S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 22.05.2020 um 10.30 UTC

Nächste Woche Hochdruckeinfluss mit Schwachstellen und – nach eher kühlem
Wochenende – Erwärmung von Südwesten her.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 29.05.2020

Schon ein flüchtiger Blick auf die 16er-Blätter von IFS (ECMF) – ja, ja, auch in
modernen Zeiten gibt es noch Verfechter der Papierphase – lässt das geschulte
Auge unweigerlich erkennen, dass die Wetterlage in der nächsten Woche nicht
besonders viel hergibt. Im Grunde folgt sie einem altbekannten Muster, das nicht
zum ersten Mal in diesem Jahr auf den Plan tritt: Zufuhr (sub)polarer Kaltluft,
die sich unter Hochdruckeinfluss erwärmt, im Südwesten mehr als im Nordosten.
Verfechter veritabler Gewitterlagen, die – Ende Mai durchaus berechtigt – schon
mit den Füßen scharren und auf SWz (Südwest zyklonal) mit labiler Subtropikluft
warten, müssen sich weiterhin in Geduld üben bzw. sich von Brosamen in Form
selten auftretender Gewitter (heute gibt´s vielleicht welche im Norden, morgen
auch im Süden) ernähren.

Kommen wir also zur synoptischen Entwicklung, die ihren (mittelfristigen) Anfang
zu Beginn der kommenden Woche nimmt. Deutschland befindet sich im
Übergangsbereich zwischen einem bis zum Nordmeer reichenden Höhenrücken über
Westeuropa und einem langwelligen, von Fennoskandien bis Südosteuropa reichenden
Trog. Dabei wird eine nordwestliche bis nördliche, zunächst noch leicht zyklonal
konturierte Höhenströmung generiert, die bis in untere Troposphärenschichten
reicht. Mit ihr gelangen relativ kühle Luftmassen aus polaren Breiten in den
Vorhersageraum (T850 +2 bis +6°C), in der sich im Osten und Südosten einige
Schauer entwickeln respektive es im Stau von Erzgebirge und Alpen auch noch
längere Zeit regnen kann. Nach Westen hingegen macht sich bereits das nächste
Hoch – Gott zum Gruße STEFFEN – bemerkbar, dessen Zentrum am Montagmittag mit
etwas über 1035 hPa am Westeingang des Ärmelkanals liegt.
Bis Mittwoch schiebt sich der Rücken mehr und mehr nach Mitteleuropa vor und
auch das Bodenhoch greift weiter nach Osten aus. Infolgedessen nimmt die
Schauerneigung im Osten und Südosten ab (am Dienstag kann es aber noch die eine
oder andere Husche geben) und die eingeflossene Luftmasse kann sich allmählich
erwärmen (T850 am Mittwochmittag zwischen 4°C in Vorpommern und 8°C am
Alpenrand).
Am Donnerstag wird der Rücken von einem kurwelligen Trog, der von
Südskandinavien bis nach Polen schwenkt, vorübergehend etwas „abgehobelt“. Dem
Trog vorgeschaltet ist eine schwache Kaltfront, die Deutschland von Nord nach
Süd überquert, wobei sie im Norden etwas Regen ablädt, sich weiter südlich aber
immer mehr abschwächt. Am Freitag regenerieren sich Rücken und Bodenhoch, das
seinen Schwerpunkt zum östlichen Mitteleuropa verlagert. Damit kommen wir auf
seine warme Westflanke, auf der zunehmend leicht labil geschichtete Warmluft in
den Vorhersageraum gelangt (=> schwache Schauerneigung). Bis zum Abend steigt
die 850-hPa-Temperatur auf 7-8°C an Oder und Neiße und etwa 14°C im Südwesten.
Der Norden wird von der Warmfront eines Nordmeertiefs gestreift (Wolken, etwas
Regen).

Noch ein Blick in die erweiterte Mittelfristzukunft, die für das anstehende
lange Pfingstwochenende eine Verstärkung des Hochdruckeinflusses (großräumig ist
ein Omegamuster erkennbar) sowie eine weitere Erwärmung (T850 ab Sonntag
verbreitet 13 bis 16°C) vorsieht – rein deterministisch von einem Modell…

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz von IFS (ECMF) kann im Großen und Ganzen als solide bezeichnet
werden. Wie bereist berichtet, steht uns in der kommenden Woche
Hochdruckeinfluss ins Haus, der sich aber leicht störungsanfällig erweist. Art
und Weise dieser Störungen werden von Lauf zu Lauf etwas anders simuliert,
größere Regenmengen sind aber, wenn man mal von anfänglichen Stauniederschlägen
am Alpenrand absieht, nicht zu erwarten. Darüber hinaus kann sich die am
Wochenende einfließende kühle Meeresluft sukzessive erwärmen, wobei der
Nordosten – wie so oft – dem Südwesten hinterherhinkt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Grundsätzlich sind alle anderen gängigen Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO)
auch auf der Schiene „störungsanfälliger Hochdruckeinfluss“. Ähnlich wie bei der
Konsistenzbetrachtung werden die sogenannten Störungen auch im Modellvergleich
jeweils etwas anders simuliert. So greift z.B. ICON schon früher (Mittwoch) und
auch intensiver (deutlich mehr Regen, deutlich kühler) mit einem KW-Trog
respektive einer Kaltfront auf Deutschland über. GFS hingegen liegt zunächst
dichter am IFS-Szenario, verabschiedet sich dann aber zu Pfingsten, indem es das
lange Wochenende merklich zyklonaler gestaltet.
Zusammengefasst, der zu Wochenbeginn von Westen erneut einsetzende
Hochdruckeinfluss scheint unstrittig. Unklar hingegen sind Ausmaß und Form der
ab Wochenmitte zu erwartenden zyklonalen Attacken ebenso wie die
Regenerierfähigkeit des Hochs, insbesondere im Hinblick auf das
Pfingstwochenende.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis Mittwoch eine
vergleichsweise enge Bündelung. Dabei wird die vom Hauptlauf geschriebene
Entwicklung gut wiedergegeben. In der zweiten Wochenhälfte nimmt der Spread zu,
wobei der Hauptlauf eindrucksvoll den oberen Rand der Kurvenscharen markiert.
Die Tatsache, dass die RR-Signale nur sehr verhalten zunehmen, lässt sich
dahingehend interpretieren, dass das Wetterregime weiterhin eher antizyklonal
geprägt ist.
Bestätigt wird die Hypothese durch die Clusterung, die sowohl für T+120…168h als
auch für T+192…240h, also von Mittwoch bis Pfingstmontag mit jeweils nur einem
einzigen Cluster aufwartet. Dabei wird zunächst das Klimaregime „Blocking“ mit
einem bis nach Mitteleuropa ausgreifenden Rücken über dem nahen Ostatlantik
bedient, bevor die letzten beiden Tage auf „NAO positiv“ mit einem flachen
Rücken über dem Vorhersagegebiet gewechselt wird.

FAZIT: Ganz so klar, wie es die Monoclusterung erscheinen lässt, ist die
Angelegenheit zwar nicht, gleichwohl deutet vieles auf Hoch- bzw. Hochrandlage
hin.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Wie weiter oben bereits angedeutet ist aus der Wetterlage der kommenden Woche
nicht besonders viel herauszuholen. Anfangs ist auf den Bergen Ost- und
Südostdeutschlands sowie der Alpen noch etwas Wind unterwegs (8-9 Bft), aber
meine Güte, seien wir ehrlich, das haut keinen vom Hocker. Ähnlich sieht es mit
der sowieso äußerst geringen Wahrscheinlichkeit aus, dass es am Montag am
östlichen Alpenrand staubedingt mal mehr als 30 l/qm innert
24 h regnet.
Danach ist erstmal Schluss mit „significant weather conditions“, auch wenn die
schon mehrfach erwähnten Störungen durchaus mal ein Gewitter auf die Platte
bringen können. Nach der großen Nummer sieht das aber nicht aus.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-IFS mit IFS-EPS.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann