der Kaltfront – sie verbleibt in der Nacht noch deutlich westlich von uns – ein Bodentrog und möglicherweise auch schon eine Konvergenz auf den Westen und Nordwesten übergreifen. Zwar ist die Tageszeit ungünstig, gleichwohl liegt etwas MU-CAPE vor (etwa 300-400 J/kg). So sollte man sich nicht wundern, wenn schon die ersten Schauer oder vielleicht sogar Gewitter auftreten. Im großen Rest des Landes passiert bei meist klarem Himmel nichts.

Montag… kommt allmählich Dynamik ins Spiel. Zunächst kommt der Höhentrog noch ein kleines Stück nach Osten voran. Auf seiner Vorderseite wird nicht nur feuchte und heiße Subtropikluft aus Südwesteuropa in weite Teile des Landes advehiert, mit der
südwestlichen, weitgehend zyklonal konturierten Höhenströmung auf der Trogvorderseite werden zudem kurze Sekundärtröge nordostwärts gesteuert mit entsprechender Hebung.
Darüber hinaus erreicht der o. e. Bodentrog nebst eingelagerter Konvergenz (markiert durch einen schönen Windsprung von S-SO auf West) im Tagesverlauf die Osthälfte und gleichzeitig rückt von Westen her die schleifende Kaltfront näher.
Während die höchste Labilität von ICON im Bereich der Rinne simuliert wird (LR -0,7 bis -0,75 K/100 m), findet sich das Feuchtemaximum zwischen Rinne und Kaltfront wider (PPW 30 bis 35 mm, spez. Feuchte in 200 hPa gut 11 g/kg). Es korreliert mit den höchsten CAPE-Werten, die im most unstable Bereich (MU-CAPE) z. T. über 2000 J/kg betragen. Es verwundert also nicht, dass die Modelle in diesem Streifen, der etwa von BW nach Mecklenburg reicht, die höchste Gewitteraktivität simulieren. Bei teils mäßiger Scherung (LLS im Norden bis 10 m/s, zwischen 0 und 6 km über 20 m/s) sind organisierte Strukturen im Norden durchaus möglich, wobei die Hautgefahr von Starkregen und größerem Hagel ausgeht (Unwettergefahr). Für das Finetuning ist es heute aber noch zu früh. Nur so viel
noch, auch im Bereich der Rinne, also grob in der Osthälfte
Deutschlands, sind einzelne Überentwicklungen nicht ausgeschlossen. Als Hemmnis könnte sich aber die ziemlich trockene Grundschicht entpuppen (inverses V-Profil). Sollte es dort
doch knallen, können auch (schwere) Sturmböen nicht ausgeschlossen werden (Downbursts).
Im Süden und Osten steigt die Temperatur bei viel Sonnenschein noch mal auf 27 bis 33 Grad, im Westen und Nordwesten hingegen reicht es bei überwiegend starker
Bewölkung nicht mehr ganz für 25°C.
Modellvergleich und -einschätzung
Das Übergreifen der Kaltfront am Montag nebst einer vorgelagerten Konvergenz wird durch die externen Modelle ebenfalls simuliert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden