SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Samstag, den 17.08.2019 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
SW z
Heute abgesehen von stürmischen Böen an der Nordsee und auf exponierten Berggipfeln keine markanten Wettergefahren. Am Sonntag von Westen nordostwärts
übergreifend sowie im Süden teils heftige Gewitter; Unwettergefahr durch schwere
Sturm- und orkanartige Böen. In der Nacht zum Montag im Süden und Südosten in
teils gewittrigen Starkregen übergehend. Am Montag auch im östlichen Mittelgebirgsraum und an den Alpen kaum noch Starkregen. Ansonsten abgesehen von
einzelnen stürmischen Böen an der Nordfriesischen Küste keine markant zu bewarnenden Wetterereignisse.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC

Samstag… liegt Deutschland an der Vorderseite eines breiten Troges, der sich
westlich der Britischen Inseln nach Süden ausweitet. In der südwestlichen Strömung schwenkt ein vorlaufender Anteil nach Südskandinavien, lässt sich aber
kaum noch diagnostizieren. Die südwestliche Strömung steilt etwas auf, wodurch
das darin eingelagerte und bis dahin weitgehend okkludierte
Frontensystem (mit
Kaltfrontcharakter) zusehends ins Schleifen gerät und sich vor der Bretagne eine
Welle bildet. Die Lage der Schleifzone ist noch unsicher. Neben den Niederschlägen im Frontbereich kann von Südwesten und Westen her ein Niederschlagsband übergreifen. Die hierfür relevante Hebung resultiert zum einen
aus schwacher Warmluftadvektion und zum anderen aus kurzwelligen Keil-Trog-Strukturen, die sich als Flattern der west- südwestlichen Strömung
äußern. In dieser Strömung, die sich auch in den bodennahen Schichten einstellt,
legt der Gradient zu, so dass neben einigen Küstenabschnitten auch in freien
Lagen Nordwest- und Westdeutschlands Windböen auftreten können. Exponiert können
(vor allem anfangs an der Nordfriesischen Küste) stürmische Böen nicht ganz ausgeschlossen werden.
Bedingt durch die Annäherung der Front sind Auflockerungen nach Osten und Südosten hin am wahrscheinlichsten. Allerdings werden diese Wolkenlücken von
Modelllauf zu Modelllauf zusehends reduziert. Dies lässt dort die Temperatur auf
24 bis 27 Grad steigen, wobei am Alpenrand zudem ein leicht föhniger Einfluss
wirksam wird. Ansonsten sind je nach Bewölkung 18 bis 23 Grad zu erwarten. In der Nacht zum Sonntag wird die o.g. Welle von der Bretagne kommend in den
Westen gesteuert. Dort kommen kräftigere Niederschläge auf, die allerdings nicht
warnrelevant sind. Zudem frischt der Wind auf, im westlichen Bergland sind warnrelevante Böen vorstellbar. Der Osten und der größte Teil Süddeutschlands
wird von diesen Niederschlägen noch nicht erfasst. Während im Nordosten und Osten Warmluftadvektion mehrschichtige Bewölkung aufziehen lässt, bleibt es nach
Süden hin vielfach klar.

Sonntag… rückt der Haupttrog in die Biskaya vor. Aus diesem läuft erneut ein
kurzwelliger Anteil heraus und schwenkt nordostwärts bis in das Kattegat hinein.
Dies lässt die Strömung vorübergehend noch weiter aufsteilen, um nach Trogpassage wieder leicht rückzudrehen. Somit wird die in der südwestlichen Strömung eingelagerte Welle vom Westen nach Nordostdeutschland gesteuert. An
deren Südflanke erfolgt ein Einschub von Subtropikluft aus dem südfranzösischen
Raum. Zudem erfolgt eine Gradientverschärfung, die durch eine intensivere Wellenentwicklung zustande kommt als bisher anzunehmen war. Vom westlichen Bergland auf den gesamten Mittelgebirgsraum ausgreifend sind daher auch ohne
konvektive Unterstützung Wind- und in freien Lagen stürmische Böen, im Bergland
Sturmböen und exponiert auch schwere Sturmböen zu erwarten.
Die in der südwestlichen, leicht mäandrierenden Strömung eingelagerte Kaltfront
erfasst schleifend den Westen Deutschlands. In deren Bereich sowie unmittelbar
präfrontal entwickeln sich Gewitter, die durchaus Unwetterpotential aufweisen
können. Den erforderlichen Hebungsantrieb liefert der nach Nordosten schwenkende
Kurzwellentrog, den weiter zurückliegende Modellläufe noch nicht so deutlich
gezeigt hatten. Im Gegensatz zu bisherigen konvektiven Lagen ist als unwetterfördernder Parameter zuallererst die kräftige Strömung zu nennen, wobei
die Windgeschwindigkeit im 700 hPa-Niveau 50 bis 60 kt und in 850 hPa bis 50 kt
erreicht. Aufgrund mangelnder Einstrahlung wird aber nicht so viel CAPE generiert, so dass kaum mehr als 500 J/kg zu erwarten sind. Allerdings steigt
der Gehalt an niederschlagbarem Wasser auf 35 bis 40 mm. Zudem liegt das Kondensationsniveau mit 800 bis 900 hPa relativ niedrig. Die stark ausgeprägte
Scherung (sowohl niedertroposphärisch als auch bis in mittlere Troposphärenschichten hinaufreichend) lässt einen hohen
Organisationsgrad der
Konvektion erwarten. In Verbindung mit Gewittern können daher Sturm- und auch
schwere Sturmböen auftreten; orkanartige Böen sind bei entsprechender Organisation nicht auszuschließen. Für heftigen Starkregen ist die Zuggeschwindigkeit der Konvektionszellen zu hoch; auch größerer Hagel sollte nur
eine untergeordnete Rolle spielen.
Einzelne Gewitter sind auch weiter im Süden in der Warmluft deutlich abgesetzt
von der Front vorstellbar, die ebenfalls mit Sturm- und teils schweren Sturmböen
einhergehen können, wobei dort aufgrund der schwächeren Strömung und des geringeren Flüssigwassergehalts die Unwettergefahr geringer ist. Aufgrund der unwetterträchtigen Situation wäre die Ausgabe einer entsprechenden
Vorabinformation überlegendwert. Aufgrund der Modellunterschiede (siehe weiter
unten) lässt sich noch keine Regionalisierung vornehmen, so dass hier noch keine
Entscheidung getroffen werden kann.
Im Südosten und Süden sowie im östlichen Mittelgebirgsraum sind längere sonnige
Abschnitte zu erwarten. An den Alpen ergibt sich zudem leicht föhniger Einfluss.
Mit der Erwärmung auf 25 bis 30, ganz im Südosten bis 32 Grad sind in die Voraussetzungen für das Erreichen der Auslösetemperatur gegeben. Im Norden und
Westen sowie in der (westlichen) Mitte ist die Schichtung weitgehend stabil, so
dass dort skalige Niederschläge auftreten. Eine Ausnahme stellt die Küste dar,
wo von der Meeresoberfläche her und durch die Passage des o.g. Kurzwellentroges
eine Labilisierung erfolgt und daher Schauer sich entwickeln. In diesen Gebieten
werden 18 bis 24 Grad erreicht.
In der Nacht zum Montag erfasst ein weiterer Kurzwellentrog Nordfrankreich, wobei sich über dem nahen Ostatlantik eine Regenerierung des Haupttroges abzeichnet. Somit bleibt über dem Vorhersagegebiet die südwestliche Strömung
bestehen, so dass sich die Kaltfront weiterhin schleifend nur somit nur sehr
zögernd ein wenig nach Südosten verlagert. Der sich von Westen annähernde Kurzwellentrog bringt kräftigere Hebung mit ins Spiel. Die stärksten Niederschläge dürften daher in einem breiten Band auftreten, das sich vom Schwarzwald bis in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein erstreckt. Da im Frontbereich und präfrontal, d.h. vor allem nach Südosten hin die Schichtung
nach wie vor labil ist, sind Gewitter bis hin zum Unwetter bis weit in die Nacht
zum Montag hinein vorstellbar. Während die Böen dann etwas in den Hintergrund
treten, rückt dann der heftige (und teils gewittrige) Starkregen mehr in den
Fokus. Aufgrund der nach wie vor hohen Scherung sind auch weiterhin organisiertere Strukturen hochreichender Konvektion vorstellbar. Zumindest lassen sich bei hochauflösenden Modellen hierfür entsprechende Signale finden.
In den anderen Gebieten, d.h. über die Mitte hinweg weiter nord- und westwärts,
lässt postfrontales Absinken die Bewölkung auflockern. Die auch in Bodennähe
vorhandene südwestliche Strömung hält in diesen Gebieten die Nebelneigung gering. An der Küste können sich Schauer entwickeln, zudem sind an der See Wind-
und in exponierten Lagen an der Nordsee auch stürmische Böen möglich.

Montag… greift der Haupttrog nunmehr auf die Britischen Inseln über, wodurch
die südwestliche Strömung über dem Vorhersagegebiet bestehen bleibt. Daher verbleibt die Kaltfront schleifend über dem Südosten Deutschlands, mit dem Ergebnis, dass die feuchtwarme Luft aus diesen Gebieten noch nicht herausgedrängt wird. Allerdings setzt durch Stabilisierung, die in erster Linie
durch das Entrainment trockenerer Luft von Nordwesten her bedingt ist, auch in
diesen Gebieten zusehends Entspannung ein. Markant zu bewarnende Starkniederschläge sollten daher nicht mehr auftreten. Auch wenn die Niederschläge vor allem zum Bayerischen Wald hin sowie am östlichen Alpenrand
längere Zeit andauern, kommen wahrscheinlich nicht die für eine entsprechende
Warnung erforderlichen Niederschlagssummen zusammen.
Im Norden und Westen und größtenteils auch über der Mitte lässt kompensierendes
Absinken die Bewölkung auflockern. Im Lee der Mittelgebirge sind auch längere
sonnige Abschnitte vorstellbar. Allenfalls in Nordseenähe dürften, bedingt durch
die Nähe zum Trog, weiterhin Schauer auftreten. Zudem sind an der Nordseeküste
Wind- und exponiert vielleicht auch stürmische Böen zu erwarten. Die Nachmittagstemperaturen bewegen sich meist zwischen 19 und 25 Grad, wobei eine
relativ ausgeglichene Temperaturverteilung erkennbar ist.
In der Nacht zum Dienstag verlagert sich der Haupttrog in die Nordsee, hängt
aber mit seinem südlichen Teil zurück, so dass sich hinsichtlich der Strömung
und der Verteilung der Luftmassen über Mitteleuropa keine wesentliche Änderung
ergibt. Daher dauern die Niederschläge im Südosten sowie in Teilen des östlichen
Mittelgebirgsraumes noch an. In den anderen Gebieten sorgt
Zwischenhocheinfluss
für Absinken, so dass es gebietsweise aufklart. Weiter im Binnenland können sich
flache Nebelfelder bilden. An der Nordsee zeichnet sich jedoch weiterhin eine
rege Schauertätigkeit ab.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede ableiten.
Problematisch ist jedoch die Abschätzung, in welcher Region am Sonntag die stärksten konvektiven Entwicklungen zu erwarten sind. Laut
Zutatenmethode wäre
dies ein Streifen etwa vom südlichen Rheinland-Pfalz bis in den Erzgebirgsraum
und nach Oberfranken, d.h. in Frontnähe, aber in einem Bereich, wo die Einstrahlung noch wirksam ist. Nach COSMO-D2 würde die Passage der Welle kaum
konvektive Umlagerungen generieren; auch stürmische Böen würden nur vereinzelt
auftreten. Auch an der Kaltfront bleibt die konvektive Aktivität eher schwach.
Erst ab dem späten Abend kommen aus dem Jura heraus und auf den Südwesten Deutschlands übergreifend konvektive Umlagerungen bis hin zum Unwetter (mit Sturmböen) in Gang.
Andere Modelle, wie z.B. AROME, lassen bereits im Bereich des Wellenkopfes hochreichende und unwetterträchtige Konvektion zu, die nordostwärts bis auf den
Berliner Raum ausgreift. Ab dem Abend können sich demnach von Südwesten her staffelartig Gewitter organisieren, die im Süden ostwärts übergreifen. Aufgrund
der synoptischen Voraussetzungen scheinen einige Modelle die am Sonntag zu erwartenden Entwicklungen, vor allem, was die Böen betrifft, zu unterschätzen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann