S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 11.09.2019 um 10.30 UTC

Am Wochenende Altweibersommer, zu Beginn kommender Woche kühler, aber
voraussichtlich keine nennenswerten Niederschläge.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 18.09.2019

Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am Samstag, verläuft die nur leicht
mäandrierende Frontalzone vom Nordatlantik kommend über Skandinavien bzw. dem
nördlichen Mitteleuropa hinweg bis nach Nordwestrussland. Darin eingebettet,
verlagert sich ein Langwellentrog Nordosteuropa über das Wochenende hinweg
allmählich ostwärts. Das korrespondierende, aus dem ehemaligen Tropensturm
„GABRIELLE“ hervorgegangene Bodentief zieht von der Kola-Halbinsel Richtung
Petschorasee. Die Kaltfront, die am Freitag in etwa die Mitte Deutschlands
erreicht hat, löst sich unter Hochdruckeinfluss auf, übrig geblieben ist eine
Luftmassengrenze, die erwärmte Polarluft im Norden und Osten des Landes (unter 5
Grad in 850 hPa) von wärmerer Luft (um 10 Grad in 850 hPa) im Südwesten
Deutschlands trennt. Somit scheint am Samstag in weiten Teilen des Landes die
Sonne, locker bewölkt bleibt es nördlich der Bodenhochachse bei Advektion
niedertroposphärisch etwas feuchterer und labil geschichteter Luft im Norden und
Nordosten Deutschlands, auch im Südosten können sich lockere Quellwolken
entwickeln. Dabei wird es im Süden und Westen spätsommerlich warm (22 bis 26
Grad), im Norden und Osten bleibt es mit 17 bis 22 Grad etwas kühler.
Zunehmend relevant für die mittelfristige Wetterentwicklung im Vorhersagegebiet
wird aber ein weiterer Langwellentrog, der sich von der Irminger See kommend
über Island hinweg bis Sonntag zum Nordmeer verlagert. Stromabwärts wird durch
die trogvorderseitige WLA ein vom zentralen Mittelmeerraum bis nach Westeuropa
reichender Höhenrücken gestützt, der bis Sonntag über Mittel- nach Südosteuropa
wandert. Das korrespondierende kräftige Bodenhoch marschiert mit seinem
Schwerpunkt von den Britischen Inseln bzw. dem westlichen Mitteleuropa kommend
bis Sonntagabend nach Südosteuropa. Am Sonntag greift dann das Frontensystem
eines mit dem Trog korrespondierenden Nordmeertiefs auf Skandinavien über, wobei
die Kaltfront abends unter Wellenbildung die nördliche Nordsee und
Südskandinavien erreicht. Die niedertroposphärische Strömung dreht dabei über
dem Vorhersagegebiet mehr auf Südwest, damit können sich Luftmassen
subtropischen Ursprungs bis in den Nordosten Deutschlands ausweiten. Die
Temperatur in 850 hPa steigt auf 10 Grad an der Ostsee und außergewöhnlich warme
18 Grad im Südwesten, was Höchstwerte zwischen 20 Grad oder knapp darüber an den
Küsten (ganz im Norden können sich erste Wolkenfelder der sich nähernden
Kaltfront bemerkbar machen) und bis über 30 Grad am Oberrhein erwarten lässt.
Diese Werte sind zwar außergewöhnlich hoch, aber doch noch einiges von den
Rekorden für die 2. Septemberdekade in dieser Region (etwa 34 bis 35 Grad,
meistens aus dem Jahre 1947) entfernt.
Zu Wochenbeginn verlagert sich unser Langwellentrog allmählich über Skandinavien
hinweg Richtung Nordwestrussland. Dabei gerät die Frontalzone stärker ins
Mäandrieren, denn vorderseitig eines Neufundlandtroges bzw. eines Cut-Off-Tiefs
weiter südöstlich kann sich ein markanter und langwelliger Höhenrücken über dem
nahen Ostatlantik nordwärts aufwölben. Dienstag, 12 UTC reicht die Achse des
Rückens vom Seegebiet westlich Irlands bis nach Südfrankreich. Infolgedessen
dreht die Höhenströmung über Mitteleuropa mehr und mehr auf Nordwest, bleibt
aber glatt bzw. eher antizyklonal konturiert. Das mit dem Trog korrespondierende
umfangreiche Bodentief zieht bis Dienstag über Nordskandinavien hinweg Richtung
Barentssee. Die Kaltfront greift am Montag auf Norddeutschland über, kommt aber
aufgrund höhenströmungsparalleler Exposition nur zögernd nach Süden voran und
erreicht den Süden erst im Laufe des Dienstags, den Südwesten sogar gar nicht,
da sich – gestützt durch den Rücken – ein Keil des kräftigen Bodenhochs knapp
westlich der Britischen Inseln von Frankreich her nach West- bzw.
Südwestdeutschland schiebt. Da sie zugleich von KLA überlaufen wird, was
frontolytisch wirkt, beschränkt sich die Wetterwirksamkeit der Front meist auf
dichtere Wolkenfelder, aus denen es nur gebietsweise etwas regnet. Allerdings
kann es vor allem am Montag vorderseitig über Süddeutschland unter Einbeziehung
potenziell instabilerer Luftmassen aus Südwesteuropa einzelne Gewitter geben,
eventuell auch noch am Dienstag, wobei sich die Gewitter dann eher Richtung
Alpen zurückziehen.
Mit der Front geht dennoch zumindest im Norden und Osten des Landes ein
markanter Luftmassenwechsel einher. Dort sinkt die Temperatur in 850 hPa auf
etwa 2 Grad, an den Alpen bzw. im Südwesten verharrt sie dagegen auch am
Dienstag noch bei etwa 12 Grad.
Am Mittwoch verlagern sich die beiden wetterbestimmenden Potenzialgebilde nur
langsam ostwärts, womit wir wieder zunehmend in den Genuss des Höhenrückens über
West- bzw. Südwesteuropa gelangen, dessen Achse sich am Donnerstag, 00 UTC von
Irland über England und Frankreich hinweg bis zum zentralen Mittelmeerraum
erstreckt. Gestützt durch den Rücken weitet sich das Bodenhoch von den
Britischen Inseln bis nach West- und Süddeutschland aus. Im Norden und Osten des
Landes bleibt es dabei mit nordwestlicher Bodenströmung noch locker bewölkt ohne
nennenswerte Niederschläge, sonst scheint aber wieder häufig die Sonne und die
Luftmasse kann sich erwärmen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Insgesamt kann dem aktuellen IFS-Lauf eine sehr gute Konsistenz zu seinen beiden
Vorgängern bescheinigt werden. Selbst zu Beginn der erweiterten Mittelfrist sind
die Unterschiede marginal und nicht großartig prognoserelevant. Sie beschränken
sich hauptsächlich auf die genaue räumliche Lage und Verlagerung der Kaltfront
zu Beginn kommender Woche bzw. auch die Ausrichtung der Bodenhochachse zu
Wochenmitte.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Am Wochenende wird die vom IFS simulierte Wetterentwicklung von allen
vorliegenden Globalmodellen weitgehend gestützt, wobei ICON die „wärmste“ Lösung
auf der Agenda hat und die 15 Grad-Isotherme in 850 hPa bis nach Norddeutschland
vorankommen lässt.
Den Trogvorstoß nach Nord- und Osteuropa zu Beginn kommender Woche haben
ebenfalls alle Modelle auf der Karte, allerdings mit leicht unterschiedlichen
Auswirkungen auf den Wetterablauf in Mitteleuropa. Die markanteste Variante
fährt das GFS-Modell, wonach die 0 Grad-Isotherme fast bis nach Süddeutschland
vordringen soll (Mittwochfrüh etwa entlang von Main und Mosel), während das
kanadische GEM lediglich einen Streifschuss über dem Nordosten Deutschlands (am
Dienstag kurzzeitig unter 5 Grad, in Süddeutschland weiterhin um 15 Grad in 850
hPa) simuliert. ICON und IFS ordnen sich irgendwo zwischen den „Extremen“ ein.
Allen Modellen gemein ist die Tatsache, dass die Kaltfrontpassage in einem
einigermaßen antizyklonalem Umfeld erfolgt, also ohne nennenswerte
Niederschlagstätigkeit vonstatten geht. Allerdings könnten die Nächte nach der
GFS-Variante gebietsweise empfindlich kühl ausfallen mit ersten Luftfrösten in
ungünstigen Lagen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

In den Rauchfahnen gibt die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur der Einzelmember
am Wochenende ein unmissverständliches Bild ab: Es geht bergauf, in
Norddeutschland von einem niedrigen Ausgangsniveau steiler als in
Süddeutschland, am Sonntag scharen sich die Kurven selbst in Hamburg um die 15
Grad-Isotherme (in Südwestdeutschland etwas darüber).
Zu Wochenbeginn geht es dann wieder bergab – in Norddeutschland stärker als in
Süddeutschland. Das Groß der Member der Rauchfahne für Hamburg bewegt sich am
Dienstag zwischen 0 und 3 Grad, ungefähr 10 bis 15 Member haben nur einen
Streifschuss (ähnlich wie GEM) auf der Karte mit Werten zwischen 4 und 10 Grad.
Die Rauchfahnen für Orte in Süd- und Südwestdeutschland sind da wesentlich
breiter gefächert, je nach Vorankommen der Kaltfront nach Süden. Am Mittwoch, 00
UTC bewegt sich die 850 hPa-Temperatur der Einzelmember zwischen knapp über 0
und 18 Grad. Zu Wochenbeginn haben viele Einzelläufe speziell für Süddeutschland
durchaus auch Niederschlagssignale konvektiver Art auf der Karte, für
Norddeutschland hält sich das vor allem mengenmäßig in Grenzen.
Die Clusteranalyse zeigt für den Zeitraum T+72…96 Stunden drei Cluster, die alle
den markanten Rücken über West- und Mitteleuropa auf der Karte haben.
Zu Wochenbeginn (T+120…168) verteilen sich die 49 Ensembleläufe, der Haupt- und
Kontrolllauf auf 5 Cluster (jeweils 18, 12, 10, 7 und 4 Member, Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 1). Alle Cluster haben eine Regeneration des Rückens
über dem nahen Ostatlantik auf der Karte und somit ein Kippen der Höhenströmung
über Mitteleuropa auf Nordwest. Dabei spiegeln sich die leicht unterschiedlichen
Lösungen der Globalmodelle durchaus in den Einzelclustern wieder. Ins Auge
stechen Cluster 2, der der GFS-Variante mit einem durchaus veritablen
Kaltlufteinbruch über dem östlichen Mitteleuropa auf der Karte hat, sowie
Cluster 5 mit dem vom GEM ähnlich simulieren nur schwachen Streifschuss über dem
Nordosten Deutschlands. Außer Cluster 2, nach dessen Szenario es etwas
flächendeckender zu allerdings nur leichten Niederschlägen kommen könnte, haben
alle Cluster die Kaltfrontpassage in einem überwiegend antizyklonalen Umfeld auf
der Agenda.
Die erweiterte Mittelfrist (T+192…240) hat dann drei Cluster auf der Karte
(jeweils 20, 20 und 11 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1). Cluster 1
zeigt einen weiteren Trogvorstoß nach Mittel und Osteuropa in einem erneut
überwiegend antizyklonalen Umfeld über dem Vorhersagegebiet, wobei sich im
Anschluss von Westeuropa her sich rasch ein Rücken nach Mitteleuropa verlagert,
nach Cluster 2 und vor allem 3 fällt der Trogvorstoß kräftiger und nachhaltiger
aus, wobei sich über dem Ostatlantik erneut ein markanter Rücken aufwölben kann.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

EFI gibt am Sonntag schwache Signale für außergewöhnlich hohe Temperaturen im
äußersten Südwesten/Süden Deutschlands, wobei der „Hitzepol“ eher über
Zentralfrankreich liegt.
Ansonsten sind im Mittelfristzeitraum kaum signifikante Wetterereignisse zu
erwarten, sieht man mal von einzelnen Gewittern am Montag und Dienstag in
Süddeutschland ab, die dann lokal eng begrenzt von Starkregen, kleinkörnigem
Hagel und Sturmböen begleitet werden können.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ECMWF-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff