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Thema des Tages
2019 ist ein El Nino-Jahr
Unter dem Phänomen „El Nino“ versteht man unregelmäßig,
durchschnittlich aber etwa alle vier Jahre auftretende Veränderungen von Strömungen im Wasser des äquatornahen pazifischen Ozeans sowie in der Luft der darüber liegenden Atmosphäre. Normalerweise treiben die Passatwinde das warme Oberflächenwasser des Pazifiks von Osten nach Westen, Richtung Australien, Indonesien und anderen
Südostasiengebieten. Dadurch quillt das kältere Tiefenwasser in den Küstenregionen Süd- und Latein-Amerikas auf und versorgt mit seinem mitgeführten Fischreichtum den Fischereibetrieb und somit die dort lebenden Menschen. Unter normalen Umständen ist das Klima dort trocken, auf der anderen Pazifikseite hingegen regnerisch und feucht, zumindest in den Küstenregionen.
Das El Nino-Phänomen stellt jedoch alles auf den Kopf! Dann lassen die tropischen Ostpassatwinde nach oder ändern sogar komplett ihre Richtung. Die Wolken, die die Niederschläge eigentlich an die asiatischen und australischen Ostküsten bringen sollten, werden nun in die entgegengesetzte Richtung getrieben und regnen über den sonst trockenen Westküsten des amerikanischen Kontinents ab. Deshalb kommt es dort zu gewaltigen Überschwemmungen, da der Boden die Wassermassen nicht aufnehmen kann. Erdrutsche und Überflutungen der Städte und Landschaften sind die Folgen, vor allem in den Ländern westlich der Anden über Latein- (Mittel-) Amerika bis hin nach Kalifornien. Die anderen, hauptsächlich im Gebiet der Tropen befindlichen
Pazifikländer hingegen haben nun mit Trockenheit zu kämpfen. Selbst in Großstädten müssen die knappen Wassermengen rationiert werden.
Während mit „El Nino“ eher die ozeanischen Prozesse beschrieben werden, werden unter dem Begriff der sog. „Southern Oscillation“ die Vorgänge in der Atmosphäre zusammengefasst. Die „El Nino-Southern Oscillation (ENSO)“ stellt schließlich die Kombination beider Phänomene, also das gekoppelte Zirkulationssystem von Atmosphäre und Meeresströmungen im äquatorialen Pazifik dar.
Um abzuschätzen, ob sich die ENSO in Richtung eines El-Nino-Zustandes bewegt oder ein El Nino vielleicht sogar schon vorliegt, werden Temperaturanomalien des Oberflächenwassers betrachtet. Als Maß werden die dreimonatig gemittelten Abweichungen der
Oberflächenwassertemperaturen im Korridor von 170 bis 120 Grad westlicher Länge und 5 Grad nördlicher bis 5 Grad südlicher Breite herangezogen. Als Referenzperiode gilt der Zeitraum 1981 bis 2010. Übersteigt die Abweichung den Wert von 0,5 Grad, spricht man von einem „El Nino“.
In der jüngsten Pressemitteilung des amerikanischen Wetterdienstes (NOAA) vom 25. Februar wird eine Abweichung von +0,7 Grad für die letzten Wochen angegeben. Nahe der Datumsgrenze maximieren sich die Abweichungen sogar auf Werte um +1 Grad. Über weite Strecken des vergangenen Jahres bis Ende Januar diesen Jahres wurden noch eher durchschnittliche Werte beobachtet. Es herrschen demnach seit Februar schwache El Nino-Bedingungen, die nach Prognosen der Wetterforscher auf Basis von Berechnungen verschiedener Computermodelle mit einer Wahrscheinlichkeit von 55 % bis zum Ende des nordhemisphärischen Frühlings anhalten. Auch sonst weist der pazifische Ozean verbreitet überdurchschnittliche Oberflächentemperaturen auf und auch die großräumige Luftzirkulation sowie das daraus resultierende Wetter in der Pazifikregion nimmt für eine El Nino-Situation typische Züge an. Erst ab einer Periode mit El Nino-Bedingungen von 9 bis 15 Monaten (je nach Definition) spricht man übrigens von einem vollumfänglichen „El Nino-Ereignis“.
Nicht nur die Wetter- und Klimaforscher, die sich um die Bedingungen rund um den Pazifik kümmern, beobachten die Prognosen im Hinblick auf die ENSO, auch anderswo wirft man ein wachsames Auge darauf. Denn es ist erwiesenermaßen so, dass El Nino (und das Pendant La Nina: siehe www.dwd.de/lexikon) eine gewisse Fernwirkung, sog. Telekonnektionen, entfalten. El Nino-Events werden so beispielsweise mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für sehr warme Witterung in Ostkanada, Japan und Ostchina sowie mit Trockenheit im Süden Afrikas, auf Madagaskar und im Nordosten Brasiliens in Verbindung gebracht. In den Südstaaten der USA, im Süden Brasiliens und in Ostafrika soll El Nino dagegen ungewöhnlich feuchte Witterung begünstigen. Betrachtet man das Klima im globalen Maßstab, fällt auf, dass das globale Temperaturmittel in Jahren mit starken El Nino-Ereignissen besonders weit nach oben „ausreißt“, es also ganz besonders warm ist. Für Europa speziell lassen sich Fernwirkungen von El Nino dagegen nicht statistisch haltbar nachweisen.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.03.2019
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