Thema des Tages
Wissenschaft kompakt
"Overshooting Tops": Indikatoren für starke Gewitter
Manchmal lässt sich über dem Amboss einer Gewitterwolke eine
domförmige Struktur erkennen, die in der Fachsprache als
"Overshooting Top" bezeichnet wird. Wie dieses Phänomen entsteht und
was es über die Intensität des Gewitters aussagt, soll heute Thema
sein.
"Overshooting Tops" entstehen über dem Aufwindbereich eines kräftigen
Gewitters. Dabei schießt der Aufwind durch die Tropopause und formt
die domförmige Struktur. Im Detail lässt sich dies mit einem
thermodynamischen Diagramm, wie in Abbildung 3, beschreiben. Es
stellt die Temperatur (mit schräger x-Achse) gegenüber dem Luftdruck
dar, der logarithmisch auf der y-Achse aufgetragen ist. Da der
Luftdruck mit der Höhe abnimmt, kann er als Vertikalkoordinate
gesehen werden. Rechts stehen die entsprechenden Höhen als graue
Zahlen.
Die rote Kurve beschreibt den vertikalen Temperaturverlauf der
Umgebungsluft. Man erkennt deutlich, dass die Temperatur in der
Troposphäre bis etwa 200 hPa (~13 km Höhe) stetig abnimmt. Darüber
steigt sie plötzlich stark an, man spricht von einer
Temperaturinversion. Hier befindet sich die Tropopause. In der
darüberliegenden Stratosphäre nimmt die Temperatur wegen der
UV-Absorption deutlich zu. Die blaue Kurve zeigt die Temperatur eines
Luftpakets, das im Aufwind eines Gewitters aufsteigt. Auch während
des Aufstiegs nimmt die Temperatur im Luftpaket ab, bleibt jedoch
höher als in der Umgebung. Da wärmere Luft leichter ist als kältere,
steigt das Luftpaket weiter auf und wird nach dem archimedischen
Prinzip nach oben beschleunigt. Der Aufwind wird somit in Gang
gehalten. Die Beschleunigung endet an der Tropopause, wo die blaue
Kurve die rote schneidet. Ab hier wird der Aufwind abgebremst. Durch
die Trägheit des Aufwindes durchdringt dieser allerdings die
Tropopause und erzeugt die "Overshooting Tops".
"Overshooting Tops" lassen sich besonders gut im sogenannten
Sandwich-Satellitenbild erkennen. Dabei wird ein visuelles
Satellitenbild mit einem Infrarotbild kombiniert, sodass man die
Wolkenoberflächentemperatur und die Struktur gut erkennen kann. In
Abbildung 2 erkennt man, dass hinter dem kalten Overshooting sich ein
wärmerer Bereich anschließt. Oft bilden sich auch kalte Ringe oder
sogenannte kalte U?s hinter dem Overshooting. Ursache dafür ist, dass
hier die Temperatur in der Troposphäre gemessen wird, wo sie mit der
Höhe wieder steigt.
Als Meteorologe hat man ein Auge auf solche Strukturen, denn sie
geben einen Hinweis auf sehr starken Aufwind, der häufig in
Superzellen vorkommt. Diese Zellen bringen dann oft Unwetter (großen
Hagel, Sturm, Starkregen und selten auch Tornados).
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.07.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
Diesen Artikel und das Archiv der "Themen des Tages"
finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema
Weitere interessante Themen zu Wetter und Klima finden
Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon