SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 230800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Dienstag, den 23.07.2019 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HM (Hoch Mitteleuropa) mit leichter Tendenz zu HFa (Hoch Fennoskandien antizyklonal)
Heiß, heißer, am heißesten, trocken, trockener, am trockensten – Hoch YVONNE
gibt ordentlich Gas.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
Dienstag… befinden sich weite Teile Mitteleuropas und mithin auch Deutschland
unter einem umfangreichen Höhenrücken, der heute früh von Nordwestafrika bis
hoch nach Mittelskandinavien reicht. Obwohl strotzend vor Kraft ohne Ende hat
der Rücken noch nicht den Höhepunkt seines Daseins erreicht. So wird er sich im
Laufe des Tages weiter intensivieren, indem er eine abgeschlossene 592-gpdm-Isohypse bildet, und zudem seine Amplitude noch etwas vergrößern. Nicht
ganz unwichtig auch die Tatsache, dass er sich dabei noch ein kleines Stück nach
Osten verlagert. Damit werden nämlich letzte Zweifel ausgeräumt, der äußerste
Osten und Nordosten würde im Randbereich weniger vom großräumigen Absinken profitieren. Okay, anfangs haben dort ein paar wenige Restwolken aus der Nacht
noch ihren wohlverdienten Auftritt, der aber alsbald passé sein dürfte. Was bleibt sind im Tagesverlauf ein paar flache Quellungen, die sich an der zwischen
900 und 850 hPa befindlichen Absinkinversion die „Birne stoßen“. Was gibt es noch zu sagen? – Klar, wo ein fetter Rücken, da auch ein dickes Hoch. YVONNE heißt die Gute, die uns nun über mehrere Tage begleiten und dabei
sicherlich unterschiedliche Meinungen in der hiesigen Bevölkerung auslösen wird.
Heute jedenfalls platziert sie sich mit etwas über 1020 hPa mitten über Deutschland, wobei sie bis zum Abend tagesgangbedingt (durch die starke Erhitzung der Luftmasse) etwas an Substanz verliert. Das ändert aber nichts an
der Tatsache, dass uns heute landesweit ein sonniger Tag mit nur wenigen Wolken
(neben der schon erwähnten Quellungen im Nordosten und vielleicht über den Alpen
sowie dem Schwarzwald gesellen sich noch ein paar dünne Cirren, die am ehesten
im Westen und Süden ihr Stelldichein geben).
Absinkbedingt steigt die Temperatur nahezu gesamttroposphärisch adiabatisch an,
was im 850-hPa-Niveau bis zum Abend rund 2 Grad ausmacht (von aktuell 13-18°C
auf 15-20°C mit den niedrigsten Werten im Nordosten und den höchsten im äußersten Süden und Südwesten). Mit Hilfe der nahezu ungehinderten Einstrahlung
geht es auch mit der Erwärmung der bodennahen Luftschichten deutlich voran. Am
glimpflichsten kommt neben den Hochlagen des Berglands noch der äußerste Norden
(Nordseeküste, SH, HH, MV, Teile des nördlichen BBs) davon, wo das Thermometer
bei 26 bis 30°C Schluss macht. An Küstenabschnitten mit auflandiger Windkomponente, was weitreichend der Fall sein wird, liegen die Tageshöchstwerte
noch etwas darunter. Im großen Rest des Landes geht es mit 30 bis 35°C schon
ganz ordentlich zur Sache, an Rhein und Mosel könnten an der einen oder anderen
Stelle auch 36°C aufblinken. Obwohl es in der relativ trockenen Luftmasse nicht
schwül wird, nimmt die Wärmebelastung in weiten Teilen des Landes zu.
In der Nacht zum Mittwoch schwächt sich der Höhenrücken bei leichter Ostverlagerung geringfügig ab, was aber keinerlei Einfluss auf das Wettergeschehen hat. Die einzige Änderung resultiert aus dem Sonnenuntergang und
dem damit endenden Energieinput. Folgerichtig kühlt sich die Luft unter meist
klarem Himmel (allenfalls ein paar dünne Cirren ziehen hier und da durch) ab,
allerdings wird dabei nicht überall die Komfortzone erreicht. Vor allem in den
Ballungszentren Westdeutschlands sowie in exponierten Mittelgebirgslagen (Kuppen- oder Hanglagen, nicht Senken und Mulden) wird die 20°C-Marke nicht mehr
unterschritten, was per definitionem eine Tropennacht bedeutet. In den meisten
Regionen geht es runter auf 19 bis 12°C.
Mittwoch… kann sich der Höhenrücken wieder etwas kräftigen, südlich der Alpen
taucht erneut eine geschlossene 592-gpdm-Isohypse auf. Um 12 UTC reicht seine
Achse (500 hPa) vom westlichen Mittelmeer mitten über Deutschland und die westliche Ostsee bis in den Norden Finnlands. Mit dieser Exposition weist der
Rücken eine schwach progressive Tendenz gegenüber heute auf. Das trifft auch auf
das korrespondierende Hoch zu, das seinen Schwerpunkt zur südöstlichen Ostsee
verlagert. Konsequenterweise fällt dadurch der Luftdruck im
Vorhersageraum und
bei unseren westlichen Nachbarn bildet sich sogar eine ausgewachsene Tiefdruckrinne aus, die dort aber noch keinen großen Schaden anrichtet. Mit Verlagerung des gesamten antizyklonalen Konstrukts nach Osten gelangt Deutschland zunehmend auf die warme oder in diesem Fall besser heiße Seite, auf
der neben dem weiterhin wirksamen Absinken nun zunehmend auch advektive Prozesse
in den Blickpunkt rücken. Zunächst mal macht sich das in einer weiteren Erwärmung der unteren Troposphäre bemerkbar, in der die
850-hPa-Temperatur bis
zum Abend auf 17°C im Nordosten und bis zu 23° über und um das Rheintal herum
ansteigt. Darüber hinaus nimmt im Westen und Süden mit Unterstützung der nach
wie vor gnadenlosen Einstrahlung die Labilität der heißen bis sehr heißen Luftmasse zu, was sich in den Lapse-Rates (bis knapp an -0,75 K/100 m) sowie
ML-CAPE von punktuell über 1500 J/kg widerspiegelt. Zur Auslöse dürfte es aufgrund des starken Deckels (CIN meist über 100 J/kg), der weiterhin recht trockenen Luftmasse sowie mangels antreibender Mechanismen (Absinken verhindert
mögliche dynamische Impulse, Auslösetemperatur zu hoch, Berge zu schwach, Fronten und Konvergenzen nicht vorhanden oder zu weit weg) aber nicht kommen.
So steht auch am morgigen Mittwoch ein verbreitet sonniger (ein paar dünne Cirren sowie vielleicht ein paar Quellungen über dem Bergland hauen wenig bis
gar nicht ins sonnige Kontor), trockener und heißer bis sehr heißer Tag auf der
Karte, an dem die spannendste Frage darin besteht, wie hoch die Temperatur am
Ende gehen wird. Auf dem Festland wird die 30°C-Marke fast überall überschritten, außer in den höchsten Lagen oberhalb etwa 700-800 m sowie an den
Küstenabschnitten, wo sich auflandiger Wind einstellt. Das dürfte bei schwacher
bis mäßiger östlicher Grundströmung (die zwischen Hoch YVONNE über der Ostsee
und der Rinne westlich von uns in Gang kommt) an der Ostsee häufiger der Fall
sein als an der Nordsee, wo vor allem an der nordfriesischen Küste ablandiger
Wind vorherrscht. Aber auch auf den Ostfriesischen Inseln könnte die 30°C-Marke
fallen (vor allem im Innern der etwas breiter aufgestellten Insel Borkum), was
aber eine Gratwanderung wird. Ansonsten stehen verbreitet 30 bis 37°C auf der
Karte, im Westen und Südwesten stellenweise sogar 38 oder 39°C. Ob es dort mit
bodennahem Überadiabaten tatsächlich irgendwo für 40°C reicht, muss abgewartet
werden. Der geringe Trübungsfaktor (kein oder kaum Saharastaub, wahrscheinlich
nur ganz dünne Cirren) sowie die hoch liegende 850-hPa-Fläche (zwischen 155 und
160 gpdm) sprechen dafür, das erst späte Erreichen von T850 um 22/23°C eher dagegen.
In der Nacht zum Donnerstag verbleiben wir unter Hochdruckeinfluss, was einen
klaren oder allenfalls gering bewölkten Himmel bedeutet. Auch hier ist die Frage
nach der Tiefsttemperatur am interessantesten. Fakt ist, dass die Nacht wärmer
bleibt als die Nächte zuvor. Insbesondere im Westen sowie in exponierten Lage
des Berglands ist bei 23 bis 20°C Schluss mit der Abkühlung (die dann eigentlich
gar keine richtige ist), bei MOS tauchen sogar einige Minima mit 24°C auf – oh
je. Ansonsten geht die Temperatur auf 19 bis 14°C zurück, in einigen Senken und
Mulden der ost- und südostdeutschen Mittelgebirge sowie in OmaŽs Kühlschrank
auch darunter.
Donnerstag… schwächt sich der Höhenrücken geringfügig ab bei gleichzeitiger
Verkürzung seiner Wellenlänge. Die Lage der Hauptachse verändert sich aber kaum,
was seine Wirkung auf unser Wetter außer Frage stellt. Zwischen der weiterhin
über der Ostsee thronenden YVONNE und der inzwischen etwas kräftiger ausgeprägten, aber auch etwas weiter nach Westen verschobenen Rinne über Westeuropa dauert die Zufuhr heißer bis sehr heißer Luftmassen an. Dabei nimmt
nun auch im Osten und Nordosten die 850-hPa-Temperatur zu auf 17 bis 20°C, während sonst 20 bis 23°C auf der Agenda stehen. Entsprechend steigt die 2m-Temperatur verbreitet auf 32 bis 39°C, nur in Teilen Vorpommerns sowie an
Küstenabschnitten mit auflandigem Wind wird es nicht ganz so heiß, z.T. sogar
angenehm warm. Die dickste Hitze wird im westlichen Drittel des Landes erwartet,
etwa vom Emsland und dem Osnabrücker Land bis hinunter zum Oberrhein und ins
Neckartal, wo durchaus 40°C oder ein paar Zehntel mehr erreicht werden können.
Es gilt, die legendären 40,3°C aus dem Jahr 2015 in Kitzingen zu knacken, wenn
man den Deutschlandrekord für sich beanspruchen möchte. Es wird von verschiedenen Faktoren abhängen wie Trübung (laut Prognose weiterhin gering),
Starttemperatur am Morgen, genauer 850-hPa-Temperatur (wird von GFS nämlich niedriger gesehen als von ICON und IFS), orografische Unterstützung (östliche
Anströmung) und und und. MOS-Mix bleibt beharrlich und bietet im Lee von Hunsrück und Eifel sowie im Ruhrpott weiterhin 41°C an. 40°C hin, Rekord her,
hitzig wird es so oder so, und die Wärmebelastung z.T. extrem. Die Gewitterneigung bleibt unter dem Schutzschirm des Höhenrückens gering, auch
wenn Labilität und Feuchte besonders im Westen und Nordwesten zunehmen (ML-CAPE
in Ostfriesland bis zu 2500 J/kg). ICON reagiert darauf auch mit schwachen Schauersignalen, so dass auch ein Gewitter nicht gänzlich ausgeschlossen ist.
Allerdings dominiert weiterhin Absinken das Geschehen und es wird auch nach wie
vor ein veritabler Deckel simuliert, der nicht so einfach zu sprengen sein wird.
Die Nacht zum Freitag bringt ähnliche Verhältnisse wie die Nacht zuvor mit den
höheren Tiefstwerten von vielfach über 20°C. Ob aus den Alpen heraus ein Restgewitter oder -schauer auf deutsches Hoheitsgebiet übertritt, wie von ICON
(für das Allgäu) oder GFS angedeutet, bleibt abzuwarten.
Modellvergleich und -einschätzung
Die bevorstehende antizyklonale Hitzewelle ist unstrittig. Man darf sehr auf die
Temperaturspitzen gespannt sein (siehe dazu auch Anmerkungen im Text).
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann