S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 04.08.2020 um 10.30 UTC

Heiß und abgesehen von einzelnen Gewittern trocken mit zunehmender
Waldbrandgefahr.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 11.08.2020

Die Mittelfrist von Freitag bis Dienstag ist geprägt von viel Neutralität. Die
ENSO verbleibt noch im neutralen Bereich, wenngleich ein allmählicher Übergang
in den Grenzbereich zu La Nina innerhalb der Ensemblevorhersage recht
einheitlich gezeigt wird. Die NAM ist und bleibt die Mittelfrist über im
neutralen Bereich während die NAO bis zum Ende der Mittelfrist bzw. im
erweiterten Mittelfristzeitraum von leicht positiven Werten zu leicht negativen
Werten wechseln könnte. Aus den tropischen Bereichen ist abgesehen vom zeitnah
entlang der Ostküste der USA nordostwärts ziehenden ISAIAS während der kommenden
1 bis voraussichtlich 2 Wochen nur schwer mit weiterer Aktivität zu rechnen,
befindet sich der tropische Atlantik doch im destruktiven Bereich einer ostwärts
wandernden, konvektiv gekoppelten Kelvinwelle (zwar auch vom MJO, der jedoch per
se kaum Wirksamkeit aufweist, da schwach ausgeprägt). Von daher ist die
Mittelfrist über von Westen bzw. aus den Tropen heraus mit keinem ausgeprägten
Impuls zu rechnen.

Der troposphärische Polarwirbel, zunächst über Island gelegen, verlagert seinen
Schwerpunkt die Mittelfrist über retrograd über Grönland in den Bereich
Baffin-Bucht/Königin-Elisabeth-Inseln, sodass auch das beständige „Befeuern“
nordatlantischer Tröge vorerst vermindert wird.

Ein anormal kräftiger Höhentrog schwächt sich zum Beginn über Island und dem
östlichen Atlantik ab, spannt aber stromab einen umfangreichen und kräftigen
Rücken über Nordeuropa auf, der zudem eine fragile Verbindung zum Azorenhoch
aufnimmt. Daraus entwickelt sich in der Folge eine Art polwärts versetzte
Omega-Struktur mit der beständigen schwachen negativen Geopotentialanomalie über
dem Ostatlantik und einer weiteren über Osteuropa/dem Westen Russlands. Entlang
der Westflanke des Rückens über Südwest- und Mitteleuropa bzw. Skandinavien
bildet sich eine langgestreckte barokline Zone aus, die grundsätzlich anfällig
ist für kleinräumige baroklin angetriebene Randtiefentwicklungen, wobei solche
Entwicklungen für diesen Zeitraum nur schwer zu erfassen sind. Auf jeden Fall
würde diese Konstellation in der Höhe einen Rücken vom zentralen Mittelmeer
nordwärts gen Mitteleuropa ausrichten mit keiner nennenswerten
Ost-Westverlagerung bis zum Ende der Mittelfrist.
Etwas komplexer wird es mit Blick auf das Bodendruckfeld. Oszillierende
Bodenhochdruckzellen über Skandinavien sind gekoppelt an jeweilige
Kaltluftausbrüche, die am Nord-/Nordostrand des Rückens über Nordosteuropa
stattfinden. Grundsätzlich zeigen alle vergangenen IFS-Läufe zum Beginn der
Mittelfrist ein Abschwächen des ersten Bodenhochs über der Ostsee mit einer
Regeneration zum Sonntag/Montag im Zuge eines weiteren Bodenhochs, das von
Schottland und der Nordsee nach Nordosten wandert. Die Position dieses zweiten
Hochdruckgebietes ist von Bedeutung, entscheidet sich danach nicht nur die
meridionale Ausdehnung des Höhenrückens über Mitteleuropa, sondern auch, wie
gemäßigt das Temperaturniveau im Norden/Nordosten Deutschlands ausfallen könnte.
Alles in allem entwickelt sich laut IFS somit zwar eine recht beständige
synoptische Wellenkonfiguration, die jedoch ihre Schwächen aufweist. Änderungen
in späteren Mittelfristausgaben sind somit nicht auszuschließen (siehe auch der
Hinweise beim „Vergleich anderer globaler Modelle“ mit einer deutlich
schwächeren Blockadelösung in GFS).

Die gesamte Mittelfrist verläuft daher in Deutschland unter hohem Geopotential.
Allerdings werden von Westen immer wieder die Reste von Randstörungen in Form
hoher Wolkenfelder nach Deutschland geführt, die zweitweise auch etwas dichter
ausfallen können. Niederschlag ist deutschlandweit Mangelware, sieht man von
einem zunehmenden Gewitterrisiko besonders über der Orografie und zum
Wochenbeginn auch über West- und Norddeutschland ab. Allerdings ist das der
unsicherste Parameter und kann sich noch zu mehr oder weniger Gewitteraktivität
ändern.

Mit Blick auf die Anomaliewerte des Soil Moisture Index (SMI, Bodenfeuchteindex)
zeigen sich bereits von Frankreich über den Südwesten/Westen die Mitte und dann
vor allem bis in den Osten Deutschlands recht verbreitet negative Werte und
daran ändert sich die Mittelfrist über nichts zum Guten. Es soll deshalb
Erwähnung/Beachtung finden, weil die Kombination aus stark verminderter
Evapotranspiration besonders im Westen (Luxemburg bis Rhein-Main Gebiet in den
letzten 30 Tagen teils weniger als 10-20 l/qm) und der über eben dieser Region
befindlichen thermischen Keilachse mit 850 hPa Temperaturwerten von beständig
zwischen +15 und +20 Grad Hand in Hand gehen, um die Überadiabate und somit die
Höchstwerte in die Höhe treiben.
Deutschlandweit liegen die Höchstwerte bei rund 29 Grad im Süden und äußersten
Norden (21-24 Grad im Küstenumfeld), um zum Ende der Mittelfrist je nach
Keilachsenausrichtung im Norden ggf. etwas abzusinken (sollte eine nördliche
Windkomponente realisiert werden). Über der Mitte bleibt es jedoch mit durchweg
rund 29 bis 35 Grad sehr heiß und besonders in Ballungsgebieten des Westens
(inkl. Rhein-Main) muss man sich auf Höchstwerte von über 35 Grad einstellen.
Zudem werden die Nächte sehr mild, was an der Advektion etwas feuchterer Luft
von Osten sowie der angesprochenen temporären Bewölkung aber vor allem an der
Überhitzung in Grenzschichtnähe liegt. Die Tiefstwerte verbleiben meist zwischen
20 und 17 Grad (anfangs im Süden auch etwas geringer), aber besonders in den
Ballungsregionen des Rhein-Main Gebiets sind wiederholt Tiefstwerte zwischen 24
und 19 Grad aus heutiger Sicht denkbar.

Dass neben der Wärmebelastung und der Trockenheit auch die Waldbrandgefahr
weiter zunimmt bedarf keiner näheren/weiteren Ausführung.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz von IFS ist von Freitag bis einschließlich Samstag recht gut mit
Blick auf die synoptische Skala. Von Südwest- bis Mitteleuropa erstreckt sich
ein kräftiger Keil, der somit auch Deutschland voll beeinflusst. Allerdings gibt
es peripher zahlreiche kleinräumige Störungen, die über Nordwesteuropa um den
Keil nordostwärts geführt werden. Diese können die Schichtdicke über Deutschland
temporär senken, was das Gewitterpotenzial kurzfristig erhöhen könnte.
Allerdings wirken sich diese Störungen nur regional aus.
In der Folge schwächt sich der Keil über Mitteleuropa ab, allerdings bleibt
dieser nach den letzte beiden IFS Läufen mehr oder weniger zentral über
Mitteleuropa liegen, was eine Fortdauer der ruhigen Witterung bedeuten würde –
dann allerdings mit zunehmendem Gewitterpotenzial, besonders entlang der
Gebirge.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Sehr ähnlich sieht der Verlauf bei den anderen Globalmodellen aus, wobei sich
IFS mit den letzten Läufen vor allem ICON angenähert hat. GFS nimmt eine kleine
Außenseiterstellung ein, denn es lässt den Keil über Mitteleuropa rascher und
deutlicher abschwächen und letztendlich sogar zum Ende der Mittelfrist einen
Trog über Frankreich zunehmend auf Deutschland übergreifen.
Besonders im Bodendruckfeld ergeben sich zum Wochenende und darüber hinaus
größere Unterschiede mit möglichen Hitzetiefs bzw. kleinräumigen baroklin
angetriebenen Randtiefs/Wellen über Nordwesteuropa. Somit gibt es noch kleine
Fragezeichen, wie üppig die Gewitteraktivität zum Wochenbeginn besonders im
Umfeld der Orografie angefacht wird.
Alle Modelle zeigen ab dem Wochenende zunehmend einen meridional ausgerichteten
thermischen Keil über dem Westen von Deutschland/Osten von Frankreich, sodass
sich die größte Hitze zunehmend auf den Südwesten und Westen beschränken sollte.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Clusteranalyse von IFS zeigt zum Beginn der Mittelfrist von West- und
Mitteleuropa über Skandinavien bis in den Randbereich des arktischen Ozeans
kräftige positive Geopotentialanomalien, die sich in der Folge bis Montag kaum
verlagern. Besonders der Anomaliebereich über Skandinavien bleibt durchweg
dominant bestehen und beeinflusst Deutschland durchweg. Dabei gibt es freitags
noch zwei, bis Montag drei Cluster mit dem klimatologischen Mittel „Blockade“
und dem Kontroll- und det. Lauf im zweiten Cluster.
Erst in der erweiterten Mittelfrist deutet sich ein zögerndes Abschwächen der
Geopotentialanomalie über Skandinavien an mit einem neuen Schwerpunkt südlich
von Island und Grönland. Dies wäre das Anzeichen einer polwärts versetzten zonal
ausgerichteten Grundströmung mit einem beständigen Trog über Westeuropa – für
Deutschland nun nicht das Zeichen für eine durchgreifende Wetteränderung (ein
Cluster mit Regime „Blockade“). Auch ein rascher Blick in den weiteren
Vorhersagebereich mit dem sog. „Multiparameter outlook“ von IFS scheint sich
zwar diese Blockadestruktur allmählich abzuschwächen/aufzuweichen, grundsätzlich
werden aber positive Anomaliewerte bei Temperatur und Sonnenscheindauer über
West- und Mitteleuropa gezeigt (wenngleich abgeschwächt, was auch der
allmählichen Dämpfung im Modell geschuldet sein kann). Ein ähnliches Bild ergibt
sich beim Blick auf die IFS-EPS Monatsvorhersagen und daraus generierte
wöchentliche Anomaliewahrscheinlichkeiten mit einem durchweg positiven Bias bei
der Temperatur und neutralem bis leicht negativem Ausschlag beim Niederschlag.

Die Meteogramme sind durchweg trocken mit minimalen Signalen, wenn zufällig
Konvektion einen Gitterpunkt trifft. Die Höchstwerte liegen zumeist über 30 Grad
und das fast deutschlandweit. Die Rauchfahnen der 850 hPa Temperatur und des 500
hPa Geopotentials zeigen ein Plateau auf hohem Niveau an.

Die ENS von GFS zeigen bis zum Mittelfristende noch keine größere Diskrepanz zu
den IFS Lösungen auf, allerdings nimmt in der Folge die Streuung z.B. bei der
850 hPa Temperatur rasch zu.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Das Hauptthema ist die Temperatur, die durchweg beim EFI mit teils sehr hohen
Werten hervorgehoben wird (teils auch mit größeren und leicht positiven SOT
Flächen). Das betrifft sowohl die Maxima wie auch die Minima und kann somit als
deutliches Anzeichen gesehen werden, dass wir einem Zeitraum mit deutlich
erhöhter Wärmebelastung entgegensteuern (besonders in Ballungsregionen des
Westens und der Mitte).
Abgesehen davon gibt es beim EFI, wie auch innerhalb weiterer Ensemblefelder
keine Anzeichen für vom Modellklima abweichende Ereignisse. Allerdings fallen
die lokalen Hitzegewitter natürlich durch das großmaschige Raster, denn diese
haben genug Feuchte/Labilität zur Verfügung, um punktuell in den markanten bzw.
unwetterartigen Bereich zu gelangen (Starkregen/Hagel). Allerdings ist aus
heutiger Sicht abseits der Orografie noch kein weiterer Gewitterschwerpunkt zu
erkennen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy