SXEU31 DWAV 060800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 06.05.2019 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM (Trog Mitteleuropa), Übergang zu Wz oder Ws (zyklonale bzw. südliche Westlage)

Im Norden etwas Wind, an den Alpen noch etwas Schnee, kommende Nacht gebietsweise Frost. Morgen mit leichtem Zwischenhoch Ruhe im Karton, ab Mittwoch
deutlich zo- und zyklonaler.
Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC

Montag… befindet sich Deutschland – rein geopotenzialmäßig betrachtet – zwischen den Stühlen. Auf der einen, der südlichen Seite das abgetropfte Höhentief, das gerade dabei ist, Mittelitalien gen Adria zu verlassen. Auf der anderen, der nördlichen Seite der „Muttertrog“ über Skandinavien und dem Nordpolarmeer, an dessen West-Südwestflanke ein Randtrog über die Nordsee hinweg
in Richtung Norddeutschland steuert. Zwischen diesen zyklonal aufgestellten Protagonisten gibt es ein relatives Potenzialmaximum, das sich in Form eines flachen, von Westeuropa bis nach Deutschland gerichteten Höhenkeil widerspiegelt. Dieser Höhenkeil korrespondiert wunderbar mit einem Hochkeil am Boden, der ausgehend von einer ebenfalls über Westeuropa und dem nahen Ostatlantik positionierten Hochdruckzone namens MAXINE bis nach Deutschland reicht. So scheint auf den ersten Blick alles oder zumindest weitegehend alles auf antizyklonal gestellt, zumal das o.e. scheidende Höhentief nebst korrespondierendem Bodentief XERXES kein Interesse mehr haben, das Wetter nachhaltig bei uns mitzubestimmen.
Dass der heutige Montag unter dem Strich dann doch relativ wechselhaft ausfällt,
hat mehrere Gründe, die es im Folgenden vorzustellen gilt. Fangen wir im äußersten Süden und Südosten an, wo sich noch Wolkenreste des abziehenden Tiefs halten. Sie vereinigen sich in den nächsten Stunden mit einem weiteren, langsam von Nordwest nach Südost vorankommenden Wolkenband, aus dem heute früh vereinzelt etwas Regen oder Schnee (Bergland) fällt. Hierbei handelt es sich um die Reste der gestrigen konvektiven Bewölkung aus dem Westen und Norden, die mittlerweile aber derart breit gelaufen ist, dass sie überwiegend stratiformen Charakter aufweist. Die dazu erforderliche Sperrschicht (Inversion) befindet sich bei ziemlich genau 700 hPa, was sich tagsüber auch nicht groß ändern wird (zumindest nach ICON, während COSMO-D2 einen Anstieg auf 650 hPa simuliert). Was
passieren wird, ist, dass die Bewölkung durch den Tagesgang etwas perforiert wird, sprich, wieder einen etwas stärkeren konvektiven Touch bekommt und sich in
der labil geschichteten und relativ feuchten Grundschicht Schauer oder schauerartiger Regen entwickeln, egal wie hoch die Inversion schlussendlich liegen wird. Viel wird es nicht sein, maximal 1-3 mm über 12 h akkumuliert, z.T.
sogar weniger. An den Alpen steigt die Schneefallgrenze auf rund 1000 m, auch dort wird es nicht mehr viel Neuschnee geben.
Kommen wir vom Süden in den Norden, wo bereits in den Frühstunden ein Schauerband von der Nordsee her den äußersten Norden und Nordwesten des Landes erfasst hat. Es markiert die Südflanke des o.e. Randtroges bzw. die Vorderseite des korrespondierenden Bodentroges. Man könnte durchaus auch der Meinung sein, es handele sich um eine Front, die dem über Südskandinavien residierenden Tief WERNER zugeschustert werden könnte. Gegen eine Front spricht allerdings vor allem die nahezu fehlende Baroklinität, auch wenn von Norden her im Tagesverlauf
pseudopotenziell geringfügig kältere Luft advehiert wird (ist im Wesentlichen der abnehmenden Feuchte und weniger dem Rückgang der fühlbaren Wärme geschuldet). Bei dem an der Nordsee über mehrere Termine beobachteten Windsprung
jedenfalls handelt es sich eindeutig um eine Küstenkonvergenz. Front hin, Trog her, Fakt ist, dass sich die Schauerlinie in den nächsten Stunden nur langsam landeinwärts vorarbeitet, da der Trog recht flach hereinschwenkt und nicht wirklich nach Süden durchdrückt. Gleichwohl kann es auch in westlichen Landesteilen vor der Linie hier und da etwas regnen. Die Bewölkung ist schon da und die erforderliche Hebung leistet die leicht diffluente Trogvorderseite mit etwas PVA und geringfügiger WLA. Auffallend ist, dass COSMO-D2 in der Schauerlinie auch Gewitter haben möchte, was sich aber nicht wirklich aufdrängt. Zwar geht die von Norden zunehmende Labilität hoch bis
etwa 600 hPa (-20°C), trotzdem wird kaum CAPE (ML und MU) generiert, was zum Großteil an mangelnder Feuchte liegt (PPW nur wenig über 10 mm, spez. F. 4-5 g/kg). So spielen die meisten anderen Modelle das Gewitterspielchen auch nicht mit, gleichwohl möchte der Verfasser einen gewittrigen Schauer nicht gänzlich ausschließen. Auf alle Fälle frischt der westliche Wind an der See und im küstennahen Binnenland auf mit 7 Bft, an exponierten Küstenabschnitten sowie bei
kräftigen Schauern 8 Bft.
Bliebe schlussendlich noch eine weitere Wetterzone, die sich zwischen den genannten Arealen im Norden und Westen sowie im Süden befindet. Es handelt sich um einen von Südwest (Saarland, Pfalz) bis in den Osten reichenden Streifen, in wenig passiert. Nach gering bewölktem oder gar wolkenlosem Start kommen tagesgangbedingt vermehrt Quellungen ins Spiel, die bis etwa 750/700 hPa hochgehen und kaum Schauer auslösen. Die Spanne der Höchsttemperatur liegt in der eingeflossenen und gerade im Norden immer noch einfließenden maritimen Polarluft zwischen 7 und 13°C.

In der Nacht zum Dienstag spaltet sich aus dem Hochkeil eine eigenständige Parzelle ab (etwas über 1020 hPa), die sich nach Süddeutschland hereinschiebt. Dort lassen die schwachen Niederschläge nach und die Wolkendecke reißt teilweise
auf. Hier und da bildet sich Nebel, gebietsweise gibt es leichten Luftfrost, an den Alpen auch etwas (also nicht verbreitet) Glätte. In der Mitte beschränkt sich Frost im Wesentlichen auf die Hochlagen der Mittelgebirge, was daran liegt, dass sich starke Bewölkung und leichter Niederschlag aus dem Norden und Westen weiter süd-südostwärts vorarbeiten. Rückseitig davon lockert die Bewölkung über weiten Teilen der Norddeutschen Tiefebene und auch noch etwas weiter südlich auf, so dass dort ebenfalls zwar nicht überall, aber doch gebietsweise mit leichtem Luftfrost gerechnet werden muss. An der See muss mit Durchgang des o.e. Randtroges und eines damit korrelierenden thermischen Troges (T500 unter -30°C) noch mit einzelnen Schauern
und vielleicht sogar einem kurzen Gewitter gerechnet werden, auch wenn bei 600 hPa weiterhin eine schwache Inversion bzw. Isothermie vorhanden ist. Der Wind im
äußersten Norden wird schwächer, am längsten treten an der Ostsee noch einzelne 7er-Böen auf.
Dienstag… beginnt die Höhenströmung über dem Vorhersageraum zu zonalisieren, was für die weitere Entwicklung im Laufe der Woche nicht ganz unwichtig ist. Ursache dafür ist die Tatsache, dass der Trog über Nordeuropa sich nicht nach Süden ausdehnt, sondern in die Breite geht und dabei Kontakt zu einem weiteren Trogkomplex über dem mittleren Nordatlantik aufnimmt. Südlich davon formiert sich eine passabel ausgeprägte Frontalzone, die am Dienstag aber noch über dem Ostatlantik verweilt.
Deutschland steht am Dienstag unter der Ägide des schwächelnden Zwischenhochs (es handelt sich um die o.e. Hochparzelle), das seinen Schwerpunkt ganz allmählich nach Osten in Richtung Polen verlagert. Da gleichzeitig Altmeister WERNER sich in Richtung Bottenbusen
verabschiedet, stellt sich bei uns eine äußerst gradientschwache Situation ein. Wind ist kaum noch ein Thema, einzig an der Ostsee kann es noch eine Zeit lang ein paar steife Böen 7 Bft aus westlichen Richtungen geben.
Wettermäßig gestaltet sich der Tag vergleichsweise unspektakulär. Im Süden, namentlich in Bayern und BW, scheint häufig die Sonne (im Süden mehr als im teils wolkigen Norden). In der Mitte schließt sich ein breiter Streifen mit mehr
Bewölkung an, die vom limitierten Zwischenhoch nicht getilgt werden kann und die
sich zum Großteil aus dem nächtlichen Gewölk rekrutiert. Ab und zu kann es aus diesen Wolken etwas regnen, ohne dass am Ende viel in den Töpfen registriert werden kann. Richtung Norddeutschland nehmen die Sonnenanteile wieder zu, im äußersten Norden und Nordosten, wo etwas höhenkalte Luft anzutreffen ist (T500 nahe -30°C bei T850 um -4°C) ist aber der eine oder andere Schauer ins Kalkül zu
ziehen. Landesweit gilt, dass sich die eingeflossene maritime Polarluft allmählich erwärmen kann, so dass am Ende vielerorts 10 bis 16°C auf der Karte stehen (die höchsten Werte am Oberrhein, die niedrigsten unter der starken Bewölkung in der Mitte, wo in den Mittelgebirgen die 10°C-Marke z.T. nicht mal erreicht wird).

In der Nacht zum Mittwoch dreht die Höhenströmung im Zuge einer (flachen) Austrogung über dem nahen Ostatlantik allmählich auf Südwest rück. Auch bodennah
dreht der im Tiefland weiterhin nur schwache Wind (wenn er bei entkoppelter Grundschicht überhaupt spürbar ist) deutlich rück von westlichen Richtungen auf Südost bis Ost. Dabei geraten wir in den Übergangsbereich zwischen dem nach Osten abwandernden Zwischenhoch und einem sich west-südwestlich von Irland formierenden kleinen Sturmtief (immerhin knapp unter 980 hPa um 00 UTC). Weit nach Osten ausgreifende WLA bringt von Westen her mehrschichtige nach Deutschland, aus denen in den frühen Morgenstunden zwischen Baden und Eifel der erste Regen fällt. Nach Osten hin kommt die Bewölkung noch gar nicht oder erst spät an, so dass die
Temperatur gebietsweise in den leichten Frostbereich zurückgeht.

Mittwoch… hat sich die Großwetterlage endgültig umgestellt. Aus einer vormals stark meridional geprägten Strömungskonfiguration der Marke TrM (Trog Mitteleuropa) hat sich binnen kürzester Zeit eine zyklonale West- bis Südwestlage etabliert, die uns bis auf Weiteres beschäftigen wird. Deutschland befindet sich dabei am Mittwoch vor einem breiten, mit relativ flacher Amplitude
versehenen Höhentrog über dem nahen Ostatlantik, der sich nur zögerlich dem Kontinent nähert. Die Folge ist eine diffluente südwestliche Höhnströmung, die in der Nacht zum Donnerstag etwas aufsteilt. Am Boden steuert das o.e. Sturmtief
den Nordrand der Biscaya und in der Nacht dann die Bretagne an. Die zugehörige, zur Wellenbildung neigende Kaltfront nähert sich im Laufe des Tages dem Vorhersageraum, wobei sich am okkludierten Teil der Front im Bereich Keltische See/Bristol-Kanal ein kleines Teiltief bildet. Viel los also in der Atmosphäre, was nicht ohne Folgen für unser Wetter bleibt. So breiten sich die präfrontalen, im Wesentlichen aber nicht ausschließlich WLA-getriggerten Regenfälle aus dem äußersten Westen und Südwesten rasch ost-nordostwärts aus, wobei ICON etwas langsamer zur Sache geht als IFS und GFS.
Am längsten trocken dürfte es im äußersten Nordosten (Vorpommern, Uckermark) und
im äußersten Südosten (Altbayern) bleiben, wo man auch die Sonne anfangs noch zu
Gesicht bekommt. Der Westen und Südwesten hingegen darf auf 5 bis 10 mm Regen innert 12 h hoffen, in Staulagen der Mittelgebirge auch etwas mehr. Wie viel mehr steht noch nicht ganz fest. Von GFS und COSMO-LEPS gibt es Signale, dass im
Südschwarzwald sogar die Dauerregenmarke von 25mm/12h gerissen wird, was aber wohl nur – wenn überhaupt – in exponierten Staulagen der Fall sein wird. Unsicher ist derzeit auch noch, ob es im Laufe des Nachmittags westlich des Rheins für einzelne Gewitter reicht. Nach Passage der Kaltfront kühlt es in der einfließenden Meeresluft kaum ab, dafür nimmt die Labilität deutlich zu und es wird etwas CAPE aufgebaut. Ansonsten gilt es vor allem noch den Wind anzusprechen, der im Zuge stetigen Druckfalls allmählich in Fahrt kommt, ohne dabei im wahrsten Sinne des Wortes Bäume auszureißen. In der präfrontal einfließenden, weitgehend stabil geschichteten milderen Luftmasse (T850 im Süden 6-11°C) macht sich die Windzunahme zunächst vor allen auf den Bergen und in freien Lagen des Berglands bemerkbar, wo sich Böen 7 Bft, in exponierten Kamm- und Gipfellagen 8-9 Bft ihr Stelldichein geben. An den Alpen wird es leicht föhnig mit stürmischen Böen 8 Bft in freien Gipfellagen. Die Temperatur erreicht in der Westhälfte Maxima von 12 bis 16°C, weiter im Osten 14 bis 18°C, im Chiemgau evtl. sogar 20°C.
Modellvergleich und -einschätzung

Die Umstellung der Großwetterlage wird von den Modellen schon seit geraumer Zeit
relativ konsistent mit nur kleinen Unschärfen (z.B. beim Timing der beteiligten Systeme oder den genauen Niederschlagsprognosen) simuliert. Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann