Thema des Tages

Ein Praktikum beim Deutschen Wetterdienst

Ein Praktikum beim DWD: Welcher Meteorologie-Student träumt nicht davon… Doch welche Einblicke und Aufgaben kann man eigentlich im Rahmen eines Praktikums im Bereich Wettervorhersage bekommen? Ein Erfahrungsbericht.

Als Praktikant/in in der Vorhersage- und Beratungszentrale des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach arbeitet man in einer Art Gleitzeit, d.h. man kann zwischen 6 und 20 Uhr flexibel seine Sollarbeitszeit erfüllen. Allerdings gibt es einige feste Termine, zu denen man auch als Praktikant anwesend sein sollte: Zum Beispiel die morgendliche Telefonkonferenz um 8.30 Uhr, die zwischen den Vorhersagemeteorologen der Zentrale in Offenbach und den Außenstellen in Hamburg, Potsdam, Leipzig, Essen, Stuttgart und München
stattfindet. Der Supervisor („Chef-Meteorologe“) in Offenbach leitet die Konferenz. Er beschreibt die aktuelle Wetterlage, ihren Verlauf und mögliche Unsicherheiten. Die sogenannte „Warn-Guidance“, ebenfalls in Offenbach, erklärt dann die grobe Planung, in welchen Regionen vor Wind und/oder Niederschlag zu warnen ist. Anschließend wird nacheinander das Wort an die Außenstellen gegeben, die sich zu den Warnungen, die ihre Region betreffen, detaillierter äußern und gegebenenfalls Änderungsvorschläge an die Warn-Guidance geben. Nach meist 15-30 Minuten (sehr wetterlagenabhängig) ist die
Telefonkonferenz beendet.

Der nächste feste Termin ist (abgesehen vom Mittagessen um 11.30 Uhr), die Schicht-Übergabe um 13.00 Uhr. Sie läuft ähnlich wie die Telefonkonferenz ab, jedoch in kleinem Kreis innerhalb des Referats. Hier berichten Supervisor und Warn-Guidance, welche Wetterlage und Warnungen sie an ihre Schicht-Nachfolger übergeben und worauf im weiteren Verlauf geachtet werden sollte.

In der ersten Praktikumswoche schnuppert ein Praktikant der Vorhersage- und Beratungszentrale in jede Schicht hinein. Denn es gibt nicht nur den Supervisor- und den Warnguidance-Arbeitsplatz, sondern auch noch einen Medienmeteorologen, eine Mittelfristschicht, einen Analyse- und Evaluierungsdienst und eine Frühschicht, die sich mit weltweiter Wettervorhersage beschäftigt. Während dieser „Schnupperwoche“ erklären die diensthabenden Meteorologen die Aufgaben des jeweiligen Dienstes, an denen man sich als Praktikant später teils auch selbst versucht. Für fast alle Aufgaben benötigt man das Programm NinJo, das zur Visualisierung meteorologischer Daten und zur Erstellung von Wettervorhersagen- und Warnprodukten genutzt wird. Am ersten Tag hat man Zeit, sich mit NinJo vertraut zu machen. Jedoch reichen auch 4 Wochen Praktikum nicht aus, um ein NinJo-Profi zu werden.

Von der Guidance-Schicht erfährt man, wie die sogenannten
Warnpolygone erstellt werden, die später als farbige Bereiche auf der Warnkarte der Website und in der Warnwetter-App zu sehen sind, und wie ein Warnlagebericht für Deutschland aufgebaut ist. Letzteren schreibt der Praktikant auch selbst im kleineren Rahmen für ein Bundesland, was jedoch nicht veröffentlicht wird.

Die synoptische Produktions-Schicht stellt Wetteranalysekarten da, in denen Isobaren (Linien gleichen Drucks), Hoch- und Tiefdruckgebiete, sowie die dazugehörigen Fronten eingezeichnet werden. Bis vor einigen Jahren musste man diese Karten per Hand zeichnen, heute macht man das ebenfalls mit Hilfe von NinJo. Auch als Praktikant darf man sich an den Wetterkarten versuchen – entweder am PC oder ganz altmodisch mit Stift und Papier.

In der Supervisor-Schicht fallen keine Aufgaben für Praktikanten an. Dafür bekommt man vom Fachmann für Notfallsysteme einen interessanten Einblick, wie in Notfallsituationen agiert wird. Doch hier ist kein hausinterner Notfall gemeint. Vielmehr handelt es sich beispielsweise um Brände, bei denen giftige Stoffe austreten. In solchen Fällen ruft die Feuerwehr an, um nachzufragen, in welche Himmelsrichtung sich die Wolke aus giftigen Dämpfen bewegen wird, um die Bewohner vor Ort warnen, oder sogar evakuieren zu können. Doch auch auf radioaktive Unfälle ist der DWD vorbereitet. Selbst wenn noch keine Meldung über den Unfall herausgegeben wurde, man also nicht weiß, wo es geschehen ist, kann bald an den zahlreichen Wetterstationen ein Anstieg der Radioaktivität gemessen werden. Daraus kann dann visuell
zurückgerechnet werden, woher die radioaktive Wolke in etwa gekommen sein muss. Solche Szenarien werden regelmäßig geübt, um im Ernstfall routiniert arbeiten zu können.

Verschiedene hydrologische Wetterberichte werden von der
„Wettergefahren Produktion“-Schicht erstellt. Auch an diesen Berichten kann sich der Praktikant selbst versuchen. Der
hydrologische Wetterbericht inkl. Rheineinzugsgebiet ist v.a. für die Hochwasserschutzzentralen der Länder wichtig. Aus diesem können die Zentralen rauslesen, ob Dauer-/Starkregen beim Rhein und seinen Zuflüssen zu erwarten ist und ob dadurch Hochwassergrenzen
überschritten würden. In so einem Fall würde die
Hochwasserschutzzentrale eine Warnung herausgeben, damit
gegebenenfalls Schutzmaßnahmen getroffen werden können. Außerdem werden in diesem Dienst weltweite Extremwettervorhersagen gemacht, zum Beispiel für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und
Katastrophenhilfe, die Bundeswehr oder auch innerhalb Deutschlands für die Deutsche Bahn (Details zu diesem Dienst siehe auch Thema des Tages vom 10.01.2020).

Eine weitere spannende Schicht ist die Medienproduktion (siehe auch Thema des Tages vom 09.11.2019). Diese erstellt neben dem
Pressebericht, Facebook- und Twitter-Beiträgen, auch ein Thema des Tages und einen Wetterclip. Letzterer wird im Unwetterfall bei YouTube hochgeladen. Doch auch ein Praktikant bekommt hier viel zu tun. So darf er einen Pressebericht („blumiger“ Wetterbericht für die DPA) schreiben und einen eigenen Wetterclip im hauseigenen Studio drehen. Beides wird natürlich nicht veröffentlicht. Auch stellt man sich den Videodreh gerne als zu leichte Aufgabe vor. Doch wenn man vor der Kamera steht, auf der eine kleine gelbe Ente befestigt ist, kommen plötzlich einige Fragen auf: „Was mache ich mit meinen Händen?“, „Welche Folie kam als nächstes?“, „Mist, ich muss auch mal in die Kamera schauen!“. Doch glücklicherweise bekommen nicht viele dieses Video zu sehen; lediglich der Meteorologe aus der
Medien-Schicht und eine Person vom Fachdienst, die das Video aufnimmt und anschließend mit Vor- und Abspann versieht.

Neben den vielen kleineren Aufgaben bekommt man als Praktikant/in auch noch eine „richtige“ Praktikumsaufgabe, die mehr Zeit in Anspruch nimmt. Meist handelt es sich dabei um Evaluierungsaufgaben. Dabei schaut man also, wie gut die Wettermodelle bei bestimmten Wettereignissen mit dem tatsächlichen Wetter übereingestimmt haben und wo sie Schwächen haben. Oder man bekommt ein NinJo-Modul zugewiesen, das sich noch in der Entwicklungsphase befindet. Je nach Stadium dieser Phase findet man schnell Fehler oder es gestaltet sich wie die bekannte Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Doch auch dann sind die Entwickler glücklich um jede Unterstützung, da diese Arbeit während der laufenden Schicht oft liegen bleiben muss. Das aktuelle Wetter geht vor.

Wer denkt, dass ein Praktikant nur „unnötige“ Aufgaben übernimmt, da ja ohnehin nichts davon verwendet wird, der täuscht sich. Das Thema des Tages darf auch von Praktikanten verfasst werden und wird nach Kontrolllesen eines erfahrenen Meteorologen veröffentlicht.

Praktikantin Miriam Schabel und Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.03.2020

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