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Wetter aktuell

Orkan DETLEF - Phönix aus der Asche



Am ersten Oktoberwochenende hat der Orkan AMY, in Deutschland als
Sturmtief DETLEF benannt, auf den Britischen Inseln sein Unwesen
getrieben. Aber auch in Deutschland war und ist der Sturm deutlich zu
spüren. Der Orkan hat dabei nicht nur in Großbritannien einige
Rekorde gebrochen, auch die Entstehungsgeschichte und der weitere
Verlauf sind durchaus interessant.



Jede gute Geschichte beginnt am Anfang, und der Anfang dieser
Entstehungsgeschichte liegt bereits 10 Tage zurück. Zunächst muss
nämlich der Verlauf eines ganz anderen Wetterphänomens betrachtet
werden ? die Entwicklung des Hurrikans HUMBERTO. HUMBERTO wurde am
25. September zum Tropensturm ernannt und erreichte vom 27. auf den
28. September seinen Höhepunkt als Hurrikan der höchsten Kategorie 5
mit Spitzenwindgeschwindigkeiten von bis zu 260 Kilometer pro Stunde.
Danach schwächte sich der Hurrikan ab und verlor sein
charakteristisches Auge. Am 01. Oktober verlor er dann auch seinen
Status als Hurrikan. Es war keinerlei Zirkulation mehr vorhanden. Der
Hurrikan war quasi tot und nur noch die feuchtwarmen Überreste des
?Kopfes?, sichtbar als großer Wolkencluster, zog mit der
Höhenströmung entlang der Frontallinie nach Nordosten.

Doch wie heißt es so schön: ?Die Totgeglaubten leben am längsten.? Am
Tag der Deutschen Einheit stieg er wie ein Phönix aus der Asche. Ein
neues Tief entwickelte sich im Bodendruckfeld und nahm die übrig
gebliebene Energie des ehemaligen Hurrikans dankbar auf. Mit einer
unglaublichen Geschwindigkeit zog das Tief angetrieben vom Jetstream
in der Höhe über den Nordatlantik ostwärts und nahm Kurs auf Irland.
Dabei vertiefte sich der Sturm an der Vorderseite eines Höhentroges
und mit der zusätzlichen Feuchte des ehemaligen Tropensturms. Der
Kerndruck lag am 03. Oktober 2025 um 00 UTC bei etwa 995 hPa.
Innerhalb von 12 Stunden fiel der Kerndruck des Sturms bereits um
mehr als 20 hPa. Als Orkan traf das Tief dann den Nordwesten Irlands.
Seinen tiefsten Druck über Großbritannien erreichte der Orkan in der
Nacht zum Samstag. Bei den Shetland-Inseln wurden 947,9 hPa gemessen
- ein neuer Oktoberrekord für Großbritannien. Den Berechnungen
zufolge fiel der Druck des Orkans im weiteren Verlauf mit Verlagerung
des Kerns nach Nordosten noch weiter unter 945 hPa. Messungen über
See gab es aber nicht.

Nicht nur beim Luftdruck wurden in Großbritannien Rekorde gebrochen,
auch die Windgeschwindigkeiten hatten es in sich. In Magilligan in
Nordirland wurden 92 Knoten, also knapp 150 Kilometer pro Stunde
gemessen, auch ein Oktoberrekord. In Tiree, einem Ort in Schottland,
lag die gemessene Spitzenböe sogar mit 96 Knoten etwas über 150
Kilometer pro Stunde. Im Vergleich dazu lagen die
Windgeschwindigkeiten in Deutschland am gestrigen Samstag deutlich
darunter. Aber auch hier war es stürmisch. Verbreitet blies der Wind
in Böen zwischen 60 und 80 Kilometer pro Stunde. An der Nordseeküste
und in Gipfellagen traten schwere Sturmböen um 100 Kilometer pro
Stunde auf.

Aktuell befindet sich das Tief über Südnorwegen und ist dabei sich
wieder abzuschwächen. Im Tagesverlauf des heutigen Sonntags zieht das
Tief über Dänemark hinweg bis zur südlichen Ostsee. Die Annäherung
des Tiefs führt trotz Abschwächung noch dazu, dass die Winde auch
heute vor allem an der Nordseeküste bis in den Sturmbereich
auffrischen. Zusätzlich gilt für die Nordsee und auch für die
Elbmündung und Hamburg eine Sturmflutwarnung des BSH (Bundesamt für
Seeschifffahrt und Hydrologie).

Dass das Tief diese Zugbahn nimmt war lange unklar. Die
Modellprognosen konnten bereits einige Tage im Voraus die Entwicklung
des Tiefs bis zu den Shetland-Inseln recht gut simulieren. Doch dann
schieden sich die Geister. Selbst am Freitag gab es noch sehr große
Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellen. Während ein Teil
der Modelle das Tief über die Norwegische See abziehen ließ,
entschied sich ein anderer Teil für die nun tatsächlich zutreffende
Zugbahn zur Ostsee. Es gab sogar Modellläufe, die waren sich so
uneins, dass das Tief in den Prognosen gar nicht verlagert wurde.
Dort verhungerte das Tief einfach vor der norwegischen Küste.

Am morgigen Montag liegt das bereits stark abgeschwächte Sturmtief
über der südlichen Ostsee. Im Nordosten Deutschlands werden dadurch
erneut auffrischende Winde erwartet, die im Laufe des Nachmittags
jedoch wieder rasch abflauen. Von Westen bäumt sich ein großräumiger
und mit warmer Luft gefüllter Hochdruckkeil von Spanien bis nach
Skandinavien hinauf. Auf der Vorderseite des Keils zieht das Tief
weiter nach Süden und beginnt sich dabei aufzufüllen. Über dem
Bergland Polens wird noch die letzte Feuchtigkeit herausgepresst.
Aber von antizyklonaler Höhenströmung überlaufen, hat der ehemalige
Orkan, der aus der Energie eines ehemaligen Hurrikans profitiert hat,
nun keine Chance mehr. Am Dienstag wird er über Südpolen nun
endgültig austrocknen und damit sein Ende finden.


MSc Sonja Stöckle

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.10.2025

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