SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 26.05.2019 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz

Im Norden böiger Wind, an den Alpen einzelne, auch kräftige Schauer und Gewitter. Ab Montag an den Alpen einsetzender Dauerregen.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC

Sonntag… liegt Skandinavien unter niedrigem Geopotential im 500-hPa-Niveau, wobei der entsprechende Trog bis in den Norden Deutschlands ausgreift. Südlich schließt sich an diese großräumige Trogkonfiguration, ausgehend vom zentralen Mitteleuropa, eine Zone niedrigen Geopotentials mit großer Amplitude und kleiner
Wellenlänge an, die bis nach Nordafrika (Tunesien, Algerien) ausgreift. Die an deren westlicher und östlicher Flanke erkennbar antizyklonal geprägte Höhenströmung deutet schon auf einen in Entwicklung befindlichen Abtropfprozess hin, der schon im Laufe des Tages abgeschlossen sein sollte. Damit liegen am heutigen Abend ein abgeschlossenes Höhentief und auch ein damit verbundenes Bodentief über dem westlichen Mittelmeer, während die Höhenströmung von der Nord- bis zur Ostsee und damit auch über dem Norden und der Mitte Deutschlands zunehmend zonalisiert. Westlich schließt sich daran ein schwach ausgeprägter kurzwelliger Trog an, der im Tagesverlauf vom Atlantik auf die Britischen Inseln
übergreift. Während mit dem skandinavischen Trog im Bodendruckfeld eine großräumige, mehrere Kerne aufweisende Tiefdruckzone korrespondiert, schiebt der
atlantische Kurzwellentrog ein Tief vor sich her, dass am Abend etwa die südliche Nordsee erreicht. Dadurch wird die Kaltfront des
skandinavischen Tiefs,
die aktuell schon mit Regenfällen auf den äußersten Norden übergegriffen hat, allmählich schleifend und im weiteren Tagesverlauf über dem Nordwesten dann als Warmfront rückläufig, so dass die Regenfälle tagsüber kaum weiter als bis zu einer Linie Vorpommern – Emsland nach Süden ausgreifen. In der Spitze sehen die Globalmodelle (ICON, GFS und EZMW) im Norden Schleswig-Holsteins 10 bis 15 l/qm Regen in 12 Stunden. Das höher aufgelöste COSMO-D2 schlägt in die gleiche Kerbe,
EURO4 schwingt sich zu knapp 20 l/qm auf, was allerdings auch noch keine Warnung
erforderlich macht. Bezüglich der erforderlichen Warnungen ist der Wind schon interessanter, da der Gradient sich im Norden etwas verschärft. Zwar ist die Schichtung insgesamt recht stabil, allerdings sind auf der anderen Seite die Höhenwinde mit 30 bis 40 Knoten in 925 hPa recht forsch unterwegs, so dass insbesondere an den Küsten, und dort insbesondere in Nordfriesland bei auflandigem Wind, aber auch im Binnenland steife Böen um 55 km/h (Bft 7), zumeist um West, auftreten können. Diese greifen präfrontal durchaus nach Süden bis zur Mittelgebirgsschwelle aus, bleiben aber dennoch ein lokales Phänomen, wobei COSMO-D2 ebenso wie EZMW einen Schwerpunkt von
Mecklenburg-Vorpommern bis ins nördliche Mitteldeutschland
herausarbeiten. An exponierten Küstenabschnitten sind auch einzelne stürmische Böen um 65 km/h (Bft 8) nicht ausgeschlossen. Während die Mitte Deutschlands warntechnisch im Niemandsland liegt, halten sich im Süden, insbesondere südlich der Donau, etwas feuchtere und
labiler geschichtete Luftmassen. Die dort erwarteten PPW-Werte um 20 mm, Lapse-Rates um -0,6 K/100m und CAPE-Maxima von etwa 300 J/kg (alles aus ICON-EU)
lassen nicht die große Schauer- und Gewitternummer erwarten, allerdings ist bei geringen Zuggeschwindigkeiten lokal Starkregen nicht ausgeschlossen. Gegen Gewitter spricht dabei u.a. eine schwache Inversion in etwa 600 hPa, die die Schichtung in diesem Niveau deutlich stabilisiert, sowie die oberhalb der Inversion und damit oberhalb von -5 bis -10 Grad recht trockene Luftmasse, durch
die sich die für Gewitter notwendige Eisphase nicht aufdrängt. Im der Mitte und im Süden ist der Wettercharakter insgesamt freundlich (Ausnahme ist der wolkige Südosten) mit Höchstwerten über 20 Grad, im Norden hat die Sonne kaum eine Chance, entsprechend liegen die Maxima dort unter der 20-Grad-Marke.
In der Nacht zu Montag (und genau genommen schon am späten Nachmittag des heutigen Tages) greift dann die Kaltfront des Nordseetiefs auf den Nordwesten über und kommt bis zum Morgen etwa bis auf eine Linie Mosel – Uckermark voran, während das Tief selbst bis etwa zum Oslofjord zieht. Damit fällt in der Nordwesthälfte Regen, der in der zweiten Nachthälfte von der Nordsee her aber schon wieder nachlässt, an der Nordsee klart es teils auf. Im Norden, wo die Niederschläge der Warmfront nahtlos in die der Kaltfront übergehen, regnet es erneut kräftig, da sich die Niederschlagsschwerpunkte aber etwas nach Süden verlagern (die höchsten Niederschlagsmengen werden dann nicht mehr im Norden
Schleswig-Holsteins, sondern eher auf einer Linie Rügen – Hamburg – Bremen – südliches Emsland erwartet), muss bezogen auf den 24-stündigen Zeitraum bis Montagfrüh nach jetzigem Stand nicht mit der Ausgabe von Dauerregenwarnungen gerechnet werden, auch wenn die schon vorhin erwähnten Modelle allesamt in der Spitze 20 bis 25 l/qm erwarten . Im Süden fallen die Schauer (und möglichen Gewitter) des Tages zusammen, dort kann sich gebietsweise dichter Nebel bilden.

Montag… bzw. schon aus der Nacht zum Montag heraus nimmt das Höhentief über dem Mittelmeer wieder eine Verbindung mit dem skandinavischen Trog auf. Durch das in der Höhe sinkende Geopotential fällt auch am Boden der Druck, so dass sich bis zum Abend vom Skandinavien bis zum Tyrrhenischen Meer eine breite Tiefdruckrinne aufbaut, die von Nord nach Süd orientiert über dem Osten Deutschlands verläuft. Da damit auch im Norden der Druckgradient abgebaut wird, lässt dort der Wind allmählich nach, so dass nur noch in der ersten Tageshälfte steife Böen im Norden und im angrenzenden Binnenland zu erwarten sind. Mit dem Boden- und Höhengradienten verschwindet aber auch die Schubkomponente für die Kaltfront, entsprechend verlangsamt sich ihre Geschwindigkeit und sie kommt bis zum Abend nur noch bis auf eine Linie Lausitz – Nordbaden voran. Mit der schwindenden Dynamik zerbröseln auch die an die Front gekoppelten Regenfälle, bis zum Abend sind an der Front 3-stündig allenfalls lokal noch 2 bis 3 l/qm zu erwarten, meist ist es sogar deutlich weniger, und der Nordwesten bleibt tagsüber sogar meist trocken, verbreitet kann sich dort, zumindest zeitweise, die Sonne zeigen. Etwas anders stellt sich die Situation von Niederbayern bis zu den Alpen dar. Auf der Nordostflanke des Mittelmeertiefs wird warme und feuchte Luft in den Südosten Bayerns transportiert. Während in diesen Regionen bodennah vor der sich abschwächenden Front noch eine westliche Windkomponente vorherrscht, dreht der Wind oberhalb von etwa 900 bis 850 hPa auf Windrichtungen
zwischen Nord und Ost, so dass sich dort eine Gegenstromlage mit großflächigem Aufgleiten einstellt. Während EZMW bis zum Abend bezüglich der zu erwartenden Niederschläge mit Maxima von bis zu 5 l/qm noch verhalten ist, bieten GFS oder ICON schon Mengen zwischen 10 und 15 l/qm an. Die hochaufgelösten Modelle COSMO-D2 und EURO4 kommen schon auf über 25 l/qm und damit, legt man das 6-stündige Starkregenkriterium an, schon in den warnwürdigen Bereich. Da die Regenfälle allerdings bis in die Nacht zu Donnerstag (bei noch deutlich erkennbaren Modellunterschieden) anhalten, ist die Ausgabe einer Dauerregenwarnung eindeutig das Mittel der Wahl, mit dieser ist dann im Laufe des Montags zu rechnen. Die bis Donnerstagnacht akkumulierten Mengen sollen nach
aktuellem Stand der Dinge bei 60 bis 80 l/qm liegen, in manchen Staulagen ist auch noch etwas mehr drin, was verbreitet markante Warnungen, in einzelnen Staulagen der Alpen auch Unwetterwarnungen notwendig machen wird. Zwischen dem dicht bewölkten Südosten und den Wolken im Kaltfrontbereich liegt ein vom Hoch- und Oberrhein bis nach Oberfranken orientierter Streifen wechselnder Bewölkung, in der die Einstrahlung im Laufe des Tages ein wenig CAPE (bis maximal 100 J/Kg) aufbauen kann. In Verbindung mit der dort etwa erhöhten Labilität (Lapse-Rates bis etwa -0,6 K/100m) sind dort einzelne Schauer und Gewitter nicht ausgeschlossen, die in der schwachgradientigen Umgebung bei PPWs zwischen 20 und
25 mm durchaus auch mal Starkregen im Gepäck haben können. Geringe Scherungswerte und Höhenwinde lassen Hagel und organisierte Strukturen unwahrscheinlich erscheinen.
In der Nacht zu Dienstag bleibt Deutschland unter tiefem Geopotential, markant ist eine Austrogung über Großbritannien und der Nordsee, so dass die Höhenströmung über Deutschland auf Südwest dreht und Hebungsprozesse induziert werden. Dabei zieht das Mittelmeertief nach Oberitalien, insbesondere bildet sich aber vorderseitig des markanten Troges westlich von uns in der Tiefdruckrinne ein Tief über Südwestpolen. Damit dreht die bodennahe Strömung über Mitteldeutschland auf Nord bis Nordwest, was synoptisch ideale Anstaubedingungen am Erzgebirge bedeutet. Während damit im Südosten Bayerns der Dauerregen anhält, setzt in Sachsen Regen ein, der speziell im Zittauer Gebirge und auch im Elbsandsteingebirge kräftiger sein kann (es muss aber erwähnt werden, dass in der Nacht in der gesamten Südosthälfte Deutschlands zumindest leichter Regen fallen kann). Ob der Regen in Ostsachsen (mit den Regenfällen im Laufe des Dienstags) warnwürdig wird steht noch nicht fest, aktuell beschränken sich die warnwürdigen Dauerregengebiete (mehr als 30 l/qm in 24 Stunden bis Dienstagabend) auf Südwestpolen und erreichen Ostsachsen knapp nicht! Dienstag… kann der westeuropäische Trog zwar weiter nach Süden ausgreifen und damit auch die Pyrenäen und das westliche Mittelmeer erreichen, allerdings kommt
er kaum nach Osten voran und seine Achse liegt zum Abend knapp westlich der Eifel und damit etwa über der niederländischen Region Limburg. Damit verlagert sich auch die Tiefdruckrinne über dem Osten Deutschlands und dem Westen Polens etwas nach Osten, ohne dass dabei die
Niederschlagsgebiete merklich nach Osten abgedrängt würden. Weiterhin sind vor allem Südostbayern und in zweiter Linie der Osten Sachsens von Regenfällen betroffen, allerdings können diese aufgrund der synoptischen Konstellation zumindest nicht weiter nach Westen ausgreifen. Damit scheint sich (bei noch deutlichen Modellunterschieden) ein
niederschlagsärmerer Streifen westlich an die (Dauer-)Regengebiete anzuschließen, der von Vorpommern bis nach Nordbaden und in die Pfalz reicht (in
dem aber regenarm nicht mit regenfrei verwechselt werden darf). In der Nordwesthälfte macht sich dagegen schon der Trog bemerkbar, die durch ihn herangeführte Höhenkaltluft (500er Temperaturen von bis zu -25 Grad) sorgt für eine deutliche Labilisierung (Lapse-Rates unter -0,65 K/100m). Damit können dort
Gewitter auftreten, die bei PPW-Werten um 20 mm durchaus kräftig ausfallen können. Ob es am Ende in Verbindung mit den Gewittern tatsächlich für Starkregen
reicht hängt auch von den Zuggeschwindigkeiten der Zellen ab, und diese sollte bei 700-hPa-Winden von 10 bis 15 Knoten nicht allzu üppig sein. Damit stehen die
Höhenwinde in einem gewissen Gegensatz zu den Bodenwinden, denn da der Gradient im Nordwesten wieder etwas anzieht, sind bei nördlichem Wind zumindest auf den Ostfriesischen Inseln wieder Böen Bft 7 denkbar. In der Nacht zu Mittwoch zieht der Trog zögerlich weiter nach Osten, die Trogachse erreicht eine Linie Elbmündung – Tessin, die vorgelagerte Tiefdruckrinne schon Ostpolen. Allerdings bleibt auf ihrer Rückseite die insgesamt nördliche Strömung erhalten, so dass von den Alpen bis nach Mitteldeutschland auch die Regenfälle anhalten; die Schauer und Gewitter im Nordwesten lassen dagegen tagesgangbedingt nach. Letzteres gilt auch für die Böen, die aufgrund des wieder aufziehenden Gradienten im Laufe der Nacht wieder in die Knie gehen.
Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren die Abläufe recht einheitlich, größere Unterschiede zeigen sich erst im Laufe des Dienstags, wo die Niederschlagsverteilung von GFS mit einem lokalen, isolierten Maximum über Mecklenburg deutlich von den übrigen Modellen abweicht. Ansonsten sind die Verlagerungen der Geopotential- und Druckgebilde sowie die daraus resultierenden Wettererscheinungen recht ähnlich erfasst. Einige Unterschiede wurden im Text angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas