SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 25.07.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Sommerlich warm, im Süden am Samstag heiß.
Mit Passage einer schleifenden Kaltfront am Freitag zunächst im Nordwesten und
Westen vereinzelt kräftige Gewitter. Am Samstag dann gebietsweise Starkregen, in
der Südhälfte einzelne Gewitter mit Unwetterpotenzial.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines breit angelegten
Höhentroges über Westeuropa, der sich von den Britischen Inseln allmählich auf
die Nordsee ausgeweitet. Dieser schiebt einen durch trogvorderseitige WLA
gestützten Höhenrücken vor sich her, der bis Freitagfrüh langsam das
Vorhersagegebiet ostwärts überquert. Dahinter stellt sich eine leicht
diffluente, aber sonst relativ glatte westsüdwestliche Höhenströmung ein.
Somit verläuft die Nacht in weiten Teilen Deutschlands noch wettertechnisch
ruhig und störungsfrei. Etwas davon ausgenommen ist allerdings die
Nordwesthälfte. Dort hat sich bereits tagsüber die zunehmende WLA mit dem Aufzug
hoher und vom Niederrhein bis zur Nordsee auch mittelhoher Bewölkung bemerkbar,
aus der bisher aber kaum Regen fällt. Diese ist gekoppelt an die Warmfront des
mit dem Trog interagierenden Zentraltiefs „JOHANNA“, das knapp südlich von
Island seine Kreise zieht. Im Laufe der Nacht überquert die Warmfront den
Nordwesten Deutschlands mit meist leichten Regenfällen, die sich über Teile von
NRW nach Niedersachsen und Schleswig-Holstein auswieten, nordostwärts. Meist
fallen 1 bis 5 l/qm, etwa von Niederrhein über das Emsland bis in den Westen von
Schleswig-Holstein 5 bis 10 l/qm. Die Kaltfront befindet sich aktuell noch über
der westlichen Nordsee und dem Ärmelkanal; sie bekommt durch einen Randtrog, der
die Nordsee im Laufe der Nacht nordnordostwärts überquert, etwas Schub und
erreicht in den Frühstunden die Niederlande sowie dien Westteil der Deutschen
Bucht. Präfrontal wird bereits im Laufe der Nacht eine sehr feuchte (PPWs teils
über 35 mm) und potenziell instabile Luftmasse aus Südwesteuropa bzw. von der
Biskaya in den Westen und Nordwesten Deutschlands gesteuert. Somit nehmen die
Niederschläge mehr und mehr konvektiven Charakter an, sind also gebietsweise
schauerartig verstärkt. Ob es für einzelne eingelagerte Gewitter reicht (etwas
MU-Cape steht zur Verfügung), ist noch unklar, aber durchaus nicht
ausgeschlossen.
In Teilen der Mitte und im Südwesten werden die Wolken im Laufe der Nacht auch
allmählich dichter, es bleibt aber noch trocken, der Osten und Süden verbleiben
dagegen noch im Einflussbereich der aus dem ehemaligen Hoch „GUSTAV“
hervorgegangenen Hochdruckzone, die vom östlichen Mitteleuropa bis nach
Frankreich reicht. Dort ist es vielerorts gering bewölkt oder auch klar. Während
es unter den dichten Wolken in der Nordwesthälfte mit Minima zwischen 19 und 15
Grad sehr mild bleibt, kühlt es im Osten und Süden nochmals auf 16 bis 11 Grad,
in einigen Senken und Mittelgebirgstälern auch darunter ab.

Freitag … verabschiedet sich der Höhenrücken ins östliche Mitteleuropa, so
dass sich die leicht zyklonale und diffluente westsüdwestliche Höhenströmung auf
ganz Deutschland ausbreiten kann. Diese verläuft zunächst einigermaßen glatt,
mit Ausnahme von Nordostfrankreich bzw. Südwestdeutschland, wo sich bei
genauerem Hinschauen ein kleinräumiger kurzwelliger Troganteil bzw. eher ein
IPV-Maximum ausmachen lässt, das sich im Tagesverlauf unter Konturverlust rasch
etwa vom Saarland, der Pfalz und dem Norden Baden-Württembergs rasch über den
Norden und die Mitte Bayerns hinweg ostwärts verlagert und dort ein wenig
dynamischen Hebungsinput liefert. Die Luftmasse ist dort zwar indifferent bzw.
eher stabil geschichtet, aber dennoch so hochreichend nahezu feuchtegesättigt,
dass ein kleiner Hebungsinput für dichte Wolkenfelder und etwas Regen reicht,
der über diese Regionen hinweg langsam ostwärts zieht. Allerdings haben ein
solches Szenario lediglich ICON-EU bzw. ICON-D2 und abgeschwächt auch AROME und
UK10 auf der Agenda, was vor allem die Bewölkungsprognosen für Teile
Süddeutschlands erschwert (längere sonnige Abschnitte erst südlich der Donau
statt schon südlich des Mains), warntechnisch ist es nicht aber weiter von
Belang.
Interessanter gestaltet sich die Wetterentwicklung dagegen in der Nordwesthälfte
und später auch im Westen. Die Kaltfront greift im Tagesverlauf auf den
Nordwesten über und kommt über Norddeutschland allmählich ostwärts voran,
während sie über der Mitte ins Schleifen gerät. Präfrontal gibt es vor allem
über Norddeutschland weitere schauerartige Regenfälle, wobei im Tagesverlauf
dort durch einen leichten Rückgang der 50 hPa-Temperatur und etwas Einstrahlung
im Vorfeld die potenzielle Instabilität zunimmt und vor allem vom nördlichen
Niedersachsen über Schleswig-Holstein bis nach Vorpommern gebietsweise um oder
gar etwas mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert werden können. Die PPWs bleiben
mit 35 mm und mehr weiterhin recht hoch und die Scherungsbedingungen verbessern
sich im Tagesverlauf noch etwas, die beste Cape/Shear-Überlappung findet man
nach I-D2 grob über dem mittleren und östlichen Niedersachsen und
Schleswig-Holstein. Vor allem dort sind somit auch Gewitter denkbar, bei
günstigen Scherungsbedingungen (um 25 m/s DLS) durchaus auch mit organisierten
Strukturen. Dann kommen markante Begleiterscheinungen (Starkregen, kleinkörniger
Hagel, Sturmböen) in Frage, das Unwetterpotenzial bleibt eher gering. Unsicher
ist, ob es auch postfrontal noch für einzelne Gewitter reicht. Die
Luftmassengegensätze verwaschen bei einem insgesamt immer flauer werdenden
Druckgradienten im Frontbereich immer mehr, die instabile Luftmasse kann auch
postfrontal zunächst nicht so richtig ausgeräumt werden (erst wohl abends an der
Nordsee und im Emsland). Vor allem SuperHD hat auch postfrontal noch einige
Gewitter auf der Agenda, I-D2 dagegen so gut wie keine.
Mit Annäherung eines weiteren kurzwelligen Troganteiles wird dann die über
Frankreich schleifende und wellende Kaltfront etwas aktiviert und entsprechend
kann sich auch eine Frontalwelle, die abends den Nordosten Frankreichs erreicht,
verstärken. Im Vorfeld greifen am Nachmittag auch auf den Westen gebietsweise
schauerartige Regenfälle über, wobei durchaus auch einzelne Gewitter mit von der
Partie sein können; Cape ist zwar etwas niedriger als im Norden, die
Scherungsbedingungen aber ähnlich, so dass sich die Begleiterscheinungen
ebenfalls im markanten Warnbereich abspielen dürften.
Im Osten, in Teilen der Mitte (je nachdem, wie weit die Gewitter im Westen bis
zum Abend vorankommen, nach Lesart einiger Modelle könnte dann eventuell auch
noch Hessen betroffen sein) und im Süden verläuft der Tag dagegen wetter- und
warntechnisch noch ruhig, aber vielerorts bereits eher bewölkt, lediglich in der
Lausitz, am Erzgebirge sowie vor allem vom Schwarzwald bis zum Oberpfälzer Wald
und weiter südlich scheint länger die Sonne. Eventuell kann es ein Gewitter aus
dem inneralpinen Bereich bis in die Bayerischen Alpen schaffen, die
Wahrscheinlichkeit dafür ist aber nur gering.
Während es im Nordwesten postfrontal mangels Gradienten nur sehr langsam abkühlt
(T850 hPa abends noch um 9 Grad), wird in den Süden ein Schwall sehr warmer
Subtropikluft gesteuert (T850 hPa südlich der Donau bis 17 Grad). Somit bleibt
es im Nordwesten warm mit Höchstwerten zwischen 20 und 24 Grad, sonst wird es je
nach Bewölkung warm bis sehr warm mit 23 bis 27 Grad, im Süden auch bis nahe 30
Grad.

In der Nacht zum Samstag greift von Nordwesten her ein Randtrog auf Irland über,
ein weiterer nähert sich der Biskaya an, so dass sich der Langwellentrog als
Ganzes nach Südwesten ausweitet und die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet
geringfügig aufsteilen kann.
Der kurzwellige Troganteil über Frankreich erreicht ausgangs der Nacht die
Westhälfte Deutschlands. Er treibt auf seiner Vorderseite die Frontalwelle an,
die mit schauerartigen Regenfällen langsam über den Westen und die Mitte
Deutschlands hinweg nordostwärts zieht. Die frontale Hebung wird dabei vor allem
nach Lesart der ICON-Kette auch dynamisch (PVA) etwas gestützt, zudem ist die
gehobene Luftmasse nahezu feuchtegesättigt, somit fallen die teils konvektiv
durchsetzten Niederschläge (MU-Cape ist durchaus noch vorhanden) gebietsweise
recht üppig aus, kurze eingelagerte Gewitter sind ebenfalls möglich.
Somit dürften gebietsweise die Warnschwellen für mehrstündigen Starkregen
„gerissen“ werden; I-D2-EPS deutet einen Streifen von Rheinland-Pfalz über Teile
von Hessen bis nach Südostniedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an, wo das
mit leicht erhöhten Wahrscheinlichkeiten der Fall sein könnte, SuperHD hat sogar
ein relativ kleines MCS auf der Agenda, der auf etwas südlicherer Zugbahn
ostnordostwärts ziehen soll.
Modelltechnisch ist also noch einiges an Spielraum vorhanden, dennoch sollte
durchaus Starkregen in Betracht gezogen werden, zu mehr als markant dürfte es
aber eher nicht reichen.
Postfrontal bleibt es in der Nordwesthälfte, genauso wie präfrontal im Süden
noch trocken. Die Minima liegen im Nordwesten meist zwischen 16 und 12 Grad (auf
den Nordseeinseln etwas darüber), sonst zwischen 19 und 14 Grad.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag … gelten nach wie vor die Ausführungen in der Frühübersicht. Diesen
soll an dieser Stelle auch nicht viel mehr hinzugefügt werden, da nach wie vor
unklar ist, wie sich die in etwa über der Mitte schleifende Front verhält. Von
Frankreich her nähert sich eine weitere Frontalwelle, vorher klingen die
schauerartigen Regenfälle (kurze eingelagerte Gewitter nicht ausgeschlossen)
nach Abzug der ersten Welle aber von Westen her ab.
Angetrieben durch den markanten kurzwelligen Randtrog, der von Irland kommend im
Laufe des Tages die Britischen Inseln rasch überquert, abends die Nordsee
erreicht und bereits nachts auf Westdeutschland übergreift, überquert eine
zweite Frontalwelle ab den späten Nachmittags- und Abendstunden sowie in der
ersten Hälfte der Nacht zum Sonntag mit schauerartigen Regenfällen, in die auch
einzelne Gewitter eingelagert sein können, recht zügig die Mitte Deutschlands
ostwärts, rückseitig erreicht die Kaltfront Sonntagfrüh die Südhälfte.
Mit Annäherung bzw. Übergreifen der Welle auf den Westen und die Mitte des
Vorhersagegebietes kann es an deren Südflanke bzw. auch weiter nach Süden
abgesetzt am Nachmittag/Abend innerhalb der sehr warmen und potenziell
instabilen Luftmasse (PPWs nach wie vor um 35 mm, gebietsweise mehr als 500 J/kg
ML-Cape) durchaus kräftige Gewitter geben, bei guten Scherungsbedingungen sind
auch organisierte Systeme mit Unwetterpotenzial denkbar. Ob es ganz im Süden
(Südschwarzwald bis Alpenvorland) auch für dann durchaus kräftige bzw.
unwetterartige Gewitter reicht, ist nach wie vor unklar aus den in der
Frühübersicht beschriebenen Gründen.
Im Nordwesten und Norden bleibt es zunächst meist trocken und vor allem im
Nordseeumfeld scheint auch länger die Sonne bei (T850 hPa zwischen 7 und 10
Grad) Höchstwerten zwischen 20 und 24 Grad. Erst im Laufe der Nacht kann es auch
dort mit Übergreifen des Troges einzelne Schauer oder kurze Gewitter geben.
In einem breiten Streifen vom Westen über die Mitte bis in die Osthälfte lockern
die Wolken zwischen den beiden Frontalwellen tagsüber nur gebietsweise mal auf
und es kann auch immer mal wieder regnen bzw. einzelne Schauer, bei etwas
Einstrahlung vorher auch Gewitter geben. Dort werden meist Höchstwerte zwischen
22 und 27 Grad erreicht.
Im Süden und Südosten scheint dagegen vor den Gewittern länger die Sonne, mit
leichter Föhnunterstützung steigt die 850 hPa-Temperatur dort auf 16 bis 19
Grad, so dass die 30 Grad locker überschritten werden.

Modellvergleich und -einschätzung

Abgesehen von den vor allem prognoserelevanten Differenzen am morgigen Freitag,
die im Text beschrieben wurden, unterscheiden sich die Modelle zunächst kaum.
Etwas größer werden die Differenzen dann bzgl. der schleifenden und mehrmals
verwellenden Front ab der Nacht zum Samstag, wobei sich die Modelle bzgl. deren
Lage inzwischen ziemlich angeglichen haben.
Die Verteilung und Intensität der Niederschläge wird jedoch noch unterschiedlich
simuliert, ebenso was die konvektive Aktivität an der Südflanke der Front bzw.
etwas südlich davon abgesetzt angeht. Unwetter sind dabei am Samstag tagsüber
kleinräumig durchaus in Betracht zu ziehen, eine großräumigere Unwetterlage
scheint jedoch (noch) nicht zur Debatte zu stehen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff