SXEU31 DWAV 311800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 31.08.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht auch im Südosten Wetterberuhigung, Donnerstag und Freitag ruhiges
Wetter und spätsommerlich warm.
Ab der Nacht zum und vor allem am Samstag im Südwesten erneut einzelne Schauer
und lokal kräftige Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … befinden sich der Südwesten und Süden Deutschlands im
Einflussbereich recht feuchter und potenziell instabiler Luft. Zugleich reicht
eine von einem Langwellentrog über Fennoskandien ausgehende und nahezu zonal
ausgerichtete flache Potenzialrinne über Tschechien, Süddeutschland und Belgien
bis nach Südengland. Im Einflussbereich dieser Rinne bieten auch im
hochaufgelösten Geopotenzialfeld kaum auszumachende kurzwellige Troganteile
sowie kleinräumige Höhentiefs kleinräumig aufgrund von PVA durchaus markanten
dynamischem Hebungsantrieb. Diese diffusen Strukturen haben am heutigen Mittwoch
vor allem die Niederschlagsprognosen und auch das Warnmanagement deutlich
erschwert, wie bereits schon häufiger in diesem Sommer; zumindest dann, wenn es
neben Hitze und Trockenheit noch so etwas wie „Wetter“ gab. Aktuell wird die
markanteste Hebung an der Südflanke eines flachen, in die Rinne eingebetteten
Höhentiefs, das sich um 18 UTC nach ICON-D2 über Nordböhmen befindet, simuliert,
nämlich über dem Südosten Bayerns. Entsprechend fällt dort aktuell
schauerartiger Regen, der sich im Laufe der ersten Nachthälfte zögernd nach
Osten verlagert und nachlässt. Bis in die Frühstunden kann es allerdings in der
gesamten Südhälfte Bayerns noch gebietsweise etwas regnen.
Ansonsten gab es im Bereich der Rinne in den vergangenen Stunden noch einzelne
Schauer oder gar Gewitter, vereinzelt auch im Südwesten bzw. Süden Deutschlands.
Diese klingen in den kommenden Stunden tagesgangbedingt rasch ab.
Die Potenzialrinne bleibt auch im Laufe der Nacht erhalten, verliert aber mehr
und mehr an Kontur, synoptisch-skalige, dynamische Hebungsantriebe dürften von
ihr später nicht mehr ausgehen.

Der Rest des Landes befindet sich im Einflussbereich trockener und mäßig warmer
bis warmer Festlandsluft. Diese strömt an der Südflanke einer umfangreichen, vom
Nordmeer über die Norwegische See bis zur Nordsee bzw. zum Norden der Britischen
Inseln reichenden (und von dort aus als Brücke bis zum Hoch nördlich der Azoren
weitergeführten) Hochdruckzone von Nordosten her ins Vorhersagegebiet und
beginnt zögernd auch due feuchte Luftmasse über Süddeutschland zu verdrängen.
Gestützt wird die Hochdruckzone durch einen vom nahen Ostatlantik bis zum
Nordmeer bzw. zur Nordsee reichenden Höhenrücken. Dabei schiebt sich ein
Höhenkeil im Laufe der Nacht nach Nordwestdeutschland, wodurch die
Potenzialrinne etwas nach Süden abgedrängt wird.
Mit der sich etwas intensivierenden nordnordwestlichen Höhenströmung über dem
Nordosten des Landes wird dorthin auch niedertroposphärisch ein Schwall kühlerer
Luft aus dem skandinavischen Raum transportiert. Die Temperatur in 850 hPa sinkt
an der vorpommerschen Ostseeküste auf 4 Grad oder knapp darunter, entsprechend
kommt über dem warmen Ostseewasser Diabasie zum Tragen, die Luftmasse
labilisiert bis etwa 750 hPa, was über der Pommerschen Bucht und rund um Rügen
bzw. Hiddensee für einzelne leichte Schauer reichen könnte.
Ansonsten ist es im Norden oft gering bewölkt oder wolkenlos und auch in der
Mitte und im Westen lockern die Wolken mehr und mehr auf. Es bleibt trocken und
die Tiefstwerte liegen zwischen 14 und 7 Grad, an den Küsten bleibt es etwas
milder.

Donnerstag … wird der Höhenrücken über dem Nordmeer sowohl vom
fennoskandischen Langwellentrog (Drehzentrum über Nordwestrussland) als auch von
einem über die Irminger See rasch ins Seegebiet westlich von Island vorstoßenden
Höhentrog in die Zange genommen und verlagert seinen Schwerpunkt zur
Norwegischen See bzw. zur Nordsee, wobei sich der Höhenkeil über
Nordwestdeutschland rasch nach Südosten, bis nach Tschechien ausweitet. Die
Potenzialrinne wird dabei einerseits über Süddeutschland weiter nach Süden
abgedrängt, andererseits zerfällt sie weiter westlich, über dem Südwesten
Englands und knapp westlich der Bretagne, in zwei kleinräumige Höhentiefs.
Dazwischen schiebt sich ein flacher Höhenkeil über Zentral- und Ostfrankreich
nordwärts.
Dieses antizyklonale Setup stützt nach wie vor die Hochdruckzone im Bodenfeld,
wobei sich der Schwerpunkt des Hochs zwar nach Spitzbergen zurückzieht, ein
breit angelegter prominenter Keil aber über das Nordmeer und Skandinavien bis
nach Nordostdeutschland und Polen reicht. Dabei dauert die Advektion trockener
Festlandsluft ins Vorhersagegebiet an, mit leicht auffrischendem Ost- bis
Nordostwind kann sich diese im Süden mehr und mehr durchsetzen, die PPW-Werte
sinken auch im Südwesten allmählich auf nahe 20 mm. Lediglich an den Alpen –
eher inneralpin – halten sich Reste der potenziell instabilen Luftmasse. Dort
können sich einzelne Schauer oder gar Gewitter entwickeln, ob diese aber auch
noch den bayerischen Alpenraum erfassen, ist fraglich.
Ansonsten lockern die Wolken auch im Süden mehr und mehr auf und es setzt sich
die Sonne durch, zuletzt im Südosten. In 750 bis 700 hPa ist eine recht markante
Absinkinversion erkennbar, unterhalb der sich gebietsweise flache Quellwolken
ausbreiten können, eventuell reicht es im Nordosten noch für ein paar Tropfen.
Die meiste Sonne gibt es dagegen im Norden und Westen.
Im Einflussbereich der mäßig warmen bis warmen Festlandsluft (T850 hPa zwischen
4 Grad auf Rügen und 11 Grad im Breisgau) liegen die Höchstwerte an den Küsten
und im Südosten um oder knapp unter 20 Grad, sonst zwischen 20 und 25 Grad, im
Westen und Südwesten werden bis zu 27 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag wird der Höhenrücken bzw. -keil über der Nordsee und
dem Nordmeer weiter abgebaut, bleibt dort aber noch – eher als Potenzialbrücke –
erhalten. Über dem Vorhersagegebiet nimmt er mit dem flachen, von Frankreich her
sich langsam ostwärts verlagernden Höhenkeil Verbindung auf und stützt nach wie
vor die Hochdruckzone im Bodenfeld, die sich über Nord- und Ostdeutschland auch
nach Tschechien ausweitet. Da sich über dem Westausgang des Ärmelkanals und der
Bretagne aus den Resten der ehemaligen Potenzialrinne mit Vorstoß des
Höhentroges aus dem isländischen Raum nach Süden ein Randtrog entwickelt, setzt
auf dessen Vorderseite vor allem über West- und Zentralfrankreich Druckfall ein
und die Grundströmung über dem Vorhersagegebiet dreht allmählich auf Ost bis
Südost. Durch Absinken trocknet die Luftmasse – außer in der Grundschicht –
weiter ab, so dass die Nacht vielerorts, auch im Südosten, gering bewölkt oder
wolkenlos verläuft. Lediglich im Westen macht sich schwache WLA bereits in Form
einzelner hoher Wolkenfelder bemerkbar. Vor allem im Süden kann sich innerhalb
der feuchten Grundschicht gebietsweise Nebel bilden. Die Tiefstwerte liegen
meist zwischen 14 und 7 Grad, in einigen Senken und Mulden auch darunter.
Lediglich an den Küsten bleibt es milder.

Freitag … kommt der flache Höhenkeil über dem Vorhersagegebiet ein wenig nach
Osten voran und wir gelangen allmählich auf die diffuse Vorderseite des oben
erwähnten Randtroges über dem Ärmelkanal bzw. dem Nordwesten Frankreichs, der
sich ebenfalls, wie sein Vorgänger, in mehrere kurzwellige Anteile aufsplittet.
Auch, wenn ein erster, vorlaufender Randtrog (lediglich in der 1 gpdam-Auflösung
erkennbar) im Tagesverlauf bereits auf den Nordwesten und die Mitte Deutschlands
übergreift, innerhalb der trockenen Luftmasse dort aber keine Wetterwirksamkeit
entfalten kann, bleibt das Geopotenzialfeld insgesamt noch eher antizyklonal
konturiert. Der oben erwähnte Höhenkeil befindet sich abends über der Osthälfte,
ein weiterer, flacher Höhenrücken erstreckt sich dann von Italien her über den
Alpenraum nach Süddeutschland.
Im Bodenfeld setzt dagegen von Frankreich her Druckfall ein und gegen Abend
greift eine flache Tiefdruckrinne auf den äußersten Südwesten über. Dadurch
verschärft sich der Gradient in weiten Teilen des Landes und der Wind frischt
aus Ost bis Südost auf. Für warnrelevante Böen dürfte es aber maximal über der
offenen Nordsee nördlich der ostfriesischen Inseln reichen.
Mit dem Ostwind dauert die Zufuhr trockener Festlandsluft an und verstärkt sich
sogar gebietsweise noch etwas, was sich anhand zurückgehender Taupunkte
bemerkbar macht, vor allem in den mittleren Landesteilen. Außer im Südwesten und
Süden hält sich auch weiterhin eine markante Absinkinversion in etwa 800 bis 700
hPa, so dass sich maximal flache Quellwolken bilden und – neben hohen, im Westen
und Nordwesten auch schon teils mittelhohen Wolkenfeldern, die der
trogvorderseitigen WLA geschuldet sind, meist die Sonne scheint.
Lediglich in den äußersten Südwesten sowie an den Alpenrand kann am Nachmittag
und Abend von Frankreich und der Schweiz her bereits eine etwas feuchtere und
potenziell instabile Luftmasse sickern. Die PPW-Werte steigen dort wieder auf
über 20 mm, teils auch auf über 25 mm, in Südbaden und am Alpenrand können auch
200 bis 500 J/kg ML-Cape generiert werden. Gegen Abend kann es mit Unterstützung
durch die Orographie im Südschwarzwald und an den Alpen eventuell erste Gewitter
(mit Starkregen) geben.
Die Luftmasse erwärmt sich nur noch langsam, bis zum Abend steigt die 850
hPa-Temperatur auf Werte zwischen 5 Grad im Nordosten und knapp 14 Grad in
Südbaden. Somit dürften sich die Höchstwerte zwischen 22 und 27 Grad bewegen, im
Westen und Südwesten wird es etwas wärmer (bis 29 Grad), an Küstenabschnitten
mit auflandigem Wind werden knapp 20 Grad erreicht.

In der Nacht zum Samstag kommt der in mehrere kurzwellige Anteile aufgesplittete
und somit an Kontur verlierende Randtrog insgesamt etwas nach Osten bzw.
Nordosten voran. Der vorgelagerte Höhenkeil verliert an Wellenlänge und wird vor
allem mit seinem Südteil nach Tschechien und Westpolen bzw. Ostdeutschland
abgedrängt. Erneut ergeben sich von Lauf zu Lauf bzw. von Modell zu Modell noch
Unterschiede bzgl. Lage und „Schärfe“ der „Minitröge“, die innerhalb der
schwachen, aber leicht diffluent konturierten südwestlichen Höhenströmung über
Frankreich und Benelux bzw. Westdeutschland hinweg nordostwärts geführt werden.
Das erschwert einmal mehr die Vorhersage auch im Kürzestfristbereich ab
Samstagvormittag. Insgesamt nimmt die Tendenz zu synoptisch-skaliger Hebung im
Laufe der Nacht aber über dem Südwesten Deutschlands allmählich zu.
Im Bodenfeld hat es die Tiefdruckrinne aufgrund des blockierenden, über
Skandinavien bis weit ins östliche Mitteleuropa reichenden Hochkeils schwer,
nach Nordosten voranzukommen und weitet sich nur zögernd auf Südwest- und
Süddeutschland aus. Dadurch verschärft sich über weiten Teilen des Landes der
Gradient und der Ost- bis Südostwind legt vor allem auf den Bergen bzw. über der
Nordsee noch etwas zu. Über der Nordsee reicht es eventuell häufiger für steife
Böen (Bft 7), im Lee einiger Mittelgebirge eventuell auch, durch lokale Low
Level Jets kann es auf einigen Kuppen und Gipfeln der Mittelgebirge eventuell
auch stürmische Böen (Bft 8) geben.
Von Frankreich und der Schweiz her gewinnt mit der Rinne nun auch die feuchtere
und potenziell instabile Luftmasse nach Osten an Raum und erfasst zumindest den
Südwesten des Vorhersagegebietes. Die PPW-Werte steigen auf 25 bis 30 mm und im
Laufe der Nacht ziehen dort einzelne Gewitter auf, wobei kleinräumig Starkregen
auftreten kann. Eventuell sind diese bereits als Multizellensysteme organisiert,
vor allem in der zweiten Nachthälfte kann gebietsweise auch ungewittriger
schauerartiger Regen fallen. Dieser kommt – da gehen die Modelle naturgemäß noch
auseinander – etwa bis zu einer Linie Eifel-Allgäu voran.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht ruhig und störungsfrei. Im Nordosten und
Osten bleibt es oft gering bewölkt, sonst ziehen allmählich hohe und mittelhohe
Wolkenfelder auf. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 17 Grad im
Westen/Südwesten und 8 Grad im Südosten bzw. im östlichen Bergland (in einigen
Tälern auch darunter).

Samstag … nistet sich der Höhentrog als hochreichendes und zentralsteuerndes
Tiefdruckgebiet im Seegebiet westlich von Irland ein. Auf dessen Vorderseite
wird der zunehmend flache Höhenrücken über dem östlichen Mitteleuropa allmählich
ostwärts abgedrängt und es stellt sich über dem gesamten Vorhersagegebiet eine
schwache, leicht diffluente südwestliche Höhenströmung ein. Darin eingebettet,
greift im Tagesverlauf voraussichtlich ein etwas schärfer konturierter
kurzwelliger Troganteil auf den Westen Deutschlands über, verliert aber bei
seiner Nordostverlagerung an Kontur. Dennoch geht von ihm auch etwas dynamischer
Hebungsantrieb aus.
Im Bodenfeld kann sich die Tiefdruckrinne mit der potenziell instabilen
Luftmasse peu a peu nach Nordosten vorarbeiten, kommt aber aufgrund der
Blockadewirkung der vom Nordmeer über Skandinavien bis nach Osteuropa reichenden
Hochdruckzone kaum über die Mitte des Landes hinaus voran. Abends reicht sie in
etwa vom Niederrhein/Westmünsterland bis nach Ostbayern bzw. ins sächsische
Vogtland, was auch von den externen Modellen sehr ähnlich simuliert wird.
Generell lebt im Bereich der Rinne nach vorübergehender Abnahme im Mittags- und
Nachmittagsverlauf die Schauer- und Gewittertätigkeit wieder auf, Schwerpunkte
lassen sich aber aus aktueller Sicht noch keine ausmachen. Die PPW-Werte steigen
auf 25 bis 30 mm, eventuell auch knapp darüber, etwas Einstrahlung
vorausgesetzt, können gebietsweise mehr als 500 J/kg Cape generiert werden.
Hochreichende Scherung spielt kaum eine Rolle, eher noch bodennahe
Richtungsscherung im Bereich einer oder mehrerer Konvergenzen, eine typische
Sumpflage also. Somit ist von eher unorganisierten Multizellensystemen
auszugehen. Starkregen steht als Begleiterscheinung im Fokus, eventuell auch
wieder mit Unwetterpotenzial, daneben können auch kleinkörniger Hagel und
stürmische Böen auftreten.
Im Norden und Osten scheint dagegen noch häufig die Sonne und es bleibt trocken.
Die Höchsttemperaturen erreichen allgemein Werte zwischen 20 und 25 Grad, bei
etwas mehr Sonne in der Mitte und im Süden bis zu 27 Grad. Der Gradient bleibt
an der Nordostflanke der Rinne recht scharf ausgeprägt, entsprechend weht dort
lebhafter Ost- bis Südostwind mit einzelnen steifen Böen an auflandigen
Küstenabschnitten.

Modellvergleich und -einschätzung

Bzgl. der groben synoptischen Strukturen unterscheiden sich die Modelle kaum.
Sogar die Tiefdruckrinne in der Nacht zum und am Samstag wird in Lage und
Ausrichtung sehr ähnlich simuliert.
Im Detail ergeben sich selbstredend Unterschiede, die räumliche Verteilung und
Intensität der konvektiven Niederschläge ab der Nacht zum Samstag betreffend.
Eine großräumige Unwetterlage ist allerdings auch am Samstag nicht in Sicht,
viele Gebiete werden niederschlagstechnisch wieder leer ausgehen, auch im Westen
und Süden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff