SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST Mittwoch, den 21.04.2021 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.04.2021 um 10.30 UTC
Über weite Strecken unspektakuläre Hochrandlage der Kategorie HNa (Hoch Nordmeer
antizyklonal) mit tendenziell eher wenig Niederschlag, dafür aber
Nachtfrostgefahr.
Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 28.04.2021
Nimmt man die erweiterte Mittelfrist dazu (Tage 8 bis 10), dann deckt die
heutige Vorhersage das gesamte Aprilende ab bzw. klopft bereits am Folgemonat
Mai an (Samstag in einer Woche ist Maifeiertag). Egal, welches Vorhersagetool
man auch nimmt, es wird an mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mal
wieder einen zu kalten April geben. Übrigens der erste seit genau 20 Jahren
(Referenzperiode 1961-90) und erst der vierte seit 1990. Wie die Zahlen am Ende
genau aussehen werden, muss noch etwas abgewartet werden. Warum der April 2021
aber thermisch nicht mehr zu „retten“ respektive nach wie vor keine volle
Frühlingsdröhnung zu erwarten ist, dazu im Folgenden mehr.
Starten wir am kommenden Samstag, dem offiziellen Beginn des heutigen
Mittelfristzeitraums. IFS zeigt ein inzwischen schon als altbewährt zu
bezeichnendes Strömungsmuster: Höhenrücken über dem nahen Atlantik und
Westeuropa, Trog über Fennoskandien und dem nahen Osteuropa. Deutschland
befindet sich genau dazwischen unter einer leicht zyklonal konturierten
nordwestlichen Höhenströmung, die aber keinerlei Ambitionen hegt, nennenswerte
Hebungsimpulse an den Tag zu legen. Vielmehr bestimmt ein umfangreiches
Bodenhoch mit Zentren über dem Europäischen Nordmeer und der Nordsee mit einem
bis zum Balkan sowie dem westlichen Mittelmeer ausgreifenden Keil das Geschehen
bei uns. Er ist so breit und stabil, dass er auf der Wetterkarte durchaus
präsente Tiefdruckgebiete – die beiden auffälligsten verbringen den Samstag
westlich der Iberischen Halbinsel sowie in Karelien – deutlich auf Distanz hält.
Wie üblich bei einer solchen Konstellation baut sich im Vorhersageraum ein nicht
unerheblicher Temperaturgradient auf. Während nord-nordöstlich der
Divergenzachse polare Kaltluft Trumpf ist (T850 im Norden und Osten am Abend -6
bis 0°C => Höchstwerte 10 bis 15°C, an der See bei auflandigem Wind kühler),
kann sich die Luftmasse weiter süd-südwestlich leidlich erwärmen (0 bis +6°C =>
15 bis 20°C). Für Schauer ist die Schichtung inzwischen zu stabil, auch im
Nordosten, wo man dem Trog am noch nächsten ist. Vom westlichen Niedersachsen
bis hinüber zum Erzgebirge etabliert sich ein Korridor mit mehr oder weniger
dichter Quellbewölkung, die an der Absinkinversion (zwischen 900 und 800 hPa)
breitlaufen, zum Nachmittag und Abend aber zusehends auflockern. Im großen Rest
des Landes scheint die Sonne von einem nur locker bewölkten, teils sogar
wolkenlosen Himmel.
Am Sonntag tut sich wenig bis nichts an den Basisfeldern. Da die Divergenzachse
des Hochkeils geringfügig nord-nordostwärts wandert, kann die von der Nordsee
einströmende maritime Polarluft etwas abtrocken. Zwar zeigen sich auch am
Sonntag zwischen der Deutschen Bucht und Sachsen Quellwolken, allerdings dürfte
die Sonne mehr Auftrittsmöglichkeiten bekommen als noch am Samstag. Ansonsten
ändert sich nicht viel, wenn man mal von einigen hohen Wolkenfeldern im Süden
und Südwesten (es handelt sich um Peripherprodukte des westlich von Portugal
positionierten Tiefs) absieht.
Zu Beginn der neuen Woche fängt die nordwestliche Höhenströmung an zu flattern.
Zunächst schwenkt ein kurzwelliger Trog südostwärts durch, dem stante pede ein
flacher Rücken sowie ein weiterer KW-Trog folgen. Zwar gibt sich der erste Trog
äußerst bemüht, er muss aber mit einer derart trockenen und stabilen Luftmasse
vorliebnehmen, dass an Wetterwirksamkeit so gut wie nix am Ende herauskommt –
mit einer Ausnahme. Ganz im Süden, wo sich von Frankreich und der Schweiz eine
Tiefdruckrinne hereinmogelt, wird die Luftmasse feuchter und instabiler. Wie
weit diese Luft nach Norden ausgreift, ist noch nicht endgültig geklärt. Für
Montag deutet Vieles darauf hin, dass zunächst nur der Alpenrand, das südliche
Vorland sowie das südliche Baden-Württemberg mit einer erhöhten Schauer- und
Gewitterwahrscheinlichkeit rechnen müssen. Am Dienstag könnte sich diese Zone
dann mit Hilfe des zweiten KW-Troges bis zur (südlichen) Mitte ausweiten. Weiter
nördlich muss der o.e. Hochkeil zwar immer stärkere Einbußen hinnehmen, trotzdem
reicht es sehr wahrscheinlich noch für überwiegend sonniges oder zumindest
heiteres und trockenes Wetter.
Fakt ist, dass die Temperatur im Süden und Südwesten tendenziell etwas
zurückgeht, wohingegen sie in den übrigen Landesteilen einen kleinen Aufschwung
erlebt. Die Tageshöchsttemperatur bleibt aber durchweg unter der 20°C-Marke
(vielleicht am Montag am Oberrhein noch lokal 20°C).
Am Mittwoch wird die Rinne bzw. die Zone mit potenzieller Konvektion mit Passage
des zweiten KW-Troges südostwärts abgeschoben. Nachfolgend – wir wechseln in die
erweiterte Mittelfrist – steigen Luftdruck und Potenzial kurzzeitig an, bevor
eine weitere Tiefdruckrinne mit schauerartigen Regenfällen und Gewittern auf den
Süden und Westen bei landesweit gleichzeitig steigenden (niedertroposphärischen)
Temperaturen übergreift.
Abschließend noch eine Bemerkung zu den Nachttemperaturen:
Insbesondere zu Beginn der Mittelfrist, also am Wochenende, besteht vor allem im
Norden und Osten sowie in Teilen der Mitte eine erhöhte Nachtfrostgefahr. Frost
in Bodennähe tritt verbreitet auf, im Osten und Norden anfangs sogar lokal um
oder etwas unter -5°C. Erst im Laufe der kommenden Woche geht es allmählich
aufwärts, allerdings bleiben zweistellige nächtliche Tiefstwerte weiterhin
extrem selten, was natürlich Auswirkungen auf die Tagesmitteltemperatur hat.
Womit wir wieder bei der Einleitung dieses Bulletins wären…
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Nach Sichtung des heute Morgen veröffentlichten 00-UTC-Laufs kann dem IFS (ECMF)
eine gute bis sehr gute Modellkonsistenz attestiert werden. Die Basisfelder
laufen weitgehend kongruent. Erst zum Ende hin nehmen die Unschärfen etwas zu,
insbesondere zur erweiterten Mittelfrist hin, was aber in der Natur
mittelfristiger Prognosen liegt. Die Muster aber bleiben ähnlich, grundlegend
andere Entwicklungen sind nicht erkennbar. So gesehen müssen an der gestrigen
Wettervorhersage nur mit dem „kleinen Besteck“ ein paar Anpassungen vorgenommen
werden (z.B. einzelne Schauer oder Gewitter am Montag am Alpenrand, dem
südlichen Vorland und dem südlichen BW).
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die anderen etablierten Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) haben grundsätzlich
keine anderen Ideen als IFS. Zum Ende der Mittelfrist allerdings schert GFS
insofern etwas aus, als dass der zweite KW-Trog fehlt bzw. nur schwach
ausgebildet ist. Das führt zu einer (vorübergehenden??) Zonalisierung, die auch
durch ein über Südskandinavien ostwärts ziehendes Bodentief (Dienstag/Mittwoch)
dokumentiert wird. Statt aus Ost bis Nordost würde der Wind bei diesem
(Alleinstellungs-)Szenario aus westlichen Richtungen wehen.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Immerhin bekommt der GFS-Hauptlauf Unterstützung von seinem eigenen Ensemble,
das sich bei der Winddarstellung für Dienstag (Referenz Hamburg) noch
unentschieden zeigt (etwa die Hälfte aus westlichen, die andere Hälfte aus
östlichen Richtungen), bevor am Mittwoch ganz klar auf West bis Nordwest
gestellt wird. Bei IFS-EPS hingegen wird mehr (Dienstag) oder etwas weniger
(Mittwoch) der Sektor Ost präferiert.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener
deutscher Städte die weiter oben beschriebene Entwicklung weitgehend stützen.
Vor allem die Kurvenschar für das Geopotenzial 500 hPa präsentiert sich bis
Montag/Dienstag relativ enggebündelt. Bei der 850-hPa-Temperatur laufen Haupt-
und Kontrolllauf mit dem Median, es gibt aber auch immer etwas wärmere und etwas
kältere Lösungen – nicht ungewöhnlich für den erwarteten starken
Temperaturgradienten (Baroklinität). Ab Wochenmitte nimmt der Spread der
Ensemblelösungen genauso so zu wie die Niederschlagssignale, die mit Ausnahme
Süddeutschlands (dort schon ab Montag) zuvor auf absoluter Sparflamme gehalten
wurden.
Noch kurz der Exkurs zu den Clustern:
T+72…96h (Samstag/Sonntag) nur ein Cluster (wie Hauptlauf).
T+120…168h (Montag-Mittwoch) nur ein Cluster (wie Hauptlauf), beide Klimaregime
„Atlantischer Rücken“.
T+192…240h (Donnerstag-Samstag) nur ein Cluster mit Wechsel auf „NAO negativ“.
FAZIT: Die Ensembles stützen im Wesentlichen die Ideen ihrer Hauptläufe. Nach
GFS (EPS) wäre das Wetter am Dienstag und Mittwoch in Norddeutschland zyklonaler
und windiger geprägt als nach IFS (EPS). Hier gilt es noch ein paar Fragezeichen
auszuräumen.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Grundsätzlich muss der mittelfristigen Großwetterlage das Attribut „ereignisarm“
verliehen werden. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ab Wochenbeginn
die Wahrscheinlichkeit für konvektive Umlagerungen in Süddeutschland erhöht ist.
Erwähnenswert ist auf alle Fälle die über weite Strecken andauernde Trockenheit
respektive Niederschlagsarmut sowie die vor allem am Anfang noch gegebene
Nachtfrostgefahr (siehe oben).
Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und IFS. Die von GFS zum Ende apostrophierte „Westlage“
zumindest für Norddeutschland wird negiert (wohl wissend, dass das auch in die
Hose gehen kann).
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann