S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Sonntag, den 02.06.2019 um 10.30 UTC

Schwül-warm bis heiß und immer wieder teils kräftige Gewitter mit Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 09.06.2019

Nach dem zu kalten Mai legt der Juni nun einen Sommerwetterstart par excellence hin. Es stellt sich die Frage, ob sich die Großwetterlage dauerhaft auf sommerlich umstellt, oder ob die Erhaltungsneigung der Wetterlagen wieder zurückführt zu den altbekannten Mustern, was in diesem Fall konkret eine Rückkehr zu den Großwetterlagen TrW, TrM und TM samt Abkühlung bedeuten würde.

Ein Blick auf den neuesten 00 UTC-Lauf des IFS vom EZMW vom heutigen Sonntag zeigt zum Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Mittwoch einen markanten Langwellentrog, der sich von Grönland bis zur Biskaya erstreckt. Damit wird der Übergang von Sz zu TrW eingeleitet. Auf der Vorderseite des Trogs liegt Deutschland in einer südwestlichen Höhenströmung, in der auch die Frontalzone eingebettet ist. Dabei ist sehr warme bis heiße und teils feuchte Luft subtropischen Ursprungs eingeflossen, in 850 hPa werden satte 15 bis 20 Grad erreicht. Am Boden lässt sich nachmittags von der Nordsee über Benelux bis zu den Pyrenäen eine Tiefdruckrinne ausmachen, in der ein Frontensystem bzw. eine Luftmassengrenze integriert ist. Sie greift mit kräftigen Schauern und Gewittern
in den Abendstunden langsam auf den Westen Deutschlands über. Im Vorfeld ist in der zunehmend feucht-schwülen Luft in der Westhälfte Deutschlands lokal schon mit kräftigen Gewittern bis in den Unwetterbereich zu rechnen, möglicherweise bildet sich auch eine Konvergenz aus. Vorlaufende Konvergenzen oder Luftmassengewittern würden die Wetteraktivität im Frontbereich hemmen.

Am Donnerstag behält der Langwellentrog seine Lage in etwa bei, der Randtrog wird aber in die Nordsee geführt. Die Luftmassengrenze bzw. die schwül-heiße Luft im Vorfeld verlagert sich im Zuge dessen bis zum Abend bis in den Osten und
Südosten Deutschlands. Das Gewitter- bzw. Unwetterpotenzial verschiebt sich damit ebenfalls nach Osten und Südosten hin, während im Westen durch postfrontale Subsidenz hinter der Front bereits Stabilisierung einsetzt, die vom
IFS sogar durch ein kleines Zwischenhoch mit Zentrum über Benelux markiert wird.
Die T850 hPa sinken im Westen dann schon auf 5 bis 10 Grad.

Am Freitag hält der Zwischenhocheinfluss zunächst an, bevor sich durch einen weiteren Randtrog, der um den weiterhin fast quasistationären Langwellentrog herumläuft, neuerlich turbulentes Wetter ankündigt. Zuvor wird wieder warme Luft
aus dem Süden advehiert, sodass die T850 auf 10 bis 18 Grad steigen. Im Tagesverlauf formiert der Randtrog dann ein Gewittertief über Frankreich, dessen
Zentrum abends etwa bis zum Ärmelkanal vorankommt. Die Ausläufer des Tiefs greifen in den Nachmittagsstunden auf den Westen und Nordwesten Deutschlands über. Erneut scheinen im Vorfeld auch Luftmassengewitter oder sogar Konvergenzen
möglich, wobei die Qualität der Luftmasse und die dynamischen Aspekte aus der Höhe wieder unwetterartige Ausmaße zulassen dürften.

Am Samstag verlagert sich der Randtrog bei nach wie vor kaum veränderter Lage des Langwellentrogs wie der Randtrog am Donnerstag in die Nordsee. Die Luftmassengrenze schwenkt dadurch nach Osten und Südosten hin durch, dort herrscht noch Unwetterpotenzial. Im Westen setzt dagegen erneut Stabilisierung ein, die T850 hPa sinken diesmal sogar bis auf 3 bis 8 Grad.

Am Sonntag verbleiben wir in einer südwestlichen Strömung auf der Vorderseite des Langwellentrogs, der allmählich Alterungserscheinungen aufweist. Ein flacher
Rücken sorgt für neuerlichen Zwischenhocheinfluss. Die warme Luft aus dem Süden macht wieder Boden gut nach Norden, die T850 hPa steigen auf 5 Grad im Norden und bis zu 14 Grad im Süden.

In der erweiterten Mittelfrist ab Montag tropft der Langwellentrog allmählich Richtung Iberische Halbinsel ab, womit die südliche bis südwestliche Strömung bei uns erhalten bleibt. Erneut gelangen wir durch Randtröge in den Grenzbereich
der Luftmassen. So wird es erneut schwül-heiß (T850 hPa 9 bis 17 Grad) mit der Tendenz zu kräftigen Gewittern.

Es lässt sich abschließend sagen, dass die Großwetterlage TrW dem Hauptlauf zufolge die gesamte Mittelfrist beherrscht, ohne in TrM oder TM überzugehen. Eine Rückkehr zu kaltem Wetter wie in den vergangenen Wochen scheint damit – vorbehaltlich der Ergebnisse der anderen Modelle bzw. Ensembles – nicht stattzufinden.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen 00 UTC-Laufs des EZMW zu seinen beiden gestrigen Vorläufen lässt sich zunächst als sehr hoch einschätzen. Unterschiede im Detail sind naturgemäß vorhanden, ändern aber am Wetterablauf nur Unwesentliches. Etwas
größer werden die Unterschiede in der erweiterten Mittelfrist ab übernächsten Montag. Im neuesten Lauf tropft der Langwellentrog westlich von uns zur Iberischen Halbinsel hin ab, ohne dass das nördliche Residuum über Deutschland hinweg zieht. Das zugehörige Bodentief dieses Residuums ist mit seinen Fronten daher nicht mehr zu sehen. Somit kann sich postfrontal auch nicht kältere Luft von Nordwesten her durchsetzen und die Zufuhr schwül-warmer Luft und Tendenz zu Gewittern bleiben erhalten, zumal sich über Westdeutschland erneut eine Luftmassengrenze ausbildet. Das Wetterlagen-Muster dieser Woche setzt sich dadurch fort.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Gänzlich neue Ansätze können ICON und GFS im Vergleich zum EZMW nicht aufzeigen.
Erst zum Sonntag und Montag hin ergeben sich größere Unterschiede, die vor allem
auf den Langwellentrog bezogen sind. GFS lässt den Randtrog vom Samstag nach Südskandinavien hin abtropfen und belässt einen Troganteil über den Britischen Inseln. Ähnlich geht auch ICON vor, wobei Randtrog und Langwellentrog miteinander verbunden bleiben. Somit bietet ICON noch die kälteste Lösung (T850 hPa zwischen 3 Grad im Norden und 12 Grad im Süden), beim GFS sind ähnliche Temperaturen wie beim EZMW zu erwarten. GEM ist dem GFS am ähnlichsten, belässt die Luftmassengrenze ab Montag aber deutlich weiter westlich, was ein sehr hohes
Temperaturniveau bei geminderter Konvektion zur Folge hätte. NAVGEM lässt den Langwellentrog am Sonntag über den Britischen Inseln liegen, sodass wir auf der Vorderseite in westlicher bis südwestlicher Strömung verbleiben. Leicht zyklonaler Einfluss bei moderaten Temperaturen wären dabei zu erwarten.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für diverse deutsche Städte sind beim Geopot 500 hPa und bei T850 hPa bis zum Freitag eng gebündelt und bestätigen den Hauptlauf mit dem Auf und Ab der Temperaturen. Ab Samstag öffnet sich der Spread, ab Sonntag sogar sehr deutlich. Bei den Temperaturen in 850 hPa ist sogar eine Varianz von 20 Kelvin gegeben (zwischen 0 und 20 Grad)! Median, Haupt- und Kontrolllauf tendieren zu etwas wärmeren Lösungen (meist um 10 Grad).

Die Clusteranalyse liefert nur von Sonntag bis Dienstag einen Mehrwert. In diesem Zeitraum gibt es 6 relativ gleichverteilte Cluster, die alle auf Blocking
gepolt sind. Der für uns interessante Langwellentrog wird in sehr stark unterschiedlichen Varianten gezeigt, die keine eindeutige Aussage zulassen.

FAZIT: Die Wetterlage scheint bis zum Freitag mit dem Wechsel von Zwischenhocheinfluss mit steigenden Temperaturen (Mittwoch, Freitag) und anschließenden kräftigen Gewittern mit Unwetterpotenzial und Abkühlung (ab Mittwochnachmittag bzw. ab Freitagnachmittag) recht klar zu sein. Ab Samstag gehen die Lösungen dann auseinander. Der Samstag selber wird vermutlich von lokal kräftigen Gewittern im Osten und neuerlichen Zwischenhocheinfluss im Westen geprägt. Ab Sonntag ist kaum noch eine belastbare Vorhersage möglich. Alles in allem scheint die Lösung des 00 UTC-Laufs des EZMW mit recht hohen Temperaturen und erneuter Gewittergefahr als Mittellösung aller Lösungen nicht abwegig zu sein. Die Möglichkeit sehr heißen oder sehr kalten Wetters steht aber auch immer noch im Raum.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

EFI zeigt am Mittwoch in der Westhälfte Deutschlands und am Osten im Osten Signale für überdurchschnittlich hohe CAPE- und CAPE SHEAR-Werte. Diese Signale bestätigen die oben bereits erwähnte Unwettergefahr. Am Freitag gibt es von EFI keine Signale für hohe CAPE-Werte. Dennoch sind auch an diesem Tag aufgrund der beteiligten Luftmassen und der Dynamik kräftige Gewitter mit lokaler Unwettergefahr nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus liefert EFI am Mittwoch Hinweise für überdurchschnittlich hohe Temperaturen für weite Teile Deutschlands.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW-Det., EZMW-MOS, EZMW-Ens.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler