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Die beeindruckende Entwicklung von Hurrikan Otis

Hurrikan Otis brachte vor allem in der Großstadt Acapulco in Mexiko
große Zerstörungen mit sich. Doch was machte den Sturm so besonders
und warum gestaltete sich die Vorhersage so schwierig?

Mindestens 27 Tote und schwere Verwüstungen! Das ist das Resultat von
Hurrikan Otis, welcher am vergangenen Mittwoch die mexikanische
Großstadt Acapulco erreichte.

Otis entwickelte sich am Sonntag den 22. Oktober südlich von Mexiko
über dem östlichen Pazifik zu einem tropischen Sturm. Seine
Intensität änderte sich zunächst nur wenig, bevor am Dienstag eine
rapide Intensivierung von einem tropischen Sturm zu einem Hurrikan
der Kategorie 5 mit einem Kerndruck von 923 hPa und
Windgeschwindigkeiten von bis zu 270 km/h einsetzte.
Trotz der Fortschritte in der Vorhersage von Hurrikans in den letzten
Jahrzehnten deutete kein Vorhersagemodell, nicht einmal ansatzweise
eine derartige Intensivierung an. In der Vorhersage vom 24. Oktober
um 00 UTC simulierten alle Modelle für die nächsten 48 Stunden für
Otis tropische Sturmstärke mit Windgeschwindigkeiten von lediglich 63
bis 118 km/h
Doch wie ist das möglich? Dazu schauen wir uns zunächst einmal an,
welche Bedingungen für eine Intensivierung gegeben sein müssen. Damit
sich tropische Stürme weiter intensivieren können, benötigt es warme
Meeresoberflächentemperaturen von mindestens 26 Grad bis in eine
Tiefe von 50 Metern. Zudem ist für eine rapide Verstärkung
(Windzunahme von mindestens 55 km/h in 24 h) eine
Meeresoberflächentemperatur von mindestens 28 Grad förderlich. Dies
war zu diesem Zeitpunkt in der Region über große Flächen gegeben.
Teils wurden sogar über 30 Grad gemessen. Gefördert werden diese
ungewöhnlich hohen Temperaturen auch durch das Klimaphänomen El Nino.
Damit steht dem potenziellen Sturm ein gigantisches Energiereservoir
zur Verfügung. Zudem ist eine schwache vertikale Windscherung sowie
eine geringe Feuchte vor allem in der unteren Atmosphäre notwendig,
sodass ein Sturm eine symmetrische Struktur annehmen und sich weiter
intensivieren kann. Die Scherungswerte waren allerdings kurz vor der
rapiden Intensivierung mit 10 bis 15 Knoten erhöht und zusätzlich die
Feuchte im Umfeld relativ gering. Kommen hohe Scherungswerte und
geringe Feuchtigkeit zusammen, so bedeutet das, dass keine weitere
Verstärkung möglich ist. Häufig ist das sogar der Todesstoß für den
Sturm.

Doch neue Forschungsergebnisse zeigen, dass sich tropische Stürme auf
zwei verschiedene Arten zu einem Hurrikan rapide intensivieren
können. Die klassische Theorie ist, dass solche Stürme zu gewaltigen
Hurrikans der höchsten Kategorie heranwachsen können, falls hohe
Wassertemperaturen, geringe Windscherung und eine hohe Feuchte
gegeben sind. Ein Beispiel hierfür sind die verheerenden Hurrikane
Andrew (1992), Katrina (2005) und Maria (2015). Allerdings können
sich tropische Stürme auch rapide zu einem Hurrikan der Kategorie 1
oder 2 bei hoher Windscherung intensivieren. Entscheidend hierfür
sind dabei ?Gewitterausbrüche? außerhalb des Sturms, welche die
klassische Zirkulation des Wirbelsturms umgestalten. Dadurch kann
sich der Sturm innerhalb von nur wenigen Stunden zu einem Hurrikan
leichter bis moderater Intensität verstärken. Dieser Prozess könnte
bei Otis eine wichtige Rolle gespielt haben, da dies momentan noch
nicht ausreichend von den Modellen dargestellt wird. Dieser ?Sprint?
dauert nur kurze Zeit und könnte gerade in Zeiten der globalen
Erwärmung eine immer wichtigere Rolle spielen. Otis entwickelte sich
allerdings weiter und wuchs zu einem ?Major Hurrikan? der Kategorie 5
heran. Dadurch, dass dieser Prozess nicht adäquat in den Modellen
simuliert wurde und damit auch kein Hurrikan im weiteren Verlauf in
der Modellwelt entstanden ist, könnte es zu den enormen Unterschieden
in der Intensitätsvorhersage von Otis gekommen sein. Denn stärkere
Wirbelstürme nehmen auf der einen Seite größeren Einfluss auf die
Umgebungsbedingungen und sind auf der anderen Seite auch persistenter
gegen Faktoren, die die Intensität verringern können, wie zum
Beispiel eine erhöhte Windscherung.

Dieser Fall zeigt eindrücklich, dass trotz der deutlichen
Fortschritte in der Vorhersage von Hurrikans noch erheblicher
Forschungsbedarf besteht, um die Vorwarnzeit für solche
Extremereignisse mit sehr hohem Schadenspotential zu vergrößern.

M.Sc.-Met. Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.10.2023

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