S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 14.01.2020 um 10.30 UTC

Winter weiter nicht in Sicht. Ab dem Wochenende aber sukzessive kühler, in den
Mittelgebirgen und vor allem an den Alpen auch etwas Schnee. Abgesehen von
vereinzelten Sturmböen auf exponierten Berggipfeln keine markanten
Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 21.01.2020

Die seit Ende vergangenen Jahres anhaltende High-Index-Zirkulation mit deutlich
positiver NAO findet zu Beginn des Mittelfristzeitraumes ihr vorläufiges Ende
und wird ab dem kommenden Wochenende von einer Blockade über Westeuropa bzw. dem
Ostatlantik abgelöst. Auch, wenn dieser Umstellung in Mitteleuropa in Form einer
Trogpassage vonstattengeht und sich tatsächlich auch mal wieder ein Schwall
maritimer Polarluft zu uns wagt, steht nachhaltiges Winterwetter weiterhin nicht
ins Haus.

Am Freitag überquert der für die Umstellung verantwortliche Höhentrog mit
Drehzentrum über dem Nordmeer die Britischen Inseln und greift in der Nacht zum
Samstag bereits auf die Nordsee bzw. das westliche Mitteleuropa über. Der
vorgelagerte Höhenrücken verlagert sich aufgrund kräftiger trogvorderseitiger
WLA unter Amplituden- und Wellenlängengewinn nach Osteuropa und erstreckt sich
Samstagfrüh vom südosteuropäischen Raum bis nach Nordwestrussland. Der
Hochdruckeinfluss über dem Vorhersagegebiet schwächt sich somit ab, der
Schwerpunkt des Bodenhochs verlagert sich nach Südost- bzw. Osteuropa. Bereits
Freitagvormittag greift die Kaltfront eines zum Nordmeer ziehenden Sturmtiefs
von Westen her auf Deutschland über und überquert bis Samstagfrüh das gesamte
Vorhersagegebiet mit nicht allzu üppigen schauerartigen Niederschlägen (meist 1
bis 10 mm) ostwärts. Ihr folgt vor allem mit einem weiteren Bodentrog, der
nachts auf den Nordwesten des Landes übergreift, ein Schwall maritimer Polarluft
(-3 bis -5 Grad in 850 hPa), so dass die Niederschläge in höheren
Mittelgebirgslagen in Schnee übergehen, für eine nennenswerte Schneedecke reicht
es aber zunächst auch dort kaum.

Am Samstag greift der Höhentrog mit seiner Achse auf Mitteleuropa über, ein
weiterer, nach Westen gerichteter Randtrog verlagert sich von den Britischen
Inseln in der Nacht zum Sonntag nach Westdeutschland und Frankreich.
Trogrückseitig wölbt sich ein markanter Höhenrücken vom mittleren Nordatlantik
nordnordostwärts auf und reicht Sonntagfrüh von den Azoren bis ins
Nordpolarmeer. Somit dreht die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet mehr und
mehr auf Nordwest bis Nord, im Trogbereich wird quasi ganz Mitteleuropa von
Höhenkaltluft geflutet (unter -35 Grad in 500 hPa).
Das Bodentief zieht Richtung Mittelnorwegen und füllt sich dort in der Nacht zum
Sonntag auf. Das mit dem kräftigen Rücken korrespondierende Hochdruckgebiet
verstärkt sich im Seegebiet westlich der Britischen Inseln, von ihm aus
erstreckt sich ein Keil über Frankreich bis nach Südwestdeutschland. Somit kann
sich die Zufuhr maritimer Polarluft von Nordwesten her ins Vorhersagegebiet noch
verstärken, die Temperatur in 850 hPa sinkt auf -5 bis -7 Grad. Im Trogbereich
entwickeln sich Schauer, vereinzelt auch kurze Graupelgewitter. In den
Niederungen sind die Schauer höchstens mit Schnee vermischt, oberhalb von etwa
400 bis 600 m dominiert aber überwiegend die feste Phase. Vor allem an den
Nordrändern der Mittelgebirge fallen bis Sonntagfrüh einige Zentimeter
Neuschnee, im Stau der Alpen gebietsweise auch bis über 15 cm. Der West- bis
Nordwestwind frischt zwar zeitweise böig auf, für markante Böen reicht es (mal
abgesehen von kräftigeren Schauern) wohl nur auf exponierten Gipfeln.
In der Nacht zum Sonntag gibt es bei aufgelockerter Bewölkung gebietsweise, im
Bergland recht verbreitet leichten Frost.

Am Sonntag tropft der Trog über Südwesteuropa bzw. Nordwestafrika aus, das
Trogresiduum erstreckt sich in der Nacht zum Montag über das Baltikum und Polen
südwestwärts bis nach Süddeutschland. Der ostatlantische Höhenrücken nimmt eine
zunehmend zonale Ausrichtung an und reicht Montagfrüh über die Britischen Inseln
und die nördliche Nordsee bis nach Finnland.
Das Bodenhoch verstärkt sich, bleibt aber mit seinem Schwerpunkt (geschlossene
1045 hPa-Kernisobare) knapp westlich der Britischen Inseln, wobei sich der nach
West- und Süddeutschland gerichtete Hochkeil kräftigt. Von Nordwesten her
gelangt somit weiterhin maritime Polarluft ins Vorhersagegebiet, erst in der
Nacht zum Montag wird die Zufuhr durch beginnende kräftige WLA an der Nordflanke
des Hochs von Norden her gekappt. Vor allem im Norden und Osten entwickeln sich
noch einzelne Schauer, im Bergland als Schnee, die Mengen bleiben aber gering,
lediglich im Stau der Alpen schneit es etwas kräftiger. Vor allem im Westen und
Südwesten kommen die Niederschläge kaum mehr an und gelegentlich scheint dort
die Sonne. Nachts kommt die Schauertätigkeit insgesamt meist zum Erliegen,
lediglich an den Alpen schneit es noch etwas und es gibt verbreitet Frost.

Am Montag setzt über dem Nordmeer eine Austrogung ein, wodurch die Achse des
Höhenrückens nach Süden gedrückt wird und sich in der Nacht zum Dienstag bereits
über Norddeutschland befindet. Dagegen wölbt sich über dem mittleren
Nordatlantik erneut ein Höhenrücken nach Norden auf, wodurch die Höhenströmung
über Nordwest- und Nordeuropa auf Nordwest dreht.
Das Bodenhoch kann somit nicht weiter nach Osten vorankommen, allerdings
erstreckt sich eine Hochdruckzone bis nach Süddeutschland, die sich in der Nacht
zum Dienstag wieder abschwächt und deren Achse dann ebenfalls nach Süden
gedrückt wird. Mit der Austrogung geht eine markante Zyklogenese über der
Barentssee einher, deren Frontensystem überquert das Nordmeer und Skandinavien
und greift bereits in der Nacht zum Dienstag auf Norddeutschland über, erweist
sich dort aber nicht mehr als sonderlich wetteraktiv.
Somit dominiert im Vorhersagegebiet Hochdruckeinfluss, wobei es aber vor allem
im Südosten teilweise trüb bleibt und sich die Sonne am ehesten wohl im Westen
und Südwesten zeigt. Von Norden her wird es allmählich „höhenmilder“, bodennah
kann sich die Milderung aber kaum durchsetzen.

Am Dienstag weitet sich der Höhentrog vom Nordmeer nach Skandinavien bzw. zum
Baltikum aus. Der Höhenrücken über dem mittleren Nordatlantik kommt etwas nach
Osten voran, wobei sich ein Keil über die Britischen Inseln bis nach Frankreich
erstreckt. Daraus resultiert eine antizyklonal konturierte nordwestliche
Höhenströmung über Mitteleuropa.
Das Sturmtief über der Barentssee zieht bis zur Nacht zum Mittwoch weiter
Richtung Petschora-See, dessen Kaltfront überquert Deutschland südwärts, wobei
sie sich als nicht allzu wetteraktiv erweist, da sich nach vorübergehender
Abschwächung der nach Süddeutschland gerichtete Keil des Westeuropahochs wieder
verstärken kann. Nennenswerte Niederschläge sind somit nicht zu erwarten, der
Front folgt erneut ein Schwall maritimer Polarluft, die sich aber wohl nur im
Norden und Osten durchsetzen kann.

In der erweiterten Mittelfrist schwenkt der Höhenrücken über dem Ost- bzw.
Nordostatlantik bis Donnerstag rasch nach Osteuropa und über dem Nordmeer kommt
es erneut zu einer Austrogung. Dadurch wird die sich am Mittwoch vorübergehend
verstärkende Hochdruckzone über Mitteleuropa erneut nach Süden zurück und am
Donnerstag greifen die Ausläufer eines zur Norwegischen See ziehenden Tiefs von
Nordwesten her auf Deutschland über, womit eventuell eine etwas zyklonaler
angehauchte West- bis Nordwestlage eingeleitet werden könnte.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Sonntag erweist sich der aktuelle IFS-Lauf als einigermaßen
konsistent zu seinen beiden Vorgängern. Kleinere Differenzen gibt es am ehesten
bzgl. des nach Westen gerichteten Randtroges am Samstag bzw. in der Nacht zum
Sonntag, der vom gestrigen 12 UTC-Lauf etwas progressiver, im gestrigen 00
UTC-Lauf etwas langsamer simuliert wird, wodurch auch der nach Süddeutschland
gerichtete Bodenhochkeil am Sonntag im gestrigen Mittagslauf kräftiger ausfällt.

Zu Wochenbeginn ergeben sich dann bzgl. des Höhenrückens größere Unterschiede.
Dessen Achse verbleibt nach Lesart des gestrigen 00 UTC-Laufes bis Dienstag noch
nördlich des Vorhersagegebietes und verhindert ein Übergreifen skandinavischer
Frontensysteme. Der gestrige 12 UTC-Lauf ähnelt dagegen dem aktuellen Lauf,
wobei der nach Südwestdeutschland gerichtete Hochkeil allerdings noch etwas
kräftiger simuliert wird.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Das Übergreifen des Höhentroges von Westeuropa her auf Mitteleuropa am Freitag
und Samstag wird von allen vorliegenden Globalmodellen ähnlich simuliert. Nach
Lesart des ICON und des GFS weitet sich der Trog allerdings deutlich weiter nach
Süden aus als nach IFS, so dass bereits am Sonntag ein Cut-Off-Prozess über dem
westlichen Mittelmeer in Gang kommt. Der nach Mitteleuropa gerichtete Resttrog
schwächt sich durch diesen Prozess rascher ab, wodurch sich der Bodenhochkeil
nicht nur nach Südwestdeutschland, sondern auf weite Teile des Landes ausweiten
kann und die nordwestliche Grundströmung bereits am Sonntag kappt. Insgesamt
liegt die Achse des Hochkeils sowohl nach GFS als auch nach ICON auch etwas
weiter nördlich als nach IFS, die Niederschläge (als Schnee) würden sich nach
Lesart beider Modelle wohl nur noch auf den Alpenrand beschränken. GEM ähnelt
dagegen dem IFS.
Zu Wochenbeginn unterscheiden sich die Modelle dann insbesondere bezüglich der
Achse des Höhenrückens. Dabei fährt IFS eine südlichere Variante als GEM, GFS
und ICON. Nach Lesart der drei letztgenannten Modelle bleibt der
Vorhersagebereich bis Dienstag noch knapp südlich der Rückenachse, so dass
überwiegend Hochdruckeinfluss dominiert, die Achse des Bodenhochkeils befindet
sich Dienstag in etwa über der Norddeutschen Tiefebene. An deren Südflanke
gelangt vor allem nach Lesart des GFS und GEM von Osten her recht kalte Luft
nach Süddeutschland, während nach ICON ab Dienstag niedertroposphärisch deutlich
mildere Luft aus dem südosteuropäischen Raum in die Südhälfte advehiert wird.
Erst im Laufe der erweiterten Mittelfrist, am Mittwoch und Donnerstag, tendieren
auch GFS und GEM Richtung antizyklonaler NW-Lage.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Im Zeitraum T+72 bis 96 Stunden verteilen sich die 49 Ensembleläufe, Haupt- und
Kontrolllauf auf 2 Cluster, die sich bzgl. der Anordnung der Geopotenzialgebilde
(Trog Westeuropa, allmählich sich Mitteleuropa annähernd, markanter Höhenrücken
Südost- und Osteuropa, insgesamt zunächst noch positive NAO) kaum unterscheiden.

Im nächstfolgenden Zeitraum (T+120 bis 168 Stunden) gibt es dann vier Cluster
(jeweils 17, 15, 10 und 9 Member). Alle zeigen einen markanten Höhenrücken, der
sich vom mittleren Nordatlantik allmählich Richtung Mittel- und Osteuropa
ausweitet und sich später über dem Ostatlantik wieder regeneriert. Zünglein an
der Waage sind die Ausrichtung und die Lage der Achse des Höhenrückens zu Beginn
kommender Woche. Cluster 1 (inklusive Kontrolllauf) und Cluster 4 (inklusive
Hauptlauf) simulieren die Austrogung über dem Nordmeer am Dienstag etwas
markanter als Cluster 2 und 3, wodurch die Achse des Rückens über Mitteleuropa
rascher nach Süden gedrückt wird und sich bereits am Dienstag von Norden her
tendenziell wieder eine antizyklonal konturierte nordwestliche Höhenströmung
über dem Vorhersagegebiet einstellt. Cluster 2 und 3 ähneln dagegen eher den
Varianten des ICON bzw. GFS.
Die Umstellung auf West bzw. Nordwest – ob mehr antizyklonal oder zyklonal, muss
noch abgewartet werden – scheint aber nur eine Frage der Zeit zu sein, was beim
Blick auf die Clusterung in der erweiterten Mittelfrist deutlich wird. 5 Cluster
zeigt diese (jeweils 17, 12, 9, 8 und 5 Member, Hauptlauf in Cluster 2,
Kontrolllauf in Cluster 1), allesamt ausgestattet mit einem kompetenten
Höhentrog über Nordeuropa. Cluster 1, 2 und 5 zeigen dann spätestens zu
Wochenmitte (falls nicht schon vorher geschehen) einen markanten Rücken über dem
mittleren Nordatlantik und somit eine Ausweitung des Höhentroges nach Mittel-
bzw. Osteuropa, tendieren also Richtung Großwetterlagen Wz, NWz und HB. Nach
Lesart der Cluster 2 und 3 findet diese Umstellung später statt, so dass die
antizyklonale Dominanz in Form der Wetterlagen Wa, NWa, HM oder SEa zunächst
noch anhalten würde.

Das EPS des GFS geht mittelfristig in eine ähnliche Richtung: Markante
Hochdruckbrücken über Mitteleuropa wechseln von Member zu Member zu Beginn
kommender Woche ab mit antizyklonal konturierten Nordwestlagen (allerdings nur 1
Member so ausgeprägt wie im Hauptlauf des IFS), einzelne Member verlagern den
Schwerpunkt des Hochs nach Ost- bzw. ins nördliche Mitteleuropa, so dass an
dessen Südflanke über dem Vorhersagegebiet vielleicht Platz wäre für etwas
zyklonale Aktivität von Osten bzw. Südosten her. Endmittelfristig tendieren die
meisten Member aber wieder Richtung West- bis Nordwestlage. Eine winterliche
Variante ist aber zumindest in den kommenden 8 bis 10 Tagen nicht auszumachen,
der Verfasser dieser Zeilen hat sich tatsächlich mal die Mühe gemacht, die
einzelnen GFS-Member bis dahin „durchzuklicken“.

Die Betrachtung der Rauchfahnen für verschiedene Gitterpunkte innerhalb
Deutschlands bringt ebenfalls keine neuen Erkenntnisse. Bis zu Beginn kommender
Woche verläuft die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur der einzelnen Member in
einem relativ engen Spread mit gegenüber dem Vortag etwas zurückgenommenen
Niederschlagssignalen am Wochenende.
Am Montag/Dienstag zeigen alle Member bzgl. der 850 hPa-Temperatur steigende
Tendenz, wobei der Spread aber größer wird (Dienstag zwischen -4 und +7 Grad).
Danach geht es für einen Teil der Member wieder bergab, wodurch sich der Spread
bis Donnerstag z.B. für die Rauchfahne Offenbach auf -10 bis +7 Grad erweitert,
unterhalb von -5 Grad bewegen sich dann aber auch innerhalb des IFS-ENS
lediglich 3 bis 4 (von 49) Member.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Abgesehen von einigen markanten Böen (Bft 8 bis 9) auf exponierten Berggipfeln
am Freitag und Samstag stehen im Großen und Ganzen keine markanten
Wettererscheinungen auf der Agenda.
An den Alpen schneit es am Samstag und Sonntag zeitweise, in Staulagen eventuell
auch länger anhaltend, Signale für markante Neuschneemengen (über 15 cm in 24
Stunden) sind aber kaum zu vermerken.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff