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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 08.05.2019 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Am Abend von Westen her noch einzelne Gewitter. Morgen besonders im Südwesten stürmisch, zudem deutschlandweit Gewitter möglich. Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines breiten, dafür nur schwach amplifizierten Höhentrogs über Westeuropa, der sich langsam zum Kontinent vorarbeitet. Vorgelagerte Sekundärtröge werden mit der südwestlichen Höhenströmung über den Nordwesten und die Mitte nordostwärts gesteuert. Die Achse des Haupttrogs erreich in den frühen Morgenstunden des Donnerstags die südwestliche Nordsee respektive Westfrankreich.
Von der Höhe ein paar Etagen tiefer in bodennahe Sphären, wo das Gesamtbild ähnlich wie weiter oben weitgehend zyklonal gefärbt ist. Hauptdarsteller dabei ist das kleine Sturmtief YUKON, das heute Abend mit einem Kerndruck von etwas unter 985 hPa knapp westlich von Brest/Bretagne aufschlägt. An der zugehörigen Okklusion hat sie ein kleines Teiltief ähnlicher Intensität gebildet, das zum gleichen Zeitpunkt (18 UTC) über Südengland auf das Weiterkommen von Tottenham gegen Ajax hofft. Während das Teiltief unter nur geringem
Intensitätsverlust bis
morgen früh auf die Nordsee rauszieht, muss das Haupttief auf seinem Weg nach Nordfrankreich gewisse Einbußen in Kauf nehmen, so dass am Ende wahrscheinlich nur noch ein Bodentrog oder wenige geschlossene Isobaren übrigbleiben. Bliebe der vollständigen Übersicht der synoptischen Ausgangssituation noch zu erwähnen, dass die o.e. Okklusion (im südlichen Teil ist noch etwas Kaltfront am
Start, was aber nur von akademischen Interesse ist) den Vorhersageraum mit dem zugehörigen, teils schauerartig verstärkten Regen
ost-nordostwärts überquert. Gebietsweise fallen dabei 5-10 mm innert 12 h, lokal auch etwas mehr. Rückseitig
wird nur geringfügig kühlere (T850 von etwa 5°C auf 3°C runter), dafür aber labilere Meeresluft advehiert, in der sich bei unseren westlichen Nachbarn tagsüber verschiedene Gewitterherde (aufgrund hoher Scherungswerte z.T. linienhaft organisiert) entwickelt haben. Diese Gewitter zieren sich noch etwas,
deutsches Territorium, genau genommen die westlichen Landesteile, zu betreten, aber was nicht ist, kann in den Abendstunden ja noch werden. Auch wenn es vorübergehend mal stärker regnet, scheint doch am ehesten der Wind zu beachten zu sein (7-8 Bft). Ob sich die Gewitter auf ihrem Weg nach Osten – wie von einigen Modellen wie z.B. COSMO-D2 und ICON vorgeschlagen – tatsächlich bis in die zweite Nachthälfte retten, ist fraglich. Zwar ist durch die o.e. Sekundärtröge PVA-bedingt noch etwas Hebungsantrieb gegeben, ob der allerdings ausreicht, sich nachhaltig gegen die gleichzeitig auftretende KLA und den Tagesgang zu behaupten, muss bezweifelt werden.
Auf alle sind Frost und Nebel bei dieser Wetterlage kein Thema, und auch der Wind lässt in der Nacht vorübergehend nach (was einzelne 7er-Böen aus Südost an der Ostsee nicht ausschließt). Lediglich im
Hochschwarzwald zieht der Wind mit Annäherung des Bodentrogs und eines Low-Level-Jets (850-hPa-Wind bis zu 45/50 Kt) schon in den frühen Morgenstunden wieder an, wobei in exponierten Kamm- und Kuppenlagen durchaus schwere Sturmböen 10 Bft nicht ausgeschlossen sind. Donnerstag … schwenkt der Höhentrog von Westen kommend langsam nordostwärts über Deutschland hinweg. Dahinter nimmt die Höhenströmung mit Winddrehung auf West eine deutlich zonalere Struktur an. Mit dem Höhentrog greift auch der o.e. Randtrog bzw. der Rest des ehemaligen Tiefs YUKON von Ostfrankreich her auf Südwestdeutschland über, von wo aus er über die Mitte in den Nordosten schwenkt.
Auf der Südflanke des Troges verschärft sich der Gradient vorübergehend, was besonders im Südwesten – unter Mithilfe des angesprochenen Low-Level-Jets – eine
signifikante Windauffrischung bewirkt. So wird der von Süd auf Südwest bis West drehende Wind vornehmlich in BW sowie der unmittelbar angrenzenden Nachbarschaft
in Böen Sturmstärke erreichen (meist 8, in Einzelfällen 9 Bft), im Hochschwarzwald stehen gar schwere Sturmböen 10 Bft, exponiert orkanartige Böen 11 Bft auf der Karte. Der Rest Süddeutschlands sowie der südlichen Mitte dürfte in tiefen Lagen mit steifen Böen 7 Bft und auf den Bergen mit Böen 8-9 Bft auskommen, auch wenn COSMO-D2 – wieder mal, möchte man sagen – eine über den Süden von West nach Ost Böenlinie simuliert, in der es bis 10 Bft hochgeht. Das daraus abzuleitende Worst-case-Szenario wäre vielleicht ein Gewitter mit einer begleitenden Böe 10 Bft, mehr kann sich der Verfasser aber beim besten Willen nicht vorstellen.
Darüber hinaus gilt es zu konstatieren, dass in den Morgenstunden mit dem Trog ein Paket schauerartig verstärkten Regens zunächst von Frankreich her auf den Südwesten übergreift, um von dort über den Süden und die südliche Mitte ostwärts
zu ziehen. In der weiterhin einfließenden, labil geschichteten Atlantikluft wird
etwas CAPE (wenige 100 J/kg) generiert, so dass auch Gewitter am Start sein können. Als Hauptbegleitparameter kommen aufgrund der veritablen Höhenwinde (850
und 700 hPa bis zu 40/50 Kt) Böen 8-9 Bft in Frage, während die Wahrscheinlichkeit für Starkregen und kleinen Hagel geringer ist. Im großen Rest des Landes, also aber der südlichen Mitte nordwärts (mit südlicher Mitte sind etwa die Regionen um Main und Mosel gemeint), steht auch ein wechselhafter Donnerstag ins Haus. Allerdings steht man dort mehr unter dem Einfluss des zur Nordsee gezogenen Teiltiefs, das inzwischen zum „eigentlichen“ (steuernden) Tief mutiert ist. Die eingeflossene mäßig warme Atlantikluft (T850 3 bis 6°C) ist durchweg labil geschichtet, zudem wird besonders nach Norden etwas CAPE generiert. Für Hebung ist ausreichend gesorgt (Tagesgang, Vorderseite des Höhentrogs), so dass der Entwicklung von Schauern und einzelnen Gewittern nichts im Wege steht. Dabei fällt es schwer, einigermaßen konkrete Aussagen zur räumlichen Verteilung der konvektiven Umlagerungen zu treffen. Organisierte Strukturen jedenfalls sind mangels ausreichend Scherung nicht zu erwarten. ICON sieht in der (nördlichen) Mitte und im Nordosten ein Konvektionsminimum, was aber nichts heißen muss bei wenig organisierten Rahmenbedingungen.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 13 bis 19°C, im Süden und in der Mitte (wo es mal längere Zeit regnet sowie in etwas höheren Lagen) etwas darunter.

In der Nacht zum Freitag setzt sich die Zonalisierung der Höhenströmung fort. Gleichzeitig schwenkt der Trog des über der Nordsee verweilenden Bodentiefs zur Ostsee. In seinem Bereich kommt es mit abnehmender Intensität zu weiteren Schauern und anfangs auch noch einzelnen Gewittern. Auch in den übrigen Landesteilen kommt die Schaueraktivität nicht gänzlich zu Erliegen, der Ertrag ist aber überschaubar (meist zwischen 1-5 mm, teils sogar noch weniger). Einzig an den Alpen, wo ICON und EURO4 eine erhöhte Regenwahrscheinlichkeit simulieren,
könnte es im Allgäu auch mal rund 15 mm bis zum Morgen geben. Der Wind lässt deutlich nach, lediglich auf einigen, in den Nachtstunden wahrscheinlich nur schwach bis überhaupt nicht besuchten exponierten Kuppen, Kämmen und Gipfeln reicht es weiterhin für Böen 8-9 Bft. Freitag … verbleiben weite Teile des Vorhersageraums unter einer westlichen Höhenströmung. Einzig der Norden wird von einem Randtrog gestreift, der von der Nordsee her über Jütland ostwärts schwenkt. Das
korrespondierende Bodentief zieht von der Nordsee zum Skagerrak bzw. nach Nordjütland. Auf seiner Südwestflanke gelangt hinter einer landeinwärts nach Süden vorankommenden Kaltfront ein Schwall etwas kälterer Nordseeluft in den Nordwesten (T850 0 bis -3°C), was dort die 2m-Temperaturen unter der 15°C-Marke hält (9 bis 14°C). Außerdem frischt der westliche Wind an der Küste sowie in SH böig auf mit Spitzen 7 Bft, exponiert 8 Bft – so zumindest die forsche Lesart von ICON, die aber nicht von allen Modellen geteilt wird.
Mit der Kaltfront gelangt schauerartiger Regen bis in die mittleren Landesteile,
wobei wohl meist weniger als 5 mm/12 h zusammenkommen. Präfrontal können sich im
Nordosten und Osten, wo die Luftmasse leidlich labil, aber vor allem feuchter ist als im Nordwesten (wenn auch mit PPWs von etwas über 15 mm und spez. Feuchten in der unteren Troposphäre bei 7 g/kg nicht gerade SuperPlus) und etwas
CAPE aufgebaut wird, einzelne Gewitter entwickeln.
Südlich der zentralen Mittelgebirgsschwelle gestaltet sich der Wetterablauf ebenfalls wechselhaft. Die mit relativ schwacher westlicher Strömung advehierte Atlantikluft (T850 um 4°C, T500 knapp unter -20°C) ist leicht labil geschichtet,
so dass sich Schauer und auch vereinzelte Gewitter entwickeln. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist in den südlichen Landesteilen von Bayern und BW größer als weiter nördlich, wo es nach ICON sogar gänzlich trocken bleiben soll (Streifen vom Saarland/Pfalz bis hinüber nach Oberfranken). Abgesetzt vom Nordwesten steigt die Temperatur verbreitet auf 14 bis 19°C, im Bergland etwas darunter.
In der Nacht zum Samstag steigt der Luftdruck geringfügig an, was unserem Land einen Hauch von Zwischenhoch verleiht. Dabei fächert der Gradient auch im äußersten Norden mehr und mehr auf, zumal sich das Bodentief entschieden hat, langsam aber sicher den Oslofjord und nachfolgend den Holmenkollen anzusteuern. Somit nimmt der Wind peu a peu ab, vor allem an der Ostsee bleiben aber noch ein
paar 7er-Böen übrig.
Ansonsten lassen etwaige Regenfälle oder auch Gewitter nach bzw. hören ganz auf,
mit einer Ausnahme. Im Süden BWs und Bayerns bleibt eine Feuchteschliere erhalten, in der es zu weiteren schauerartigen Regenfällen kommt. Zur Mitte und nach Süden hin lockert die Wolkendecke teilweise auf, gebietsweise sogar für längere Zeit, was das eine oder andere Nebelfeld zur Folge hat.

Samstag … nähert sich von Frankreich her markanter Randtrog, dem eine Welle respektive ein Wellentief vorgeschaltet ist. IFS (von 00 UTC) und GFS simulieren
die Welle bzw. das Tief nicht nur intensiver als ICON sondern auch etwas weiter nördlich (ICON bleibt komplett südlich der Alpen). Entsprechend greifen auch die
im Wesentlichen von trogvorderseitigen Hebungsprozessen ausgelösten, teils mäßigen Regenfälle bei IFS und GFS deutlich weiter nach Norden aus (grobe Linie Osnabrück-Berlin) als bei ICON, wo der Regen nicht mal an die Mainlinie heranreicht. Von daher besteht noch erhöhter
Anpassungsbedarf innerhalb des Modellpools; die Mehrheit spricht aber ebenso für die nördliche Lösung wie ICON-EPS, das die Niederschläge ebenfalls bis zur Mitte ausgreifen lässt. Ob und
wie weit einzelne Gewitter in den regen eingelagert sein werden, gilt es noch ein bisschen abzuwarten.
Wer auf der Suche nach Sonnenschein auf einigermaßen Nummer Sicher gehen will, sollte sich in Richtung Nord- und Ostseeküste bzw. SH begeben, wo die Chancen dafür am besten stehen. Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 13 bis 18°C.

Modellvergleich und -einschätzung

Mit zunehmender Prognosedauer nehmen die Unterschiede zu, vor allem die Entwicklung am Samstag weist derzeit noch einen hohen Spread auf. Ansonsten konzentrieren sich Modellunschärfen im Wesentlichen auf die Niederschlags- und Gewitterprognose, bedingt aber auch die morgendliche Windentwicklung im Süden (siehe Text).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann