S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Freitag, den 31.05.2019 um 10.30 UTC

Hitzewelle mit schwül-heißer Luft. Dabei unwetterartige Gewitter

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 07.06.2019

Zum Beginn des Mittelfristzeitraums hat sich die Wetterlage komplett umgestellt.
Ein stark ausgeprägter atlantischer Langwellentrog dehnt am Montag seinen Einflussbereich auf Westeuropa aus. Dem gegenüber steht ein blockierendes Hoch über Nordosteuropa. Vorderseitig des Langwellentroges wird mit einer südwestlichen Strömung heiße und feuchte subtropische Luft herangeführt, die sich von Spanien aus über Mitteleuropa ausgebreitet hat. So breitet sich die 15 Grad Isotherme auf 850-hPa über den Süden und der Osthälfte Deutschlands aus. Somit ist verbreitet mit Höchstwerten über 30 °C zu rechnen. Weiter westlich greift eine schleifende Front auf den Westen Deutschlands über.
Die spanische Luftmasse stellt ziemlich viel Labilität bereit. Eine abgehobene Mischungsschicht (EML) wird zwischen 850 und 650 hPa simuliert, die vermutlich vom spanischen Hochland advehiert wird und für bis zu 3000 J/kg MU-CAPE sorgt. Zwar ist die DLS mit 10 – 15 m/s nur mäßig, dies wird allerdings durch die enormen CAPE-Werte ausgeglichen. Die Hauptgefahr in Zusammenhang mit Gewittern geht von Starkregen und großem Hagel aus.
Die Modelle simulieren einheitlich eine stärkere Konvergenz über dem Osten Deutschlands. Dort fehlt allerdings die Feuchte in der Grundschicht (Inverse-V-Struktur in den Vorhersage-Temps), sodass Konvektion nur westlich der
Konvergenz vor der schleifenden Front berechnet wird. Dort sind nach derzeitigem
Stand sogar einzelne Superzellen, später dann auch größere
Multizellencluster möglich.
Am Dienstag verlagert sich der Langwellentrog weiter ostwärts und vergrößert noch etwas seine Amplitude. Somit kommt auch die
Luftmassengrenze ostwärts voran. 7 °C auf 850-hPa im Nordwesten stehen 16 °C im Südosten gegenüber. IFS simuliert wieder kräftige Gewitter im Süden und in der Mitte.

Am Mittwoch vergrößert sich die Amplitude des Troges weiter, sodass die Strömung
über Mitteleuropa weiter auf Süd dreht. Somit verlagert sich die Luftmassengrenze wieder retrograd. An der Front simuliert IFS im Nordwesten Deutschlands eine Tiefentwicklung. Dabei werden dort über 20 m/s DLS simuliert, sodass in Frontnähe im Nordwesten wieder kräftige Entwicklungen (eventuelle Squall-Line) möglich wären.

Am Donnerstag wird ein Randtrog an der Ostflanke des Langwellentrog nach Nordosten geführt, dadurch kommt die Luftmassengrenze schnell nach Osten voran und überquert mit kräftigen Gewittern Deutschland ostwärts. Die subtropische Luftmasse wird im IFS dadurch vollständig ausgeräumt und durch eine nur noch mäßig warme Meeresluftmasse ersetzt.
Am Freitag baut sich nach IFS nach Durchzug des Randtroges ein Bodentief über Frankreich auf. Über Deutschland wird die feuchtwarme Luft wieder nach Norden geführt, während über Westfrankreich wieder Frontogenese einsetzt, sodass erneut
heftige Gewitter auf den Westen übergreifen können.

Diese neue Front überquert Deutschland dann am Samstag. Der sich abschwächende Trog zieht als Kurzwellentrog nach Deutschland die Lege zonalisiert merklich, sodass sich eine Winkelförmige Westlage ergibt. Nach Deutschland fließt somit grönländische Subtropikluft ein, die eine merkliche Abkühlung bringt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz zu den Vorläufen ist bis Donnerstag sehr gut. Die genaue Position
der schleifenden Front über Deutschland variiert noch etwas. Unterschiede zu den Vorläufen gibt es ab Ende der Woche. Der IFS-12z-Lauf hat es
bereits angedeutet, nun wird es im 0z-Lauf bestätigt, dass eine Kaltfront deutliche Abkühlung bringt und die erste Hitzeperiode des Jahres am Freitag beendet werden könnte.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Andere Globalmodelle gehen ebenfalls von der Südwestwetterlage aus. ICON lässt die Kaltluft am Dienstag deutlich weiter nach Osten vordringen und rechnet nur noch mit einer gedämpften Gewitteraktivität. Die retrograde Verlagerung der Front geht dann am Mittwoch und Donnerstag von statten. Frontdurchgang ist dann in der Nacht zum Freitag, wobei die
Zonalisierung am Freitag nicht einsetzt. Der
Trog bleibt weiterhin aktiv, sodass ein rückdrehen auf Südwest wahrscheinlich wäre.

GFS lässt die Front die ganze Zeit über dem Westen schleifen, ehe es am Freitag nochmals zu einem deutlichen Warmluftvorstoß kommt. Der Trog soll dann im Anschluss allerdings im Laufe des Wochenendes auf Deutschland übergreifen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-ENS-Rauchfahnen sind bis Donnerstag relativ einheitlich. In wie weit die
Front am Dienstag nach Osten voran kommt, ist noch unsicher (starke Streuung der
ENS im Osten). Der Höhepunkt der Hitze wird dann wieder einheitlich für den Mittwoch berechnet, wobei noch unsicher ist, wie weit die Warmluft nach Norden vorstößt. Ab Donnerstag nimmt die Streeung deutlich zu. Die Mehrzahl der ENS zeigt einen ersten Temperaturrückgang am Donnerstag, wobei die Streuung enorm ist. Der Hauptlauf gehört zu den kälteren Läufen. Auch wenn ein Großteil der ENS
zum nächsten Wochenende einen merklichen Kaltlufteinbruch simuliert, gibt es immer noch warme Läufe. Die GFS-ENS sehen ähnlich aus, jedoch belässt der Großteil der ENS den Osten Deutschlands noch in der Warmluft. Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Südwestlage mit schwül-heißer Luft als
gesichert gilt. Sicher ist auch, dass diese Wetterlage ein hohes Potenzial für unwetterartige Gewitter birgt. Unsicher ist die genaue Position der Front, die über die Verteilung und Intensität der Gewitter bestimmt. Diesbezüglich muss wahrscheinlich noch gewartet werden, bis die Lokalmodelle den Zeitraum erfassen.

Was das Ende der Hitzewelle zum Wochenende angeht, so ist diese nach den neuen Läufen und Ensembles zumindest wahrscheinlicher geworden. Auch wenn die Erfahrung lehrt, dass solche Lagen oft länger anhalten, als erwartet. Allerdings
wäre es nicht verwunderlich, wenn der potenzielle Kaltlufteinbruch am nächsten Wochenende nur von kurzer Dauer wäre.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Wetterlage bietet ein erhebliches Potenzial für Schwergewitter im gesamten Vorhersagebereich. Des Weiteren ist in der schwülwarmen Luft die Hitzebelastung zeitweise sehr groß

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ab Mittwoch IFS-ENS, Temperatur: MOS-MIX, ab Dienstag IFS-MOS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold