#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Sonntag, den 29.12.2024 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 29.12.2024 um 10.30 UTC
Zeitweise windig bis stürmisch, in der Nacht zum Donnerstag in der
Nordwesthälfte voraussichtlich Sturmlage, an den Küsten zeitweise Orkanböen
möglich. Ab Freitag kälter, im Süden und der südlichen Mitte gebietsweise
kräftige Schneefälle möglich.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 05.01.2025
Zu Beginn der Mittelfrist und zum Beginn des neuen Jahres 2025 sticht eine sehr
zonal orientierte Höhenströmung ins Auge, die vom Atlantik bis nach Russland
reicht. In diese sind am Boden mehrere Tiefs integriert, die mit der Strömung
ostwärts ziehen. Die Frontalzone liegt noch nördlich von Deutschland, sodass der
Süden noch vom hohen Luftdruck profitiert, der von den Azoren über die Iberische
Halbinsel und dem Mittelmeer bis nach Südosteuropa reicht. Dort bleibt uns die
Grenzschichtproblematik erhalten und der Tag startet gebietsweise neblig
(wahrscheinlich auch noch durch den Böllerfeinstaub zusätzlich getriggert).
Durch etwas bessere Durchmischung (etwas mehr Wind als die Tage zuvor) kann sich
der Nebel aber zumindest gebietsweise auflösen und die Sonne kann sich für
einige Stunden zeigen. Anders gestaltet sich das Wetter in der Mitte und
insbesondere im Norden. Diese Regionen werden nämlich zunächst von einem Tief
über der mittleren Ostsee beeinflusst, welches aber rasch zum Baltikum abzieht.
Ihm folgt ein weiteres Sturmtief, das im Tagesverlauf unter Verstärkung über
Großbritannien hinweg zieht und am Abend die Deutsche Bucht erreicht. Somit
erwartet uns im Norden nicht nur ein regnerischer, sondern auch ein windiger bis
stürmischer Jahresbeginn. Verbreitet kommt es in der Nordhälfte zu starken bis
stürmischen Böen, an der Nordsee und auf den Bergen sind zeitweise schwere
Sturmböen möglich.
In der Nacht zum Donnerstag zieht das Sturmtief von der Nordsee über Dänemark
zur Ostsee, wodurch es in weiten Landesteilen zu einer weiteren Wind- bzw.
Sturmverschärfung kommt. Mit Ausnahme des äußersten Südens muss verbreitet mit
stürmischen Böen und Sturmböen gerechnet werden. Im Norden und Nordwesten sind
auch zeitweise schwere Sturmböen, im Küstenumfeld orkanartige Böen oder
Orkanböen wahrscheinlich. Ob mit dem Kaltfrontdurchgang auch im Binnenland
orkanartige Böen auftreten, muss noch abgewartet werden.
Am Donnerstag zieht das Sturmtief rasch ostwärts ab. Über dem nördlichen
Atlantik formiert sich derweil ein Hochdruckgebiet. Zwischen diesem und dem
tiefen Luftdruck über Nord- und Nordosteuropa kann Kaltluft nach Süden
vorstoßen. Die Kaltfront erreicht den Süden, wobei der Regen allmählich in
Schnee übergeht. Im Norden und in der Mitte (rückseitig der Kaltfront) kann es
einzelne Schneeschauer geben. Mit dem abziehenden Tief lässt der Sturm wieder
nach; vor allem in der ersten Tageshälfte, im Osten und Nordosten auch noch am
Nachmittag, muss aber im Binnenland noch mit stürmischen Böen gerechnet werden.
An der Ostsee treten schwere Sturmböen, anfangs auch noch Orkanböen auf.
Ab Freitag wird die Prognose unsicher. Dies liegt an einem Randtief eines
Zentraltiefs über dem zentralen Nordatlantik, das sich von diesem abkoppelt und
als eigenständiges Tief ostwärts über die Biskaya und Frankreich nach
Mitteleuropa ziehen soll. Der zeitliche Ablauf dieses Vorgangs, die Zugbahn des
Tiefs und dessen Intensität wird von den Modellen und den einzelnen IFS-Membern
noch sehr unterschiedlich simuliert. Da sich nördlich dieses Tiefs über dem
Atlantik weiterhin ein Hoch und über Nord- und Nordosteuropa tiefer Luftdruck
befinden, kann mit einer nördlichen bis nordwestlichen Strömung kalte Polarluft
nach Mitteleuropa einfließen und die 850hPa-Temperaturen sinken unter -5 Grad.
Demnach kann es auf der Nordseite des durchziehenden Tiefs am Freitag und/oder
Samstag zu skaligen Schneefällen bis in tiefe Lagen kommen. Südlich des Tiefs
schwankt die Schneefallgrenze stark, sodass dort je nach Zugbahn vorübergehend
auch mal bis in mittlere oder gar höhere Mittelgebirgslagen Regen fallen könnte.
Am Sonntag schwächt sich das Hoch über dem Atlantik ab, über Nord- und
Nordosteuropa liegt ein umfangreicher Langwellentrog. Deutschland verbleibt in
der Kaltluft, sodass etwaige Niederschläge wahrscheinlich als Schnee fallen
dürften. Für weitere Details ist es aber noch zu früh.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz der letzten drei IFS-Läufe ist recht mau. Die Unterschiede
beginnen bereits mit dem Sturmtief, das in der Nacht zum Donnerstag von der
Nordsee über Dänemark zur Ostsee zieht. Die Verlagerung wird von Lauf zu Lauf
schneller simuliert und auch bei der Ausdehnung und Intensität des Sturmfelds
gibt es noch gewisse Unsicherheiten. Richtig unsicher wird es dann mit dem Tief,
das am Freitag und Samstag von der Biskaya/Ärmelkanal kommend über Mitteuropa
hinwegzieht. Sowohl die Intensität als auch das Timing und die Zugbahn wird von
den Läufen noch sehr unterschiedlich simuliert, was eine konkrete
Wettervorhersage unmöglich macht. So kann man nur sagen, dass auf der Nordseite
des Tief markante Schneefälle bis in Flachland möglich sind. Wann, wo und ob das
der Fall sein wird, bleibt abzuwarten.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Auch mit der Konsistenz der anderen Globalmodelle sieht es nicht sonderlich
rosig aus. Die genaue Sturmentwicklung in der Nacht zum Donnerstag wird noch
unterschiedlich simuliert. So zeigte der 00UTC-Lauf des ICON im Nordwesten mit
Kaltfrontdurchgang noch orkanartige Böen bis weit ins Binnenland, während der
06UTC-Lauf ca. 1-2 Bft schwächer ist.
Auch mit dem nachfolgenden Tief haben ICON und GFS noch Probleme. Je nachdem,
wie das Tief zieht und wie intensiv es ausfällt, sind im Süden und in der Mitte
durchaus „Überraschungen“ wie heftige Schneefälle bis in tiefe Lagen möglich.
Südlich des Tiefs schwankt hingegen die Schneefallgrenze stark und könnte bei
einer nördlichen Zugbahn im Süden auch mal bis in mittlere oder höhere Lagen
ansteigen.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen zeigen ebenfalls, dass das ruhige Hochdruckwetter ein Ende
nimmt. Das Geopotential sinkt kontinuierlich und ab Mittwoch/Donnerstag nehmen
die Niederschlagssignale zu.
Bei den 850hPa-Temperaturen ist der Kaltfrontdurchgang in der Nacht zum
Donnerstag (im Süden am Donnerstag) klar an einem sprunghaften Rückgang der
Temperatur zu erkennen. Auffällig ist, dass nachfolgend die 850hPa-Temperatur in
den meisten Membern winterlich kalt bleibt (-7 bis -10 Grad), wobei der
Hauptlauf zu den kältesten zählt. Es gibt aber auch einzelne Member, die wieder
einen Anstieg der Temperatur zeigen, sodass der winterliche Witterungsabschnitt
noch nicht eingetütet ist.
Bei den Clusteranalysen werden für den Zeitraum t120h-168h trotz der
beschriebenen Unsicherheiten alle Läufe in ein einziges Cluster zusammengefasst,
das dem Regime „Atlantic Ridge“ zugeordnet wird.
Im Zeitraum t192-240h werden 3 Cluster angeboten. Haupt- und Kontrolllauf
werden Cluster 2 (19 Member) zugeteilt, das über alle Tage beim „Atlantic Ridge“
System verbleibt. Cluster 1 (20 Member) geht zu einer negativen NAO über und
zeigt wieder eine zunehmende Zonalisierung der Strömung. Auch Cluster 3 geht zu
einer negativen NAO über.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
WIND/STURM:
Der Jahreswechsel bzw. der Jahresbeginn gestalten sich im Norden und in der
Mitte verbreitet windig bis stürmisch. An der Nordsee und in Kamm- und
Gipfellagen sind zeitweise sogar schwere Sturmböen (10 Bft) möglich.
Den Höhepunkt der Sturmentwicklung bildet der Durchzug des Sturmtiefs in der
Nacht zum Donnerstag. Verbreitet kommt es dann zu stürmischen Böen und Sturmböen
(8-9 Bft) aus Südwest, später West. Im Norden und Nordwesten sind zeitweise
schwere Sturmböen (10 Bft), mit Kaltfrontdurchgang einzelne orkanartige Böen (11
Bft) nicht ausgeschlossen. An Nord- und Ostsee sowie auf den Bergen drohen
ebenfalls zeitweise orkanartige und Orkanböen (11-12 Bft), dabei dreht an der
Kaltfront der Wind von Südwest auf Nordwest.
Für konkrete Details zur Sturmentwicklung ist es noch zu früh.
Am Donnerstag lässt der Wind von Westen her allmählich nach.
Am Freitag und Samstag sind im Süden sowie an Nord- und Ostsee zeitweise starke
bis stürmische Böen (7-8 Bft) aus West möglich.
SCHNEE:
Im Süden sinkt mit Durchzug der Kaltfront die Schneefallgrenze am Donnerstag
allmählich bis in tiefe Lagen. Dabei sin vor allem in mittleren und höheren
Lagen markante Schneefälle wahrscheinlich.
Je nach Zugbahn des oben erwähnten Tiefs besteht vor allem im Süden und der
südlichen Mitte das Potential für gebietsweise markante Schneefälle bis in tiefe
Lagen, in den süddeutschen Mittelgebirgen und in den Alpen sind diese sogar
wahrscheinlich. Die Wetterlage ist allerdings noch sehr unsicher.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON, ICON-EPS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dr. rer. nat. Markus Übel