Thema des Tages Satellitenmeteorologie (Teil 4) - Futterspender für Vorhersagemodelle Heute erklären wir, weshalb Wettersatelliten heutzutage unverzichtbar für jede zuverlässige Wettervorhersage sind. Wettersatelliten sind in der heutigen modernen Meteorologie nicht mehr wegzudenken. Während wir in den bisherigen Themen über Satellitenmeteorologe hauptsächlich den Nutzen von Satellitenbildern und -filmen für die Wetteranalyse und Kürzestfristvorhersage beleuchtet haben, zeigen wir heute, dass die Daten von Wettersatelliten auch für die klassische Vorhersage unverzichtbar geworden sind. Aber gibt es hierfür nicht Wettermodelle, die das Wetter für die zukünftigen Tage berechnen? Genau! Aber gerade diese numerischen Wettervorhersagemodelle benötigen Daten von Wettersatelliten als wichtiges Futter, um mit ihren Berechnungen loslegen zu können. Im heutigen Thema des Tages geben wir einen kurzen Einblick, warum die von Satelliten gewonnenen Informationen so unerlässlich sind. Dazu muss man zunächst wissen, dass Wettermodelle ganz zu Anfang einer jeden Vorhersage erst einmal den Zustand der Atmosphäre zum aktuellen Zeitpunkt so gut wie möglich kennen müssen, um überhaupt das Wetter für die Zukunft vorhersagen zu können. Man nennt diesen Anfangszustand auch Wetteranalyse. Dazu dienen natürlich die unzähligen Wetterstationen, die rund um den Globus nach einheitlichen Standards wichtige Messgrößen wie Temperatur, Feuchte, Luftdruck, Wind und Niederschlag erfassen. Diese Wetterstationen messen zwar sehr präzise, aber nur an einem bestimmten Ort. Jeder kennt es - schon wenige Kilometer entfernt kann das Wetter ganz anders sein. Zudem sind Wetterstationen nicht gleichmäßig auf der Erde verteilt. Insbesondere über Ozeanen und Wüstengebieten gibt es kaum oder keine Messungen. Auch hier könnte man sich wieder fragen, weshalb man wissen muss, wie das Wetter mitten in der menschenleeren Sahara oder in der Wüste Gobi aussieht. Da die globale Zirkulation aber rund um den Globus stattfindet, benötigen Wettermodelle genau diese Information, um das Wetter auch bei uns zuverlässig vorhersagen zu können. Für eine Vorhersage ist für die Modelle zudem die Kenntnis des Zustands der Atmosphäre in verschieden Höhen erforderlich. Diese Daten werden gewöhnlich mithilfe von Radiosonden gewonnen, die entlang ihres Aufstiegs Vertikalprofile von Temperatur, Feuchte und Wind messen. Auch Flugzeuge liefern entlang ihrer Flugroute wichtige Wetterdaten. Alle bisher genannten Messungen haben jedoch das entscheidende Problem, dass sie nur punktuell oder entlang einer Flugroute messen und es somit große Datenlücken gibt. Hier kommen die Wettersatelliten ins Spiel, da sich diese Beobachtungslücken mithilfe von Satellitendaten verkleinern oder sogar schließen lassen. Satelliten monitoren die Atmosphäre flächendeckend rund um den Globus, also auch in den Datenwüsten. Sie liefern somit essentielle Daten für die Wetteranalyse, ohne die eine präzise Vorhersage nicht möglich wäre. Beispielsweise fließen Oberflächentemperaturen von Wolken in die Modelle ein. Aus der Verlagerung von Wolken- und Feuchtestrukturen im zeitlichen Verlauf können Windvektoren abgeleitet werden. Vor allem die polarumlaufenden Satelliten (siehe Satellitenmeteorologie - Teil 3) können sogar Vertikalprofile von Temperatur und Feuchte oder Windvektoren an der Meeresoberfläche ableiten. Durch aufwändige Nachbearbeitung all dieser Satelliteninformationen erhalten wir so ein dreidimensionales Bild der globalen Wetterküche, inklusive Temperatur, Feuchte, Windgeschwindigkeit und Windrichtung. Dieses trägt enorm zur Qualitätsverbesserung der Wetteranalyse zu Beginn der numerischen Wetterprognose bei - insbesondere in Regionen oder atmosphärischen Höhen ohne ausreichende Beobachtungsdaten. Wenn aber die Satelliten ein so umfassendes Abbild vom Zustand der Atmosphäre bereitstellen, wieso benötigt man dann überhaupt noch die zahlreichen anderen Messungen? Der Haken an der Sache ist, dass die Informationen von Satelliten zwar räumlich lückenlos, aber recht ungenau sind. Dies liegt vor allem daran, dass die Satelliten aus großen Höhen die Erde abtasten und daher nicht direkt vor Ort messen. Außerdem erfassen die Satelliten nur Strahlungsintensitäten in unterschiedlichen Spektralbereichen (siehe Satellitenmeteorologie - Teil 1) und nicht die meteorologischen Parameter selbst. Vertikalprofile für Temperatur und Feuchte müssen erst mit komplexen Verfahren aus den Strahlungseigenschaften abgeleitet werden, was zu größeren Ungenauigkeiten führt. Die Vorteile von Wettersatelliten liegen also zweifelsohne in der lückenlosen dreidimensionalen Abdeckung. Demgegenüber versorgen das weltweite Messnetz aus Wetterstationen und Radiosonden das Modell mit sehr präzisen direkten Messungen der meteorologischen Parameter, die aber nur punktuell vorhanden sind. Mit der Kombination von Satellitendaten und ortsbezogenen Messungen kann der Zustand der Atmosphäre bestmöglich bestimmt werden und der Vorhersage des zukünftigen Wetters steht nichts mehr im Wege. Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe) Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 16.04.2021 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst Diesen Artikel und das Archiv der "Themen des Tages" finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema Weitere interessante Themen zu Wetter und Klima finden Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon
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DWD -> Thema des Tages 2021-04-15: Eispanzer gegen Kälte
Thema des Tages Eispanzer gegen Kälte Nach "Februarwärme" und "Märzsommer" nun Aprilwetter mit Spätfrösten - die Natur liegt unterm Strich voll im Soll. Die Talsohle bei den Temperaturen ist nun aber erreicht und es geht wieder aufwärts. Auch in der vergangenen Nacht sank das Thermometer vielerorts wieder in den Frostbereich ab. Gerade in klaren, windschwachen Nächten wie aktuell kann die Restwärme vom Boden ausgehend ungehindert in höhere Luftschichten entweichen und unmittelbar in Bodennähe wird es dadurch am kältesten. Die vom Stationsmessnetz des DWD's eingefangene Tiefsttemperatur in 2 Metern Höhe lag in der vergangenen Nacht bei -6,6 Grad an der Station Nürnberg-Netzstall. In Landshut wurden in 5 cm über dem Erdboden sogar an die -10 Grad gemessen. In den Vornächten sah es nicht viel anders aus. Wie die Übersicht aus dem gestrigen Thema des Tages eindrucksvoll zeigt, sind Spätfröste im Frühjahr keine Seltenheit. Die Wetterlagen zeigen dabei durchweg ähnliche Muster: Kaltluftausbrüche aus dem Nordmeer, wobei die Meereskaltluft bei uns von Westen bodennah rasch unter Hochdruckeinfluss gerät. Fertig ist ein gefährlicher Mix, der die oben beschriebenen Strahlungsnächte in einer trocken-kalten Luftmasse (niedrige Taupunkte) begünstigt. Das treibt so einigen Landwirten und Hobbygärtnern die Schweißperlen auf die Stirn - gerade wenn die Natur wie in diesem Jahr nach mehr als 20 Grad im Februar bereits große Fortschritte gemacht hat. Dennoch muss man festhalten, dass wir uns - phänologisch betrachtet - noch inmitten des Erstfrühlings befinden und damit ziemlich genau im langjährigen Mittel der Phänologischen Uhr (siehe auch Thema des Tages vom 05.04.2021). Der Erstfrühling zeichnet sich dadurch aus, dass die strahlend gelben Blüten der Forsythie erstmals zum Vorschein kommen. Etwas später folgen Buschwindröschen, Ahorn und Kirsche nach und bei Rosskastanie, Birke und Johannisbeere entfalten sich die ersten Blätter. Die Natur liegt aktuell sozusagen voll im Plan, wohingegen sie zum selben Zeitpunkt des vergangenen Jahres bereits an der Schwelle zum Vollfrühling stand. 2020 war die Flora im Vergleich somit knapp 2 Wochen weiter. Wie groß ist nun der Kältestress - sprich die Belastung der Pflanzen bei den aktuellen nächtlichen Temperaturen? Das hängt natürlich stark von der Herkunft ab. Exotische Pflanzen tropischer Herkunft können bereits bei +10 Grad erhebliche Schäden nehmen - euphorische Käufer bei über 20 Grad Ende Februar werden da nun bitter bestraft. Häufig gibt es aber auch winterharte (kälteresistente) Unterarten wie beispielsweise die Japanische Faserbanane. Viele Kohlarten und Salate sind hingegen winterhart und Fröste verleihen sogar erst einen süßlichen Geschmack. Um Grünkohl und Rosenkohl muss man sich bis -10 Grad keine Sorgen machen, Wirsing und Radicchio halten sogar strengen Frost bis -15 Grad aus. Vollkommen unempfindlich sind Pastinaken und Schwarzwurzeln, wobei das Ernten erfolgen sollte, bevor die Böden nach langen Frostperioden mehrere Zentimeter tief gefroren sind. Sonst muss der Presslufthammer her. Grundsätzlich sollte man folgende Faustregeln im Hinterkopf haben: - Je kleiner und jünger die Pflanze, desto empfindlicher ist sie. - Vor allem die Wurzeln müssen vor Frost und Kälte geschützt werden. - Laubabwerfende Pflanzen sind frosttoleranter als immergrüne Pflanzen. Gerade für die Blüten an den Obstbäumen (wie derzeit die Kirsche) gilt: - Keine Triebe: selbst strenge Fröste kein Problem - Geschlossene Knospen: unter minus 5 Grad wird's kritisch - Erste Blütenblätter zu sehen: leichter Frost liegt im Toleranzbereich - Offene Blüten: erste Schäden bereits unter 0 Grad Daher schützen derzeit viele Obstbauern die Blütenbestände wieder durch die sogenannte "Frostschutzberegnung". Dabei wird kurz vor Eintreten des Frostes durch die Sprengung mit feinen Tröpfchen ein Wasserfilm um die Blüten gelegt. Gefriert dieses, wird durch den Übergang des Aggregatzustandes von flüssig in fest Wärme freigesetzt, die die Temperatur im Eispanzer konstant bei 0 Grad hält. Auf diese Weise nehmen Knospen und Blüten keinen Schaden. Die gute Nachricht zum Schluss. Es geht in den kommenden Tagen mit den Temperaturen zögernd etwas aufwärts - vor allem nachts. Das liegt zum einen an vielen Wolken, die von Osten nach Deutschland geschaufelt werden und zum anderen wird der Zustrom der Polarluft aus Norden abgeschnitten und die Strömung dreht auf Ost. So kann sich die Luftmasse über uns langsam erwärmen, so dass wir zum Wochenende allmählich wieder auf die 15 Grad Marke zusteuern. Nach "Februarwärme" und "Märzsommer" sind wir allerdings auch mittelfristig weit von einer "Aprilhitze" entfernt. Aber auch wenn spätestens im Mai sicherlich ein paar wärmere Tage auf uns warten werden, sind die Eisheiligen Mitte Mai auch immer für ein nochmaliges Spätfrostintermezzo gut. Dipl.-Met. Robert Hausen Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.04.2021 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst Diesen Artikel und das Archiv der "Themen des Tages" finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema Weitere interessante Themen zu Wetter und Klima finden Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon
DWD -> Thema des Tages 2021-04-14: Frostiges Frühjahr
Thema des Tages Frostiges Frühjahr Im heutigen Tagesthema geht es um eine Zwischenbilanz des Aprils 2021 und die Halbzeitbilanz beim Frühjahr. Oft täuscht das subjektive Empfinden über die Statistik hinweg. Doch dieses Mal trügt das Gefühl eines bisher außerordentlich kalten April nicht. Auch lassen sich seit dem Februarfrühling viele Frostnächte finden. Daher wollen wir heute gemeinsam mal etwas näher auf die Halbzeitbilanz des Frühjahres 2021 und speziell den bisherigen Aprilverlauf schauen. Die Grafiken zu allen Statistiken sind zu finden unter: https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/4/14_Bild.png Blicken wir zunächst auf den zweiten Frühlingsmonat. Das vieljährige Mittel (1991 bis 2020) für ganz Deutschland liegt im April bei 9°C und damit 1.6 Grad höher als noch in der Referenzperiode von 1961 bis 1990. Der besagte Monat hat sich also mit Blick auf das 30-jährige Mittel im Vergleich zu den anderen Monaten am stärksten erwärmt. Siehe dazu auch das Thema des Tages vom 24.01.2021. In diesem Jahr verläuft der April aber zumindest in Bezug auf die Temperatur eher gegen den Trend. So liegt die derzeitige Durchschnittstemperatur für Deutschland bei gerade einmal 5°C und damit 4 Grad unter dem neuen vieljährigen Mittelwert von 1991 bis 2020. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag die Durchschnittstemperatur bei 10.4 Grad und im Jahr 2018, dem bisher wärmsten April seit Aufzeichnungsbeginn, bei 12.3 Grad. Im Rekordjahr 2018 wurde in der dritten Dekade des Monats auch schon die 30 Grad Marke erreicht. Damit ist der April 2021 derzeit über 7 Grad kälter als im Rekordjahr 2018. Und noch ein anderer Vergleich: Im Vormonat März lag die deutschlandweite Durchschnittstemperatur bei 4.8°C. Bis jetzt ist der April also vergleichbar warm, wie der durchschnittlich verlaufene März 2021. Auch wenn man mit einer hohen Wahrscheinlichkeit annehmen kann, dass der diesjährige zweite Frühlingsmonat zu kalt ausfällt, fehlt aber in der Bilanz noch ein halber Monat. Da wenig überraschend die zweite Aprilhälfte in aller Regel im Jahresgang wärmer ausfällt, als die erste Hälfte, muss abgewartet werden, wie groß die Zahl hinter dem Minus am Ende sein wird. Zudem zeigt ein Vergleich mit den Kälterekorden, dass es im April durchaus noch kälter sein kann. So wurde im Jahr 1917 über den gesamten(!) Monat eine Durchschnittstemperatur von gerade einmal 4.3 Grad gemessen. Nun werfen wir nochmal einen Blick auf den bisherigen Verlauf des Frühjahres 2021 mit seinen schon zahlreichen Auf und Abs. So wurde beispielsweise nach einem kalten Start in den Frühling, am Ende des Monats März ein neuer Wärmerekord aufgestellt (31.03. Rheinau-Memprechtshofen mit 27.2 Grad). Was in diesem Jahr auffällt, ist die recht hohe Anzahl an Frosttagen (also die Tage an denen die Temperatur nachts unter den Gefrierpunkt gefallen ist). Im Mittel über ganz Deutschland wurde bisher in 20 Frühjahrsnächten Frost registriert. Die größte Anzahl ist bisher im Süden Deutschlands zu verzeichnen, wo in tiefen Lagen zum Teil schön über 25 Frosttage zusammenkommen. Die geringste Anzahl wurde bis heute im Nordwesten beobachtet (z.B. in Köln: nur 4 frostige Nächte). Schaut man sich die zurückliegenden Jahre an, so sieht man, dass in der Regel deutlich weniger Frost in den Frühlingsnächten aufgetreten ist. Dabei können insbesondere die Jahre 2019, 2017 und 2014 hervorgehoben werden. Das letzte Jahr mit viel Nachfrost im Frühjahr war das Jahr 2013, das kälteste Frühjahr seit 1987. An vielen Stationen stammt der Rekordwert an Frühlingsfrosttagen aus eben diesem Jahr. Das gilt vor allem für die mittleren Landesteile. Anders als in diesem Jahr wurde der Großteil der Frühlingsfrosttage aber im Monat März gemessen (Platz 6 der kältesten Märzmonate seit Aufzeichnungsbeginn). Weiter Jahre mit einer großen Anzahl an Frosttagen im Frühjahr waren die Jahre 1958, 1984 oder auch 1929. Auch wenn in den nächsten Nächten sicherlich noch der ein oder andere Frosttag zu erwarten ist, so werden die Rekordwerte an den verschiedenen Stationen aller Voraussicht nach nicht erreicht. Dennoch lässt sich festhalten, dass der Frühling 2021 in Bezug auf die Anzahl der frostigen Nächte im Vergleich zu den Vorjahren durchaus beachtlich ist. Das es am Ende wohl nicht zu einem Spitzenplatz unter den Frühlingsmonaten mit den meisten Frostnächten reicht liegt vor allem an der sehr warmen Phase Ende März. diese brachte aber nicht nur die Statistik durcheinander, sondern auch die Natur. Die warmen Tage Ende des letzten Monats ließen die Natur nahezu explodieren, sodass viele Obstbäume schon in Blüte stehen. Die vielen Frostnächte im April sind damit Gift für viele Obstbauern. Mittlerweile belegen es auch schon einige Studien die steigende Gefahr für den Obst- und Weinbau durch Spätfröste. Die Quintessenz der Untersuchungen ist, dass durch den Klimawandel die Blüte der Obstbäume immer früher beginnt und der Obstbau dadurch trotz der Klimaerwärmung anfälliger für Spätfröste ist. Allerdings muss auch betont werden, dass es in diesen Studien noch unterschiedliche Aussagen, abhängig von der Region und der Obstsorte gibt, sodass weitere und fortlaufende Untersuchungen notwendig sind. Für alle Wärmeliebhaber bleibt in der aktuell kalten Phase das Wissen, dass mit jedem weiteren Tag die Länge der Nächte und damit auch die Frostgefahr abnimmt. Wie schnell es manchmal gehen kann hat ja gerade der Februar dieses Jahres eindrucksvoll gezeigt. Dipl.-Met. Marcus Beyer Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 14.04.2021 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst Diesen Artikel und das Archiv der "Themen des Tages" finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema Weitere interessante Themen zu Wetter und Klima finden Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon
DWD -> Thema des Tages 2021-04-13: Vulkanblitze
Thema des Tages Vulkanblitze Die Erde brodelt fortwährend und immer wieder gibt es Vulkanausbrüche, wie vor Kurzem erst des La Soufrière auf St. Vincent und den Grenadinen in der Karibik. Häufig sind die Vulkanausbrüche von Vulkanblitzen begleitet. Doch wie entstehen diese? Es zischt und brodelt, die Erde bebt und plötzlich bricht ein Vulkan aus. Ständig passiert das irgendwo auf der Welt. Teilweise auf wirklich beeindruckende sowie auch furchteinflößende Art und Weise. Vulkanausbrüche begleiten die Menschheit seit jeher. Plinius, ein antiker Augenzeuge schildert, beispielsweise eine Gas-Aschewolke und die in ihr stattfindenden Gewitter folgendermaßen: "Eine schaurige schwarze Wolke, kreuz und quer von feurigen Schlangenlinien durchzuckt, die sich in lange Flammengarben spalteten, Blitzen ähnlich, nur größer." Solche Blitze, die denen in Gewittern ähneln, gibt es häufig bei Vulkanausbrüchen und waren schon mehrmals Gegenstand von Untersuchungen. Beispielsweise wurden an der LMU München kleine Vulkanexplosionen im Labor nachgestellt. Dabei wurde echte Vulkanasche unter hohem Druck in einem Edelstahlrohr nach oben katapultiert und der nachgestellte Vulkanausbruch mithilfe einer Hochgeschwindigkeitskammer durch Plexiglasfenster beobachtet. Dabei wurden selbst bei dieser sehr kleinen Ascheeruption sogenannte Vulkanblitze festgestellt. Diese Blitze lassen sich durchaus mit den Blitzen in herkömmlichen Gewittern vergleichen. Logischerweise ist Hochspannung in beiden Fällen die Voraussetzung, allerdings sind die physikalischen Entstehungsbedingungen mitunter sehr unterschiedlich. Damit Asche sich aufladen kann, gibt es unterschiedliche Mechanismen. Das geschieht durch Wechselwirkung mit Wasser, die Wechselwirkung mit der Umgebungsatmosphäre bzw. der natürlichen Radioaktivität, die Ladungstrennung durch fragmentieren der Aschepartikel und die triboelektrische Aufladung, die durch Reibung zwischen den Aschepartikeln entsteht. Vor allem die letzten beiden Punkte sind von größerem Interesse, denn sie sind eng mit der Dynamik von explosiven Ausbrüchen verknüpft. Bei einem Ausbruch wird nämlich Magma zerrissen, also fragmentiert und es entstehen feste Partikel, die unterschiedlich groß sind. Diese werden nun im Schlot des Vulkans sowie später auch in der Atmosphäre nach oben katapultiert und stoßen mit hoher Energie zusammen oder fliegen aneinander vorbei. Dabei kommt es nun zur elektrostatischen Aufladung und Ladungstrennung. Es entstehen also positiv und negativ geladene Teilchen. In der Aschewolke kommt es nun also ähnlich wie in einer Gewitterwolke, wo ebenfalls Ladungstrennung stattfindet, zum Aufbau einer großen Spannung. Auf der einen Seite die positiv geladenen Ascheteilchen weiter oben in der Wolke und die negativ geladenen weiter unten. Wird die Spannung nun also zu groß, kommt es zur Entladung mit dem Vulkanblitz. Diese Blitze können mit Messantennen registriert werden. Besonders relevant ist die Messung solcher Blitze für die Luftfahrt, denn es lassen sich Rückschlüsse auf die Größe der Aschepartikel ziehen und kleinere Aschepartikel halten sich länger in großen Höhen und können somit die Luftfahrt erheblich beeinflussen, wie damals im März 2010 nach dem Ausbruch des Eyjafjallajökull auf Island. Dipl.-Met. Marcel Schmid Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 13.04.2021 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst Diesen Artikel und das Archiv der "Themen des Tages" finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema Weitere interessante Themen zu Wetter und Klima finden Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon
DWD -> Thema des Tages 2021-04-12: Wetterachterbahn – erst Wärme und Gewitter, dann Kälte und Schnee
Thema des Tages Wetterachterbahn: Erst Wärme und Gewitter, dann Kälte und Schnee Die Wetterachterbahn setzt zur längerem Talfahrt an: Auf Wärme und Gewitter folgen nun Kälte und Schnee - wahrscheinlich bis zum Wochenende. In diesen Tagen werden wir in der Wetterachterbahn wieder ordentlich durchgeschüttelt. Am gestrigen Sonntag noch sorgten Temperaturen über 20 Grad und einzelne Gewitter für ein bisschen Frühsommer-Flair in der Südosthälfte Deutschlands. Davon ist am heutigen Montag überhaupt nichts mehr zu spüren: Die Wetterachterbahn setzte zu einer ausgedehnten Talfahrt an, bringt einen Temperatursturz mit regionalem Schnee und mitunter knackigen Nachtfrösten - und das noch bis zum nächsten Wochenende. Verantwortlich für den markanten Wetterwechsel zeigt sich eine Luftmassengrenze, die sich über das Wochenende diagonal über Deutschland ausbildete und seit gestern als Kaltfront von Tief WILKEN südostwärts in Bewegung setzte. Die für Luftmassen charakteristische Temperatur auf der 850-hPa-Druckfläche (etwa 1,5 km Höhe) sank von knapp 10 Grad am Sonntagabend vor der Front auf -8 Grad hinter der Front ab - ein Temperatursturz um über 15 Grad, der aufgrund des vertikalen Luftmassenaustauschs in ähnlicher Ausprägung auch am Erdboden stattfand. Der Kaltfrontregen konnte so in den Mittelgebirgen, teilweise auch bis in tiefere Lagen in Schnee übergehen. Ab etwa 400 m präsentiert sich die Landschaft teils in weißem Winterkleid, in höheren Lagen des südwestlichen und östlichen Berglandes bei Neuschneemengen zwischen 5 und 10 cm gar tiefwinterlich. Folgende Tabelle listet die um 8 Uhr MESZ (Montagmorgen) gemeldeten Schneehöhen ab 5 cm auf: Schwarzatal-Lichtenhain (Thüringen) 10 cm Burladingen-Hausen (Baden-Württemberg) 8 cm Schmücke (Thüringen) 6 cm Suhl-Gehlberg (Thüringen) 5 cm Burgstädt (Sachsen) 5 cm Tettau-Sattelgrund (Bayern) 5 cm Baiersbronn-Ruhestein (Baden-Württemberg) 5 cm Breitnau (Baden-Württemberg) 5 cm Freudenstadt-Kniebis (Baden-Württemberg) 5 cm Die Kaltfront verabschiedet sich zwar schon heute früh nach Polen, Tschechien und Österreich, wird dort durch das Tief XANDER über Oberitalien aber wieder eingebremst und behält somit noch einen gewissen Einfluss auf das Wetter im Südosten. Vor allem zwischen Alpen und den ostbayerischen sowie sächsischen Mittelgebirgen regnet und schneit es daher noch munter weiter, teils bis in den Dienstag hinein. Während sich in den Mittelgebirgen so etwa ab 400 bis 600 m nur eine dünne Schneedecke ausbildet, wird es an den Alpen mit Neuschneemengen von 10 bis 20 cm, inneralpin von stellenweisen mehr als 30 cm, nochmal tief winterlich. In der Nacht zum Dienstag und Dienstagfrüh kann es in Südostbayern sogar bis in tiefere Lagen schneien. Ansonsten stellt sich wechselhaftes Wetter mit einzelnen, gewittrigen Regen-, Schnee- und Graupelschauern ein, ohne, dass es zu nennenswertem Neuschnee kommt. Doch auch dort, wo es kein Schnee gibt, schlägt das spätwinterliche Wetter zu: Fast flächendeckend muss mit potenziell obstblüten- und blümchenschädigendem, leichtem bis mäßigem Nachtfrost gerechnet werden. Und die Hobbygärtner unter uns werden es mit Argwohn zu Kenntnis nehmen, dass bis zum Wochenende wenig Spielraum für eine spürbare Erwärmung und nächtliche Frostentschärfung besteht: Am Rande des kräftigen Hochs QUEEN über Nord- und Nordwesteuropa stellt sich bei uns eine nordöstliche Strömung ein, in der der Zustrom kalter Polarluft nicht abreißen möchte. Dipl.-Met. Adrian Leyser Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 12.04.2021 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst Diesen Artikel und das Archiv der "Themen des Tages" finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema Weitere interessante Themen zu Wetter und Klima finden Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon