#DWD #Thema des Tages 2023-09-26: Die komplexe Vorhersage von Tornados
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Die komplexe Vorhersage von Tornados
Tornados gehören zu den beeindruckendsten, aber gleichzeitig auch
verheerendsten Wetterphänomenen weltweit. Doch wie gestaltet sich die
Vorhersage von diesem Extremereignis und welche Schwierigkeiten
treten dabei momentan noch auf? Auf diese Fragen werden wir im
heutigen Thema des Tages eingehen.
Am letzten Donnerstag richtete in der Eifel ein Tornado kleinräumig
extreme Schäden an. Dabei handelte es sich nach der internationalen
Fujita-Skala (ESSL) um einen IF 2.5 Tornado mit Windgeschwindigkeiten
von rund 250 km/h. Diese extremen Winde führten vor allem im Ort
Nusbaum zu abgedeckten Dächern, beschädigten Fassaden und
umgestürzten Bäumen. Gerade aufgrund der hohen Schadensträchtigkeit
solcher Ereignisse wäre eine genaue Prognose sehr wichtig. Aufgrund
ihrer Kurzlebigkeit und der sehr geringen räumlichen Ausdehnung
gestaltet sich die Vorhersage allerdings alles andere als einfach.
Starke Tornados treten meistens in Verbindung mit kräftigen Gewittern
auf. Dabei benötigt es verschiedene Zutaten, damit zunächst einmal
die Grundvoraussetzungen für ihre Entstehung gegeben sind. Eine
feuchtwarme, energiereiche Luftmasse und einen Hebungsantrieb,
beispielsweise durch einen herannahenden Trog, sind förderlich bei
der Entstehung von Gewitterzellen. Zudem ist die vertikale
Windscherung ein notwendiger Faktor, damit sich diese besser
organisieren können. Dabei handelt es sich um die Geschwindigkeits-
und Richtungsänderung des Windes mit der Höhe. Ist diese sehr hoch
und liegt eine relativ labil geschichtete Atmosphäre vor, können sich
Superzellen ausbilden, im Zuge derer die meisten stärkeren Tornados
entstehen. Superzellen sind besonders langlebige, rotierende
Gewitterzellen, bei denen neben möglichen Tornados auch großer Hagel,
heftiger Starkregen und orkanartige Fallböen auftreten können.
Entscheidend für ein erhöhtes Tornadopotential ist allerdings die
Scherung in den unteren Schichten der Atmosphäre. Dabei wird die
Windänderung zwischen 0 und 1 km betrachtet. Außerdem ist eine
niedrige Wolkenbasis hilfreich bei der Entwicklung von Tornados, die
häufig aufgrund von einem vorausgehenden Niederschlagsgebiet mit
entsprechender Anfeuchtung der Grundschicht entsteht. Dies war auch
bei dem Eifel-Tornado vom vergangenen Donnerstag gegeben.
Alle diese Zutaten werden bei der Vorhersage betrachtet um daraus
eine Potenzialabschätzung durchzuführen. Somit ist es möglich im
Voraus größere Regionen zu bestimmen, in denen eine Tornadogefahr
vorhanden ist. Eine ortsgenaue Prognose ist aber, wenn überhaupt, nur
sehr kurzfristig machbar. Zur kurzfristigen Vorhersage stehen dem
Warnmeteorologen verschiedene Tools zur Verfügung. Zum einen lassen
sich anhand der Radarsignale verdächtige Strukturen erkennen. Ein
Beispiel hierfür ist das charakteristische „Haken Echo“ in Verbindung
mit einer Superzelle. Zum anderen lassen sich rotierende Zellen
anhand des Doppler-Radars identifizieren. Dabei werden mithilfe des
Dopplereffektes die horizontalen Geschwindigkeiten der
Niederschlagspartikel bestimmt. Somit lassen sich Superzellen mit
rotierenden Aufwinden erkennen. Allerdings produziert nur ein kleiner
Teil der rotierenden Superzellen auch einen Tornado. Da die Tornados
selbst in den Radarbildern nur sehr selten eindeutig zu
identifizieren sind, sind zusätzlich zu den technischen Hilfsmitteln
auch Nutzermeldungen über die Warn-Wetter App, sowie Meldungen von
Gewitterjägern für unsere Arbeit unerlässlich.
Auch das Warnmanagement bezüglich dieses kleinräumigen Phänomens
erfordert Fingerspitzengefühl, da selbst eine kleinräumige
Gemeindewarnungen schnell zur Überwarnung führen kann. Die Schneise
des Tornados beträgt nämlich meist nur wenige hundert Meter, sodass
große Teile des Gebietes vom Tornado unbeeinflusst bleiben.
Am vergangenen Donnerstag zog in Verbindung mit einer von Westen
herannahenden Kaltfront eine Gewitterlinie von Frankreich heran.
Unter günstigen Bedingungen waren dabei innerhalb mehrerer
Gewitterzellen vor allem in unteren Schichten Rotationsstrukturen
erkennbar. An der Linie bildete sich an der südlichen Zelle
anschließend ein kurzlebiger Tornado aus, der lokal eng begrenzt für
schwere Schäden sorgte. Dieser Fall gestaltete sich warntechnisch als
besonders schwierig, da es sich hierbei nicht um eine klassische,
isolierte Superzelle mit typischem „Haken Echo“ im Radarbild
handelte, sondern um eine in die Linie eingebettete rotierende Zelle.
Vor allem bei besonders kurzlebigen Tornados, die nicht durch
klassische Strukturen mithilfe moderner Fernerkundungssysteme
erkennbar sind, ist eine ortsgenaue Warnung somit bisher leider noch
äußerst schwierig.
M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.09.2023
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